Die Deutschen Kolonisten in Bessarabien/07

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
GenWiki - Digitale Bibliothek
Die Deutschen Kolonisten in Bessarabien
Inhalt
<<<Vorherige Seite
[06]
Nächste Seite>>>
[08]
page=07
Hilfe zur Nutzung von DjVu-Dateien
Texterfassung: korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Bevor dieser Text als fertig markiert werden kann, ist jedoch noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.



gar nicht gereicht wurden: - das ist in den Vorschuß-Akten natürlich nicht bemerkt worden. In Folge des ungewohnten Klima's und der schlechten Verpflegung entstanden kalte Fieber, Scorbut, Typhus und Menschenblattern, welche solche Sterblichkeit unter den Ansiedlern anrichteten, daß ganze Familien ausstarben. Dabei allgemeine Verdienstlosigkeit; 12 Kopeken Silber war ein sehr guter Tageslohn für einen tüchtigen Arbeiter in der Ernte, außer dieser 6 Kopeken.

       Trotz der allgemeinen Armuth und des Elends drang doch die Kolonial-Obrigkeit auf musterhafte Einrichtung der Kolonien und Wirthschaften, und wo das nicht ausgeführt wurde oder werden konnte, da gab es Schläge auf Schläge. Ja die Gemeinde Tarutino hatte in jener Zeit eine förmliche Kriegs-Operation zu bestehen. Ein Augenzeuge erzählte mir den Vorfall folgendermaßen: Der in Tarutino wohnende Smotritel (Inspector) Mendelson hielt in den Kolonien häufig Haus- und Wirthschafts-Visitationen, und fand er am oder im Hause oder auf dem Hofe etwas, das ihm nicht gefiel, so ließ er ohne Weiteres den Hausvater vor seinem Hause oder Hofe auf die Erde legen und schlagen. Schlagen war in jener Zeit überhaupt an der Tagesordnung. Solche barbarische Behandlung erregte eine allgemeine Bitterkeit gegen den Smotritel. Wollten die Kolonisten sich bei ihrem Fürsorge-Kontor beschweren, so wurden sie von denm Präsidenten desselben, General Harting, gewöhnlich mit dem Gruß empfangen: „was wollt ihr, ihr seid hergekommen, dem Lande zur Last und dem Volk zur Pest. Euch sollte man alle über die Grenze jagen !“ - Dazu kam, daß der Smotritel Mendelson ein großes Stück Land, welches die Gemeinde zu Heuschlag bestimmt hatte, gegen die Protestation der Gemeinde für sich an Gutsbesitzer verpachtete. Als der Pächter seine Leute schickte, das Gras zu mähen, gingen einige Kolonisten hinaus, um den Arbeitern das Mähen zu verbieten; allein der Smotritel hatte den Arbeitern einige Kosaken zum Schutz geschickt, mit denen die Deutschen in Wortwechsel geriethen, so daß es zu einer kleinen Balgerei kam, wobei einem Kosaken der Mantel zerrissen wurde. Letztere kamen un in die Kolonie, um bei ihrem Herrn Klage zu führen; das Gerücht von der Rauferei verbreitete sich mit Blitzesschnelle, und da man vermuthete, daß jene Männer furchtbar würden geschlagen werden, so entstand ein furchtbarer Zusammenlauf von Jung und Alt vor dem Hause