Bossierer

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Die Lebensumstände im lokalen und regionalen Bereich mit den natürlichen und kulturellen zeitlichen Gegebenheiten geben Hinweise zur Anlage von Biografien unserer Vorfahren in der jeweiligen Generation. Land und Leute in ihrer Zeit, ihre Siedlung, Sprache, Kirche, und die Vernetzung ihres Lebensraumes.

Hierarchie: Regional > HRR > Historische deutsche Staaten > Lebensumstände > Handwerk > Bossierer

Berufsbezeichnung

  • Bossierer, Fictor (tat.), Sculptor (lat.)

Varianten

  • Wachsbossierer
  • Wachspoussirer, derjenige, welcher die Fertigkeit besitzet, in Wachs zu poussiren [1]
  • Botterbossierer [2]
  • Wachsarbeiter, auch Wachspoussirer, welche allerhand künstliche Arbeit zu machen pflegen, und und diese verarbeiten und verkaufen.
  • Gipsbossierer (Verferiger von Gipsfiguren 1861 im Kreis Wesel)

Bossieren oder Wachsbildnerei

Wachsbildnerei (Ceroplastik) ist die Kunst, durch Bossieren oder Gießen Gegenstände aus Wachs zu bilden. Am häufigsten dient die W. zur Darstellung von Früchten, anatomischen Präparaten, künstlichen Perlen, Puppenköpfen und den sogen. Wachsfiguren. Bei diesen sind gewöhnlich nur Gesicht, Kopf, Hals, Hände oder andre nackte Teile von Wachs, die mit Kleidern bedeckten Teile des Körpers dagegen ausgestopft.

Sammlungen von Wachsfiguren bilden ein Wachsfigurenkabinett. Unter den Wachsfigurenkabinetten des 19. Jahrh. sind die berühmtesten die von Madame Tussaud 17801802 in Paris, dann in London, und von Gebrüder Castan in Berlin (Panoptikum). Berühmt sind auch die italienischen, besonders Neapolitaner Krippenfiguren in Wachs aus dem 18. Jahrh.

Die Wachsbildnerei war schon den Alten bekannt. Doch haben sich nur aus der Renaissancezeit, in der die Wachsbildnerei sehr beliebt war, kleinere, meist bemalte, größtenteils komische Genrefiguren und Porträtmedaillons aus Wachs erhalten. Im 19. Jhdt. wird die Wachsbildnerei auch zur Ausführung von Modellen kleinerer Gegenstände für den Kunstguß geübt.

Das zum Bossieren benutzte Wachs (Bossierwachs) besteht aus 4 Teilen Wachs, 3 Teilen weißem Terpentin, etwas Baumöl oder Schweinefett und wird gewöhnlich mit Mennige, Zinnober oder Bolus rot gefärbt, um ihm die störende Durchsichtigkeit zu nehmen. Bossierwachs zu Wachsabgüssen wird mit Kolophonium versetzt und erhält zum Färben Zusatz von Zinnober, Mastix mit Schieferweiß, Grünspan etc. Für Wachspuppen etc. benutzt man auch statt des Wachses Paraffin und Ceresin. Die Gußformen bestehen aus Holz oder Gips. [3]

Wie man Früchte machte über hölzerne Formen

Rezepturbeispiel 17. Jhdt.: Mann stecket die Formen an ein Messer oder Gabel, tuncket sie in kalt Wasser, lässt das Wachss in einen neuen Topf mit Wasser zerschmeltzen, und wann es zerschmoltzen ist, so stecke stecket man die nasse Formm etliche Mahl in dass Wachss, wann es dicke genug ist, so tuncket man es wieder, in dass Wasser,und ziehet es sachte von der Forme ab, macht die Früchte zu sammen und wann sie hart sind, ziehet man Dradt durch, dass sie Geschicke kriegen. [4]

Gegossene Wachsarbeit

"Gegossene Wachsarbeit, werden die nach dem Leben geformten Stücke genannt, da nämlich dasjenige, waß man vorstellen und abformen will, nur blos mit nassem Gypse begossen, oder hinein gedrückt und hernach mit Wachs ausgegossen, etwas sauber nachgestrichen und gemalt wird." [5]

Beruf in der Porzellan- und figürlichen Spielwarenherstellung

Das Wort stammt von "bosseln" (bosselieren, bossieren) ab und bedeutet die Schaffung eines plastischen Bildwerkes. Neben der kreativen Tätigkeit, dem Modellieren, hat der Bossierer auch die Aufgabe, die aus der Rohmasse ausgeformten Einzelteile als Gesamtfigur zusammenzusetzen. Die ursprünglich in den Porzellanmanufakturen im 18. Jh. verwendete Bezeichnung (damals meist Poussirer geschrieben) ging mit der Bossierung von Papiermaché bei den figürlichen Spielwaren (1. H. 19. Jh.) auch auf die Spielzeugbranche über.[6]

Literatur

  • Meisl, Die Kunst der Wachsarbeit: eine kurze faßliche Anleitung ... (Linz 1837).
  • Gray, Sam. Fr.: Der praktische Chemiker und Manufakturist. (Übersetzung 1828)

Digital

Wachsmuseum

Fußnoten

  1. Quelle:Grammatisch-Kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart
  2. Quelle: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm
  3. Quelle: Meyers Großes Konversationslexikon
  4. Quelle: Stratmann, Bodo: Rezepturhandschrift eines westfälischen Spezereiwarenhändlers vom 16. bis zum 19. Jahrhundert (2017)
  5. Quelle:Rosenthal, Erich Gottfried. Technologisches Wörterbuch oder alphabetische Erklärung (1793)
  6. Quelle: Ralf-Jürgen Sattler in: Mailingliste Ahnensuche Thüringen , 25.04.05