Böttcherwerkstatt Thole

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Haselünne: historisch – familienkundliche Entwicklung im lokalen und regionalen Zusammenhang, Land und Leute, Siedlung, Sprache, Kirche, biografische Aspekte, Archive, Quellen, Hinweise...Über die Kirchenbücher hinaus befinden sich die Quellen für weitergehende Forschungen auch in den Staats-, Adels-, Stadt- und Gemeindearchiven.

Hierarchie

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Böttchermeister Tholes Arbeit

In Haselünne auf der Arbeitssitzbank:
Böttchermeister Josef Thole

Wie ein Faß entsteht

[1]Der Beruf des Böttchers erforderte damals wie heute große handwerkliche Fähigkeiten und lange Erfahrung. Die Böttcherarbeit ist schwere, dabei aber geschickte und präzise Handarbeit.

Für die Herstellung eines Fasses wird möglichst astfreies, gerade gewachsenes Eichenholz benötigt. Der Stamm wird auf die Länge der späteren Fässer zugeschnitten. An der Bandsäge wird der Stamm in Daubenstärke aufgeschnitten. Nun bedarf es einer jahrelangen Trocknung, da das Holz nicht mehr schrumpfen darf, wenn es erst zu Fässern verarbeitet ist.

Beim ersten Arbeitsgang der Faßherstellung werden die Holzstücke für die Dauben zunächst für die innere Rundung des Fasses ausgesägt. Auf der Rauhbank, über die die Holzstücke geschoben werden, erhält die Daubenkante den richtigen Neigungswinkel und die Daubenenden müssen gleichmäßig verjüngt werden. Zur Kontrolle benutzt der Böttcher Lehren, die er in vielen verschiedenen Größen in der Werkstatt hängen hat. Die Faßrundung auf der Außenseite der Dauben bereitet der Böttcher auf der Ziehbank mit Hobel oder Ziehmesser vor. Mit dem prägnantesten Böttcherwerkzeug, dem Krummesser, werden die Innenseiten der Dauben geglättet.

De Küiper, Kupferstich 1694:
Joh. u. Caspaars Luiken

Die so gefertigten Faßdauben werden nebeneinander ausgelegt und in der Mitte für die Faßreifen gekennzeichnet. Nun kann das Faß aufgesetzt werden, d.h. die Dauben werden hochkant gestellt und ein Setzreifen für den ersten, noch recht wackeligen Halt übergestülpt. Auf der einen Seite des Fasses können dann die Faßreifen (Kopfreif, Halsreif und Bauchreif) mit dem Setzhammer aufgezogen werden; auf der anderen Seite klaffen die Dauben dann allerdings nach außen.

Der komplizierteste Vorgang ist der nun folgende Feuer-Wasser-Prozeß, der Faßbrand: im Faß wird mit Hobel spänen ein Feuer entfacht, von außen wird das Faß mit Wasser feucht gehalten. Das ermöglicht dem Böttcher die nach außen klaffenden Dauben mit Hilfe einer Stahlseilwinde soweit innenzupressen, bis die Reifen auch von der zweiten Seite aufgetrieben werden können. Erst jetzt hat das Faß die richtige Wölbung. Mit dem bogenförmigen Endhobel werden die Faßränder noch geglättet. Um die Faßböden einsetzten zu können, werden zunächst mit dem Kimmhobel innen Nuten angebracht. Der Hobel ist so konstruiert, daß ein gleichmäßiger Abstand zum Faßrand garantiert ist. Den Boden, der sehr genau passen muß, damit das Faß nicht leckt, reißt der Böttcher mit dem Zirkel auf und sägt diesen mit der Schweifsäge aus.

Durch das Abnehmen der Kopf- und Halsreifen spreizt sich das Faß etwas auseinander, so daß die Böden mit Hilfe der Bodeneisen eingelassen werden können. In der Rohform ist das Faß nun fertig. Es wird noch geglättet und mit einem Spundloch versehen. Im abschließenden Brühvorgang wird das Faß mit kochendem Wasser geschwenkt, damit die Dauben vorquellen. Die Arbeitszeit für ein 300-Liter-Faß beträgt zwei Tage und umfaßt rund fünfzig Arbeitsschritte.

Böttcherwerkstatt Thole

Böttcherarbeiten

[2]Der erste "Küpermeister" (= Küfer, Binder, Büttner oder Böttcher) der Familie Thole gründete um 1835 in der Ritterstraße in Haselünne seine Werkstatt. Er war, wie die meisten Bewohner der Stadt Ackerbürger, d.h. er lebte von der Landwirtschaft und seinem Handwerk. So lebten auch die Böttcher der 3 folgenden Generationen, an denen die Werkstatt und das Handwerk weitergegeben wurden.

Johann Bernhard Joseph Thole (*1809), Gründer der Werkstatt, stellte für die in der Nähe gelegene Weingroßhandlung Russell Weinfässer her. Für ihn waren diese Arbeiten, neben den Aufträgen aus der Bevölkerung, eine relativ sichere (und gleichmäßige) Einnahmequelle.

