Geschichte der Gemeinde Wegberg/E-Book
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Geschichte der Gemeinde Wegberg | |
Autor(en): | Adolf Vollmer |
Titel: | Geschichte der Gemeinde Wegberg |
Untertitel: | nach urkundlichem Material bearbeitet, nebst einem Anhang enthaltend die ortsstatutarischen und Ortspolizei-Verordnungen |
Verlag: | Th. Quo |
Druck: | Th. Quo |
Ort: | Cöln |
Jahr: | 1912 |
Umfang: | 160 Seiten |
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Geschichte der Gemeinde Wegberg nach urkundlichem Material bearbeitet
enthaltend die ortsstatutarischen und Ortspolizei-Verordnungen
Druck und Verlag von Th. Quo |
Vorwort.
Als der Verfasser Ende 1904 die Verwaltung der Bürgermeisterei und Gemeinde Wegberg übernahm, fand er das Gemeinde-Archiv in einem außerordentlich schlechten Zustand. Bei einer Umarbeitung der Registratur im Jahre 1898, insbesondere aber nach dem Umbau des Rathauses im Jahre 1903 waren die älteren Aktenstücke auf dem Speicher des Rathauses kunterbunt durcheinander auf einen Haufen geworfen worden. Die Kenntnis der älteren Vorgänge ist für den neu in eine Verwaltung Eintretenden notwendig, weil er sich durch diese am sichersten mit den Verhältnissen der Gemeinde vertraut machen kann, in Streitsachen ist sie aber unerläßlich. Meine Hauptsorge war daher zunächst, wenigstens etwas Ordnung in das Archiv zu bringen. Dabei fand sich, daß die Akten des Archivs nur bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts zurückreichten.
Das urkundliche Material aus der älteren Geschichte der Gemeinde ist also äußerst dürftig.
Außer 2 Armenrechnungsbüchern aus den Jahren 1756 und 1772 und verschiedenen Tauf-, Heirats- und Sterberegistern aus den Jahren 1656–1682, 1718–1754 sind im Gemeinde- wie auch im Pfarrarchiv nur wenig ältere Urkunden aus der Zeit vor 1795 vorhanden. Nur in der Schulchronik sind noch einige ältere Urkunden abschriftlich enthalten.
Dieser Mangel an urkundlichem Material ist in der Hauptsache wohl darauf zurückzuführen, daß die Gemeinde in der älteren Zeit das Grenzgebiet verschiedener Territorien war und daher viel unter den Stürmen des Mittelalters zu leiden hatte; dann aber auch auf die frühere Art der Verwaltung, wonach bis 1771 kein eigenes Rathaus vorhanden war und die Gemeinde-Urkunden von den jedes Jahr neu gewählten Bürgermeistern und Schöffen in ihren Wohnungen aufbewahrt wurden. Dabei wurden bei Übergabe der Geschäfte an den Nachfolger wohl meistens die Urkunden nicht mitübergeben und fanden
fortan eine beschauliche Ruhe auf dem Speicher irgend eines Privathauses, bis sie als unnütze Makulatur verbrannt oder sogar – wie mir erzählt wurde – in einigen Fällen zum Ausfüllen von Zwischendecken in Häusern benutzt wurden. So fand Verfasser z. B. im Rathause zufällig unter für Jedermann offenliegender Makulatur und Preisverzeichnissen einige alte Pergamenturkunden über Verleihung des Wegegeldrechtes an die Gemeinde und Ordnung der Kriegsschulden. Einige Urkunden finden sich heute noch im Privatbesitz. Ein Teil der älteren Urkunden wird wohl auch in der französischen Zeit in das Departementsarchiv zu Roermond verbracht worden sein.
Die Beschäftigung mit den vorhandenen Archivalien erweckte in mir das Interesse an der älteren Geschichte der Gemeinde und den Wunsch, das vorhandene Material zu vervollständigen.
Das Ergebnis dieser Arbeit, die mich ungezählte Abendstunden kostete und deren Schwierigkeit sich mit jedem weiteren Eindringen in den Stoff steigerte, unterbreite ich jetzt dem Leser, hoffend, daß es eine nachsichtige Beurteilung finde.
Nicht eine hochwichtige, wissenschaftliche Abhandlung will ich bringen, sondern in möglichster Kürze ein schlichtes Bild der Vergangenheit und Gegenwart, geeignet Vergleiche anzustellen und vor allem, bei der Bevölkerung dieser schönen Gemeinde das Interesse für die Vergangenheit zu erwecken. Denn je mehr wir uns mit der großen Vergangenheit, mit der Arbeit und dem Streben unserer Vorfahren beschäftigen, mit um so größerer Liebe zur engeren Heimat werden wir erfüllt.
So möge denn dies Werkchen hinausgehen und sich viele Freunde erwerben.
Wegberg, im Mai 1912
- Der Verfasser.
Inhaltsverzeichnis.
Seite | |
Verzeichnis der benutzten Quellen | 7 |
A. Topographisches und Statistisches | 9 |
B. Geschichtliches. | |
I. Weltliche Verwaltung. | |
1. Älteste Zeit | 17 |
2. Mittelalter | 18 |
3. Geldrischer Anteil der Gemeinde | 19 |
4. Jülich'scher Anteil der Gemeinde | 21 |
5. Vereinigte Gemeinden Wegberg | 22 |
6. Bürgermeister | 23 |
7. Märkte | 25 |
8. Wegberg, sein Name und Ursprung | 25 |
9. Burg Wegberg | 26 |
10. Rathaus | 28 |
11. Armenverwaltung | 33 |
12. Gerichtswesen | 35 |
13. Verkehrswesen | 37 |
a) Wege | 37 |
b) Staatseisenbahn | 38 |
c) Kreisbahn | 42 |
d) Post | 42 |
14. Industrie und Gewerbe | 43 |
II. Kriegs- und andere Vorkommnisse | 47 |
III. Sitten und Gebräuche | 64 |
1. Schenkelmännchen | 64 |
2. Gänsereiten | 64 |
3. St. Martinsfest | 64 |
4. St. Nikolausfest | 66 |
5. Heringsschürgen | 66 |
6. Tauf-, Hochzeits- und Begräbnisgebräuche | 67 |
Seite | |
IV. Kirchliches | 68 |
1. Allgemeines | 68 |
2. Namen der Geistlichen | 70 |
3. Kirchenrenten | 73 |
4. Laat- und Kurmudsrecht | 74 |
5. Zehnten | 77 |
6. Altäre und Reliquien | 79 |
7. Patronatsrecht | 81 |
8. Kreuzherrenorden | 82 |
9. Neuere Geschichte | 89 |
10. Bruderschaften | 90 |
11. Baugeschichte der Kirche | 92 |
12. Baugeschichte des Klosters (Pastorat) | 96 |
13. St. Antonius Krankenhaus | 97 |
V. Schulwesen | 98 |
1. Volksschule | 98 |
2. Fortbildungsschule | 105 |
VI. Geschichte der Außenorte der Gemeinde | 106 |
1. Harbeck-Hau | 106 |
2. Dorp | 106 |
3. Bissen | 107 |
4. Watern | 107 |
5. Großgerichhausen | 108 |
6. Uevekoven | 108 |
7. Rickelrath | 112 |
8. Tüschenbroich | 116 |
9. Geneiken | 124 |
10. Genfeld | 125 |
11. Broich | 125 |
12. Brunbeck | 125 |
13. Klinkum | 125 |
14. Petersholz | 129 |
15. Arsbeck | 130 |
VII. Anhang | 131 |
Benutzte Quellen.
Aachener Stadtarchiv.
Aachener Stadtbibliothek.
Archiv der Gemeinde Wegberg.
Pfarrarchiv zu Wegberg.
Mitteilungen aus dem Cölner Stadtarchiv.
Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins.
- Abgekürzt: Z. d. A. G. V.
Annalen des historischen Vereins für den Niederrhein.
- Abgekürzt: A. d. h. V. f. d. N.
Clemen-Renard, die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz, VIII. Bd.
- Abgekürzt: d. K. d. Rh.
Kaltenbach, Der Regierungsbezirk Aachen.
Fabricius, Erläuterungen zum geschichtlichen Atlas der Rheinprovinz.
Gröteken, Heinr., Geschichte der Stadt und des Amtes Dahlen.
Offermanns-Brückmann, Geschichte der Städte, Flecken, Dörfer, Burgen und Klöster in den Kreisen Erkelenz pp.
Lückerath, Wilhelm, Beiträge zur Geschichte von Heinsberg und Umgegend – Heinsberg P. W. Joppen. –
Einzelurkunden im Privatbesitz.
Verzeichnis der Lehnappertinentien des Hauses Tüschenbroich
- vom 6. 7bris 1717 im Besitz von Peter Quacken zu Tüschenbroich.
Verzeichnis „unsere lieve Frauenbroderschap“ vom Jahre 1787
- im Besitze von Josef Buschen zu Tüschenbroich.
Kaufakten vom Ende des 18. Jahrhunderts im Besitz von
- Joh. Mackenstein zu Wegberg. (8 ≡)
- Joh. Mackenstein zu Wegberg.
A. Topographisches und Statistisches.
Die Bürgermeisterei Wegberg umfaßt nur die Landgemeinde Wegberg mit folgenden Orten:
Name: | Pfarre (kathol.): |
Wegberg | Wegberg |
Harbeck-Hau | Wegberg |
Dorp | Wegberg |
Bißen | Wegberg |
Watern | Wegberg |
Großgerichhausen | Wegberg |
Uevekoven | Wegberg |
Rickelrath mit Bollenberg und Balkhoven | Rickelrath |
Tüschenbroich | Tüschenbroich |
Geneiken | Tüschenbroich |
Genfeld | Tüschenbroich |
Broich | Tüschenbroich |
Brunbeck | Tüschenbroich |
Klinkum | Rektorat Klinkum. |
Petersholz | Rektorat Klinkum. |
Arsbeck | Rektorat Klinkum. |
Die evangelischen Einwohner gehören zur benachbarten Pfarre Schwanenberg, die jüdischen zur Synagogengemeinde Schwanenberg.
Die Gemeinde zählte bei der Volkszählung 1910 = 910 bewohnte, 52 unbewohnte Wohnhäuser, 930 Haushaltungen, 59 einzellebende Personen, 2334 männliche, 2465 weibliche, zusammen 4799 Einwohner, davon sind 4619 Katholiken, 170 Protestanten, 10 Juden.
Sie gehört zum Kreis Erkelenz des Regierungsbezirks Aachen, zum Amtsgerichtsbezirk Wegberg, Landgerichtsbezirk M.-Gladbach, zum Landwehrbezirks-Kommando Rheydt, zum Oberpostdirektionsbezirk Aachen, zum Eisenbahndirektionsbezirk Cöln.
Die zweigleisige Staatsbahnstrecke M.-Gladbach – Antwerpen durchschneidet die Gemeinde von Osten nach Westen und hat in Wegberg einen Personen- und Güterbahnhof mit regem Verkehr. Ein in Ausarbeitung befindliches Projekt einer Kreisbahn von Erkelenz nach Brüggen durchschneidet die Gemeinde von Süden nach Norden und sieht Bahnhöfe in Tüschenbroich und Wegberg mit Anschluß an die Staatsbahnstrecke in Wegberg vor. Der Ausbau der elektrischen Straßenbahn Rheydt–Rheindahlen nach Wegberg ist nur eine Frage der Zeit. Die Gemeinde wird in außerordentlich günstiger Weise von durchgehenden gut ausgebauten Landstraßen und Wegen durchzogen, insbesondere von den Provinzialstraßen Erkelenz–Wegberg–Kaldenkirchen; Wegberg–Dülken; Wegberg–Arsbeck sowie den durchgehenden ausgebauten Gemeindestraßen Gerderhahn–Wegberg und Wegberg–Beeck–Kipshoven, die sich alle im Hauptorte Wegberg sternförmig schneiden.
Der Gemeindebezirk umfaßt 2939 ha Grundfläche, wovon etwa 570 ha mit Roggen, 25 ha mit Weizen, 450 ha mit Hafer, 210 ha mit Kartoffeln, 160 ha mit Klee bestellt und 25 ha Wiesen sind, von letzteren sind etwa 12 ha Bewässerungswiesen. Die übrige Fläche ist vorwiegend mit Kieferwald und Heide bestanden, oder ist Ödland und Bruch. Der Waldbesitz ist außerordentlich zersplittert. Vielen Eigentümern fehlt das Interesse an einer geregelten Bewirtschaftung und Wiederaufforstung abgeholzter Bestände.
Im südlichen Teile der Gemeinde herrscht guter fetter Lehmboden, im nördlichen Teile Sandboden vor. Mehrere Bäche durchziehen das Gebiet und zwar der im Geneiken und Tüschenbroich entspringende Fußbach sowie der von Beeck–Morshoven kommende Beecker Bach, welche beiden Bäche sich im Orte Wegberg vereinigen. Von dort ab führt der Bach den Namen „die Schwalm“, welche sich unterhalb
Roermond in die Maas ergießt. In die Schwalm münden bei Rickelrath noch der Mühlenbach, sowie der Broicher- oder Hellbach. Wegberg, Rickelrath und Tüschenbroich sind wegen ihrer wald- und wasserreichen Umgebung vielbesuchte Ausflugsorte, die namentlich viel aus den Städten M.-Gladbach, Rheydt, Odenkirchen besucht werden.
