Nidden
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N i d d e n Fischerdorf am Kurischen Haff |
- Hierarchie
- Regional > Litauen > Nidden
- Regional > Deutschland 1871-1918 > Königreich Preußen > Ostpreußen > Kreis Memel > Nidden
- Regional > Litauen > Nidden
- Hierarchie
Einleitung
Nidden, Kreis Memel, Ostpreußen ist der eindrucksvollste Ort der Kurischen Nehrung, was seine Lage zwischen Wanderdünen, Wald und Haff und seine städtebaulichen Reize betrifft.
Nidden (lit. Nida, russ, Нида) wurde einst als das schönste Dorf der Sowjetunion bezeichnet.
Schon zuvor hat Thomas Mann die Einzigartigkeit der Dünenlandschaft gepriesen.
Name
Andere Namen und Schreibweisen
Namensbedeutung
Der Name wurde vermutlich aus Kurland importiert und bezieht sich auf Wasser.
- idg. "neid, nid" = fließen, strömen
Allgemeine Informationen
- Laut Lange [3]:
- Fischerdorf mit Kirche
- Beliebter Ausflugs- u. Badeort
- Mit Molen-Hafen
- Gegründet vor 1437
- Unweit von Nidden (ca. 1,5 km südwestlich) lag Alt Nidden [4],
eine in den Dünen versunkene alte Dorfstelle [5]. - Nidden war ein meliertes Dorf. Es liegt 48 km Luftlinie südsüdwestlich von Memel.
Politische Einteilung
1939 ist Nidden eine Gemeinde mit den Dörfern Nidden, Ortsteil Purwin und Skrusdin und Perwelk.[6]
Heute ist Nidden der Verwaltungssitz der Verbandsgemeinde Neringa und besteht aus den Dörfern auf der Kurischen Nehrung. Sie wird nicht als Stadtgemeinde (miesto savivaldybė) tituliert, sondern als Kurort (kurortas). Sie erstreckt sich über eine Länge von ca. 50 km.
Links ist das Wappen der Verbandsgemeinde Neringa dargestellt.
Kirchliche Einteilung / Zugehörigkeit
Evangelische Kirche
Geschichte der ev. Kirche
Vor der Gründung des Kirchspiels Nidden gehörte Nidden zum Kirchspiel Schwarzort.
Niddens evangelische Pfarrkirche ist relativ jung. Ab 1812 wurden Gottesdienste in einem einfachen Wohnhaus abgehalten, das noch bis in die 1860er Jahre auch als Pfarr- und Schulhaus diente.
1832/33 wurde ein Wohnhaus zur Kirche eingerichtet. [8]
Noch früher gehörte der Ort zum Kirchspiel des versandeten Dorfs Kunzen, dann, ab 1797, zum Kirchspiel Schwarzort. Nidden wurde 1854 zusammen mit Preil und Perwelk zu einem eigenen Kirchspiel zusammengefasst. Die heutige Backsteinkirche konnte erst gegen Ende der 1880er Jahre errichtet werden. Die Grundsteinlegung fand am 25.06.1887 statt, die Aufrichtung des Kreuzes am 26.07.1888 und die Einweihung am 10. Oktober 1888. Es ist "ein schöner Bau in gotischen Formen, nur mit Kopfsteinen gemauert. Der Dachverband freischwebend." [9] Der Altar und die Kanzel stammen noch aus der Kirche zu Kunzen.
In der Sowjetzeit wurde die Niddener Kirche als Heimatmuseum genutzt.Zahlreiche Schaustücke aus dem Leben der Nehrungsfischer, wie Hausrat, Kleidzng, auch Kurenwimpel und Kähne waren ausgestellt. Heute dient das sorgfältig renovierte Gebäude den Katholiken als Gotteshaus. Die Kirche steht auf einer Anhöhe und ist von hohen Bäumen umgeben. Der hinter der Kirche gelegene Friedhof ist wegen seiner hölzernen Grabtafeln, den sogen. Krikschten (lit. krikstai), sehenswert. [10]
Altarraum
Pfarrer
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Hochzeiten
- 01
- 02 Peleikis Johann Friedrich Hans
- 03 Purwin Anna Maria
- 04 Peleikis Michel
- 05 Peleikis Else Marie
- 06 Peleikis Hans Christoph Willy
- 07 Sakuth Else Maria Martha
- 08 Peleikis Johann Wilhelm
- 09 Röspel Friedrich Peter Albert
- 13 Lauzeningks Johann Waldemar
- 14 Froese Eva Elfriede
- 16
- 18 Blode Erna Maria Wilhelmine
- 20 Pinkis Johann David
- 26 Roespel Erika Anna Dorothea
- 29
- 30 Hoffmann Adalbert
- 31 Pinkis David
- 37 Froese Christel
- 41 Sakuth Annemarie Gertraud
- 01
Wer erkennt weitere Personen auf diesem Bild?
Konfirmationen
Zugehörige Ortschaften
Zum Kirchspiel Nidden gehörten 1912 folgende Ortschaften:
Klooschen Forstgutsbezirk, Nidden Dorf, Forst u. Leuchtturm, Perwelk, Preil Dorf u. Forst.
Kirchenbücher
Die Kirchenbücher von Nidden gelten als verschollen.
siehe auch: Ostpreußen/Genealogische Quellen/Kirchbuchbestände Kreis Memel
Die heutige ev. Kirchengemeinde
Seit 1999 bietet die Evangelisch-Lutherische Gemeinde in Nidden in den Sommermonaten Gottesdienste in deutscher Sprache an. Hierfür entsendet die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) Pastoren aus den verschiedenen Landeskirchen, die jeweils für etwa vier Wochen die Urlauberseelsorge übernehmen. Diese Urlaubergottesdienste werden im übrigen in vielen Reiseländern Europas angeboten. Mit großem Dank nimmt die kleine ev. Kirchengemeinde Nidden diesen Dienst entgegen. In großer Zahl finden sich an den Sonntagen Einheimische und Reisende zum Gottesdienst ein. Auch an den Wochentagen steht der jeweilige Pastor in der Kirche für ein Gespräch oder eine Auskunft zur Geschichte der alten Fischerkirche gern zur Verfügung.
Auch 2012 soll diese Urlauberseelsorge in den Monaten Mai bis September Reisenden und Einheimischen zur Verfügung stehen. Neben den Gottesdiensten und den Gesprächsrunden im Gemeindehaus werden von der evangelischen Gemeinde und im Rahmen der Kulturveranstaltungen der Stadt Neringa wieder zahlreiche Musikveranstaltungen - Orgelkonzerte, Chor- und Instrumentalmusik - angeboten werden.
Katholische Kirche
Nidden gehörte 1907 zum katholischen Kirchspiel Memel.
Eine katholische Kirche wurde erst 2003 in der Ortsmitte eingeweiht.
