Australische Auswandererbriefe (1934)/22

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Der Heimat Bild“ - Australischen Auswandererbriefen nacherzählt von Walter Fläming
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Der Heimat Bild Flaeming 1934.djvu
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      Als ich Anno 1857 zwei Sektionen gepachtet hatte, wurde dieses Haus zu eng. Familienzuwachs war auch zu erwarten, und Marie ist auch nicht anders wie alle andern deutschen Frauen. Kurz, sie hatte das Hausen in bloß einem Raume satt; und so bauten wir ihr ein feines Haus mit 3 Stuben; eine Küche wurde ungebaut. Die hatten wir tatsächlich im Bauplan vergessen. Ich sage Dir, der Wedding aus Tucheim, der Zimmerer - jetzt ist er ein großer Baumeister - hat was zu hören gekriegt von meiner Frau. Aber er ist nicht auf den Kopf gefallen und bewies ihr klipp und klar, daß es unmöglich sei, in solchem Hause eine Feuerstelle aufzubauen; denn wir zogen die Wände mit getrockneten, ungebrannten Lehmziegeln hoch. Das Holz in der Gegend ist schon verflucht knapp; und schwedisches Bauholz, das sie in Port Adelaide einschiffen, war mir denn doch zu teuer. So ist Marie zu einer pikfeinen Küche mit vier festen Wänden aus Bruchsteinen und einem Dach aus Blech gekommen. Es war ganz gemütlich in diesem Hause; denn ringsherum lief eine verdeckte Veranda. Bloß, wenn die Regenzeit mit ihren nassen Güssen kam, hatten wir manchmal Angst, daß uns die Bude über dem Kopf zusammenstürzen würden, denn die Nässe weichte die ungeschützten Ziegel auf. So besorgten wir uns denn Blechplatten, die wir davornagelten, aber nur solange, wie die Regenzeit anhielt. In der Trockenzeit haben wir sie fix wieder abgenommen. Wir wären sonst im Hause geschmort wie Pflaumenmus. Was meinst Du wohl, welche Kraft unsere Australiensonne hut!

      Ich habe nun die Mucken des Landes auch schon zu spüren bekommen. Fällt genügend Regen, so ist alles in der Reihe. Bleibt er aber aus - wir haben mal zwei Jahre hintereinander keinen Tropfen vom Himmel fallen sehen - dann ist die Not groß. Da kann es in der Wüste Sahara nicht schlimmer sein. Deine Ernte zerfällt Dir auf dem Acker zu Pulver. Das Gras ist nur noch Staub. Das ganze Land überhaupt ist dann eine Staubwolke. Wir haben ja noch ungeheures Glück, daß der Bach, der dicht am Hause durch meine Äcker zieht, auch in der ärgsten Zeit noch ein wenig Wasser hielt. Da habe ich mich denn dabei gemacht und auf jedes Dach eine Regenrinne genagelt. Das Wasser fangen wir dann in riesigen Blechtanks auf. Ich habe gleich zehn Stück an jedem Ausfluß aufgestellt. Aber es hat wohl doch noch 10 Monate gedauert, bis der erste Regen fiel. Von weit und breit kamen richtige Karawanen mit Wassertonnen. Oft waren sie drei Tage unterwegs. Du wurde uns zum Schluß auch das Wasser knapp. Mit Fritz und meinen 4 Farmhands habe ich dann am Bachrande ein mächtiges Loch gebuddelt, so tief, daß Du glatt ein kleines Häuslerhaus hineinstellen konntest. Dann haben wir drei hölzerne Wasserrinnen gebaut und zu sechsen 2 Tage und 3 Nächte aus dem Bach Wasser geschöpft. Und denke Dir, wie wir es so ziemlich voll haben, ziehen schwarze Wolken auf. Zwei Stunden später gab es so einen Regenguß, daß wir im Hause fast wegschwammen. Und doch waren wir trotz der unnützen Arbeit froh, daß es endlich regnete.

      Aber Schaden genug habe ich erlitten. Wir haben nur an den Streifen am Bach etwas geerntet, und das trug nicht einmal das Saatgut fürs nächste Jahr aus. Von meinem Rindvieh habe ich gut die Hälfte abstechen müssen. Zu verkaufen war das Fleisch bei dem sonstigen Riesenangebot nicht. Nur die Felle haben wir gerettet, aber die kosteten auch kein Geld.

      Dann gab es wieder so gute Jahre, daß alle Sorge bald vergessen war. Die Arbeit riß nicht ab. Zur Erntezeit habe ich immer viel fremdes Volk hier. Da heißt es, die Löhne herbeizuschaffen. Manche Woche mußte ich weit über 300 Taler bloß an Lohn zahlen. Und da die Erntearbeiter auch Essen und Trinken kriegen, kannst Du Dir denken, daß Marie, die beiden Mädchen und zwei Mägde alle Hände voll zu tun haben.

      Vor ein paar Jahren, nach einer großartigen Ernte, bauten wir unser drittes Haus.