Der Gemeindebezirk wird begrenzt im Norden von den Gemeinden Kirspelwaldniel und Niederkrüchten, im Westen von den Gemeinden Arsbeck und Wildenrath, im Süden von den Gemeinden Gerderath und Schwanenberg, im Osten von den Gemeinden Beeck und Rheindahlen. Der Westen bildet gleichzeitig die Grenze zum Kreise Heinsberg, der Norden teilweise gleichzeitig die Grenze zum Kreise Kempen, zum Regierungsbezirk Düsseldorf und zum Bistum Münster, der Osten teilweise die Grenze zum Kreise Gladbach und zum Regierungsbezirk Düsseldorf.
Früher eine fast rein ländliche Gemeinde, wird die Gemeinde immer mehr in den nahegelegenen Industriebezirk M.-Gladbach-Rheydt einbezogen, dessen eben erwähnten Hauptstädte nur 15 – 16 km entfernt liegen und wohin überhaupt der gewerbliche Verkehr gravitiert. Die Bevölkerung setzt sich zum größten Teil aus Kleinackerern, Handwerkern und vielen Fabrikarbeitern zusammen. Großgrundbesitz ist außer dem Rittergut Tüschenbroich nicht vorhanden. Die meisten Landwirte bewirtschaften nur bis zu 7½ ha und nur ganz wenige bis zu 25 ha. Die Viehzucht namentlich Rindviehzucht steht auf hoher Entwickelung. Es findet nur Stallwirtschaft statt.
Die Gemeinde zeigt in den letzten Jahren ein erfreuliches Voranschreiten. In dem Jahrfünft von 1905 bis 1910 nahm die Zahl der Einwohner in der Gesamtgemeinde um 5,5%, im Hauptorte Wegberg allein um 10,5% zu, die Zahl der Wohnhäuser stieg insgesamt von 885 auf 958.
Der Hauptort Wegberg ist ein Flecken, hat Eisenbahnstation, Postamt III. Kl., Bürgermeisteramt, Amtsgericht und Notariat, Krankenhaus, Arzt, Tierarzt, Apotheke, mehrere Fabriken und vorwiegend gewerbliches Leben.
Er zählt gegenwärtig 268 bewohnte, 9 unbewohnte Wohnhäuser, 315 Haushaltungen, 675 männliche, 772 weibliche,
zusammen 1447 Einwohner. Er bildet mit den dicht dabei liegenden Orten Harbeck (325 Einwohner) und Dorp (100 Einwohner) ein geschlossenes Baugebiet. Der ältere Teil des Ortes ist in dem tiefliegenden Teil des Schwalmgebiets mit hochliegendem Grundwasserspiegel angelegt, in neuerer Zeit wird das höher liegende Gelände am Bahnhof zum Bauen bevorzugt. Der Ort zeigt geschlossene, solide Bauart nach Art eines Landstädtchens und saubere gepflasterte Straßen.
Statistisches
über Bevölkerung, Viehstand, Sterblichkeit, Preisverhältnisse, Gemeinderechnungswesen.
Das Lagerbuch der Pfarre Wegberg von 1656 führt S. 57 die Namen der Familien der Pfarre aus dem Jahre 1506 auf und zwar 134 Familien, davon 30 in Klinkum, 19 in Harbeck, 16 in Rickelrath, 47 zu Watern, Tüschenbroich, Uevekoven, Gerichhausen, 22 in Berck (zusammen schätzungsweise 800 Seelen). Nach dem Rentenverzeichnis der Pfarre von 1711 umfaßte die Pfarre um diese Zeit 328 Familien und zwar in Wegberg–Geldern 257 und in Wegberg–Jülich 71 (zusammen schätzungsweise 2000 Seelen).
Jahr | Zahl der |
|||||||||||||||||||||||
Einwohner | Geburten | Todesfälle | Trauungen | Schulkinder | Pferde | Rindvieh | Schafe | Ziegen | Schweine | Weizen | Roggen | Hafer | Kartoffeln | Heu | Stroh | pro Pfd. | ||||||||
Thlr. | Sgr. | Thlr. | Sgr. | Thlr. | Sgr. | Thlr. | Sgr. | Thlr. | Sgr. | Thlr. | Sgr. | Thlr. | Sgr. | |||||||||||
1823 | 3009 | 95 | 73 | 20 | 354 | 82 | 571 | 87 | 258 | 237 | 1 | 28 | 1 | 06 | - | 23 | - | 8 | - | 18 | - | 14 | - | 3 |
1825 | 3184 | 103 | 61 | 22 | 356 | 100 | 587 | 36 | 257 | 273 | 1 | 11 | 1 | 04 | - | 22 | - | 8 | - | 19 | - | 15 | - | 4 |
1831 | 3211 | 100 | 107 | 21 | 454 | 129 | 577 | 35 | 277 | 239 | 2 | 16 | 1 | 28 | - | 27 | - | 16 | - | 20 | - | 15 | - | 6 |
1836 | 3300 | 110 | 87 | 18 | 542 | 130 | 567 | 93 | 275 | 296 | 1 | 21 | 1 | 06 | - | 20 | - | 10 | - | 20 | - | 11 | - | 3 ½ |
1841 | 3369 | 114 | 101 | 37 | 590 | 143 | 593 | 57 | 263 | 317 | 2 | 24 | 1 | 21 | - | 20 | - | 17 | - | 24 | - | 15 | - | 6 |
1846 | 3539 | 110 | 161 | 28 | 720 | 119 | 619 | 57 | 298 | 309 | 3 | 15 | 3 | - | 1 | 05 | 1 | - | - | 25 | - | 17 | - | 6 |
1851 | 3714 | 120 | 67 | 34 | 748 | 126 | 612 | 55 | 290 | 324 | 2 | 01 | 1 | 05 | - | 21 | - | 15 | - | 20 | 3 | 20 | - | 7 |
1856 | 4144 | 108 | 61 | 31 | 766 | 121 | 640 | 30 | 290 | 411 | 4 | 10 | 3 | 10 | 1 | 05 | 1 | 05 | 1 | 05 | - | 25 | - | 7 |
1861 | 4357 | 122 | 105 | 25 | 774 | 132 | 938 | 112 | 683 | 668 | 3 | 20 | 2 | 20 | 1 | 04 | 1 | 10 | - | 26 | - | 15 | - | 6 |
1866 | 4620 | 138 | 76 | 28 | 800 | 150 | 900 | 90 | 700 | 400 | 3 | 06½ | 1 | 29 | 2 | 07 | - | 25 | 1 | - | - | 18 | - | 8 |
1871 | 4477 | 130 | 118 | 24 | 746 | 154 | 1053 | 135 | 680 | 459 | 4 | 15 2/3 | 3 | 14 2/3 | 2 | 10 1/4 | 1 | 13 | 1 | 8 1/3 | 1 | 05 | - | 12 |
M[GWR 1] | Pf | M | Pf | M | Pf | M | Pf | M | Pf | M | Pf | M | Pf | |||||||||||
1876 | 4223 | 143 | 123 | 29 | 653 | 167 | 948 | 128 | 413 | 510 | 11 | 25 | 8 | 20 | 8 | 25 | 3 | - | 3 | 50 | 3 | 60 | 2 | 60 |
1881 | 4338 | 165 | 122 | 24 | 695 | 171 | 884 | 250 | 600 | 400 | 18 | - | 15 | - | 12 | - | 3 | - | 6 | - | 4 | - | 2 | - |
1886 | 4417 | 140 | 97 | 31 | 661 | 179 | 1001 | 86 | 673 | 435 | 8 | 50 | 7 | - | 5 | 50 | 2 | 30 | 4 | 50 | 2 | - | 2 | - |
1891 | 4247 | 122 | 106 | 28 | 665 | 174 | 1001 | 180 | 680 | 430 | 11 | - | 9 | 45 | 8 | - | 3 | 50 | 2 | 50 | 2 | - | 2 | - |
1896 | 4314 | 142 | 84 | 36 | 640 | 186 | 1109 | 148 | 655 | 745 | 7 | 50 | 5 | 75 | 5 | 75 | 2 | 40 | 2 | 50 | 1 | 60 | 2 | - |
1901 | 4389 | 123 | 73 | 27 | 711 | 200 | 1370 | 120 | 685 | 1111 | 8 | 25 | 6 | 75 | 6 | 85 | 2 | 10 | 3 | 75 | 2 | - | 2 | 30 |
1906 | 4536 | 140 | 95 | 21 | 725 | 233 | 1386 | 67 | 630 | 1493 | 8 | 75 | 7 | 75 | 7 | 50 | 3 | - | 2 | 50 | 1 | 60 | 2 | 40 |
1910 | 4799 | 150 | 96 | 31 | 743 | 272 | 1533 | 11 | 650 | 1514 | 10 | 20 | 7 | 40 | 7 | 40 | 3 | 50 | 2 | 50 | 1 | 50 | 2 | 70 |
In dieser Tabelle läßt sich das langsame Anwachsen der Bevölkerungsziffer bis 1866, dann der Niedergang derselben infolge Abwanderung in die Industriestädte und Darniederliegens der Hausweberei verfolgen, bis im letzten Jahrzehnt wieder ein Anwachsen erfolgt. Ferner fällt die hohe Sterblichkeit bis zu den siebziger Jahren auf, namentlich im Jahre 1846. Teilweise überstiegen die Sterbefälle die Zahl der Geburten oder kommen ihr ganz nahe. In den letzten 20 Jahren sind die Sterblichkeitsverhältnisse günstiger geworden, was auch aus folgender Tabelle hervorgeht:
Jahr | 1. | 1.-10. | 11.-30. | 31.-40. | 41.-50. | 51.-60. | 61.-70. | 71.-80. | über 80 |
1905 | 38 | 12 | 3 | 6 | 6 | 9 | 11 | ||
1906 | 32 | 7 | 9 | 3 | 2 | 10 | 10 | ||
1907 | 33 | 3 | 6 | 2 | 4 | 9 | 14 | 19 | 9 |
1908 | 33 | 11 | 11 | 4 | 3 | 8 | 13 | 9 | 13 |
1909 | 21 | 9 | 9 | 2 | 8 | 5 | 18 | 15 | 5 |
1910 | 26 | 13 | 7 | 1 | 4 | 7 | 13 | 17 | 7 |
Die früher stark verbreitete Lungentuberkulose ist sehr zurückgegangen, es starben daran 1908 = 4, 1909 = 7, 1910 = 4 Personen.
An Diphterie erkrankten 1908 keine, 1909 = 10 Personen, 1910 niemand.
Unterleibstyphus kam nur 1908 und 1909 je ein Fall vor.
1845 | 1850 | 1855 | 1860 | 1865 | 1870 | 1875 | 1880 | 1884/85 | ||||||||||||||||
Thlr. | Sgr. | Pf. | Thlr. | Sgr. | Pf. | Thlr. | Sgr. | Pf. | Thlr. | Sgr. | Pf. | Thlr. | Sgr. | Pf. | Thlr. | Sgr. | Pf. | Mk. | Pf. | Mk. | Pf. | Mk. | Pf. | |
Gesamt- Einnahme |
4525 | 4 | 7 | 9416 | 9 | 9 | 8884 | 17 | 6 | 14654 | -- | 3 | 9072 | 25 | 2 | 10310 | 23 | 2 | 41745 | 74 | 52600 | 08 | 1) 124809 | 04 |
Ausgabe | 2821 | 7 | 7 | 4822 | 9 | 7 | 6423 | 16 | 10 | 9776 | 15 | 6 | 8668 | 25 | 11 | 9330 | 24 | 3 | 38406 | 65 | 38924 | 17 | 1) 126081 | 95 |
1) Die hohen Beträge sind durch Übertragungen im Armenvermögen (64035,59 Mk.) verursacht. |
Jahr | Gesamt- Einnahme |
Davon Steuer- Umlage |
Gesamt- Ausgabe |
Davon für | Bemerkungen | ||||||||
Wege | Schulen | Armen | |||||||||||
M | Pf | M | Pf | M | Pf | M | Pf | M | Pf | M | Pf | 1) Die hohen Schulausgaben resultieren aus dem neuen Volksschul-Unterhaltungs- und dem Lehrer-Besoldungsgesetz, wonach in diesem Jahre den Lehrern die erhöhten Bezüge für die Jahre 1908 und 1909 zu zahlen waren. Zu ihrer Deckung mußte die Gemeinde ein Darlehn von 11000 Mk. aufnehmen, das erst 1911 ganz getilgt wurde.
2) Dazu 61 925 ½ Pfd. Naturalien für Arme (Korn, Brot, Steinkohlen). 3) Bei den Armen-Ausgaben sind 1910: 24986 Mk., 1911: 17711 Mk. Kapital-Darlehen-Uebertragungen mit enthalten. | |
1890 | 64788 | 91 | 25928 | 40 | 53346 | 21 | 3377 | 80 | 11598 | 86 | 2) 10585 | 98 | |
1895 | 47890 | 82 | 27165 | 97 | 45152 | 25 | 3096 | 48 | 16149 | 58 | 9283 | 45 | |
1900 | 56064 | 49 | 30779 | 80 | 53744 | 15 | 4576 | 21 | 18171 | 03 | 9329 | 17 | |
1905 | 61238 | 10 | 35348 | 93 | 56505 | 75 | 3669 | 82 | 19140 | 03 | 7425 | 86 | |
1907 | 56170 | 76 | 38843 | 67 | 55399 | 28 | 4970 | 58 | 20925 | 36 | 8021 | 35 | |
1909 | 112656 | 79 | 46977 | 91 | 109458 | 94 | 7808 | 54 | 1) 33576 | 07 | 2) 35728 | 31 | |
1910 | 101599 | 49 | 53131 | 76 | 94472 | 92 | 4200 | 06 | 1) 31756 | 84 | 3) 33378 | 59 |
B. Geschichtliches.
I. Weltliche Verwaltung.
1. Älteste Zeit.