Friedhof
Die Friedhöfe von Nidden auf einer eigenen Seite
Standesamt
Zugehörige Ortschaften
Zum Standesamt Nidden gehörten 1888 und 1907 folgende Ortschaften:
Standesamtsregister
Die Register des Standesamts Nidden wurden von 1874 bis 1944 geführt. Die Hauptregister gelten als verschollen. Folgende Nebenegister sind vorhanden:
- Geburten 1874-1938.
- Heiraten 1874-1885, 1887-1929, 1932-1938.
- Sterbefälle 1874-1885, 1887-1915, 1918-1938 (1887 unvollständig).
Die vorhandenen Nebenegister wurden zuerst im Standesamt I in Berlin gelagert, wo sie 1952 von FamilySearch auf Mikrofilm aufgenommen wurden. Siehe den verfilmten Bestand hier. Die Mikrofilme sind noch nicht digitalisiert.
Seit dem Ende des Jahres 2013 befinden sich nachfolgende Bestände des Standesamts I in Berlin im Landesarchiv :
Geburtenregister bis 1905
Heiratsregister bis 1935
Sterberegister bis 1979.
2016, wurde der Bestand im Landesarchiv von Ancestry digitalisiert. Er ist in dieser Sammlung. unter Standesamt - Nidden, Krs Memel zu finden.
Memeler Dampfboot vom 10.02.1933
Standesamtliche Nachrichten Nidden
Geboren 1932 15 (1931: 27), Eheschließungen 13 (8), gestorben 29 (24).
Geschichte
- 1866.21. Okt.. Der letzte der Verträge zwischen Preußen und 22 Staaten oder Freien Städten nördlich der Mainlinie über die Gründung des Deutschen Bundes wird unterzeichnet (Verfassungsgebung: 1. Juli 1867). Nidden im Königreich Preußen ist nun ein Ort im Norddeutschen Bund.
- 1871.18. Jan.. König Wilhelm von Preußen wird im Spiegelsaal zu Versailles zum Deutschen Kaiser proklamiert; Gründung des II. Deutschen Kaiserreichs. Insgesamt gehen vier Königreiche, sechs Großherzogtümer, fünf Herzogtümer, sieben Fürstentümer, drei freie und Hansestädte sowie das Reichsland Elsaß-Lothringen in das Reich ein. Nidden ist nun ein Ort im Deutschen Reich.
Sage
Die schöne Riesin Neringa
Einer Legende nach lebte einst die schöne Riesin Neringa in der Gegend des Kurischen Haffs. Sie war sehr beliebt, denn sie trieb die Fische in die Netze der Fischer und zog in Seenot geratene Boote wieder an Land. Beeindruckt von ihrer Güte und auch von ihren goldblonden Haaren warb so mancher Freier um sie. Doch nur einer konnte sie für sich gewinnen: Naglis, der Herr der Burg Ventė.
Leider war der Wellengott Bangputys mit der geplanten Hochzeit nicht einverstanden - er wütete und tobte, sodass sich riesige Wellen auf der Ostsee auftürmten. Neringa handelte rasch. Sie sammelte Sand in ihrer Schürze und schüttete ihn vor der Küste zu einem Schutzwall auf. So konnten sie und Naglis ausgelassen ihre Hochzeit feiern. Und die Fischer können seitdem ungestört im Haff fischen - geschützt von der Landzunge, die den Namen der schönen Riesin trägt.
Jüngere Steinzeit (Neolithikum) ca. 4 000 - 2 000 v. Chr.
In Nidden wurde ein Steinbeil und Pfeilspitzen aus Feuerstein gefunden, die dieser Zeit zugeordnet werden.
Quelle: Dr. Wilhelm Gaerte: Urgeschichte Ostpreußens, Gräfe und Unzer Verlag, 1929
Geschichte ab 1437
Nidden, der größte Ort auf der Kurischen Nehrung, wurde bereits 1437 erwähnt und erhielt 1529 seine älteste Handfeste bezüglich eines Kruges.
- Die ursprüngliche Lage des Ortes bis 1675 lag gut 5 km weiter südlich jenseits der Hohen Düne am Grabscher Haken (prußisch "grabis" = Berg).
- Die zweite Dorflage von Nidden befand sich von etwa 1675 bis in die 30-iger Jahre des 18. Jh. direkt am Haffstrand, etwa auf der Höhe des Grabscher Haken. 1709 wurde durch die Pest fast die gesamte Bevölkerung hingerafft.
- Der von Agnes Miegel in ihrem Gedicht "Die Frauen von Nidden" geschilderte Pestfriedhof liegt etwas südlich von der zweiten Ortslage.
Die Bevölkerung sprach kurisch, mit den Gästen selbstverständlich deutsch. Südlich von Nidden wurde dagegen kaum noch kurisch sondern deutsch und plattdeutsch gesprochen. Nidden war ein Ort, der gerne von Künstlern aufgesucht wurde. Es gab eine Künstlerkolonie, die
im Gasthaus Blode ausstellte (Lovis Corinth, Ernst Mollenhauer, Max Pechstein, Karl Schmidt-Rottluff), und der Schriftsteller Thomas Mann bewohnte dort eine eigene Villa, bis er 1933 aus Deutschland emigrieren musste (heute Thomas Mann Museum und Kulturzentrum, Tomo Mano Namas ). Von hier hatte man einen herrlichen Blick auf das Haff. Berühmt ist Nidden auch wegen seiner bis heute noch nicht befestigten Wanderdüne.
Auf dem Urbo Kalnis (kurisch „ausgehöhlter Berg“) steht seit 1874 ein Leuchtturm mit Blinkfeuer. Sehenswert in der dritten Ortslage von Nidden ist nach wie vor der Friedhof mit den heidnischen Grabstelen, der vom ostpreußischen Maler Lovis Corinth gemalt wurde.
Posthalterei
Casimir Kywert (Kuwert), Bruder des Amtmann Kywert war ein reicher Mann und betrieb 1743 in Nidden eine große, für damalige Verhältnisse luxuriöse Posthalterei mit 40 Pferden.
