Dange (Fluss)
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Verlauf
Die Dange (sprich: Danje), ist ein Fluss des Memellandes, der nicht mehr zum Stromgebiet der Memel gerechnet werden kann. Sie kommt aus Litauen und tritt bei Bajohren in den Kreis Memel ein. Hier nimmt sie von links die kleine Eckitte auf, an der sich eine fast 200 Jahre alte Wassermühle befindet.
Name
Der Name ist kurisch ("danga") und beschreibt etwas sich Windendes, Gebogenes, das sich tief eingegraben hat, auch einen gewundenen Feldweg, der sich durch jahrhundertelanges Befahren tief in die Landschaft eingegraben hat. Was die damalige Mündung angeht, so bedeutet der Name auch dreieckiges Stück Land, das von Wasser umgeben ist.
Geschichte
Die Dange hat ihr Bett recht oft gewechselt; deshalb finden wir in ihrem Verlaufe sehr oft tote Arme, die "faulen Dangen". Bei Tauerlauken durchbricht sie den Memeler Höhenzug und weist hier die herrlichsten Uferpartien auf. An der ganz steil abfallenden "Gwilder Wand" kann man sogar mehrere Schichten ganz junger Braunkohlenablagerungen erkennen. Eine ganz eigentümliche Holzflößerei gibt es auf der Dange und auch auf der Minge (sprich Minje) (1922). Schon jenseits der Grenze werden die für die Memeler Zellulosefabrik bestimmten Rundhölzer einfach in den Fluss geworfen und treiben stromab bis sie schließlich aufgehalten und auf Lastkähne geladen werden.
Quelle: MEYER, Richard: Heimatkunde des Memelgebiets, Memel 1922, S.34-35.
Dangedelta
Da wo heute die Reste des Aschhof zu finden sind, teilte sich die Dange etwa bei der Firma Domscheit in die noch heute bestehende Große Dange und in die nach Süden abschwenkende Kleine oder Alte Dange. In diesem Dreieck lag eine der drei ältesten Kirchen St. Nikolai direkt am südlichen Ufer der Großen Dange, während die ebenso alte Kirche St. Johannis parallel dazu etwas weiter südlich zum Aschof hin stand. Im Osten der beiden Kirchen befanden sich zur Schwedenzeit (17. Jahrh.) der östliche Wasserbaum in der Dange, ein Salzmagazin und die Bastion Geldern. Südlich der Johanniskirche stand eine Schule.
1456/57 wurde die Großen Dange, die an der Mündung ebenfalls durch einen Wasserbaum gesperrt war, von einfallenden Danziger Schiffen voll Müll geworfen. 1520 versenkten die auf die aufstrebende Stadt Memel eifersüchtigen Danziger ganze Schiffladungen voll Ziegelsteine in der Mündung, so dass die Navigation bis 1814 schwer beeinträchtigt war. In diesem Jahr erfolgte die Räumung der Flusseinfahrt. Man fand Kalksteine, Feldsteine und steinerne Kanonenkugeln. Man musste große Findlingsblöcke aus Granit heben, die dann später auf dem Süderhuk eingegraben wurden. Mit Eisenringen versehen, dienten sie nun als Schiffshalter.
Die Alte oder Kleine Dange floss dort, wo später die Große Wasserstraße und der Heumarkt lagen. Direkt südlich der Zitadelle mündete sie ins Haff. Am Heumarkt spaltete sich der Mühlengraben nach Süden ab und floss parallel zur Alten Dange ebenfalls ins Haff. Infolge der polnisch-schwedischen Kriege im 17. Jahrhundert wurde Memel gründlich umgestaltet. An Stelle der Ordensburg entstand eine Zitadelle, und weiter östlich wurden Bastionen angelegt. Die Alte Dange wurde zunächst am Steindamm überbrückt, ab 1635 begann man sie zuzuschütten, bis sie 1685 endgültig verschwunden war.
Zur Dange im Memelgebiet gehörig
- Tensze
- Szaltupp
- Rasze
- Degele
- Bebrune
- Bane und Banele
- Dumbis
- Ekitte mit Baukste und Dumischke
- Ringele und Szwetane
- Purmale
- Akmena
Zeitzeugen
- Die Familienforschungsgruppe Memelland gratuliert Jonny Köhler herzlich zum Geburtstag! Der passionierte Segler nennt es selbst seine "93-igste Lebensboje, die er umrundet" (2009).