Vor Beginn unserer Zeitrechnung war die ganze hiesige Gegend von dichten Wäldern bedeckt und wohl kaum besiedelt. 60–50 Jahre vor Christus wurde das Land von den Römern erobert. Die Gegend war Grenzland zwischen den alten germanischen Volksstämmen der Ubier und Tungerer mit den Hauptstädten Colonia Agrippina, dem heutigen Cöln und Tungeren (Tongeren). Die römische Herrschaft wird hier aber wegen der großen Wälder eine größere Bedeutung nicht gehabt haben, wie dann auch nur vereinzelt römische Funde gemacht worden sind.
Nach J. Schneider (Zeitschrift des Aachener Geschichts-Vereins Bd. XI S. 67, XII S. 153 und XIV S. 16 ff.) führte eine Römerstraße von Roermond, Vlodrop über Arsbeck, Klinkum nach Wegberg, von dort, der jetzigen Landstraße folgend nach Beeck und weiter zum Rhein. Eine weitere Straße führte von Brüggen über Niederkrüchten, Arsbeck nach Golkrath.
Es wäre nicht unmöglich, daß auch die von Wegberg durch den Wegberger Busch nach Niederkrüchten führende alte Heerstraße, die sog. „Kahrbahn“ römischen Ursprungs ist. Vor einigen Jahren soll an derselben ein Ackerer auf seinem Grundstück im Wegberger Busch beim Graben auf ein größeres Tongefäß gestoßen sein, das hierbei zertrümmert wurde. Leider ist der Fund nicht näher untersucht und sind auch Nachgrabungen nicht weiter angestellt worden. In Nieder- bezw. Oberkrüchten, wohin dieser Weg in gerader Richtung führt, wurden dagegen zahlreiche römische Funde (Münzen, kupferne Ringe und Scherben von römischen Töpfen) gefunden. Die
Kahrbahn steht auch in Verbindung mit der zwischen Niederkrüchten und Merbeck verlaufenden Landwehr und der an dieser liegenden Schanze.
Ob der an der Kopfseite des nördlichen Seitenschiffs der Kirche zu Wegberg (s. das.) eingemauerte römische Matronenstein aus hiesiger Gegend stammt, ist nicht bekannt. Vermutlich ist er bei der Erbauung der Kirche gefunden und mit eingemauert worden.
2. Mittelalter.
Eine größere Bedeutung erlangte die Gegend erst in der fränkischen Zeit.
Als die Franken im 5. Jahrhundert in die hiesige Gegend vorgedrungen waren, bildeten um 500 die ripuarischen Franken ein Reich mit der Hauptstadt Cöln, das sich von Eifel und Westerwald zu beiden Seiten des Rheins bis an den Zuidersee und die Maas erstreckte. Im nahegelegenen Elmpt wurden vielfach fränkische Töpfereien gefunden. Bei der Teilung des Karolingischen Reiches kam das Land nach mehreren Teilungen zuletzt im Vertrag zu Mersen 870 an das ostfränkische Reich (Deutschland). Um diese Zeit muß die Rodung der Wälder bereits weiter fortgeschritten sein, sodaß schon größere Güter bestanden. So wird schon um 900 Richolferod – das heutige Rickelrath – genannt. Der Bezirk der Gemeinde gehörte zum Mühlgau des Herzogtums Hasbanien und zur Diözese Lüttich, Dekanat Wassenberg.
Unter dem Einfluß des Lehenswesens bildeten sich überall viele unabhängige Fürstentümer, so u. a. auch das Herzogtum Jülich und die Grafschaft – später Herzogtum – Geldern, früher auch Gelre benannt, dessen erster Graf 1094 genannt wird. Die Burg zu Wassenberg ist die Wiege des später so mächtigen Geschlechtes von Geldern, welches den Wahlspruch führte:
- »Hoeg van moed.
- Klein van goed,
- Een Zwaard in de Hand
- Ist Wapen van Gelderland.«
In dem Werk Clemen-Renard: Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz S. 2 ff. heißt es mit Bezug auf die hiesige Gegend: „Es handelt sich um ein Grenzland, im Mittelalter die Reibungsfläche verschiedener schnell emporstrebender Territorialherren, jahrhundertelang beunruhigt durch Kämpfe, verwirrt durch wechselnde Belehnungen, Verkäufe, Verpfändungen“.
Die Geschichte der Gemeinde Wegberg ist auf's Engste verknüpft mit der der Herzogtümer Geldern und Jülich, deren Grenzen sich mitten im Orte Wegberg berührten.
Zu Geldern, Oberquartier Roermond gehörte: | ||
Nach dem Rentenverzeichnis von 1711 (Pfarrarchiv). | ||
1. | der links der Schwalm und des Gerichhauser Baches gelegene Teil des Ortes Wegberg | 52 Familien |
2. | Großgerichhausen | 7 Familien |
3. | Uevekoven | 29 Familien |
4. | Brunbeck und Broich | 13 Familien |
5. | Watern | 13 Familien |
6. | Klinkum | 66 Familien |
7. | Harbeck, Hau | 40 Familien |
8. | Rickelrath mit Holt- und Schrofmühle | 37 Familien |
Zu Jülich, Amt Wassenberg, Unterherrschaft Herrlichkeit Tüschenbroich gehörte:
Nach dem Rentenverzeichnis von 1711 (Pfarrarchiv.)
- der rechts der obengenannten Bäche gelegene Teil des Ortes Wegberg mit der Pfarrkirche = 23 Familien
- Dorp = 4 Familien
- Geneiken = Es fehlen Angaben
- Genfeld = Es fehlen Angaben
- Tüschenbroich mit Brühl = 44 Familien
- Die Vogtei St. Petersholz, war unbewohnt
3. Geldrischer Anteil.
Als 1371 in dem Kampfe zwischen Geldern und Heinsberg gegen die Brabanter Eduard von Geldern fiel, starb der nassauische Herzogstamm von Geldern in der Manneslinie aus.
Nunmehr machten zwei Erbtöchter auf die Nachfolge Anspruch, bis Wilhelm von Jülich, der Sohn Marias von
Geldern endlich 1379 den Sieg davontrug und so Geldern mit Jülich vereinigte. 1423 starb die neue Linie jedoch mit Wilhelms Bruder und Nachfolger Reinhold IV. im Mannesstamme aus. Jülich fiel an den Herzog Adolf von Berg, der auch vom Kaiser die Belehnung mit Geldern erhielt. Dementgegen wählten aber die Ritterschaft und die Städte Gelderlands Arnold von Egmont, den Enkel der Schwester Reinholds zum Herzog. Zwischen den beiden Prätendenten kam es jetzt wegen des Besitzes von Geldern zum Streit. In der Entscheidungsschlacht bei Linnich 1444 siegte Jülich, konnte aber trotzdem nicht in den tatsächlichen Besitz von Geldern kommen.
Nach Enterbung seines aufrührerischen Sohnes Adolf verkaufte Arnold von Egmont 1472 Geldern an Karl den Kühnen von Burgund. Nach Arnolds Tode und dem Tode Karls des Kühnen in der Schlacht bei Nancy 1474 hatte jedoch das burgundische Haus große Mühe, das Land zu behaupten.
An dem wechselnden Kampf zwischen dem Hause Habsburg als dem Erben Karls des Kühnen und dem Grafen von Egmont war auch das Gebiet der Gemeinde auf's lebhafteste beteiligt. Der siegreiche deutsche Kaiser und König von Spanien Karl V. vereinigte Geldern 1543 nach harten Kämpfen, in welchen Langerwehe, Hambach, Nideggen, Düren, Jülich, Bergheim, Caster, Randerath, Süsteren, Gangelt, Heinsberg und andere Orte von den Kaiserlichen Truppen eingenommen und teilweise zerstört wurden, mit den spanischen Niederlanden. Das Bestreben dieses Kaisers, die einzelnen Provinzen der Niederlande zu einem mächtigen Staate zu vereinigen, wurde durch den aus der Reformation hervorgegangenen Zwiespalt vereitelt. Ob die Bilderstürme auch auf das hiesige Gebiet übergriffen, läßt sich hier nicht nachweisen, jedenfalls blieben die Bewohner dem katholischen Glauben treu.
Die Nachbargemeinde und Pfarre Schwanenberg trat um die Mitte des 16. Jahrhunderts, vermutlich 1557 mit ihrem damaligen Pfarrer zu dem neuen Glauben über, wahrscheinlich von ihrem Unterherrn, dem Reichsgrafen Quadt zu Wickrath dazu veranlaßt. So erklärt es sich auch, daß neben den rein katholischen Ortschaften der Gemeinde die Orte Genfeld und
Geneiken, welche zur obenerwähnten Pfarre gehörten, fast nur von evangelischen Einwohnern bewohnt sind.
Die kurze Herrschaft der im Aufstande begriffenen Generalstaaten von 1578 bis zur Wiedererrichtung der spanischen Herrschaft 1587, wobei die ersteren sich am 26. Juli 1581 förmlich von Spanien losgesagt hatten, brachte unserem Gebiete wieder schlimme Verwüstungen. Der andauernde Kampf der Generalstaaten zog im 30jährigen Kriege (1618–1648) die Hessen und Weimaraner in das Oberquartier Geldern.
- (Clemen-Renard D. K. d. Rh. S. 4).
Nach dem Erlöschen der spanischen Linie des Hauses Habsburg (1700) und nach dem spanischen Erbfolgekrieg 1701–1713 kam das geldrische Gebiet durch den Frieden von Utrecht in den Besitz der kaiserlichen österreichischen Linie, was durch Spanien erst im Jahre 1735 anerkannt wurde.
Noch heute werden die im ehemaligen geldrischen Teile der Gemeinde Wohnenden von den Bewohnern des andern Teiles die Spanier genannt.
Die einstigen Gegensätze zeigen sich auch heute noch bei Gelegenheit des Martinsfestes bei den Kindern, welche das für das Martinsfeuer zusammengeholte Holz für den ehemalig geldrischen und jülich'schen Teil Wegbergs getrennt aufstapeln und dann häufig erbitterte Kämpfe um dasselbe ausführen, wobei sie sich gegenseitig als Spanier und Jülicher bezeichnen.
Im französischen Revolutionskriege eroberten die Franzosen 1795 das Land, denen es durch den Luneviller Frieden 1801 zufiel. Es wurde dem Kanton Niederkrüchten, Departement der Untermaas zugeteilt.
4. Jülicher Anteil.
Die Entwicklung des jülicher Anteiles wird sich etwas ruhiger gestaltet haben, wenn auch bei der Nähe der Grenze die geldrischen Streitigkeiten vermutlich häufig auf dieses Gebiet übergriffen.
Ursprünglich gehörte Wegberg (Jülich) zum Heinsberger Ländchen und zwar zum Amte Wassenberg, Unterherrschaft Herrlichkeit Tüschenbroich, welches 1484 durch Erbschaft und Kauf in den Besitz von Jülich kam. Im Jahre 1521 kam
Jülich infolge Heirat der Erbtochter Maria an Johann den Friedfertigen, Herzog von Cleve. Nach dem Aussterben des cleveschen Fürstenhauses mit Herzog Johann Wilhelm im Jahre 1609 begann der sog. Jülich-Clevesche Erbfolgestreit zwischen Sachsen, Brandenburg und Pfalz-Neuburg. Am 12. November 1614 kam es zum Vergleich von Xanten, durch welchen Jülich an Pfalz-Neuburg fiel. 1742 kam es nach dem Aussterben dieses Hauses an die Pfalz-Sulzbachische, nachmals kurbayrische Linie.
Durch den Luneviller Frieden fiel Wegberg (Jülich) 1798 an Frankreich und es wurde dem Kanton Erkelenz im Roer-Departement zugeteilt, sodaß die Bäche in Wegberg auch in französischer Zeit wiederum die Grenze zwischen dem Roer- und dem Untermaas-Departement bildeten, bis nach den Befreiungskriegen durch den Pariser Frieden vom 30. Mai 1814 die beiden Gemeinden Wegberg von Frankreich wieder losgelöst, infolge des Wiener Vertrages von 1815 an Preußen fielen und hiermit die verschiedenen Teile gemäß allerhöchstem Patent vom 5. April 1815 unter eine gemeinsame Staatshoheit (Preußen) kamen. Beide Gemeinden Wegberg wurden bei erfolgter Abgrenzung der Verwaltungsbezirke im Jahre 1816 der Provinz Großherzogtum Niederrhein, Kreis Erkelenz zugeteilt, welche Provinz später in der Rheinprovinz aufging.