Quelle:
- Charlotte Keyser: "Und immer neue Tage. Roman um eine memelländische Familie zwischen zwei Jahrhunderten (1700-1800", Königsberg: Grafe & Unzer, 1939
- Die preußische Königin Luise soll dort auf ihrer Flucht vor Napoleon nach Memel (1807) übernachtet und mit ihrem Diamantring den Goethe-Vers
"Wer nie sein Brot mit Tränen aß ..." in ein Fenster geritzt haben. Später wurde der Postkrug nach ihr "Hotel Königin Luise" benannt (heute "Hotel Jurate"). [11]
- Die preußische Königin Luise soll dort auf ihrer Flucht vor Napoleon nach Memel (1807) übernachtet und mit ihrem Diamantring den Goethe-Vers
Schule
- 1 Peleikis Hannelore
- 2 Kuhr Dietmar
- 3 Počebutas Sabina
- 4 Wehleit Gerda
- 5 Barkait Karin
- 6 Peleikis Renate
- 7 Roespel Gertrud
- 8 Froese Lieselotte
- 9 Wehleit Günter
- 10 Barkait Gerd
- 11 Barkait Heinz
- 12 Pietsch Werner
- 13 Weinhold Rosemarie
- 14 Wehleit Eva
- 15 Pippis Hildegard
- 16 Sturmeit Hildegard
- 17 Froese Anna
- 18 Sakuth Christel
- 19 Barkait Harri
- 20 Peleikis Walter
- 21 Pietsch Hermann
Folgende Personen sind auf dem Bild zu sehen:
- 1 Sakuth Hermann Gustav Friedrich
- 3 Korinth Martin Gerhard Franz
- 8 Kuhr Max Hermann
- 13 Foege Hans Martin
- 17 Sakuth Hans Albert
- 18 Pietsch Martin Wilhelm
- 23 Hinz Max Georg
- 29 Roespel Albert Friedrich Peter
- 30 Engelien Willi Hermann Martin]
- 31 Frischmann Paul Otto
- 35 Radmacher Hermann Johann Wilhelm
- 37 Schmidt Charlotte
- 39 Roespel Charlotte Dorothea
- 40 Schmidt Charlotte Dorothea
- 41 Besrukow Martha Elisabeth
- 44 Froese Eva Elfriede
- 45 Kuczius Emma
- 46 Froese Else Martha Käthe
- 47 Kuhr Elisabeth Helene
- 48 Fuchs Henry
- 51 Kuhr Erna Else Anna
- 52 Lauzeningks Anna Else
- 53 Schekahn Anna Elisabeth
- 54 Froese Hildegard Christel
- 57 Rospel Ernst Max
- 58 Radmacher Elisabeth Maria Bertha
- 59 Engelien Maria Marta
- 60 Dullis Maria Anna
- 61 Roespel Erna Anna
- 62 Besrukow Maria Elisabeth
- 66 Roespel Dorothea Friederike Bertha
- 68 Engelien Elsa Maria
- 69 Pietsch Martha Hertha
- 71 Jakait Friederike Bertha
- 72 Rademacher Ernst Friedrich Martin
- 77 Schekahn Martha Helene
- 80 Pietsch Ernst Fritz
- 83 Bernoth Erna Maria
- 84 Sakuth Annemarie Gertraud
- 90 Jesegus Maria Lydia
- 93 Sakut Martha Charlotte
- 97 Sakuth Anna Bertha Margarethe
- 98 Sakuth Helene Bertha Elisabeth
- 99 Lauzeningks Ernst Willy
- 101 Lekschas Dorothea Henriette
- 102 Lekschas Anna Martha
- 1 Sakuth Hermann Gustav Friedrich
1743 wurden in Schwarzort und Nidden Schulmeister angesetzt, deren Schulhäuser 1745 erbaut wurden.
1792 zählte Schwarzort 26 Schüler: 14 Knaben und 12 Mädchen.
An Schulbüchern waren gegen Ende der 18. Jh. in Gebrauch: Bibel, Gesangbuch, Rambachs Heilordnung, Hübners biblische Historien, der Kinderfreund, ein "Wirthschaftskatechismus".
1910 wurden die neuen Hirthschen Lesebücher, der Lange Sprachunterricht und die neuen Büttnerschen Rechenhefte eingeführt.
1780 konnte von den 18 Schulzen des Amtes Althof nur ein einziger seine Gehaltsquittung mit seinem Namen unterschreiben: Engelin aus Nidden.
Memeler Dampfboot vom 02.07.1925
Aus der Geschichte des Niddener Schulbaus
Schon im Jahre 1743 war in Nidden eine Schule gegründet worden; aber erst zwei Jahre später wurde ein Schulgebäude errichtet. Dieses muß bald baufällig oder ein Raub der Flammen geworden sein; denn schon 1768/69 wurde ein neues Haus gebaut. Es enthielt einen Klassenraum und die Lehrerwohnung. Am 24.April 1869 brannte es ab. Darauf wurde das jetzige alte Schulhaus, in dem sich die 1. Klasse befindet, errichtet.
Da die Schülerzahl von Jahr zu Jahr stieg, wurde 1878 eine zweite Klasse gegründet. Das Schulhaus war nun unzureichend. Daher beantragte Pfarrer Echternach 1886 den Neubau eines zweiklassigen Schulgebäudes auf dem Grunde des alten Beihauses unter Hinzunahme des Nachbargrundstückes von Johann Engelin. Die Regierung zu Königsberg zeigte sich anfangs diesem Plane gegenüber nicht abgeneigt, ließ ihn jedoch zwei Wochen später fallen. Damit war vorläufig die Schulbauangelegenheit erledigt. Zehn Jahre später, 1896, wurde die Regierung in Königsberg gebeten, das Grundstück des Fischerwirts Hans Kiehr zum Bau eines Schulhauses anzukaufen. Wegen „Mangel der erforderlichen Mittel zum Ankauf“ kam ein abschlägiger Bescheid. 1910, nachdem die Schule inzwischen dreiklassig geworden war, trat der Verbandsvorsteher Pfarrer Großjohann mit dem Vorschlag an die Regierung heran, das Grundstück des Fischerwirtes Friedrich Sakuth IV zum Bau einer Schule zu erwerben. Die Regierung hielt jedoch das Grundstück für ungeeignet. Gleichzeitig bemerkte sie, daß sie sich mit dem Wasserbaufiskus wegen Ueberlassung eines Platzes in Verbindung gesetzt habe. Der Schulverband suchte nunmehr die Gemeinde zum Ankauf des genannten Grundstückes zu bewegen. Da Friedrich Sakuth IV jedoch 5000 Mark für das Grundstück ohne die Fischereiberechtigung verlangte, wurden die Verhandlungen abgebrochen.
Daraufhin verhandelte der Schulverband mit Friedrich Sakuth III, der die Hälfte seines Grundstücks in Größe von ca. 200 qm für den Preis von 4000 Mark abtreten wollte. Er schloß mit ihm ein Abkommen, durch das dem Schulvorstande das Vorkaufsrecht auf diese Baustelle bis zum 1.Januar 1911 gewährleistet wurde. Inzwischen verhandelte die Regierung mit dem Hafenbauamt weiter. 1912 wurde eine Baufläche in der Nähe des Hafens für 500 Mark von der Gemeinde käuflich erworben. Mit dem Bau der Schule sollte in den nächsten Jahren begonnen werden; doch des Krieges wegen konnte er nicht ausgeführt werden. Nach dem Kriege gab die Gemeinde den Gedanken an einen Schulneubau auf. Statt dessen sollte erwogen werden, ein bestehendes Gehöft zur Schule auszubauen.
