Dortmund/Rat-Gericht-Bürgerschaft
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Einleitung
Stadtrat
Urkunden vor 1232 verbrannt; zwischen 1230 und 1240 standen „burgenses“, seit 1241: 18 „consules“ an der Spitze der Gemeinde. Die Gemeinde hieß universitas (1236), civitas (1202, 1241 ff.), „de gemeinen borger“ (gegen 1340ff.), „ghemeinheit“ (1342 ff.). Der Rat bestand bis 1803 unverändert aus 18 Personen, die bis 1400 sämtlich dem Voll- oder Großbürgerstand entstammten. Seit 1260 gemischtes Ratswahlkollegium: je 2 Kurgenossen (Wahlmannen) aus den 6 Zünften oder Gilden wählten 6 Kurgenossen aus der großen oder Reinoldigilde. Die 18 Kurgenossen wählten an Petri Stuhlfeier (22.02.) die 18 Ratsherren. Amtszeit zuerst ein Jahr. Bis ins 15. Jhdt. Turnus von jährlich sich abwechselnden Ratsherren („alter Rat" und „neuer Rat" bzw. „sitzender Rat" und „gesessener Rat"). Infolge der Revolution von 1400 werden nur die 12 oberen Ratsstellen mit „Erbsassen" ( = Großbürgern) und die 6 unteren Ratsstellen mit Vertretern der 6 Gilden besetzt. Der Jahreswechsel zwischen sitzendem und gesessenem Rat schläft langsam ein, seit Ende 15. Jhdts. ist die Ratswürde ein dauerndes, lebenslängliches Amt. Die 6 obersten Ratsherren führten nach ihren Ämtern besondere Titel : 2 Bürgermeister (proconsules, magistri burgensium), 2 Rittmeister, 2 Kämmerer. Den siebenten Ratssitz nahm seit der 2. Hälfte 16. Jhdts. der Freigraf ein. Der Rat war zugleich das Schöffenkolleg, und die Ratslisten von 1230-1803 nennen stets auch am Schluß den Richter.
Gericht
Der öffentlich-rechtliche Richter, dem in Dortmund die hohe Zivil- und Blutgerichtsbarkeit zustand, war zuerst der vom Reich belehnte Graf von Dortmund. Sitz des Gerichtes war das „Richthaus" (tribunal, halla). Seit dem 12.-13. Jh. ließ er die Amtsgeschäfte in der Regel durch einen Unterrichter (judex) ausüben, der ein von den Dortmunder Bürgern gewählter erbgesessener Dortmunder Bürger sein mußte. Der Stadtrichter wurde - wie ein Ratsherr - auf ein Jahr gewählt und blieb „aus Gnade" noch ein zweites Jahr im Richteramt. Die Stadt kaufte seit 1286 Teile des Gerichts, das sie seit 1320 zur Hälfte, seit 1503 ganz besaß. Schon im 13.-14. Jhdt. wurde der judex (Stadtrichter) zum ausschließlichen Richter in allen Fragen, die an Hand und Hals gingen, oder Eigen und Erbe betrafen. Die Urteilsfinder waren Ratsherren. Der Rat übte im Rathaus (vor der Tafel) die Ratsgerichtsbarkeit nach dem Recht der „kore" (Willkürrecht) in Fragen der Marktgerichtsbarkeit, Diebstahl, Scheltworte. Die „hogeste kore" betrug 10 Mark und 1 Fuder Wein. Der Rat war der gerichtliche Oberhof für zahlreiche westfälische Städte (z. B. Paderborn, Minden, Osnabrück, Herford, Höxter, Vreden, Wesel, Essen, Recklinghausen, Lüdenscheid, Kamen usw.). Seit 1335 übte der Rat auch das Gericht in der Grafschaft Dortmund (Wülferichsgericht, Gogericht) und in der Freigrafschaft Dortmund aus. Von den 7 Freistühlen der Freigrafschaft Dortmund gehörte der Freistuhl zum Spiegel auf dem Markt allein dem Rat. Die Dortmunder Bürger waren seit alters vom Freigericht befreit, durften aber Freischöffen sein. Unter Kaiser Siegmund (1410-1437) größte Bedeutung Dortmunds für die Entwicklung des Femerechts. Infolge besonderer königlicher Aufträge brachte der Dortmunder Rat schwierige Femeappellationssachen zur Entscheidung. Um 1430 wichtiges Freigrafenkapitel am Freistuhl zum Spiegel in Dortmund.
Vertretung der Bürgerschaft
Nicht alle Einwohner waren Bürger. Ausgeschlossen vom Bürgerrecht waren Geistliche, Juden, unselbständige Leute "ohne eigenen Rauch". Es gab 2 bzw. 3 Bürgerklassen:
- 1. die Voll- oder Großbürger, „erfhachtige lude", „erfsaten". Sie zahlten volles Bürgergeld, leisteten Kriegsdienst zu Roß, waren fähig zum Eintritt in den Rat (bzw. die 12 oberen Ratsstellen), in die Reinoldigilde bzw. in die Wandschneidergesellschaft ;
- 2. die Klein- oder Gemeinbürger (halbes Bürgergeld, Kriegsdienst zu Fuß, mindere Allmenderechte; befähigt zum Eintritt in die Zünfte, Gilden oder Ämter) ;
- 3. die Pfahlbürger (Außenbürger, die nur Schutzgenossen waren).
Erste Bürgerunruhen (1259) führten 1260 zur Bildung eines neuen Ratswahlkollegs. Zu Beginn des 14. Jhdts. wird die gemeine Bürgerschaft vertreten durch die „Dreimann", einen Ausschuß aus 6 Gilden. Gegen 1340 bis 47 setzt die um 1400 abgeschlossene Bildung zweier Bürgerstände ein : die Erbsassen oder Zwölfer (Vertreter der Großbürger), die Gilden oder Vierundzwanziger (je 4 Mann aus den 6 Gilden). Bürgeraufstände 1259-60, 1340-47, 1386. Revolution 1400. Seitdem stellten die 6 Gilden je einen Ratsherrn. Bei wichtigen Beschlüssen (Finanzwesen, neue Statuten, Krieg und Frieden) wirkten alle 3 Stände (Rat, Erbsassen und Gilden) mit. Von 1803-06 trat an die Stelle der reichsstädtischen Verfassung ein fürstlich-oranischer Stadtmagistrat, während der französischen Fremdherrschaft (1807-13) ein Maire und Munizipalrat. Infolge der preußischen Besetzung begegnet 1814 ein Bürgermeister und Gemeinderat. Seit 1835 neue preußische Städteordnung mit Magistrat und Stadtverordnetenkolleg. 1933 preußisches Gemeindeverfassungsgesetz, 1935 dt. Gemeindeordnung. Vom 13.04.1945 bis 02.02.1946 Verwaltung durch einen von der Besatzung ernannten Oberbürgermeister. dann eine nach britischem Vorbild gewählte Doppelspitze (Oberbürgermeister und Oberstadtdirektor). Inkrafttreten der revidierten dt. Gemeindeordnung vom 01.04.1946. Neuwahl einer Stadtvertreterversammlung am 16.04.1946. Wahl einer Ratsversammlung und Umbenennung der 52 Stadtvertreter in Ratherren am 17.10.1948. Einführung des neuen Oberbürgermeister und des stellvertretenden Oberbürgermeister (Bürgermeister) 29.10.1948. Inkrafttreten der Geschäftsordnung der Ratsversammlung am 29.06. 1949 und des revidierten dt. Gemeindewahlgesetzes für Nordrhein-Westfalen vom 11.10.1949.