5. Vereinigte Gemeinden.
Beide Gemeinden Wegberg hatten getrennte Verwaltung mit eigenen Bürgermeistern. Sie hielten demgemäß auch getrennte Gemeindeversammlungen (gemeintsvergaederinghe) und zwar die geldrische Gemeinde im Gerichtslokale im Schwanen (ob der Gerichtskamer in den Schwaen), dem früheren Gasthaus zum Schwanen (jetzt Kinderbewahrschule). Am 15. Juni 1768 beschloß diese Gemeinde, daß für die Folge jährlich 4 Versammlungen (ten behoeven van gemeints affairen) sollten gehalten werden und zwar an den Quatembertagen beginnend im September 1768. Die Urkunden sind in Wegberg-Geldern in niederländischer, in Wegberg-Jülich in deutscher Sprache abgefaßt.
Vor der französischen Okkupation wurde die Gemeinde-Verwaltung durch die Bürgermeister, die Scheffen (Schepenen) und die Geschworenen (Geschworens) geführt. Scheffen und Geschworene bildeten nicht nur den Rat der Bürgermeister, sondern besorgten in Gemeinschaft mit den Bürgermeistern die Amtsgeschäfte. Jedem Geschworenen als Vorsteher war ein bestimmter Teil der Gemeinde überwiesen. Die Gemeinde war in „Gehuchten“ eingeteilt, von denen Wegberg, Klinkum, Rickelrath und Uevekoven des geldrischen Anteils in der Urkunde Nr. 11 über Errichtung von Schulen erwähnt sind.
Die Scheffen waren außerdem Gehilfen und Beisitzer beim Gericht (s. Gerichtswesen). Die Bürgermeister wurden jährlich von den Einwohnern gewählt. Sie empfingen die Einkünfte der Gemeinde und verwendeten sie zur Bestreitung der Gemeindebedürfnisse.
Die französische Republik ließ nach der Okkupation zunächst in der Verwaltung der Gemeinde alles beim Alten. Die Verwaltung wurde dann jedoch in Wegberg-Geldern seit 1796, in Wegberg-Jülich seit 1798 durch Munizipal-Agenten geführt. Durch das Gesetz vom 28. Pluviose Jahres 8 (17. Febr. 1800) erhielten diese den Titel eines Maire.
6. Bürgermeister.
Es fungierten
in Wegberg-Geldern:
1796 Nic. Gotzens als Munizipalagent,
1797 Bart. Clever als Munizipalagent,
1798 Laur. Dillen als Munizipalagent,
1799 Leonh. Kohlen als Munizipalagent,
1800 Gerard van Mutbracht als Maire,
1801–1805 L. Dillen zunächst als Maire-Adjunkt, dann als Maire,
1805–1.12.1812 Carl Leopold Byll, gräflich von Neßelrode'scher Rentmeister als Maire,
1.12.1812–1820 Gottfried Dillen als Maire bezw. Bürgermeister;
in Wegberg-Jülich:
1798–1800 Laur. Clever als Munizipalagent,
1800–1813 Carl Wilh. Arets als Maire-Adjunkt,
- Franz Brandts als Maire,
- Germain Josten als Maire-Adjunkt und dann als Maire,
1813–1. Oktober 1817 Joh. Schmitz als Maire bezw. Bürgermeister,
1817–Dez. 1819 Silvester Josten als Bügermeister.
Endlich wurden am 1. Januar 1820 auf Antrag der beiderseitigen Gemeinderäte die beiden Gemeinden Wegberg zu einer Bürgermeisterei und Gemeinde vereinigt.
Als Bürgermeister derselben fungierten:
1820–1850 Joh. Gottfr. Dillen (gestorben 1854),
3.10.1850–19.9.1854 Alexander Inderfurth zu Beeck (gestorben 19.9.1854) in Personal-Union mit Beeck,
16.1.1855–1.5.1880 Hubert Beckers, bisher Bürgermeister von Myhl und Birgelen, 1880 disziplinarisch entlassen,
5.6.1880–5.5.1892 Hoeren, bisher Kreisassistent in Solingen, jetzt Bürgermeister von Remagen,
30.9.1892–15.1.1898 Peter Josef Brenig, bisher Verwaltungssekretär zu Mühlheim a. Rh. jetzt Bürgermeister von Honnef,
16.12.1898–16.10.1904 Hugo Baurmann, bisher Steuersupernumerar in Aachen, kam als Bürgermeister nach Haaren bei Aachen, dort 1908 verstorben.
20.12.1904 bis heute Adolf Vollmer, bisher bei der Stadtverwaltung in Aachen.
Die 18 Mitglieder des Gemeinderats sind auf die einzelnen Orte verteilt und zwar wählen Wegberg, Harbeck, Dorp, Bißen, Watern, Großgerichhausen zusammen 8, Uevekoven und Rickelrath zusammen 3, Klinkum, Petersholz, Arsbeck zusammen 4, Tüschenbroich, Broich, Brunbeck, Geneiken und Genfeld 3 Gemeindeverordnete.
Die öffentlichen Bekanntmachungen erfolgten früher nach vorhergehendem Trommelwirbel, später bis heute nach Klingeln mit einer Schelle durch Verlesen auf den Straßen. Daneben werden heute die Zeitungen und Anschlag auf einer Tafel im Rathaus benutzt.
7. Märkte.
In Wegberg bestanden früher 3 privilegierte Markttage und zwar:
1. am 22. Februar (Petri Stuhlfeier);
2. am 29. Juni (Kirchenpatrocinium Petrus und Paulus);
3. am 1. August (Petri Kettenfeier).
Von diesen Märkten besteht heute nur noch die Kirmeßfeier mit Krammarkt (Backwaren und Spielwaren) am ersten Sonntag, Montag und Dienstag nach dem 29. Juni. Ferner findet ein gleicher Markt zur Spätkirmeß am ersten Sonntag, Montag und Dienstag im Oktober statt.
8. Wegberg, sein Name und Ursprung.
Der Ursprung des Namens Wegberg ist in Dunkel gehüllt. Im Volksmund wird der Ort noch heute wie in Urkunden des 15. Jahrhunderts kurzweg Berck oder Berg genannt. In einer Urkunde vom 28. Oktober 1502 und anderen Urkunden wird der Name mit Wegberck, teils mit Weghbergh, Weckberck, teils auch noch mit Berck wiedergegeben, auf einer im Gräflich Mirbach'schen Archiv zu Harff befindlichen Urkunde vom 16. Juli 1428 (Anm. d. h. V. f. d. N. Bd. 55 S. 337) heißt es Weckberg und im Sterberegister von 1660 Weckberck.
Berge sind in hiesiger Gegend nicht vorhanden, sodaß auf solche der Name wohl keinen Bezug hat.
Rich. Pick ist in den Annalen des h. V. f. d. N. Heft 39 Seite 131 über die Bedeutung des Namens Berg der Ansicht, daß er bei Rheinberg wie bei Wegberg, die beide bis zum Anfang des 15. Jahrhunderts ursprünglich „Berck, Bergk, Bergh, Berka“ usw. genannt wurden, auf das Wort Bercka zurückzuführen ist. Dieses ist keltischen Ursprungs, zusammengesetzt aus bior, ber = Wasser und Ka = Niederlassung, Haus. Es bedeutet also eine Ansiedlung am Wasser, was den örtlichen Verhältnissen auch genau entspricht.
Unter den Dechanten des Dekanates Süsteren wird 1430 ein Hubertus de Berghe genannt. (Lückerath, Beitr. z. G. Heinsberg.)
Die fortschreitende Entwickelung des Ortes führte dann wohl im 14. oder höchstens 15. Jahrhundert dazu (siehe oben) den Ort zur Unterscheidung von andern gleichen Namens als Weck- oder Wegberg zu bezeichnen. Aus dem Umstand, daß auf dem Wappen des erwähnten alten Siegels (s. unter Rathaus) in der linken unteren Ecke ein Brot (im Volksmund Weck genannt) dargestellt ist, und in der Kirche eine sehr alte Stiftung unbekannten Ursprungs zur Austeilung von Brot an den Quatembertagen bestand, könnte geschlossen werden, daß dieser Umstand vielleicht zur Bezeichnung des Ortes als Weckberck Veranlassung gegeben hat, welcher Name sich dann später in Wegberg umwandelte.
Manche der heute gebräuchlichen Straßennamen finden wir zum großen Teil bereits in den Geburtsregistern um 1680 und in den Rentenverzeichnissen von 1505, 1656, 1711 z. B. Bergstraße, Streudstraße, am Potz, Markusweg, Gracht, Warmershof, ebenso die Ortschaftsnamen.
Wann die Gründung des Ortes erfolgte, ist unbekannt.
Im Jahre 966 bereits werden in einer Urkunde neben anderen des Mühlgaues die Güter zu Berghe und Ricolferod (Rickelrath) genannt, die Graf Immo in diesem Jahre unter Vermittelung des Kaisers Otto I. an das Aachener Marien-Stift abtrat und dafür andere bei Tongern erhielt. Nach dem Aachener Stift war 1170 das Heinsberger Stift in dem Besitze dieser Güter. Lacomblet und mit ihm Clemen-Renard nehmen an, daß dieses Gut „zu Berghe“ in Wegberg lag.
9. Burg Wegberg.
An der Vereinigung des Fußbaches mit dem Beecker Bach zur Schwalm lag die Burg Wegberg. Nur ein alter Torbau aus dem 16. bis 17. Jahrhundert und die Wassergräben erinnern heute noch an ihren Bestand.
Die Burg Berck war Sitz eines gleichnamigen Geschlechtes, dessen letzter Sproß der im Jahre 1343 erwähnte Ritter Johann von Berck gewesen zu sein scheint. Durch einen seiner Schwiegersöhne Sibodo von dem Bongardt kam dann die Burg an diese Familie. (Clemen-Renard Kunstd. 8, B. III, S. 145 und Z. d. A. G. V., Bd. XXIII, S. 395.)
Werner von dem Bongardt zu Vlatten heiratete Catharina von Tüschenbroich, er starb am 7. April 1505. Eine Christina von dem Bongardt starb 1566 und eine Adelheidis von den Bongardt starb 1636, beide als Vorsteherinnen des Nonnenklosters zu Rheindahlen. Der 3. Sohn des obenerwähnten Werner, Sibert v. d. Bongardt zu Vlatten und Wegberg hatte 1520 Sophia von Wachtendonck geheiratet und starb am 31. Januar 1524. Der Ehe waren 2 Töchter entsprossen, von denen Catharina Vlatten und Sophia Wegberg erbte. Letztere heiratete Johann von Nesselrode, Amtmann zu Windeck. Das Wappen der Familie Bongardt zeigt in silbernem Felde einen schwarzen, mit goldenem sechsstrahligem Stern belegten Querbalken. Ein silberner rechtsgewendeter Brackenrumpf, Balken mit Stern als Halsband tragend, war Helmschmuck. Z. d. A. G. V. Bd. II, S. 179.
Die Grafen von Nesselrode-Ehreshoven blieben bis zum Jahre 1869 im Besitz der Burg, auch „Haus Potz“ genannt, die sie dann mitsamt dem Grundbesitz von 600 Morgen an Herrn Kaufmann Asser zu Cöln verkauften. Letzterer parzellierte den Besitz und verkaufte die Burg.
Die noch stehenden Reste der Burg wurden leider abgebrochen und auf dem Grundstück ein modernes Wohnhaus mit Fabrikgebäuden errichtet.
Das Kirchspiel Wegberg wird bereits um die Mitte des 14. Jahrhunderts genannt. Wegberg muß um diese Zeit bereits eine größere Bedeutung für die Umgegend gehabt haben. Am 30. Mai 1361 verkaufte Wilhelm von der Heyden der Aleidis von Schönau, Klosterjungfrau im Konvent der Cistercienserinnen zu Dalheim im Lande Wassenberg eine Leibrente von 8 Malter Hafer und 18 Hühnern, „maten as zo Bercke dat gelegen is by Tüschenbroich in den Lande van Gelre genghe und geve is“. Ann. d. h. V. f. d. N. Bd. 25, S. 102.
Nach einer Notiz im Kirchenrentenbuch von 1711 S. 375 waren unter den aufgeführten Talern Wegberger Taler zu verstehen, jeder Taler gerechnet zu 52 Albus leicht oder 2 Gulden und 4 Albus leicht Jülicher Münzen, jeder Gulden gerechnet zu 24 Albus leicht und jeder Albus zu 12 Heller.
10. Rathaus.
Nachdem die Gemeinde am 13. Juli 1770 (s. nachstehende Urkunde Nr. 1) beschlossen hatte, ein „Brandtspruiten Huysken“ zu bauen, ergänzte sie diesen Beschluß (s. nachstehende Urkunden Nr.1–3) dahin, hiermit den Bau eines Schullokales zu verbinden, welches gleichzeitig als Rathaus dienen und Gefängnis und Wachstube enthalten sollte.
Der Bau wurde 1771 begonnen und im folgenden Jahr vollendet. Veranschlagt war der Rohbau ohne Pliesterwerk auf 700 Pattacons (1 Pattacon = etwa 1 Reichstaler). Im Untergeschoß enthielt er Schullokal, Gefängnis und Wachstube, im Obergeschoß die Rathausräumlichkeiten. Der Bau entbehrte zwar jeden besonderen architektonischen Zierrates, und die Räumlichkeiten waren sehr niedrig gehalten, den damaligen Anforderungen genügte er jedoch. Die erste Gemeinderatssitzung im neuen Rathause fand am 3. Juni 1772 statt.
Im Jahre 1819 wurde die Schule aus demselben in das Klostergebäude verlegt.
1835 wurde das Rathaus gründlich ausgebessert und ein neues Spritzenhaus angebaut. Die Kosten betrugen 646 Thlr. 11 Sgr.