Als erster bot 1921 des Fischerwirt Joh. Radmacher sein Grundstück an. Sein Haus konnte den Wunsch der Gemeinde nach einer dreiklassigen Schule nicht befriedigen. Ebenso wurde vom Ankauf des Gustav Blode´schen Gasthauses abgesehen. Hierauf zog auch der Gastwirt Hermann Blode sein Angebot zurück. Abermals bot Joh. Radmacher sein Grundstück an. Eine allgemeine Aussprache hierüber ergab: „Der Schulvorstand beschließt mit allen Stimmberechtigten, die Gemeindevertretung mit allen Stimmen gegen eine Stimme, zur Zeit vom Ankauf eines Schulgrundstückes abzusehen.“ Damit verstummte die Schulbaufrage wieder. Neu aufgeworfen wurde sie im Sommer 1923. In Anbetracht der hohen Kosten, die ein Neubau verursacht, wurde der Ankauf und Ausbau des Hotels „Nordische Linnäa“ erwogen. Das Landesdirektorium nahm aber vom Ankauf Abstand. Da die bestehenden Schulverhältnisse in Nidden jedoch sehr rückständig und jämmerlich waren, erwärmten sich alle zuständigen Behörden nach und nach für einen Neubau. Nach schwierigen Verhandlungen konnte am 22.Oktober 1924 ein Bauplatz von der Forstverwaltung angekauft werden, der zweckentsprechend war und mit dem sich alle verständigen Bürger Niddens zufrieden erklärten. Noch im selben Herbst ließ das Katasteramt die genauen Grenzen festlegen. Die Baufläche wurde abgeholzt, 200 000 Ziegelsteine wurden angefahren. Im April 1925 wurde die Pumpe gebaut, und am 23.Juni dieses Jahres ist der Weiheakt der Grundsteinlegung zum neuen dreiklassigen Schulhause vollzogen worden.
Chronik der Schule Nidden S. 180/183/184
Am 28. Juli 1925 konnte das Richtfest gefeiert werden und am 15. November fand die Einweihung statt.
Die Schlüsselübergabe erfolgte durch Baurat Gober an den Präsidenten des Direktoriums Borchert.
Kurenkahn
Auf einer eigenen Seite: Kurenkahn und Kurenkahnwimpel
Grenze
Bis 1919 gehörte Nidden zum Deutschen Reich; mit Abschluß des Vertrages von Versailles 1919 wurde der Ort dem Völkerbund-Mandatsgebiet Memelland zugeteilt (mit Grenze gegen Ostpreußen einige Kilometer südlich, etwa an der heutigen Grenze gegen die russische Kaliningradskaja Oblast im Bereich der Hohen Düne, Parnidžio Kopa).
Ab 1923 bis 1939 gehörte Nidden zum unabhängigen Litauen, 1939-1945 wieder zum Deutschen Reich und ab 1945 bis 1990 (Potsdamer Vertrag) zur Litauischen Sowjetischen Sozialistischen Republik, ab 1990 zum erneut unabhängigen Litauen.
Wegen der langen Wartezeiten am Grenzübergang Luisenbrücke in Tilsit sind manche Autofahrer, die von Königsberg nach Memel wollten, über die Kurische Nehrung gefahren, was auch die kürzeste Verbindung darstellt. Da aber heute auch auf der russischen Seite die Kurische Nehrung als Naturschutzgebiet ausgewiesen ist, wird hinter Cranz die Zufahrt kontrolliert und der Durchgangsverkehr nach Möglichkeit abgewiesen. [12]
Ortsbeschreibung
Die Architektur des Memellandes ist in vielen Ortschaften der Nehrung noch gut erhalten. Die alten Holzhäuser besitzen zwei Enden, für die Familie und für Gäste. Sie werden von einem durchgehenden Flur von etwa zwei Metern Breite voneinander getrennt. Außen sind die Häuser mit rötlich braun oder blau gestrichenen Brettern verschalt. Die Dächer sind mit Dachpfannen oder Schilf gedeckt.
Fast alle Fischerhäuser stehen mit dem Ende zum Haff hin, sogar die dazugehörenden Blumen- oder Rosengärtlein gehen zum Wasser hinaus. Viele der Fischerhäuschen sind von Grund auf restauriert. Dazu hat man völlig neue Häuser gebaut, wobei man sich genau an das danebenstehende Original gehalten hat. Wenn die Kopie fertig war, konnte das morsche Haus dann abgetragen werden - das neue sah ja genauso aus. Aber alle Ortschaften haben ihre Eigenarten.
Die Bausubstanz des alten Fischerdorfes von Nidden ist mit 52 Katen noch recht beachtlich. Auch die Straßenführung ist noch erhalten, und die Rosengärten zur Straße hin blühen wieder den ganzen Sommer hindurch. Auch hier in Nidden sind viele Häuser Planke für Planke, Brett für Brett, nach dem Original neu errichtet worden. Der Kurenkahn im Vorgarten eines dieser Häuser erinnert an die gewesene Romantik, die gar nicht so prächtig war, denn die Fischer der Nehrung waren arme Leute.
Die zeitgenössische Architektur Niddens ist nicht immer gelungen, manchmal sieht man noch brutale Kastenbauweise mitten in der Dünenlandschaft. Aber nun erhalten diese Betonbauten zumindest Walmdächer, so daß sich das Bild allmählich bessert. Spätere Bauten bemühen sich gleich um Lokalkolorit, wobei allerdings auch manchmal übers Ziel hinausgeschossen wird und der volkstümelnde Zierat ehr als Kitsch bezeichnet werden muß. Sogar die neue Haffpromenade, die vom Schwiegermutter-Berg bis zum Hafen führt, ist reich bestückt mit Schubkarren, aus den Petunien wuchern, Brunnennachbauten, auf denen Plastikstörche schnäbeln und Milchkannen, aus denen die Kapuzinerkresse quillt. Den meisten Touristen gefällt das. Als gelungen darf die neue Fischersiedlung des Architekten Ramunas Kraniauskas aus Klaipeda bezeichnet werden, deren Konzeption westlichen Siedlingsprojekten der gehobenen Klasse in nichts nachsteht - es sei denn in der Bauausführung. [10]
Aus: Die Kurische Nehrung- Europas Sandwüste Ein Handbuch für den Wanderer und Naturfreund
Reprint von 1932, 1989 by Verlag Gerhard Rautenberg, Leer S. 126,128
Das Kirchdorf N i d d e n verfügt über fünf gute Hotels, und zwar das als Malerheim bekannte Hotel „Hermann Blode“, Hotel „Nordische Linnäa“, Inh. A. Domscheit, Hotel „Gustav Blode“, (Königin Luise) und Hotel „Kurischer Elch“, Inh. Stragies, sowie das am Hafen gelegene Gasthaus „Martin Sakuth“. Außerdem gibt es zahlreiche empfehlenswerte Privatquartiere, die durch die Gemeindeverwaltung zu erfahren sind. In Nidden wird eine Kursteuer erhoben. Arzt und Apotheke ist am Orte. Der Seestrand mit Bad ist auf schattigen Waldwegen in 12 Minuten zu erreichen. (Anmeldung bei dem Gemeindvorsteher. Paß mitbringen!)
