Die Deutschen Kolonisten in Bessarabien/14
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der Gemeinde vorlas. Nach diesem hatte die Gemeinde einen
jungen Menschen, Bm., der ein Hurer und Blutschänder war,
und doch, als er abgesetzt werden sollte, wehrte sich die Gemeinde
gewaltig um ihn, weil er eine schöne Singstimme hatte.
Ja Tarutino stand viele Jahre lang Schk., ein eben solcher
Trunkenbold, der endlich wegen öffentlicher Hurerei abgesetzt
wurde; in Paris, R. ein ähnlicher Trunkenbold, der als Hexenmeister
berüchtigt, sich mit Zauberei, Beschwörung und
Segensprecherei abgab; in Arcis ein Trunkenbold u.s.w. Da
kein Schutzgesetz vorhanden war, so wurde die Schule äußerst
schwach und nur in den strengsten Wintermonaten besucht. Die
Kinder versammelten sich in der Wohnstube des Schulmeisters,
wo sie oft von der Frau Schulmeisterin neben dem Spinnrade
und Sauerkohltopf, während sich der Herr Schulmeister Stunden
lang in der Kneipe mit seinen Saufgesellen unterhielt und
endlich mit einem tüchtigen Strich im Kopfe, nach Hause kam,
im Lesen und Katechismus unterrichtet wurden. Schreiben und
Rechnen lag schon außer dem Horizont der Schule, und von
Choralgesang und Noten wußte Niemand; doch ja, einer der
Schulmeister kannte die Noten, - er sagte: „ich kenne die
Noten; das Weiße ist Papier und die schwarzen Punkte und
Ringe sind die Noten.“ Alle Taufen und Beerdigungen, wenn
nicht der Pastor zugegen war, hatten die Schullehrer zu verrichten,
worüber sie nur monatliche Verzeichnisse mit den dem
Pastor zukommenden Accidentien dem Pfarramte einsenden
mußten. Eine vom Schullehrer ertheilte Taufe durch den Pastor
bestätigen zu lassen, das fiel weder dem Pastor noch sonst
Jemandem ein. Zu einem Aufgebot war eine mündliche Anzeige
beim Schullehrer hinreichend, der dem Brautpaare nach
geschehener Proklamation einen Schein darüber ausstellte, auf
dem die Trauung folgte. An ein kirchliches Verlöbniß durch
den Pastor dachte Niemand. Wie leichtsinnig selbst die Pastoren
ihr Amt verwalteten, mögen einige Beispiele zeigen. Zwei
ledige Personen, die ein Brautpaar nach Tarutino begleiteten,
wurden unterwegs einig, sich zu heirathen; dort angekommen,
meldeten sie sich beim Pastor, und wurden auf der Stelle getraut.
Ein Paar entzweite Eheleute erschienen beim Pastor
ebendaselbst, um sich scheiden zu lassen. Die Ehescheidung
wurde auf der Stelle vollzogen. Die Geschiedenen gingen in die
Schenke, vereinigten sich beim Wein, kamen nach ein Paar Stunden
zum Pastor zurück und wurden auf der Stelle wieder getraut.
Diese Ehescheidung und Trauung ist natürlich nicht ad