1855 wird wiederum eine bedeutende Ausbesserung für 400 Thlr. ausgeführt.
Als im Jahre 1894 das hinter dem Rathause am Marktplatze gelegene große Notar Michiel'sche Haus zum freiwilligen gerichtlichen Verkauf stand, beschloß der Gemeinderat unterm 24. Februar 1894 mit 15 gegen 1 Stimme, dieses Haus als Gemeindehaus anzukaufen und einer Kommission zu diesem Zwecke Vollmacht zu geben. Es wäre dann möglich gewesen, das alte, seinen Zwecken längst nicht mehr genügende Rathaus zu beseitigen, dadurch den Marktplatz zu vergrößern und neben ausreichenden Bureauräumen auch eine Dienstwohnung für den Bürgermeister nebst großem Garten zu erhalten. Der Bürgermeister Brenig hatte sich bereit erklärt, für die Wohnung 400 Mk. Miete zu zahlen. Der Ankauf wurde jedoch durch Beschwerden des 1. Beigeordneten und anderer Einwohner an den Kreisausschuß hintertrieben, in welchen vor allem das Bedürfnis für den Ankauf
bezweifelt wurde. Bei der folgenden Versteigerung ging das Haus für 12 000 Mk. in Privathände über. Heute hat man allgemein erkannt und bedauert, daß damals die günstige Gelegenheit zum Erwerb eines schönen Gemeindehauses in so kurzsichtiger Weise nicht benutzt wurde.
1903 wurde das alte Rathaus umgestaltet, höher gebaut, mit neuem Dach und mit Freitreppe versehen, sowie durch einen Zementverputz ver...ziert, dem 1907 die Instandsetzung der unteren Rathausräume folgte.
Die Gesamtkosten dieser Arbeiten betrugen von 1903 bis 1910 rund 10 000 Mk.
Trotz dieser hohen Kosten entspricht das Gebäude in keiner Weise den zu stellenden Anforderungen, weil es unzweckmäßig eingerichtet und feucht, auch in räumlicher Beziehung ungenügend ist und keine Wohnung enthält.
Bemerkenswertes.
Im Zimmer des Bürgermeisters befindet sich ein Napoleonshut und Schärpe eines Bürgermeisters mit schwarzweißen (preußischen) Abzeichen aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts. Die Seidenschärpe muß wohl noch aus der österreichischen Zeit stammen, da dieselbe ursprünglich aus den Farben schwarz-gelb bestand. Um nun die Kosten der Anschaffung einer neuen schwarz-weißen Schärpe zu sparen, ist der gelbe Stoff eingeschlagen und mit weißem übernäht worden. Ferner sind dort aufbewahrt drei große alte Nachtwächter- und Brandhörner, eine schwere eiserne Hand- und Fußfessel, auf deren Balken die Jahreszahl 1756 und die Worte „Hand“, „Voed“ zur Bezeichnung der Hand- und Fußseite eingeschlagen sind, sowie ein altes Siegel aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts mit der Umschrift: Gelrischer Scheffen-Segel zu Wegberck, in der Mitte zeigt das Siegel den Pfarrpatron St. Petrus, ein Kreuz (wohl mit Bezug auf das Kreuzherrenkloster) und anscheinend
ein Brot (Weck). Dieses Siegel ist bereits von der Mitte des 17. Jahrh. an u. a. bei einer Scheffen-Urkunde vom 5. März 1663 (im Pfarrarchiv) betr. Stiftung Seiben für Seelenmessen und Anniversarium über 500 Reichstaler benutzt. Es befand sich noch Ende des 18. Jahrhunderts im Gebrauch.
Im Besitz des Verfassers befindet sich ein aus der österreichisch-geldrischen Zeit (1771) stammender, früher auf dem Rathausdach angebrachter Doppeladler aus Eisenblech, der unter seinem Amtsvorgänger bei der Renovierung des Rathauses mit dem alten Eisen verkauft wurde.
Urkunde Nr. 1 (Abschrift in Schulchronik).
Op heden den 13. July 1770 is extra ordonaire vergardering gewest door de Regenten, Schepenen ende gesworers, warby geresolveert is, dat wegens de voirghe Resolutien, is geresolveert van eine newe Brandt-Spreute te bestellen ende te helpen ordonneren, welcke volgens acoordt hierby door de Regenten ende daer toe merdere Schepenen ende geswoorens gemackt is, warby voor aff noodigh ein huysken on deselve Beschlooten te bewarren, alsoo is dat wy in ons gemeinte ende Dorp geene Kinder Scholle en hebben, also is door de meeste Steemen van Schepenen en Regenten ende geswoorens geresolveert, dat het beter ende dinlycker waere, eine Brandt Spruiten huysken mit einne Scholle te gelyk te bouwen, waervoor de Regenten süllen gecomitteert syn, het selve te veererdighen wie ock einne Karre mit haer toe behoir voor de Brandt Spreute ende voirders wat daer toe noodigh; aldus geresolveert op datum als hierin vermelt.
- actum weghbergh op die gerichtscamer.
Urkunde Nr. 2 (Schulchronik).
Extraordinaire vergaederinghe den 24. April 1771.
Eodem vergaederi den Erw: Here G. Smitz Orl. S: E: naemens denseer Eerw. Hre Prior ende pastor alhier, ende den Hre St. Csl: Byll als Verwallter der goederen van syne Extie den Hre grave van nehselrode, voorts de Semptel. Schepenen ende geswoirens Ende hebben de voorn Hren gecommiteerde geerftaens geresolveert/: op's
voorbrengen der Regte door de Schepenen en Borgemrs aen den Ed: Hove gepretenteert ten eynde omte mogen Bimmeren een Brandtspruiten-huysken met Schoole en wachtstoove, ingevolge derselven genomene resolutie den 13. Juli 1770, mits grs op de ordrie daerop by welglten Ed: Hove gemargeert hun te houden by de resolutie door hun, mette Semptel. Schepenen en geswoirens den 16. Mey 1769 genomen en dyenvolgens tot geene vernere opbouwinge oft te timmeragie te willen of te connen inwillighen als tot het Bouwen van en Brandtspruyten huysken en wachtstoove der by vermelt voorts de Semtel. Schepenen ende geswoirens/: uytgenomen de Schepenen Joes Phissen en Joes brausten mits grs den Borgemr Joes Kauven:/ geresolveert hun ingelys te houden by hunne genomene resolutie van 13. Juli 1770: en tot et medeopbouwen vaan eene Schoole te persisteeren, als mede dat in Salcken vall hun, lagt der Ed: Hoft voorss: ordrie op hunne regte verleent goet dunckt sult dusdaehingh in te richten denselven bouw mede candienen tot en Raedt huys, en dyenvolgens resolveeren dat darton een plan sal worden verveerdiget, en aen den Ed: Hove verthoont; woertoe echte de Schepenen Nicolae Sassen en Joes Brausten, ende des Borgemrs Engel Quaecken en Joes Kaufen niet gevonsenteert hebben, aldus geresolveert op de gerichts Caemere tot Weghbergh op dagh moendt en jaere als boven.
Urkunde Nr. 3 (Schulchronik)
Copia van die uytcomste van den Herre Raedt onde Comissary N. Jansen insgevolgh Comissie van den 9. dieses.
Op heden den 16. august 1771 hebben wie Raedt ende Comisaris ons begeven naer weghbergh ingevolgh Comissie van 9ten Dieses, alwoer wie vooraff hebben gesien ende geexaminaert de platze alwaer men geintentioneert is te stellen den Timmer in actis Breder vermelt welke platze wy daer toe Seer goet ende bequam hebben bevonden ende van daer ons getransportert hebbende naer den huyse van den acduellen Borgs ments, syn aldaer gecomparreert naemens die geestlycke geerfdens den Herre Capelaen
Schmitz ende den Herre verwallter Bill voor den Herre. grave van nesselrode ende voirts de Semptlycke Borgemeesters Schepenen en gesworens an. De welke voorgehouden die Booven gemelte Comissie ende gevraght, of er einige Redenen moghto syn dat den voorhebbenden Timmer soude konnen Beletten den welcken uyt die gemeints pennighen tegen woordigh tot gennennt ende Dinste van puclyck sonder Beswaer van imant konde worden gestelt is daerop eenparlyck geresolveert, dat denselben sall worden vortgeset ende voltrocken in maniere als volgende.
Dat denselen sall worden gemaekt op den voet by het overgegevene plaen is ob gegeven te wieten dat eene onder plaets sall dienen voor het Spruyten huyscken aldaer geteckent suc Nr. 2 een voor die Waghstove die gevangenisse Nr. 3 die leste grot 10 respe en 28 voeten binnen wercks inbegripen die Brandmueren.
dat die Fondamenten süllen worden gemaekt ter Dickte van twee Steenen ende het voirdere mürwerk ter dickte van ander halven Stein ende die vensters op den voeth als by het vorsyde plan is uyt gesteeken ende geproponeert Synde of men mit den voorhebbenden Timmer instantlyck soude beginnen of te daermede wachten tot den voorsommer van aenstaende Jaere is gesamentlyck geresolveert tat in vall den Borgs Vossen als annehmer van den voorhebbenden Bouw het muerwerck soude konnen vollmomentlyck leveren vor den Feste van St. michaele aenstaende dat in vall mit den Timmer promptlyck sall worden begonst, waerop gehoirt den von Borgemester Vossen aennemende den Bouw voor (den selver tydt) soo vell anbetraght het metsell werk vor den selven tydt te stellen is darop geresolveert, dat mit den Bouw sonder vertreck sall worden begonst ten waere dat tegenwordighe Regens sulx soude beleeten in welcken vall sall worden uytgestelt diesen Timmer te beginnen tot den voorsommer van toekommende Jaere ende is voirders besprocken, dat den aennehmer den Bouw in alles well geconditionert vollboomentlyck sall overleveren so als allrede geconveniert is /: uytgenoomen het plesterwerck:/ tegens die geacoorde Somme vam 700 patts ende sulx
gescheidt sall die gemeinte moegen assumeren eenen mester Timmermann ende einen mester metselaer, om den gemaekten Bouw te examineren ende te sien, of alles naer behoiren is gemackt so aengende het metsell als houte werck aennemende den Borgs Vossen op syne Costen te verbeteren of te hermaeken het geene de voorn mesters süllen kommen te verclaeren niet nar behoiren te syn gemaekt; aldus gedaen tot Weghbergh ten huyse van den Borgs Leonardt Mentz ter vergaerderinghe als boven ende heft den voorn: aenemer dese beneffers my Commissaris ende die twee voorn Herren naemens die geerffdens onderteckent ende den Borgs Mentz den presedent Schepen naemens den Schepens respective ende geswoorens waeren onderfeckend. J. Vossen, C. M. Janssens nomine mei prioris Rynders, Schmitz Capelaen, J. F. Byll, Niclaes Sassen, F. Jacobi, L. Mentz Borgstr.
11. Armenverwaltung.
Bis zur Säkularisation 1802 war die Armenverwaltung mit der Kirchenverwaltung vereinigt und umfaßte ebenso wie letztere die beiden Gemeinden Wegberg ohne Trennung. Die Armenverwaltung ist ziemlich gut fundiert. Die vorhandenen Kapitalien stammen zur Hauptsache noch aus alter Zeit, wenn auch nähere Angaben im Gemeindearchiv fehlen. Außer Kapitalien besitzt die Armenverwaltung noch rund 40 ha Grund, (26 ha Wald, 14 ha Ackerland). Dieser Besitz wurde der Gemeinde infolge eines Prozesses aus säkularisirten Gütern des Kreuzherren Klosters zuerkannt. Das Gemeindearchiv enthält noch mehrere Armenrechnungsbücher, die interessante Angaben enthalten.
Das im Jahre 1756 angelegte Armenbuch enthält die Angabe, daß es nach einem älteren Buche vom Jahre 1590 angelegt wurde. Es hat folgende Aufschrift:
- Armenbuch der Gemeinde Wegberg.
- Registrum Renovatum Residuum Pauperum Ecclesiae in Wegberg. Anno 1756.
In diesem Register Buch seynd die Unterpfändt so des Brodtss, welches auf die quatertemper Täg in die Kirch
geliebert und den Armen aussgespändet wird alss auch der Capitalien, wovon die interesse zeitlicher Armen-Meister Jährlichst zu empfangen und zu berechnen hat. seynd die Unterpfändt von Schüldigern, wie anjetzo gelegen mit Vorgenossen in forma probante aufgegeben, undt in diesem Buch gleichlautend das folium des alten Buchss, wovon ein jegliches Capitale herkommendt angezogen.
Renovatio hoc Anno facta 1756 et Specificatio, quorum Rolla antiqua de Anno 1590. Beim Anfang dess alten Buchss zu finden jetzt aber liebere folgende.
Nach den Eintragungen waren zu liefern von den einzeln aufgeführten Pflichtigen
Quatertember in quadragesima | 520 Pfd. Brot |
Quatertember in junio | 760 Pfd. Brot |
Quatertember in September | 634 Pfd. Brot |
Quatertember in Dezember | 795 Pfd. Brot |
im Ganzen also | 2709 Pfd. Brot |
Unter den Spendern begegnen wir meistens den Namen Thevissen, Pflippen, Görtz, Quasten, Schrammen, Clever, Peters, Wirtz, Mennen, Gentis, Thißen, Jackels, Schmitz, Girckhausen,(Gerichhausen) Gerhards, Quacken, welche Namen auch heute noch vielfach in der Gemeinde vorkommen.