Empfehlenswerte Spaziergänge:
nach dem Leuchtturm (Besteigung gestattet) mit prächtigem Rundblick
nach dem Tal des Schweigens und der Hohen Düne
nach dem Angiu-Kalns (Schlangenberg) mit namentlich bei tiefstehender Sonne wunderbarem Fernblick
zur Kirche und dem stimmungsvollen Friedhof mit seinen eigenartigen kurischen Grabmälern; in unmittelbarer Nähe ein Erinnerungsmal an die Maler B i s c h o f f –C u l m, Hans Beppo B o r s c h k e und den Dichter Walther H e y m a n n,
zum Italienblick in der Nähe der Villa Thomas M a n n s.
Es sei ausdrücklich auf die Wagenfahrten ins Elchrevier (Fuhrwerke durch die Hotels) und auf abendliche Segelfahrten nach dem Tal des Schweigens hingewiesen.
Bewohner
Nehrungswald und Ostseestrand
Vom Dorf Nidden, das auf der Haffseite liegt, kann man in einer 15 bis 20minütigen Wanderung durch den herrlichen Nehrungswald den Ostseestrand erreichen. Dabei kommt man am dem neuen Leuchtturm vorbei. Wenn man vor der Küste aus dem Wald heraustritt, hat man einen weiten Blick auf die Ostsee und den feinkörnigen Sandstrand, zu dem man über Holzstege hinabsteigen kann. Der Strand ist weitgehend naturbelassen und noch nicht so touristisch erschlossen, wie an der samländischen Küste in Rauschen oder Cranz.
Nidden 2009 / 2010
Nidden 15.09.2012
Ein Spaziergang vom Hafen zur Düne, mit der Sonnenuhr und zurück zum Hafen, aufgenommen am 15.09.2012. [13]
Alte Ansichten
Die Bilder wurden freundlicherweise von Christel Tepperis zur Verfügung gestellt
Die Bilder wurden freundlicherweise von H.G. Moors zur Verfügung gestellt
Karten
Schilderungen
Kurgäste
"Pietsch III hatte Glück, es kamen nicht nur Maler nach Niegeln, sondern gewöhnliche Badegäste, die sich bei den Fischern einmieteten und den ganzen Tag an der See zubrachten. Sie konnten sich nicht genug damit tun, die Schönheiten Niegelns und der ganzen Nehrung zu preisen. Die Fischer trugen den Kopf hoch, es blieb ein schönes Stück Geld im Dorf. Um Büsch hatte sich eine ganze Malerkolonie gebildet, die aus dem Sand, der bisher als das Gewöhnlichste von der Welt galt, eine Attraktion machten. Ebenso wurden die Elche, um die sich die Fischer gar nicht gekümmert hatten, über Nacht zu Berühmtheiten, und die Badegäste fuhren fast jeden Nachmittag auf den breiträdrigen Fischerwagen in das Elchrevier und kamen vor dort erfüllt mit großen Erlebnissen zurück.
Frau Marthe hatte alle Hände voll zu tun, denn abends ging es in ihrer Krugstube, dem einzigen "Kurhotel" des Dorfes, hoch her. Jedermann wollte geräucherte Flundern und Breitaale essen, die plötzlich zur Delikatesse erklärt worden waren. Pietsch III nahm mit Wollust seine Prise und sah, wie seine Kurkasse von dem Geld der Fremden anschwoll. Niemand hatte daran gedacht, daß es in und um Niegeln soviel Sehenswertes gab und daß die Badegäste jeden Tag neue Ausblicke, neue Spaziergänge und neue Merkwürdigkeiten entdecken würden. Einer preis die Elche, der andere die Reiher, der dritte die hohe Düne, der vierte die verträumten Schilfbuchten, der fünfte die Möwen und Wasservögel, der sechste die interessante Pflanzenwelt, der siebente die unwahrscheinlichen Sonnenuntergänge, der achte die himmlische Ruhe ... ach, es war ohne Ende!
Nur einige Fischer gingen mit verkniffenen Gesichtern umher und meinten, die Fremden wären viel zu laut und machten sich viel zu breit. Zu ihnen gehörte der alte Froese, der mit seiner Posaune den Untergang des Dorfes verkündet hatte. Er mochte die braungebrannten, eleganten Frauen nicht, die kichernd und lachend, hübsch und gesund über die Dorfstraße schritten, als wäre das Leben ein ewiger Tanz. Vor allem hatten sie im Gegensatz zu den sieben Röcken der kurischen Frauen kaum einen an. ...
Der Spätsommer neigte sich dem Ende zu. Die ersten Tropfen eines kalten Regens preschte gegen die Fenster und rannen schwerfällig an dem Glas herab. Die Maler saßen in der Krugstube von Frau Marthe und tranken ihren Rotwein. An den Wänden hingen viele Gemälde, die alle Farben des Sommers eingefangen hatten, von der unwahrscheinlichen Bläue einer stillen Haffbucht bis zum Gelbrot einer nachmittäglichen Sonnenglut über der Hochdüne. ...
Am Morgen traf Martin Pietsch III wieder an den Baracken. Es waren eine Menge Bretter übriggeblieben, oft auch nur Reststücke. Martin sagte beiläufig: "Wenn ich Bürgermeister wäre, würde ich aus den übrigen Brettern eine kleine Badeanstalt am Seestrand bauen lassen. Die Badegäste wollen sicher nicht immer im Sand liegen, und wenn es regnet oder stürmt, ist so eine Bude nicht mit Gold zu bezahlen. ..."
Quelle: Naujok, Rudolf: Der Herr der Düne, K.Thienemanns Verlag, Stuttgart, 1955
Dichtung
Die Frauen von Nidden
von Agnes Miegel
Die Frauen von Nidden standen am Strand,
Über spähenden Augen die braune Hand,
Und die Boote nahten in wilder Hast,
Schwarze Wimpel flogen züngelnd am Mast.
Die Männer banden die Kähne fest
Und schrien: "Drüben wütet die Pest!
In der Niedrung von Heydekrug bis Schaaken
Gehn die Leute im Trauerlaken!"
Da sprachen die Frauen: "Es hat nicht Not,
Vor unsrer Türe lauert der Tod,
Jeden Tag, den uns Gott gegeben,
Müssen wir ringen um unser Leben,
Die wandernde Düne ist Leides genug,
Gott wird uns verschonen, der uns schlug!"
Doch die Pest ist des Nachts gekommen,
mit den Elchen über das Haff geschwommen.
Drei Tage lang, drei Nächte lang,
Wimmernd im Kirchstuhl die Glocke klang.
Am vierten Morgen, schrill und jach,
Ihre Stimme in Leide brach.