"Es muss kurz nach der Entlassung vom litauischen Militärdienst, wohl Anfang Mai 1939 gewesen sein. Ich wollte mich körperlich ausarbeiten, meine Kraft mit der des Wassers messen. So machte ich mich auf zu einer Bootsfahrt auf unserer geliebten Dange. Wer von Memel nach Tauerlauken paddelte, musste gegen die Strömung fahren. Das war anstrengend und Kräfte zehrend. Doch dann wurde man mit einer leichten Rückfahrt belohnt-, man konnte hin und wieder die Paddel ruhen lassen und einfach vor sich hinträumen. Ich fühlte mich eins mit dem Fluss, mit meinem Boot, mit der kräftigen Frühlingsluft. Die Sonne schien gegen Mittag schon mollig warm. Die Strömung war stark. Ich ließ mir Zeit, mochte mein kleiner Kahn flussabwärts treiben.
Leise murmelte das Wasser an den ausgehöhlten Ufern, wo es an dem struppigen Wurzelwerk, an Gebüsch und Steinen Widerstand fand. In der Mitte des Flusses kräuselte sich das Wasser, küselte die Strömung behände und munter, als hätte sie Angst, sie könnte den Frühling zu spät ins Dangetal bringen. Die letztes Eisreste wurden zum Haff geschickt, der Fluss befreite sich von den Winterschlacken. ...
Mein Boot glitt an der Insel vorbei, die wir Kanuten Zigeunerdorf nannten. Ich fuhr diesmal nicht durch den Durchstich, der die Dangeschleife abschnitt. Nein, ich hatte ja Zeit, den Bogen des Flusses mitzumachen. ... Vom Gutshof Schaulen auf dem hohen Ufer hörte ich die Mittagsglocke. O ja, die kannte ich gut! Ich hatte sie als Kind immer gehört, als wir auf der Dangeziegelei wohnten. ... Den kleinen Friedhof unterhalb des Gutes, den aber kannte ich. Mein Vater hatte ihn mir gezeigt, als wir zu früher Morgenstunde zum Angeln unterwegs waren.
Da nun lag der tote Arm der Dange, der von den Angelsportlern "Attika" genannt wurde. ... Ein kleines Stück noch, und schon war ich an der Schälfabrik. Hinter der Eisenbahnbrücke, unter deren Bogen ich einen fröhlichen Jodler auszustoßen pflegte, weil es so schön hallte, wurde die Dange belebter. Da hörte man das Kreischen der Sägen, das DRöhnen der Maschinen, Straßenlärm schallte herüber. Niethämmer der Werft rasselten, und an Back- und Steuerbord standen die hohen Spundwände der Bollwerke. Das Traumland des lieblichen Dangetales lag hinter mir."
Anfang der 1990-iger Jahre nach der Wende: "Wir wollen die Dange aufwärts nach Tauerlauken. Die Fahrt bis zur Eisenbahnbrücke ist trist. War eigentlich immer so. Dahinter wird es jetzt noch schlimmer. Hässliche Bretterbuden am rechten Ufer, mal als Bootshütten gedacht, morsch und verfallen, verunzieren den Platz, wo wir früher unsere Badestelle hatten. Bis zur Sperrholzfabrik hin und wieder Nutzbauten, Magazine. Hinter der alten Kleinbahnbrücke aber hat der Fluss noch seine Verträumtheit. ... Das Gut Schaulen ist verschwunden. Dafür stehen Scheunen und Stallungen auf der Anhöhe. Eine Kolchose. Der Rodelberg am Hang der Wiesen, wo früher Bauer Kose seinen Hof hatte, sind bebaut. Schade. Wo wird nun heute gerodelt? Viele Flusswindungen gegen den Strom wunderschön verwachsen, voller weißlich-rosaner Mummeln.
"Die Dange wird enger. Wir sind nahe am sagenumwobenen Teufelsstein. Vor uns eine Lichtung. Ein niedriges Haus wird sichtbar. Tatsächlich stehen wir vor der verfallenen Gaststätte von Mutter Flick, so hieß die damalige Wirtin. ... Die Eichen, unter denen sich einst der Stein mit dem Medaillon der Königin Luise fand, sind inzwischen stark und stämmig geworden. ... Hier führt der verwilderte Weg zum Teufelsbrocken. Stellenweise müssen wir uns tief bücken, so zugewachsen ist hier alles, Zweige und Äste müssen wir auseinander, zur Seite biegen. Da liegt der "Bursche", und er erscheint mir noch wuchtiger, als ich ihn in Erinnerung habe. Zum letzten Mal muss ich im Jahre 1927 hier gewesen sein. Beiderseits des riesigen Steins finden sich Betonpfähle in den Boden gerammt, an einem der Pfähle ist eine Plakette befestigt, deren Inschrift besagt, dass der Stein Kulturgut ist und nicht beschädigt oder entfernt werden darf."
Quelle: Köhler, (Jonny) Wilhelm: Verlorene Heimat! Wiedergefunden -!-, Erinnerungen eines Memeler Bowke und Heydekrüger Lausbub von 1920 bis 1939, Lübeck 1999, S.85f und S.101