1783 wird ein zurückgezahltes Kapital zur Beschaffung „eines neues hohen Altares“ verwendet. (Folio 68.)
Die Rechnungslegung ist sehr summarisch erfolgt, sodaß nähere Angaben über die Herkunft und den Verbleib der Einkünfte nicht ersichtlich sind.
Die Einnahmen und Ausgaben bewegten sich jährlich zwischen 200–400 Thlr.
Die Unterstützungen scheinen meistens in Naturalien (Brot) pp. gewährt worden zu sein.
Bei der Rechnung für 1817 ist folgendes vermerkt. In diesem unvergeßlichen Hungerjahre, wo das Malter Roggen zuletzt 25 Rthlr. kostete, wurden nebst bedeutenden heimlichen milden Gaben 15 Malter Roggen, 3000 Pfd. Brot nebst einer Quantität Zwieback und 1721 Rthlr. 24½ Stbr. zur Unterstützung der Notdürftigen beigebracht und ausgeteilt.
- Ploum Pastor.
12. Gerichtswesen.
Das niedere Gerichtswesen war in früherer Zeit mit der Gemeinde-Verwaltung verknüpft. Die Aufsicht und die richterliche Gewalt führte der Vogt. Die Scheffen waren nicht nur an der Gemeinde-Verwaltung beteiligt, sondern auch Gehilfen und Beisitzer beim Gericht. Sie stellten öffentliche Urkunden aus und verwahrten dieselben in ihrem Scheffenkump. Wollte z. B. jemand eine Schenkung machen, wollten einige einen Kauf abschließen und darüber eine öffentlich gültige Urkunde ausstellen, so gingen die Parteien in die Versammlung der Scheffen. Die Scheffen faßten die Urkunde ab, bezeugten den Inhalt derselben und hingen an die meist auf Pergament geschriebenen Urkunden ein Wachs- oder Lack-Siegel. Zu größerer Sicherheit wurden die Urkunden doppelt ausgefertigt und eine Ausfertigung im Scheffenkump, auch Scheffenkiste genannt, zur Aufbewahrung hinterlegt. (Gröteken Geschichte Dahlen.)
Solcher Scheffenurkunden finden wir sowohl von den Scheffen des geldrischen Dingstuhls zu Wegberg wie auch von den Scheffen des Jülich'schen Anteils zu Tüschenbroich. Die älteste bekannte Urkunde der Scheffen des Dingstuhls Wegberg (Geldern) stammt vom 28. Mai 1428 und beurkundet den Verkauf einer Erbpacht von 3 Malter Korn von Arndt zu Weil an Paulus zu Dorp, die später im Besitz der Nicolaus Vicarie war. (Urkunde im Pfarrarchiv.)
In der ältesten Zeit hatten die Scheffen von Wegberg-Geldern noch kein eigenes Siegel, weshalb sie entweder ihren Vogt oder die Scheffen der benachbarten Stadt Erkelenz baten, an ihrer Stelle ihr Scheffensiegel an die Urkunde zu hängen. Erst in einer Urkunde von 1630 wird zuerst erwähnt, daß sie ihr eigenes Scheffentums-Siegel angehängt hätten. Dieses selbe Siegel wurde bis zum Ende des 18. Jahrhunderts benutzt und ist heute noch auf dem Rathaus aufbewahrt. Es zeigt in der oberen Hälfte die Figur des Kirchenpatrons St. Petrus, in der unteren Hälfte ein Kreuz mit gleichen Balken, rechts davon ein Brot, ferner die Umschrift: Gelrischer Scheffensegel zu Wegberck.
Die Scheffen des Scheffenstuhls Wegberg (Jülich) zur Herrlichkeit Tüschenbroich gehörend, benutzen schon 1590 ein eigenes Scheffensiegel bei einer Urkunde vom 10. Februar 1590, worin sie den Verkauf einer Erbpacht durch Rudolf von Schonebeck an Johann Klöcker Eheleute bekunden, den diese „zur Deckung der von dem jüngst verstorbenen Wilh. Heinr. von Eyl, Herren zu Tüschenbroich hinterlassenen Schulden“ abgeschlossen haben. Das Ende des 18. Jahrhunderts in Gebrauch befindliche Siegel trug die Umschrift: „S. d. Herrlichkeit Tüschenbroich“ und zeigte in viergeteilten Feldern links oben und rechts unten ein Rad, darunter anscheinend 3 Häuser, in den Feldern links unten und rechts oben eine vierfache Zinne.
Durch Patent Ruremund, 13. Februar 1754, wurde dem Peter Schrammen an Stelle des verstorbenen Arnold Quasten das Gerichtsbotenamt am geldrischen Gericht zu Wegberg übertragen. Die Gemeinde hatte das Recht, für diese Stelle 3 Personen vorzuschlagen, unter welchen dann einer ausgewählt wurde.
In der französischen Zeit gehörte Wegberg zum Kanton und Gerichtsbezirk Niederkrüchten.
Bei der Neuorganisierung der Gerichtsbehörden unter preußischer Herrschaft wurde Wegberg durch Allerhöchste Kabinettsordre vom 9. Juni 1821 zum Kanton und Sitz des Friedensgerichtes für die Gemeinden Wegberg, Beeck, Niederkrüchten, Elmpt, Schwanenberg und Gerderath bestimmt und dem Landgerichtsbezirk in Aachen zugeteilt. In Niederkrüchten fanden fortan nur periodische Sitzungen statt. Die Gemeinde richtete die im südlichen Flügel des ehemaligen Klostergebäudes bisher als Schulsäle benutzten Räume zum Friedengerichtslokale ein, wofür eine Miete von 50 Thlr. jährlich vereinbart wurde.
Bei der Neuorganisation der Amtsgerichte wurde dann 1880 von einem Privatunternehmer ein besonderes Gerichtsgebäude mit Gefängnis erbaut und der Justizverwaltung vermietet, wobei die Gemeinde bis zum Jahre 1892 ein Viertel der Miete zu zahlen übernahm.
Am 1. Oktober 1879 wurde die Gemeinde Arsbeck dem hiesigen Gerichtsbezirke zugeteilt, sowie am 1. Oktober 1893
die Gemeinden Gerderath und Schwanenberg abgezweigt und dem Gericht in Erkelenz zugeteilt.
Das Amtsgericht ist besetzt mit einem Richter und 2 Gerichtsschreibern. Bis zum 16. September 1905 gehörte das Amtsgericht zum Landgerichtsbezirk Aachen, Oberlandesgericht Cöln, wurde dann aber dem neugebildeten Landgerichtsbezirk M. Gladbach, Oberlandesgericht Düsseldorf zugeteilt.
13. Verkehrswesen.
a) Wege.
Die Wegeverhältnisse waren in älterer Zeit außerordentlich primitiv. Die Wege waren nur mangelhaft befestigt. Die Übergänge über die Bäche bestanden durchweg in Furten. Erst vom Anfang des 19. Jahrhunderts an läßt sich ein genaueres Bild geben. Im Jahre 1828 wurde eine neue Brücke über den Hellbach, an der Gemeindegrenze in Rickelrath gebaut. Kosten 60 Thlr.
1833 eine hölzerne Brücke über den Schrofmühlenbach, Kosten 190 Thlr.
1842 eine massiv steinerne Brücke über den Vootbach, Kosten 216 Thlr. 12 Sgr. 1 Pfg. und ein steinerner Kanal am sog. Kruploch, Kosten 113 Thlr. 5 Pfg.
1845 eine massiv steinerne Brücke über den Bach in der Hauptstraße.
Nunmehr setzt eine größere Tätigkeit zum Ausbau der Wege ein. In den Jahren 1845–46 wird die Hauptstraße in Wegberg gepflastert, 1850 der Ausbau der Erkelenz–Niederkrüchtener–Venloer Straße, wozu der Staat eine Prämie von 5000 Thlr. pro Meile bewilligt, im Sommer 1855 eine Dreinage im Orte Wegberg zur Trockenlegung der Hauptstraße und der angrenzenden Häuser angelegt, eine Strecke der Wegberg–Rickelrather Straße in einer Länge von 300 Ruthen planiert und mit einer 6 zölligen Kiesdecke versehen, sowie die Beeckerstraße gepflastert; 1856 die Dorfstraße in Tüschenbroich mit einer 6 zölligen Kiesdecke versehen und die Straße Wegberg–Klinkum–Arsbeck als Prämienstraße ausgebaut (Staatsprämie 3000 Thlr. pro Meile);
1861–65 die Wegberg-Tüschenbroich-Gerderatherstraße und die Rickelrather Straße ausgebaut. 1871–73 zwei massive steinerne Brücken über Hellbach und Schrofmühlenbach erbaut. 1872–76 die Wegberg-Rickelrath-Dülkener Straße und 1873–74 die Wegberg-Klinkum-Arsbecker Straße als Prämienstraßen vollendet. Die Erkelenz-Venloerstraße wurde 1861, die Wegberg-Arsbecker Straße am 23.12.1873 und die Wegberg-Dülkener Straße erst 1887 in die Verwaltung der Provinz übernommen.
Früher leisteten die Einwohner zum Bau und zur Unterhaltung der Gemeindewege Hand- und Spanndienste in natura, seit dem Jahre 1881 wurden diese Dienstleistungen jedoch beseitigt und die Kosten der Wegeunterhaltung ganz auf den Etat übernommen. 1884 wurde eine neue Brücke über die Schwalm in Wegberg erbaut; 1888 die Hauptstraße in Wegberg neu gepflastert, Kosten 2737 Mk.; 1900 die Beeckerstraße bis zur Gemeindegrenze mit einer Basaltdecke versehen, Kosten ca. 3000 Mk.; 1908 ebenso die Tüschenbroicher Straße bis zum Hagelkreuz mit Basalt, Kosten ca. 3500 Mk. sowie der Weg Bischofshütte-Petersholz mit Rheinkies ausgebaut und 1909 ein weiterer Teil der Tüschenbroicher Straße von Watern bis Tüschenbroicher Mühle mit Rheinkies eingewalzt, Kosten 3500 Mk. und 1911 die Uevekovener Dorfstraße mit Basalt, Kosten 2800 Mk.
Im Jahre 1909 waren an öffentlichen Wegen vorhanden:
1. Provinzialstraßen 12 500 m 2. Gepflasterte oder mit Basalt makadamisierte Gemeindewege 1 150 m 3. Mit Kies befestigte Gemeindewege 19 140 m 4. Nicht befestigte Gemeindewege 43 770 m Gesamtlänge 75 560 m
oder rund 76 km.
b) Staatsbahn.
Durch sein mittlerweile verhältnismäßig recht gut ausgebautes Wegenetz war Wegberg als Mittelpunkt eines größeren Bezirks gekennzeichnet. Mit dem Aufkommen der Eisenbahnen mußte nunmehr des Streben darauf gerichtet sein, auch an
das Eisenbahnnetz angeschlossen zu werden und der vorhandenen Landwirtschaft und Industrie bessere Absatzbedingungen zu verschaffen. Aus dem Jahre 1864 berichtet die Gemeindechronik das Auftauchen des Eisenbahnbauprojektes M. Gladbach-Roermond, zu dem der Gemeinderat das im Bereiche der Gemeinde erforderliche Gelände von ca. 32 Morgen auf Kosten der Gemeinde zu beschaffen und zur Verfügung zu stellen sich bereit erklärte.
1865 kam das Projekt einer Eisenbahn Düren-Jülich-Erkelenz-Wegberg-Roermond auf, welchem ebenfalls das erforderliche Gelände zur Verfügung gestellt wurde. Nach langwierigen Verhandlungen über die zweckmäßigste Linienführung über Maaseyk-Heinsberg-Wegberg oder Roermond-Niederkrüchten oder Roermond-Wegberg kam 1873 das Projekt Roermond-Wegberg-Gladbach wieder in Fluß, als die Bahnlinie durch einen Geometer vermessen wurde. 1877 wurde hier ein Baubüro errichtet, welches den Bau leitete. Bis zum Ende des Jahres waren die meisten Unterbauten vollendet, auch viele Hochbauten bereits vergeben. November 1878 konnte dann die polizeiliche Abnahme der Strecke und die Eröffnung des Zugverkehrs erfolgen. Aber, obschon die Bahnanlagen in Wegberg fertiggestellt waren, so erfolgte doch erst am 5. November 1879 die Eröffnung der hiesigen Station für den Personenverkehr, der am 5. Juni 1880 die Eröffnung des Verkehrs am Güterbahnhof folgte. Die Züge hielten bis dahin nicht in Wegberg, sodaß die Bahn für die Gemeinde gänzlich bedeutungslos war. Dieser unerfreuliche Zustand war die Folge der abwartenden – um nicht zu sagen ablehnenden – Handlungsweise der Gemeinde, bezw. ihrer Vertretung der Bahngesellschaft gegenüber.
In dem schließlich am 14. Oktober 1879 zwischen der Gemeinde Wegberg und der Bergisch-Märkischen Eisenbahngesellschaft abgeschlossenen Vertrag ist das Sachverhältnis wie folgt dargestellt:
Urkunde Nr. 4 (Gemeindearchiv).
