Evangelische Kirche Saarau

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Evangelisches Bethaus (Marienhaus) in Saarau: wurde nach 1945 abgerissen.

Allgemeine Information

In Saarau wurden schon vor 1913 im 14 tätigen Rythmus nachmittags in der evangelischen Schule Gottesdienst gehalten. Als im Jahre 1913 in Saarau das Marienhaus (genannt nach Marie von Kulmiz, geb. Moltke, der Stifterin des Hauses) erbaut wurde, verlegte man den Gottesdienst in dieses Haus. Im Jahre 1924 übersiedelte der Peterwitzer Vikar nach Saarau. Nun wurden hier auch Taufen und Trauungen abgehalten. 1925 wurde für Peterwitz eine 2. Pfarrerstelle, mit Sitz in Saarau, genehmigt. In Saarau selbst wurden wahrscheinlich keine Kirchenbücher geführt.

Festschrift 1932

Festschrift "Kirchenkreis Striegau in Geschichte und Gegenwart - Festschrift zur General-Kirchenvisitation 1932", Herausgegeben von Pastor P. Hechler, Saarau i. Schl.


Peterwitz - Saarau
II. Saarau

In der Mitte des vorigen Jahrhunderts veränderte sich die Struktur der Kirchengemeinde Peterwitz - Saarau durch das Emporblühen der Saarauer Industrie. Saarau, der kleinste Ort im Kirchspiel, wurde binnen weniger Jahrzehnte zum weitaus größten nach der Einwohnerzahl (jetzt zirka 3.500 Einwohner). Die industriellen Werke, durch die Tatkraft von Carl von Kulmiz entstanden, waren bekannt auch über die Grenzen unseres Vaterlandes hinaus. Leider verbietet der Raum, näher auf diese fast einzig dastehende Entwicklung einzugehen. Viel Gutes wurde der Saarauer Einwohnerschaft beider Konfessionen im Laufe der Jahrzehnte durch die Familie von Kulmiz erwiesen. so wurde eine Gemeindeschwesternstation und eine Kleinkinderschule errichtet, eine Arbeiterspeiseanstalt geschaffen, eine Lesehalle diente kulturellen Bedürfnissen. An dem Bau des Jobanniterkrankenhauses (zirka 50 Betten) war das Haus von Kulmiz wesentlich beteiligt. Alle diese Einrichtungen karitativer Art waren bereits im vorigen Jahrhundert eingerichtet worden. Im Jahre 1913 wurde auf dem ehemaligen Schubertschen Bauplatz mitten in Saarau das Marienhaus (genannt nach Marie von Kulmiz, geb. von Moltke) gleichfalls von seiten der Familie von Kulmiz erbaut. Dieses im Bethausstil errichtete Gebäude sollte der Jugend sowie ernsten Darbietungen dienen, es wurde gleichzeitig der Kirchengemeinde zu unentgeltlicher Benutzung zwecks Abhaltung von Nachmittagsgottesdiensten zur Verfügung gestellt. Solche Nachmittagsgottesdienste fanden bis dahin alle 14 Tage, nachmittags 5 Uhr, in der evangelischen Schule in zwei Klassenzimmern statt, wozu der Raum meistens nicht ausreichte. Als Bethaus wurde das Marienhaus am 16. Dezember 1913 von Generalsuperintendent D. Nottebohm feierlichst eingeweiht. Die Entwicklung besonders in der Kriegszeit und der ersten Nachkriegszeit brachte es jedoch mit sich, daß die Evangelischen in Saarau (und zum Teil auch in Laasan) die 14-tägigen Nachmittagsgottesdienste in Saarau besuchten und nur zu hohen Festtagen nach dem eine halbe Stunde weit entfernten Peterwitzer Gotteshause herübergingen.

Eine entscheidende Wendung bedeutete es für den Saarauer Gemeindeteil, als am 8. Januar 1921 der Peterwitzer Vikar nach Saarau auf Wunsch der Saarauer übersiedelte. Es wurde die Abhaltung von Kindergottesdiensten, Bibelstunden, Abendmahlsfeiern, Taufen, Trauungen genehmigt. Später wurden Gottesdienste auch vormittags, meist abwechselnd, gehalten. Schon in den ersten Monaten des Jahres 1921 wurde die Schaffung einer Pfarrstelle in Saarau gewünscht. Die Kirchenbehörde erkannte ihre Notwendigkeit an. Nach manchen Schwierigkeiten, zum Teil begründet durch die unsicheren Geldverhältnisse der Inflation, wurde sie am l. Juli 1925 errichtet. Unter Zustimmung des Patronats wurde von der Gemeindevertretung einstimmig zum Pfarrer gewählt der amtierende Vikar, Pfarrvikar Hechler, welcher von der Kirchenbehörde hierzu vorgeschlagen war. Am 4. Oktober 1925 wurde durch Superintendent Klämbt als zweiter Geistlicher von Peterwitz (mit dem Sitz in Saarau) Pastor Hechler eingeführt. Inzwischen war das Gemeindeleben in Saarau recht rege geworden. Vor allem war es der am 30. Januar 1921 errichtete Kindergottesdienst, der auch bei den Erwachsenen sammelnd wirkte und in manchen kirchlich Entfremdeten wieder Liebe zur Kirche erweckte. Dann war es der rührige Zweigverein des Evangelischen Bundes, der zur rechten Zeit in den Weltanschauungskampf eingriff und sammelte, was treu evangelisch war. Die Austrittsbewegung von 1920 war nicht nur nicht zum Stillstand gebracht, es setzte vielmehr eine Rücktritts- und auch Übertrittsbewegung ein. 1923 wurde im Juni, zuerst mit 50 Mitgliedern, die Frauenhilfe gegründet, welche bis 1931 auf über 400 Mitglieder angewachsen ist. Außer ihrer Gesinnung- und karitativen Arbeit übernahm diese 1926 die Schwesternstation und 1927 den Kindergarten, ferner die Leitung der Nähstuben.