Und in dem Dorf, aus Kate und Haus,
Sieben Frauen schritten heraus.
Sie schritten barfuß und tief gebückt
In schwarzen Kleidern bunt bestickt.
Sie klommen die steile Düne hinan,
Schuh und Strümpfe legten sie an,
Und sie sprachen: "Düne, wir sieben
Sind allein noch übrig geblieben.
Kein Tischler lebt, der den Sarg uns schreint,
Nicht Sohn noch Enkel, der uns beweint,
Kein Pfarrer mehr, uns den Kelch zu geben,
Nicht Knecht noch Magd ist mehr unten am Leben.
Nun, weiße Düne, gib wohl Acht:
Tür und Tor ist dir aufgemacht,
In unsre Stuben wirst du gehn
Herd und Hof und Schober verwehn.
Gott vergaß uns, er ließ uns verderben.
Sein verödetes Haus sollst du erben,
Kreuz und Bibel zum Spielzeug haben,
Nur, Mütterchen, komm, uns zu begraben!
Schlage uns still ins Leichentuch,
Du unser Segen, - einst unser Fluch.
Sieh, wir liegen und warten ganz mit Ruh"
Und die Düne kam und deckte sie zu.
Diverses
Memeler Dampfboot 03.07.1924
Die Malerkolonie Nidden
von Kunstmaler Hans Kallmeyer
Wer kennt nicht hier oben in hohen Nordosten das kleine entzückende Fischerdorf Nidden, diese Perle der Kurischen Nehrung, eingebettet in bewaldete Dünenrücken, dicht am Haff gelegen und gesäumt von seiner buntbewimpelten etwa 60 Kähne starken Fischerflotte. Es sind eigentlich drei Dörfer: Nidden, Skrusdin und Purwin, von denen das mittelste Dorf, Skrusdin, das schönste ist. Kein Wunder, daß von den vielen Freunden Niddens ein großer Teil, besonders die Maler, stets diesen Mittelpunkt bevorzugten, und da Hermann Blode diesen Punkt beherrscht, bei diesem zu Gaste waren. Natürlich entwickelte sich dort stets ein sehr fideles Leben, bis der Krieg kam und dies Idyll grausam zerstörte. Doch davon später, jetzt soll der Leser einen Blick in alte längst vergangene Zeiten tun und das Niddener Malerleben einmal miterleben. Es war 1905 als ich zum ersten Mal als Königsberger Student über die Nehrung zog und der Zufall mich zu Hermann Blode führte. Da hauste ein urfideles Volk unter Führung von B i s c h o f f- K u l m und seiner ihm unzertrennlichen Kollegin B e r t h a S c h ü t z, die schon seit einer Reihe von Jahren mit Anderen zusammen – Professor K n o r r, Oskar M o l l, Fritz B e h r e n d t, usw. – Gäste der Kurischen Nehrung waren. Zu diesen gesellte sich der russische Bildhauer K a g a n, Willy Karl H ü b n e r, ein Frl. B e r n s t e i n aus Halle und einige weniger bekannte Künstler. Damals war das Haus Blode noch ohne Saal und große Veranda. Ich muß sagen, es war noch viel gemütlicher als heute. In diesen Künstlerkreis geriet ich für ein paar Tage und beschloß, obwohl selbst noch nicht ausübender Künstler, mich ihm anzuschließen. So bin ich denn mit Ausnahme der Kriegsjahre 1914-1918 jedes Jahr wieder nach dem schönen Nidden gekommen und habe alle Wandlungen des dortigen Künstlerkreises miterlebt. 1909 kam ich als Tiermaler wieder dorthin, um mich gänzlich dem Studium des Elchwildes zu widmen. In diesem Jahre fand sich zum erstenmal der Zwickauer P e c h s t e i n ein, der eine Revolution im Niddener Künstlerkreis verursachte. Bischoff-Kulm und Frl. Schütz waren geknickt, daß sie mit der neuen expressionistischen Malerweise nicht ins Reine kommen konnten. Der Kampf der Stile begann: hie Impressionismus, hie Expressionismus. Pechstein zog S c h m i d t – R o t t l u f und den wilden B r ü c k e m a n n nach sich, die Ansichten wurden immer verworrener, die Gegensätze immer krasser, sehr zum Schaden der früheren gemütlichen Eintracht. Aber Niddens Ruhm als Künstlerkolonie stieg mit Pechsteins Ruhm und immer neue Kreise zog der Kreis bei Blode. Schriftsteller gesellten sich zu den Malern – ich nenne den Nehrungsdichter Walter H e g m a n n , den glühenden Verehrer Pechsteins, der für dessen orientalisch klingende Malerweise das größte Verständnis hatte. – Schauspieler, Tänzerinnen und viel mit den Künsten befreundetes Volk stellte sich ein. Hans Beppo B o r s c h k e, Maler, Musiker und talentierter Schauspieler von Geburt wurde der Konferencier bei Hermann Blode, musikalische Abende, Tanzabende und dergleichen wechselten ab, es war ein fideles Leben alle Nächte. Nidden aber gab all den verschiedenen Leutchen von seinem Reichtum an Motiven schier Unerschöpfliches. Bischoff malt Land und Leute, Fischer und Fischermädchen in ihrem bunten friedlichen Dasein, Bertha Schütz tat das Gleiche, Behrend widmete sich den Kähnen, Pechstein malte alles in Südseefarben, die Nehrung wurde zum Atoll, zum Korallenriff Polynesiens in seiner urwüchsigen Farbenpracht, Pechsteins Gattin eiferte dem Gatten nach, Schüler und Professoren der Akademie in Königsberg kamen als vorübergehende Gäste. Die „Sandakademie“ , wie Bischoff den Künstlerkreis einmal taufte, schien sich immer mehr zu vergrößern. Da kam der Krieg; aus war´s mit dem fidelen Bohemeleben in Nidden. 1918 in den ersten Oktobertagen kam ich als Urlauber 3 Tage nach Nidden. Der Krieg war fast zuende – verloren, das Heer auf dem Rückmarsch. Niederdrückend war die Stimmung dieser Tage. Ein Jahr später Deutschland in den Fieberzuständen der Revolution – in Nidden ein neuer Kreis, bestehend aus den Resten der Alten: Kallmeyer und Pechsteins – dazu neu die Königsberger Akademiker M o l l e n h a u e r, F r e y m u t h , B u c h h o l z; der Berliner Gustav J ä g e r und Bertha Schütz kamen nur noch vereinzelt. 1920 wurde der Kreis noch größer: P l u m p aus Bremen, H e l l e r s b e r g aus Berlin und drei Leipziger Maler fanden sich ein. aber die Zeiten wurden wieder schlechter. Das Geld entwertete, die Künstler verkauften ihre Arbeiten für lächerliches Geld, und schließlich waren nur noch wenige imstande, eine Studienreise nach Nidden zu unternehmen. 1923, das Jahr der Inflation sah nur noch Kallmeyer dort. Dieses Jahr scheint sich Niddens alter Einfluß wieder zu stärken. Neben K a l l m e y e r, dem alten Stammgast, ist M o l l e n h a u e r (aus Amerika zurückgekehrt) wieder da und hat sich in seines Schwiegervaters Haus ein gemütliches Heim geschaffen, zu ernster stiller Arbeit so recht geeignet. Der Königsberger Eduard B i s c h o f f ist nach Nidden gekommen und manch Anderer beabsichtigt seine Studien in dem alten lieben Nest zu betreiben. So könnte sich vielleicht eine neue Kolonie von Künstlern bilden, aber mit der Abtrennung Niddens vom Deutschen Reich sind die Wege dorthin umständlich und beengt geworden. Das urgemütliche Leben früherer Tage kann in den Zeiten des äußeren Druckes und der Geldknappheit sich nie wieder entwickeln. Hoffen wir trotzdem, daß einmal wieder ruhige Zeiten kommen und daß dann Nidden den Künstlern wie früher ein an Motiven reiches Sommerheim bieten mag.