„Im Jahre 1872 ist zwischen der Bergisch Märkischen Eisenbahngesellschaft und der Gemeinde Wegberg vorbehaltlich
der Genehmigung der Königlichen Regierung zu Aachen ein Vertrag abgeschlossen worden, durch welchen die Gemeinde für den Fall, daß die Eisenbahngesellschaft die von ihr projektierte Bahnlinie M. Gladbach-Roermond über Rheydt-Dahlen und Wegberg führe und auf dem Gebiete der Gemeinde, einen Bahnhof anlege, sich verpflichtet, einen niemals rückzahlbaren unverzinslichen Beitrag von 15 000 Mk. zu den Anlagekosten der Bahn an die Eisenbahngesellschaft zu zahlen. Dieser Vertrag ist seiner Zeit mangels Genehmigung der Königlichen Regierung nicht perfekt geworden. Die Eisenbahnverwaltung hat inzwischen das Projekt für die Bahnlinie in der in dem erwähnten Vertrage vorgesehenen Weise gestaltet und nach ministerieller Festsetzung des Projektes dasselbe zur Ausführung gebracht, und hat mit Rücksicht hierauf im Jahre 1877 die Gemeinde Wegberg zur Zahlung des versprochenen Beitrags aufgefordert. Die Gemeinde-Verwaltung von Wegberg hat aber daraufhin beschlossen, mit Rücksicht auf die sehr hohen Kommunallasten den erwähnten Beitrag nicht zu leisten.
Nachdem die Eisenbahn-Verwaltung infolgedessen mit Genehmigung des Herrn Ministers der öffentlichen Arbeiten den Betrieb auf der inzwischen ausgeführten Bahnlinie M. Gladbach-Roermond im Anfang dieses Jahres eröffnet hat, ohne auch den im Gebiete der Gemeinde Wegberg angelegten Bahnhof mit in Betrieb zu setzen, sind die zwischen der besagten Gemeinde und der Eisenbahnverwaltung wegen der Beitragsleistung entstandenen Differenzen vergleichsweise dadurch zum Abschluß gebracht worden, daß die Gemeinde-Vertretung dem Verlangen der Königlichen Eisenbahndirektion gemäß sich bereit erklärt hat, die Hälfte des seiner Zeit versprochenen Beitrages von 15 000 Mk. mit 7 500 Mk. sofort zu zahlen und die restierenden 7 500 Mk. durch sukzessive Anrechnung auf die der Eisenbahn zur Last fallenden Kommunalsteuern abzutragen, wogegen die Eisenbahnverwaltung nach Zahlung der ersten Hälfte des Zuschusses den Bahnhof Wegberg für den Personenverkehr in Betrieb setzen und dessen Eröffnung für den Güterverkehr nach der alsbald zu erfolgenden Herstellung der hierfür erforderlichen Gleisanlagen stattfinden lassen würde. Die Zustimmung zu
dieser Forderung der Eisenbahnverwaltung ist von dem Gemeinderat zu Wegberg in dessen Sitzung vom 8. September d. Js. einstimmig beschlossen worden; da aber der Gemeinderat in dieser Sitzung nicht in beschlußfähiger Anzahl versammelt war, so hat am 4. laufenden Mts. eine nochmalige Beschlußfassung des Gemeinderates in der besagten Angelegenheit stattgefunden, bei welcher wiederum der erwähnten Forderung der Eisenbahn-Verwaltung einstimmig zugestimmt worden ist. Da auch in dieser Gemeinderatssitzung vom 4. l. Monats nicht die zur Beschlußfähigkeit erforderliche Anzahl von Gemeinderatsmitgliedern anwesend war, so ist dieser Beschluß durch Verfügung des Königlichen Landrats Dombois zu Erkelenz vom 5. lfd. Mts. nach § 64 der Gemeindeordnung zustimmend ergänzt worden.“
Die Königliche Regierung erteilte zu diesem Vertrage unterm 22. Oktober 1879 ihre Genehmigung. Für die Übernahme und Unterhaltung der infolge des Bahnbaues neu angelegten oder verlegten Wege erhielt die Gemeinde gemäß Verfügung vom 27. Dezember 1890/27. Januar 1891 eine einmalige Abfindung von 1800 Mk.
Die Bahnlinie erlangte große Bedeutung, vor allen Dingen für den internationalen Durchgangsverkehr. Aber auch für die hiesige Gegend ist ihre Bedeutung sehr groß. Im Jahre 1910 betrug der Empfang an Stückgut bei dem hiesigen Bahnhof 1741 Tons, an Wagenladungen 27 934 Tons, Dienstgut 1042 Tons, zusammen 30 717 Tons. Der Versandt an Stückgut betrug 966, an Wagenladungen 6285, an Dienstgut 110, zusammen 7361 Tons.
An Großvieh wurden 626 Stück empfangen, 956 Stück versandt, an Kleinvieh 1434 Stück empfangen, 173 Stück versandt. Die Zahl der abgelieferten Frachtbriefe betrug in Empfang 14 811, im Versandt 10 353 Stück. An Fahrkarten wurden 79 360 Stück und 1948 halbe ausgegeben. Bei dieser großen Bedeutung erwies sich das eine Durchgangsgeleise längst als unzureichend, weshalb in den Jahren 1907 und 1908 auf der ganzen Strecke ein 2. Geleise gelegt und am 1. Mai 1909 in Betrieb genommen wurde.
c) Kreisbahn.
Schon am 28. Juli 1906 wies der Verfasser in einem Berichte an den Herrn Landrat darauf hin, daß das in Prüfung befindliche Projekt einer Staatsbahnverbindung von Burgwaldniel über Niederkrüchten nach Dalheim nur dann für den hiesigen Bezirk Bedeutung hätte, wenn die Linie durch das Schwalmbachtal geführt würde und in Wegberg statt in Dalheim in die Staatsbahn einmündete. Auch würde diese Linienführung mehr im Interesse des Kreises Erkelenz liegen. In einer Eingabe an den Herrn Eisenbahnminister bat er unter eingehender Begründung diese Linienführung in Aussicht zu nehmen.
Anfangs 1909 wurde dann von Seiten der Kreisverwaltung ein Projekt bekannt gegeben, den Kreis durch eine Kreisbahn vom südlichen Kreisteile über Erkelenz-Schwanenberg-Wegberg-Niederkrüchten-Elmpt-Brüggen aufzuschließen. Der Kreistag bewilligte zunächst die Kosten für die Ausarbeitung eines baureifen Projekts. Die Pläne dazu konnten schon Anfang April 1911 offengelegt werden. In hiesiger Gemeinde waren Bahnhöfe in Wegberg und Tüschenbroich vorgesehen. Nachdem der Kreistag zunächst die Ausführung abgelehnt, beschloß er im März 1912 ein abgeändertes Projekt zur Ausführung zu genehmigen, welches eine Linienführung von Hilfarth-Hückelhoven-Wegberg-Niederkrüchten-Burgwaldniel mit Abzweigungen nach Erkelenz-Lövenich und nach Brüggen vorsieht. Von Schwanenberg führt die Linie dann nicht über Tüschenbroich, sondern über Beeck nach Wegberg.
d) Post.
Schon seit alter Zeit bestand in Wegberg an der Beeckerstraße ein Postamt.
Im Jahre 1899 wurde dasselbe in ein an der Bahnhofstraße von Privatseite neu erbautes Gebäude verlegt.
Im Jahre 1910 betrug die Zahl der eingegangenen Briefe, Postkarten, Drucksachen, Geschäftspapiere und Warenproben 308 900 Stück, die der ausgelieferten 214 500 Stück. An Paketen und Wertsendungen gingen ein 13 452 Pakete
ohne Wertangabe, 107 mit Wertangabe, 412 Briefe und Kästchen mit Wertangabe. Aufgegeben wurden 8831 Pakete ohne und 401 Pakete sowie 663 Briefe und Kästchen mit Wertangabe. Die Zahl der eingegangenen Postnachnahmesendungen betrug 3283, die der ausgegangenen 1404. Auf Postanweisungen wurden eingezahlt 433 349 Mk., ausgezahlt 298 465 Mk. Im Postscheck-Verkehr wurden eingezahlt 609 790 Mk. und ausgezahlt 95 360 Mk. Die Zahl der aufgegebenen Telegramme betrug 1155, die der eingegangenen 1023. Das Fernsprechamt vermittelte bei einer Teilnehmerzahl von 29 = 19 900 Gespräche.
Die Porto-, Telegramm- und Fernsprechgebühren-Einnahmen betrugen 21 014 Mk., die Einnahmen aus dem Verkauf von Wechselstempelmarken 137 Mk.
An Unfall und Invalidenrenten werden jährlich rund 25 000 Mk. ausgezahlt.
Im Jahre 1908 wurden in Klinkum und Uevekoven öffentliche Telegraphenhilfsstellen mit Fernsprechstelle eröffnet, denen 1911 eine solche in Tüschenbroich folgte.
Als Reminiszenz an die gute alte Zeit verkehrte noch zwischen Wegberg-Beeck-Erkelenz eine Personenpost, die jedoch mit der Eröffnung der neuen Staatsbahnstrecke Jülich-Dalheim am 15. Dezember 1911 ihre letzte Fahrt machte.
14. Industrie und Gewerbe.
Die hiesige Gegend trug früher die Bezeichnung „Flachsland“. Der hier gewonnene Flachs gehörte mit zu den feinsten Arten. Der Flachsbau wurde daher in bedeutendem Maße bis Ende der achtziger Jahre des vor. Jahrhunderts betrieben und bildete eine ergiebige Quelle des Wohlstandes. Noch heute erzählen die älteren Leute gerne von jenen wahrhaft goldenen Zeiten für die Flachsbauern. Allerdings bedurfte der Flachs bis zu seiner Ablieferung der angestrengtesten Arbeit in der Saison, wozu alle verfügbaren Kräfte herangezogen werden mußten. Dem entsprach aber auch das Erträgnis an klingender Münze. Mit dem Voranschreiten der Industrie entzog diese in immer steigendem Maße dem Landmann die Arbeitskräfte. Zwar versuchte man noch,
durch Einführung von Maschinen menschliche Arbeitskräfte zu sparen, diese Maßregel konnte aber den Verfall des einst blühenden Flachsbaues nur für kurze Zeit aufhalten. Der Bürgermeister Beckers stellte im November 1862 die erste Flachsschwingmaschine auf. Bald wurde unter Anderem durch Thenen, Gorissen und Windhausen, Adams, Giesen und Ramachers weitere Flachsschwingereien errichtet.
Alle hatten reichliche Beschäftigung, sodaß in der Saison oft Dutzende beladene Karren vor den Schwingereien der Abfertigung harrten. Der Flachs bedurfte aber trotzdem noch vieler Bearbeitung durch Menschenhände. Wegen der zunehmenden Leutenot und bei der stark überhand nehmenden Konkurrenz des Auslandes und langjährigen Mißernten war der Flachsbau schließlich nicht mehr rentabel und ging Anfangs der neunziger Jahre vorigen Jahrhunderts ganz ein. Die vorhandenen Flachsschwingereien wurden zum Teil zu anderen Zwecken eingerichtet, zum Teil stehen sie unbenutzt oder sind inzwischen abgebrannt und nicht wieder aufgebaut. Die früher so wertvollen zahlreichen Flachsrösten dienen heute nur noch Fröschen zum Aufenthalt und sind ertragslos.
An Stelle des Flachses nahm der Landmann den Anbau von Roggen und Kartoffeln auf, der ihm jedoch nur schwachen Ersatz des früher so lohnenden Flachsbaues gibt. Außer dem Flachsbau war die Sammetband-, Seiden- und Baumwollweberei auf Handstühlen sehr verbreitet. Die Gemeindechronik berichtet, daß in den Jahren 1848, 1851 und 1852 die Sammet- und Seidenwebereien einen wesentlichen Teil der Industrie bilden und flotten, die Kattunwebereien aber dagegen stockenden Betrieb hatten.
Im Jahre 1857 mußten infolge Geldkrise bedeutende Arbeitseinstellungen erfolgen, sodaß von früher 500 nur noch 100 Handwebstühle in Betrieb waren. Auf die damalige Geschäftsstockung ist es auch wohl zurückzuführen, daß die Bettlerplage überhand nahm. 1856 mußten vom hiesigen Friedensgerichte 57 Personen wegen Bettelns bestraft werden. 1861 waren in der Sammetbandindustrie hiesiger Gemeinde 536 Meister, Gesellen und Lehrlinge tätig. Im Jahre 1888 waren noch 388 Handwebstühle vorhanden, davon 284 für
Sammet, 44 für Band, 24 für baumwollene, 19 für seidene und halbseidene und 17 für Leinen und halbleinene Stoffe.
1867 wurden die arbeitslosen Weber mit Wegearbeiten beschäftigt. 1867 wurde auf dem Grundstück der früheren Burg Wegberg eine Leimsiederei errichtet, welche 1877 zum Teil abbrannte. Im Jahre 1891 kaufte die Firma C. Billmann & Söhne das Grundstück und errichtete dort eine Leinenweberei, die im August 1892 den Betrieb aufnahm. Mit Rücksicht auf die der Gemeinde dadurch erwachsenden Vorteile wurde der Firma ein einmaliger Betrag von 3000 Mk. gezahlt. Die Firma beschäftigt z. Z. etwa 80 Personen.
1874 verließen ganze Familien infolge Geschäftsflaue die Gemeinde und siedelten nach M. Gladbach über.