1926 war ein schweres Jahr. Die Maschinenfabrik schloß ihre Pforten. Das bisher kostenlos in dankenswertester Weise zur Verfügung gestellte Marienhaus mußte verkauft werden. Der Gemeindeteil Saarau stand in Gefahr, sein Gotteshaus zu verlieren. Immer wieder wird heute noch die Legende des Fehlens einer Schenkungsurkunde verbreitet. Tatsache ist, daß das Marienhaus stets „zur Verfügung gestellt war“. Was tun? Da brachte in noch nicht einem Jahre die Gemeinde trotz schwerster wirtschaftlicher Notlage 6000 Reichsmark zusammen (in den ersten 14 Tagen allein 2000 RM.) aus freiwilligen Spenden. Oberkirchenrat, Konsistorium, Gustav-Adolf-Verein und Evangelischer Bund halfen mit, so daß am 19. Juli 1926 das gesamte Marienhausgrundstück mit Bethaus und Inneneinrichtung für 30 000 RM., dazu das Nachbargrundstück (Pfarrhaus nebst Lesehalle) für 6000 RM. von der Kirchengemeinde erworben wurde. Die feierliche Übernahme fand am 16. Januar 1927 im Beisein von Generalsuperintendent D. Zänker und Konsistorialpräsident Bender statt. Die Bibliothek (zirka 2000 Bände) wurde seitens der Familie von Kulmiz als „Marie von Kulmiz-Stiftung“ freundlicherweise geschenkt und ist noch heute Gemeindebücherei. Ein Gemeindeglied, das ungenannt bleiben will, stiftete am 25. Juni 1930, dem Jubiläumstage der Augsburgischen Konfession, für den Giebel des Bethauses ein Kreuz, ferner am Erntedankfest 1931 ein wertvolles Altarbild (Christus auf dem Meere). Sehr segensreich für das Gemeindeleben war auch die bereits gleichfalls im vorigen Jahrhundert gegründete Gemeinschaft innerhalb der Landeskirche, deren Gründer, Kaufmann Gustav Paetzold, heute noch zu den treusten Gemeindegliedern zählt. Seit 1878 bestand auch eine Sonntagsschule, eine der ältesten in Schlesien, welche sich dann mit dem 1921 errichteten Kindergottesdienst vereinigte. Wertvolle Verdienste für das Gemeindeleben (Schaffung der Pfarrstelle, Ankauf des Marienhausgrundstückes u. a.) bat neben vielen anderen der leider zu früh heimgegangene Ingenieur Adolf Heinzel. Besonders in der Jugendarbeit hervorgetan hat sich Rektor Rücker († 1920).

Recht rege war auch das kirchenmusikalische Leben durch die Kantoren Schmidt in Peterwitz (1891—1931) und Spittler in Saarau (seit 1920). Wertvolle Kirchenkonzerte konnten in beiden Gotteshäusern aufgeführt werden. Auch der Posaunenchor Saarau veranstaltete in den letzten Jahren mehrere Konzerte im Marienhausgarten. Jetzt, 1932, ist fast die Hälfte der Gemeindeglieder erwerbslos, aber die Liebe zur Kirche ist dennoch lebendig; der Notwinter 1931/32 hat die Treuen in der Gemeinde nur noch fester zusammengeschlossen. Möchte es für alle Zeiten so sein Hie gut evangelisch allewege!

Hauptgottesdienste in Peterwitz und Saarau.
Kindergottesdienste: Saarau (11 Gruppen), Laasan (3 Gruppen), Peterwitz (3 Gruppen), zusammen zirka 400 Kinder.
Jugendgottesdienste 2mal, Jugendbibelstunden 6mal im Jahre in Saarau.
Gemeinde-Bibelstunde in Saarau (wöchentlich).
Alten-Abendmahlsfeiern in Laasan und Neudorf.
Schwesternstationen in Saarau (1 Ev. Frauenhilfe, 1 Vaterl. Frauenverein) und in Peterwitz (Vaterl. Frauenverein).
Kindergarten in Saarau (Ev. Frauenhilfe).
Vereine (Mitgliederzahl in Klammern): Ev. Frauenhilfe Peterwitz (75), Saarau (400), Laasan (83), Neudorf (20), Evangelischer Bund Saarau (250), Ev. Männerdienst Saarau (60), Ev. Jungmännerverein Saarau (25), Ev. Jungmädchenvereine in Peterwitz, Saarau, Laasan (je 20), Jugendbund E. C. Saarau (25), Posaunenchor Saarau (59), Kirchenchöre in Peterwitz und Saarau, Jungschar Saarau (25). — Anschluß an den Kreis-Missionsverein und Kreis-Gustav-Adolf-Verein Striegau.

Pastoren: Mohaupt (1746—1776), Anschütz (—1807), Biedermann (—1852), Hartmann (—1882), Kluge (—1914), von 1915 ab Erwin Gernoth (Sitz in Peterwitz), von 1925 ab Paul Hechler (Sitz in Saarau).

E. Gernoth; P. Hechler

Daten aus dem Geschichtlichen Ortsverzeichnis

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