Memeler Dampfboot vom 28.07.1925
Das Künstlermal auf der Niddener Düne
Am vergangenen Donnerstag fand hier die Einweihung eines Denkmals für die drei im Weltkrieg gefallenen Künstler E r n s t B i s c h o f f – C u l m, W a l t e r H e y m a n n und H a n s B o r s c h k e statt. Auf einem Hügel am oberen Friedhofsweg erhebt sich auf einer Anhöhe, die einen schönen, weiten Blick auf das Haff bietet, ein wuchtiger, oben schräg abgesägter, schwarz gebeizter Eichenstamm, umsäumt von vier ebenfalls schwarz gehaltenen Blöcken. Im unteren Drittelumzieht den Stamm ein breiter kobaltblauer Ring, in dem die drei Namen mit goldenen Antiqualettern stehen. Nach mancherlei Versuchen, eine weitere Oeffentlichkeit für den Denkmalsgedanken zu gewinnen, hat der Maler Ernst M o l l e n h a u e r, Hermann Blodes Schwiegersohn, in aller Stille dieses schlichte, würdige Mal erdacht und mit Hilfe der Maler D u b z i n s k i und E. K a d o auch eigenhändig hergestellt.
Zur Weihe hatten sich neben vielen Badegästen eine große Anzahl Ortseingesessener eingefunden. Nach dem gemeinsamen Gesang „Uns´rer Brüder denken wir, die der grimme Tod bezwungen“, hielt Pfarrer S c h e n k e nach Verlesen des 46.Psalmes die Festrede. Ausgehend vom Beginn des Krieges schilderte er die Begeisterung der Millionen, die auszogen, um für eine gerechte Sache zu streiten. Alle sangen oder dachten doch: „In der Heimat, da gibt´s ein Wiederseh´n“. Aber weit über eine Million der Männer fand ein Grab in fremder Erde und sah die Heimat nicht wieder. Zu ihnen gehören auch die drei Künstler, deren Denkmal wir heute weihen. Wohl war Nidden nicht ihre eigentliche Heimat, aber sie hatten hier ihr geistiges Zuhause gefunden. Darum wollen wir sie gern umschließen mit unserer Liebe und ihr Mal in Ehren halten. Darauf hielt Paul A d e r j a h n – Königsberg die eigentliche Festrede und würdigte die Bedeutung der drei Künstler im allgemeinen und ihre besonderen Verdienste um die Nehrung, wie Bischoff in seinen Bildern die Größe und Eigenart der Landschaft und den Charakter ihrer Bewohner mit allen ihren Mühen und Sorgen dargestellt und wie Heymann der Nehrung in seinen Gedichten besonders in der „Hochdüne“ ein unvergängliches Denkmal geschaffen. In warmen Worten gedachte er dann des jugendlichen Borschke, eines Menschen von shakespearscher Größe, der vielen Memelern aus den Tagen der Simon-Dach-Feier bekannt sein wird, bei dem die Begabungen als Dichter, Maler und Schauspieler gleich groß waren. Des Redners Worte klangen aus in einem warmen Nachruf und einem Gelöbnis treuen Gedenkens.
Dr. Ludwig G o l d s t e i n überbrachte die Grüße und Wünsche des Königsberger Goethebundes, dessen Vorsitzender er ist. Er sprach zunächst Herrn Mollenhauer Dank und Anerkennung aus für das schöne wie originelle Denkmal, das er in der Stille in so kurzer Frist geschaffen, und würdigte dann in formvollendeter Rede den Dichter Heymann, der ihm als Freund besonders nahe gestanden. Zum Schluß sprach Rektor H e n k e l, der ausführte, er habe die Künstler lange Jahre gekannt, habe ihr Mühen und Schaffen, ihr Ringen um die Offenbarung des Wesens der Nehrung und ihrer Bewohner geschaut und manche frohe und ernste Stunde mit ihnen verlebt. Gleich nach dem Kriege entstand der Gedanke, diesen Männern hier ein Denkmal zu setzen. Ein Komitee trat zusammen und die Gemeinde pachtete den Platz von der Forstverwaltung, auf dem das Mal nun steht. Bald aber setzte ein Streit um die Art der Ausführung ein, der die Männer, denen man das Mal errichten wollte, sicherlich stark belustigt hätte. Dann kam die Inflation, entwertete die gesammelten Gelder und ließ den Plan wieder einschlafen. Nun ist dank der Tatkraft einiger Männer doch noch und zwar in wenigen Tagen ein würdiges Denkmal geschaffen worden. Man mag sich zu seiner Ausführung stellen, wie man will. Eins steht fest: Jeder Handgriff daran ist in Liebe getan. Wir danken der Kultusabteilung des Landesdirektoriums für die anstandslose Genehmigung zur Aufstellung und hoffen, daß auch die Forstabteilung den inzwischen verfallenen Pachtvertrag erneuern wird. Dann wandte sich der Redner in eindringlichen Worten an die Fischer, erinnerte sie daran, wie besonders Bischoff-Culm so ganz mit ihnen lebte, Anteil nahm an ihren schweren Sorgen in den Notjahren vor 20 Jahren und wie es ihm so manchmal gelang, die Sorgen für Stunden zu verscheuchen, wie all die Männer in Bildern und Gleichnissen geredet haben von der Schönheit der Nehrung und von dem herben und schweren Los ihrer Bewohner. Als treue Lebenskämpfer haben die Männer ihr Leben geopfert für das, was ihnen hoch und heilig war. Und nun bitte ich Euch, schloß der Redner, schaut auf Eurem Wege zum Kirchlein die Namen, die Euch hier entgegenleuchten, in Liebe an und laßt sie Euch eine Mahnung sein, den Kurs durchzuhalten auch bei schwerstem Wetter.
