Australische Auswandererbriefe (1934)/11

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
GenWiki - Digitale Bibliothek
Der Heimat Bild“ - Australischen Auswandererbriefen nacherzählt von Walter Fläming
Inhalt
<<<Vorherige Seite
[10]
Nächste Seite>>>
[12]
Der Heimat Bild Flaeming 1934.djvu
unkorrigiert
Dieser Text wurde noch nicht korrekturgelesen und kann somit Fehler enthalten.

Nicht auf Rosen gebettet

      Als unser kleiner Segler an der Hafenmauer von Port Adelaide anlegte, standen da schon auf uns wartend alle Tucheimer mit Wagen und Pferden. Hei, war das ein Begrüßen und Händeschütteln. So viele Antworten gibt es gar nicht, um auf alle ihre Fragen Rede zu stehen. Von weit her kamen sie und glaubten, unser Schiff hätte ihnen Heimatluft mitgebracht. Und wir Neulinge - ordentlich geborgen fühlten wir uns mitten im fremden Lande; denn jetzt stehen wir hier in Südaustralien und ihr daheim auf der Erdkugel mit den Fußfohlen gegeneinander.

      Am Tage unserer Landung kam keine Kiste mehr von Bord. Da suchten wir uns denn erstmal ein Unterkommen für die Nacht. Viele blieben über Nacht draußen auf den Wagen. Wir aber mit den Kindern gingen ins Gasthaus. Da spürten wir zum ersten Male, daß man hier das Geld anders wertet als bei Euch zu Hause. An Schlafgeld allein zahlten wir für die Person einundeinenhalben Schilling. Das sind 15½ Silbergroschen preußisches Geld. Für das Frühstück am anderen Morgen mußten wir das gleiche zahlen, aber man kann dann essen, soviel man will, denn es wird immer wieder nachgesetzt. Dreimal essen die Leute hier nur am Tage nach englischer Art. Es gibt aber auch jedesmal Fleisch.

      Endlich, am Sonnabend, dem 7. Januar hatten wir unsere Kisten aus dem Wagen. Am nächsten Tage, also einem Sonntag, kamen wir in Lindockwallix bei Friedrich Heinrich, den Ihr ja von Tucheim her kennt, an; er hat uns gleich von Port Adelaide auf auf seinem Wagen mitgenommen.

3½ Monate auf See

      Wir hatten lange genug gefeiert, denkt nur, von Mitte September bis Anfang Januar! Ich hatte eine richtige Gier danach, mal tüchtig wieder die Arme zu rühren. So sorgten wir denn schnell für Obdach und Arbeit. Schon am 9. Januar, also tags nach unserer Ankunft in Lindockwallix, zogen wir bei August Hoffmann, einem Schlesier, ins alte Haus. Hier reißt man die alten Häuser nämlich nicht nieder, wenn man sich ein neues baut. Wir hatten es vorzüglich getroffen; die Wohnung war gut, und die Leute sind wohl zu leiden.

      Ich hatte allerdings einen bösen Fuß und mußte die erste Woche zu Hause bleiben. Das war kein guter Anfang. Aber meine Frau half gleich mit auf dem Felde schneiden. So saßen wir trotzdem bei ihnen zu Tisch und waren die ärgste Sorge los. Die andere Woche half ich zusammenfahren. Die Frau mußte Zwiebeln und Kartoffeln aufmachen. Und obgleich ich doch bloß halbe Arbeit leisten konnte, bekam ich den Tag 4 Schillinge, sage und schreibe 1 Taler 10 Silbergroschen preußisch Geld. Dafür muß man sich bei Euch zu Hause ein bißchen mehr rühren. Sonst gibt es als Tagelohn 5 bis 6 Schillinge. Hernach habe ich bei einem Engländer dreschen helfen, wo ich bei freiem Essen und Trinken die Woche 24 Schillinge also 8 harte Taler, bekam. Hier hatte ich es sehr gut. Ich hatte nur Stroh aufzuschütten. Er dreschte mit 6 Bullochsen. Bullochsen sagen die Engländer; es sind aber ganz gewöhnliche Ochsen, nur im Schlage etwas kräftiger wie die in Deutschland.

      Es dauerte nur ein paar Monate, da verstand ich soviel von den neuen Verhältnissen, daß ich mir eine halbe Sektion Regierungsland pachtete. Das sind 40 australische acres; der Acker 6 Schilling Pacht. Ein Acker ist etwas mehr als bei Euch in Paplitz ein Morgen[1]. Wenn man sich mit 4 Ochsen tüchtig darüber hermacht, kann man wohl vom Morgen bis zum Abend einen Acker umpflügen.

Dann ging es ganz vorsichtig an die Einrichtung der Wirtschaft. Zuerst kauften wir eine Kuh für 5 engl. Pfund 6 Dallar 20 Schilling danach 2 Stiere, die kosteten schwere 30 Pfund.


  1. 2⅓ Acker machen etwa 1 Hektar.