Heimatverein Haselünne - Heimatmuseum Haselünne
Böttchermeister Thole: Hobelbank, Werkzeuge

Das Böttcherhandwerk war bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts für die Bevölkerung und besonders auch für die Brenner und die in Haselünne ansässige Weingroßhandlung ein unverzichtbares Gewerbe. Eimer, Bade- und Waschwannen. Butterkerne, Fässer in verschiedenen Formen und Größen. Pökelfässer, Schöpffässer, etc. wurden vom Böttcher angefertigt.

Sein Sohn Heinrich Anton (*1836) fertigte ebenfalls Fässer für diese Weingroßhandlung an, bekam aber auch Aufträge von einer Butter- und Eiergroßhandlung zur Herstellung von Butterfässern.

Am Anfang des 19. Jahrhunderts wurde durch die Verbreitung von Keramik und Metallbehältern dieses Holzhandwerk eingeschränkt. Josef Thole(*1870), der in der 3. Generation als Böttcher arbeitete, schaffte sich aus diesem Grund um 1910 eine weitere Einnahmequelle. Er begann Tonwaren und Baumaterialien (Tonplatten, Steinzeugröhren, Tröge, Schamottesteine) zu verkaufen. Zudem handelte er mit Porzellan.das auch für Festlichkeiten vermietet wurde.

Seine Kontakte zu Großhändlern beschränkten sich nicht nur auf den Norddeutschen Raum. Josef Thole zog Erkundigungen über die Preise der Waren bei Firmen in ganz Deutschland -Breslau, Leipzig, Hamburg, Meissen, usw.- ein. Sehr große Bestellungen tätigte er bei der "Bunzlauer Thonröhren & Chamottewaaren Fabrik Hoffmann & Co." in Bunzlau, für die er offiziell ein Lager führte.

Heimatverein Haselünne - Heimatmuseum Haselünne
Böttchermeister Thole: Arbeitssitzbank

Als Böttcher arbeitete er auch weiterhin. Neben den ständig anfallenden Reparaturarbeiten in den Brennereien war die Anfertigung von Butter-, Pökel-und Jauchefässern noch sehr gefragt. Das Holz hierfür wurde nur noch selten mit dem Pferdewagen und einer Ricke eigens aus dem Wald geholt.

Böttcherwaren

In den 20er und 30er Jahren bestellte er es bei großen Faßholzfabriken, die ihm auch fertige Dauben, Deckel und Böden lieferten. Josef Thole sah für seine Böttcherei noch eine Zukunft. 1930 kaufte er für die Werkstatt eine Fräsmachine, eine Schleifmaschine und einen Faßholztrennapparat für 2.870,50 RM und 1931 eine Bandsäge im Wert von 1.185,-RM.(Im Vergleich dazu steht ein Stundenlohn von 0,60 RM für Reparaturarbeiten in einer Brennerei).

Sein Sohn Anton Thole (*1907) erlernte den Beruf des Böttchers im väterlichen Betrieb. Nach dem Tod des Vaters, übernahm er 1934 Werkstatt und die Ton- und Porzellanwarenhandlung . Bis 1943 setzten sich seine Haupteinnahmen aus dem Verkauf von Bunzlauer Tonwaren, Reparaturarbeiten in den Brennereien und aus der Herstellung von Butterfässern für die Molkereigenossenschaft Haselünne zusammen. Seine Arbeit war immerhin so wichtig, daß Anton Thole in den ersten Kriegsjahren nicht eingezogen wurde, da ihn die Molkereigenossenschaft und auch die Brennereien reklamierten, d.h. sie bescheinigten ihm, daß seine Arbeit von größter Wichtigkeit sei und man nicht auf ihn verzichten könne.

Nach dem 2. Weltkrieg gingen durch die große Verbreitung von Metall- und Kunststoffbehältern die Arbeiten für den Böttcher drastisch zurück und das Handwerk begann auszusterben.

Anton Thole suchte nach Alternativen. In den 50er Jahren war er u.a. als Versteigerer von Grundstücken tätig. In seinem Beruf als Böttcher führte er fast nur noch Reparaturarbeiten für die ansässigen Brennereien aus. Die Böttcherwerkstatt mußte er um 1960 endgültig schließen: damit war das Handwerk in dieser Gegend endgültig ausgestorben.

Danach arbeitete er bei Haselünner Baufirmen und den ansässigen Schnapsbrennereien. Anfang der 70er Jahre war Anton Thole als Böttcher noch einmal gefragt, denn von den Firmen gekaufte Bierfässer, die als Schnapslagerfässer benutzt werden sollten, mußten zerlegt, gereinigt und wieder zusammengefügt werden. Er arbeitete bis zu seinem 70. Lebensjahr und ging dann in den Ruhestand.

Anton Thole, der letzte Böttchermeister von Haselünne, starb 1993 im hohen Alter von 85 Jahren.

Fußnoten

Weblinks