Memeler Dampfboot vom 19.03.1926
Die Fischerkähne im Eis des Kurischen Haffes
Der orkanartige Weststurm, der in der vergangenen Woche wütete und über Nacht die stellenweise 14 Zoll starke Eisdecke des Haffes in Stücke riß und das Eis nach dem Festlande hinüberschob, machte die Segelfischerei auf dem Haff zu einem großen Teil möglich. Fast sämtliche Nehrungsfischer vom Süd- und Nordhaff nahmen sofort mit ihren Kähnen die Fischerei auf. Leider ereigneten sich dabei mehrere Unfälle, bei denen die Fischer nicht nur größeren Schaden an ihren Fischereigeräten erlitten, sondern auch körperlich beschädigt wurden. Ein Fischer musste die Strapazen seines Berufes sogar mit dem Leben bezahlen. Besonders kritisch war für die Fischer der 10.März, da an diesem Tage außer dem starken Südweststurm ein dichter Schneefall herrschte, so daß die Fischer die Orientierung vollständig verloren. Bei Pillkoppen versuchten die Fischer das Land zu erreichen. Unter den größten Anstrengungen der Pillkopper Einwohnerschaft gelang es auch, die zum Teil vollgeschlagenen Wasserfahrzeuge mit den Netzen, Segeln und sonstigen Fischereigeräten sowie der Besatzung zu bergen. Unter den geretteten Fischern befand sich auch der Fischerwirt Wilhelm W e i n h o l d aus Pillkoppen. Er war so erschöpft, daß ihn sein Geselle auf dem Nachhausewege stützen mußte, doch wurde auch diesem die Last zu schwer; er lief ins nächste Haus, um Hilfe zu holen. Als er wiederkam, fand er seinen Brotherrn bereits tot vor. Weinhold hinterläßt eine Witwe und fünf Töchter. Auch den Sohn des Fischers K a l l n i s c h k i e s aus Nidden traf an diesem Tage ein schweres Unglück. Stundenlang bemühten sich Vater und Sohn , mit dem halbvollgeschlagenen Kahn das Land zu erreichen. Beim Umlegen der Schleppkette geriet der junge Kallnischkies mit beiden Händen zwischen die Kette , wobei ihm fast alle Finger gequetscht wurden. Am Donnerstag, den 11.März, wurden, wie bereits kurz gemeldet, drei deutsche Fischerfahrzeuge vom Eise eingeschlossen und ins litauische Gebiet gedrückt. Zwei Kähne konnten sich mit eigener Kraft aus ihrer schwierigen Lage befreien. Der dritte Kahn, Nr.10, des Fischers S p r i e aus Konradsvitte (Kr. Labiau) mußte zwei Tage und zwei Nächte in einer Eisumklammerung von etwa 1500 Meter mit seiner Besatzung ausharren, bis Hilfe kam. Bereits am Freitag, den 12.März, traf der Memeler Lotsendampfer „Reiher“ unter Führung des Lotsenkommandeurs R a d t k e in Nidden ein. Da es aber schon spät abends war, konnte die Rettung erst am folgenden Sonnabend morgen aufgenommen werden. Mit genügend Rettungsgeräten und Proviant versehen, lief Dampfer „Reiher“ , dessen Besatzung durch mehrere Niddener Fischer verstärkt worden war, zu dem im Eise eingeschlossenen Fischerfahrzeug. Als der Dampfer den Kahn fast erreicht hatte, stellten sich Eisschiebungen ein, so daß auch der Dampfer vom Eis eingeschlossen wurde, später sich aber wieder frei machte. Erst nach sieben Stunden langer, angestrengter Arbeit gelang es dem Dampfer, den Kahn ins freie Wasser zu bringen. An derselben Stelle, wo das Fischerfahrzeug Nr. 10 eingeschlossen war, liegt heute ein Eisgürtel von ca. 5 Kilometer im Umkreis.
Internetlinks
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Fotoalbum Kurische Nehrung
Künstlerkolonie in Nidden
Zwischen Haff und Meer, Ostpreußen 1940-1944, Kamera Dr. Herbert Ecke (11.12.2013)
Offizielle Internetseiten
Weitere Internetseiten
Artikel Nidden. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie.
Teilauswertung zu Nidden: Memelland, OFB
Zufallsfunde
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Literatur
- Barfod Jörn, Künstlerkolonie auf der Kurischen Nehrung, edition fischerhuder kunstbuch, 2005
- Ilze Gulens, Baltikum, Dumont, ISBN 3-7701-3368-4
Daten aus dem genealogischen Ortsverzeichnis
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Einzelnachweise
- ↑ Dietrich Lange: Geographisches Ortsregister Ostpreußen einschließlich des Memelgebietes, des Soldauer Gebietes und des Reg.-Bez. Westpreußen (1919-1939)
- ↑ Amtsblatt des Memelgebietes vom 01.09.1923
- ↑ Dietrich Lange: Geographisches Ortsregister Ostpreußen einschließlich des Memelgebietes, des Soldauer Gebietes und des Reg.-Bez. Westpreußen (1919-1939)
- ↑ Urmesstischblatt von 1834
- ↑ Dietrich Lange: Geographisches Ortsregister Ostpreußen einschließlich des Memelgebietes, des Soldauer Gebietes und des Reg.-Bez. Westpreußen (1919-1939)
- ↑ Amtsblatt Gumbinnen 1939: Neugliederung der Gemeinden und Gutsbezirke im ehemaligen Memelland ab 1. Mai 1939, S. 64ff,
http://www.memelland-adm.de/Archiv/13 Verwaltungsbezirke/index.htm - ↑ 7,0 7,1 7,2 7,3 7,4 7,5 7,6 Bild: Walter Keck 2010
- ↑ Nijolė Strakauskaitė, Die Kurische Nehrung - die alte Poststraße Europas (Klaipeda: S.Jokužio leidykla-spaustuvė, 2006), S.81-85
- ↑ Bötticher, Adolf: Die Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Ostpreußen, Heft V. Litauen, Königsberg 1895, S. 94
- ↑ 10,0 10,1 Helmut Arnasszus: Reiseführer Litauen, ISBN 5-420-01025-9
- ↑ Nijolė Strakauskaitė, Die Kurische Nehrung - die alte Poststraße Europas (Klaipeda: S.Jokužio leidykla-spaustuvė, 2006), S.38
- ↑ Text: Bernhard Waldmann
- ↑ 13,00 13,01 13,02 13,03 13,04 13,05 13,06 13,07 13,08 13,09 13,10 13,11 13,12 13,13 13,14 13,15 13,16 13,17 13,18 13,19 13,20 13,21 13,22 13,23 13,24 13,25 13,26 13,27 13,28 13,29 13,30 13,31 13,32 13,33 Foto aufgenommen am 15.09.2012 von Günthher Kraemer
- ↑ 14,0 14,1 Foto aufgenommen am 15.09.2012 von Read ..., Slavikai