1876 und 1877 war der Geschäftsgang derart schlecht, daß die Gemeinde 900 Mk. für die Beschäftigung Arbeitsloser auswarf.
1884 waren an Handwebstühlen nur noch 40–50 in der Band- und 80 in der Samtweberei, 1888 nur noch 30–40 in der Bandweberei in Betrieb. 1889 folgte ein kurzer Aufschwung, sodaß 250–300 Stühle wieder arbeiteten, der Niedergang der Handweberei ließ sich jedoch nicht mehr aufhalten, sodaß heute nur noch einige Stühle in Betrieb sind.
Die frühere Flachsschwingerei zu Wegberg-Potz wurde 1896 zu einer Fabrik umgebaut, in der Torf zu Teppichen verarbeitet wurde, der Betrieb mußte aber schon 1897 eingestellt werden. 1899 wurde dann Grobweberei eingerichtet, die kein besseres Schicksal hatte, und 1900 bereits in Konkurs geriet, 1901 wieder eröffnet, ging sie Ende 1905 im Zwangsversteigerungsverfahren in den Besitz der Wegberger Baumwoll-Spinnerei und Weberei über. Diese richtete Baumwoll-Spinnerei und Weberei ein und vergrößerte den Betrieb bedeutend, jedoch auch jetzt hatte das Unternehmen kein glücklicheres Geschick. Anfang 1911 wurde es in eine Verbandstoffweberei umgewandelt, die Ende des Jahres schon wieder eingestellt wurde.
An weitern gewerblichen Etablissements sind heute 12 Wassermühlen vorhanden und zwar die Tüschenbroicher Öl- und die Mahlmühle, die Bocken-, Bischofs-, Loh-, Wegberger-,
Ophover-, Krings-, Molls-, Neu-, Holt- und Schrofmühle, welche teilweise in neuerer Zeit auch mit Dampfkraft arbeiten. Von diesen Mühlen sind die Tüschenbroicher Öl- und Mahlmühle, die Holtmühle, Neumühle, Schrofmühle, Mollsmühle, (letztere früher Priors- oder Oethuesermühle) schon in den Pfarrentenbüchern von 1505 und 1711 aufgeführt. Auch die übrigen Mühlen sind kaum jüngeren Alters. Der Mühlenbetrieb geht jedoch immer mehr zurück, da die kleinen Mühlen gegen die Konkurrenz der fremden großen Dampfmühlen-Betriebe nicht aufkommen können.
Ferner bestehen: Stärkegummi- (Dextrin) Fabrik von Gebrüder Frencken, errichtet 1901, seit dem 1. April 1910 bis Mai 1911 außer Betrieb, dann zu einer Strohhülsen- und Häckselfabrik umgewandelt, die jedoch schon im November 1911 ihren Betrieb wieder einstellte; Dampfmühle von Wwe. C. Symes (Wwe. Wilh. Symes) errichtet 1894, beschäftigt zirka 15 Personen; Dampfsägewerk von Gebrüder Jansen, Oktober 1898 errichtet, beschäftigt zirka 8 Personen; Dampfgerberei von Josef Heinen, errichtet 1893, vergrößert 1907, beschäftigt zirka 25 Personen; 3 Ringofenziegeleien; 1 Dampfmahlmühle von Wwe. Saßen in Bißen.
Die Landwirte gründeten zwecks besseren Absatzes ihrer Produkte im Jahre 1896 eine Molkereigenossenschaft, die eine Dampfmolkerei erbaute, und in der Folge gute Geschäftsergebnisse hatte.
Im Jahre 1905 schloß die Gemeinde mit der Kontinentalen Gasgesellschaft zu Dessau einen Vertrag auf 40 Jahre ab, wonach diese Gesellschaft die Gemeinde zu angemessenen Preisen mit Kohlengas zu Beleuchtungs-, Heiz- und Kraftzwecken versorgt. Zu diesem Zweck wurde von der Gasanstalt zu Rheindahlen eine Rohrleitung gelegt, durch welche das Gas unter Hochdruck in den hier errichteten Gasometer gedrückt und von dort verteilt wird. Bis jetzt sind nur die Orte Wegberg, Bißen, Klinkum, Uevekoven, Watern, Tüschenbroich und Harbeck an die Leitung angeschlossen. Seit dem Jahre 1900 schweben Verhandlungen wegen Versorgung mit Elektrizität. Diese Verhandlungen führten am 12. Januar 1912 zu einem Vertragsabschlusse mit der Stadt Rheydt, wonach diese die ganze Gemeinde mit elektrischem Strom versorgt.
Die Arbeiten zur Anlage der Leitungen sollen im Sommer 1912 fertiggestellt werden.
Ein großer Teil der Bevölkerung geht heute der Beschäftigung in Fabriken nach. Soweit dieselben in den hiesigen Betrieben nicht unterkommen können, fahren die Leute nach auswärts. Gegenwärtig sind rund 400 hier wohnende Arbeiter im Gladbach-Rheydter Industriebezirk beschäftigt. Daneben wird durch die Familienangehörigen, die Frauen und Töchter in der Arbeiter-Konfektion Heimarbeit geleistet.
1910 ist in der Nähe des hiesigen Bahnhofs die Wegberger Spinnerei (Aktien-Gesellschaft) erbaut worden. Dieselbe liegt jedoch im Bezirk der Gemeinde Beeck. 1911 geriet dieselbe in Konkurs und ging 1912 in den Besitz der Firma Bartmann & Sohn über.
In Klinkum sind in den letzten Jahren reiche Braunkohlenlager erbohrt und verliehen worden. Ihre Ausbeutung steht jedoch noch kaum in Aussicht.
II. Kriegs- und andere Vorkommnisse in der Gesamtgemeinde.
In den Wirren des Mittelalters nahm auch am Niederrhein das Raubwesen überhand. Die Ritter vergaßen ihres edelsten Berufes, eine Stütze der Landesherren und Schutz und Schirm der Armen und Bedrängten zu sein, sie fanden es viel bequemer und einträglicher, das Land auszusaugen. Vorschub wurde dem durch die Uneinigkeit, die Eifersucht und Schwäche der vielen Landesherren geleistet, durch welche das Recht des Stärkeren und der rohen Gewalt begründet wurde. Nach einer Urkunde aus der Mitte des 14. Jahrhunderts wurde „viel Unfug verübt und täglich auf der Straße und im Lande dem Kaufmanne, den Pilgern, Pfaffen und anderen einheimischen und fremden Leuten Gewalt angetan durch Gefängnis, Raub, Mord und Brand, heimlich und öffentlich, und der Unfug und die Gewalttätigkeit mehrte sich von Tag zu Tag.“ Auch die beiden Burgen zu Wegberg und Tüschenbroich werden damals keine Ausnahmen von der allgemeinen Regel gemacht haben. In Gripekoven, zur Gemeinde Beeck gehörend, bestand wohl die berüchtigste Raubburg der hiesigen Gegend, worauf die Ritter Goswin und Arnold von Cevel,
sowie Otto von Dryele hausten. Im Jahre 1351 schlossen Wilhelm, Erzbischof von Cöln, Johann Herzog von Lothringen, Limburg und Braband, dessen Sohn Godart, sowie die Magistrate der Städte Cöln und Aachen ein Bündnis auf 10 Jahre, um das Land und die Straßen zwischen Maas und Rhein gegen die Gewalttäigkeiten zu schützen, die Räuber und Mörder zu strafen und ihre Häuser und Schlösser zu belagern und zu zerstören. 1354 ließ sich u. A. auch Dietrich Graf von Loen, Herr zu Heinsberg und Blankenberg in den Bund aufnehmen und gelobte, zur Belagerung der Feste Gripekoven 300 bewaffnete Ritter und Knechte zu senden, ferner zur Besetzung der 2 Belagerungshäuser mit 30 Mann zu Pferde und 30 Schützen beizutragen und von seinen Landleuten 1000 Mann mit Schüppen und Spaten zum Graben und Zäunen und zu anderer Arbeit zu schicken. Nach mehrwöchentlicher Belagerung mußte sich das Schloß ergeben und die Besatzung schwören, fortan Ruhe zu halten. Die Burg wurde dem Erdboden gleich gemacht und die Steine der Stadt Erkelenz geschenkt, wo sie zum Bau des Brücktores und des Turmes am Burgtore verwendet wurden.
Das Jahr 1557 brachte unserer Gemeinde eine große Dürre, der eine arge Teuerung folgte, 1580 ein „pestilenziarisch Sterben“.
Als Grenzland war Wegberg sehr den Kriegsdrangsalen ausgesetzt. Allerdings finden sich genauere Mitteilungen darüber nur sehr spärlich.
Nach den Mitteilungen des Grafen von Mirbach in der Zeitschrift d. Aach. G. V. Bd. 3, S. 279 ff. mußte Herzog Wilh. von Jülich während der niederländischen Kriege den spanischen Truppen häufig Durchzüge durch sein Gebiet gestatten. Die dadurch verursachten Schäden belaufen sich für die Zeit von 1578–1586 im Jülicher Lande auf die für die damalige Zeit enorme Summe von 801 904 Thlr. 9 Albus 3 Heller, davon entfielen auf das Amt Wassenberg, zu dem der jülicher Teil Wegbergs gehörte in den Jahren:
1578–79 | = | 16 829 Thlr. |
1580 | = | 18 285 Thlr. 2 St. |
1584 | = | 877 Thlr. |
1585 | = | 3 513½ Thlr. |
500 Thlr. |
In einer dort mitgeteilten Urkunde heißt es:
„Das Königisch Kriegsvolk, dessen an die elf Fähnlein Carabiner gewesen und zu Schwamen (wo 1585 ein Lager bestand) gelegen ist, den 18. January 85 aufgebrochen und gegen Wegkberg, Tuschenbroich und Beeck ins Ampt Wassenberg vortgerückt volgens unangesehen das Amt Caster seinen Anschlag gereicht, nichts destominder am 21. und 22. January sich ins Ambt Caster in die Dörfer Wanlohe, Keyenberg und Holtzweiler eingelagert und die Underthanen über ihr Vermögen gezwungen.“
Im dreißigjährigen Kriege (1618–1648) besetzten die Hessen und Weimaraner das Oberquartier Geldern. Im heutigen Petersholz soll damals ein Lager gewesen sein. Anfangs Dezember 1635 stand der kaiserliche General Feldobrist Graf Piccolomini in der Nähe. Im Jahre 1642 wurde die ganze Gegend durch die verbündete französisch-hessisch-weimaranische Armee besetzt.
In den sich von 1672 bis 1714 folgenden Kriegen (der holländische Krieg, der Reunionskrieg, der pfälzisch-orleanische, und der spanische Erbfolgekrieg) folgt eine Belastung und Drangsalierung der Einwohnerschaft der anderen. Auf die Unsicherheit damaliger Zeit weisen folgende Eintragungen der Sterberegister hin:
1663 Joes Thonniß von Tuschenbroich wegen eines schädlichen Schoß.
11.1.1672 Johann Kermes von Tuschenbroich todt gestechen worden.
23.7.1679 ist Wilh. Wimmers auf dem Tump zu Ruremundt todt geblieben.
In dem Kampfe um die spanische Herrschaft 1701–1713, in dessen Folge Wegberg (Geldern) an Österreich fiel, wie auch in dem 1740 beginnenden österreichischen Erbfolgekrieg bis 1748 in dessen Verlauf wiederum fremde Kriegsvölker die Gegend beunruhigten muß die Gemeinde stark durch die kriegerischen Wirren gelitten haben. Nach dem Rentenverzeichnis von 1711 (im Pfarrarchiv) wurde 1711 am 17. März eine churfürstliche Steuer ausgeschrieben von 70 Albus cölnisch für den Morgen und am 31. März eine französische Contribution von 40 Albus
cölnisch für den Morgen ebenso 1712, 1713, 1714, in letzterem Jahre „obwohl der Fried getroffen“. Die Kaiserin Maria Theresia verlieh der geldrischen Gemeinde im Jahre 1747 durch nachstehende Urkunde Nr. 5 die Gerechtsame zur Deckung der Kriegskosten von 1870 gls 18 St für Logis und Cantonnement der Truppen und von 3576 gls 12 St, für Vorspann zusammen 5366 gls 6 St. Brabanter Münze die sich mit Schaden und Kosten auf zusammen 10813 gls 16 St aufsummiert hatte, eine Summe von 6000 Brabantsche Gulden aufzunehmen, da die Einwohner der Gemeinde „ten achteren gecomen, verarmt ende verdorven“ seien.
Urkunde Nr. 5. (Gemeindearchiv).
Maria Theresia by der Gratie godts Rooms Kayerinne usw. Alle de gene, die dese tegervoordige sullen sien saluyt: Wy hebben ontfangen vornwedige Suplicatie ende regueste van die boorgemesters Schepenen ende gesworens der heerelyckheyt ende gemeynee van Wegberck inhoudende dat buyten de jaerelycke vuytgeschrevene beden ende respective de meraedw penningen de Schaede ende costen gecauseert by het logeeren ende cantonneren van onse trouppen met het begin deses jaere 1747 tot den 26. May jonghut eden inclusive volgens opneminge daer van gedaen beloopt de somme van 1870 gls, 18 Stuyvers te saemen brabants munte, volgens den staet hier op geexhibeert ende daer en boven den voorspaen ende peerds, diensten de welcke des gemeynte t'onsen dienste t'sedert den 7. january 1747 tot den 26. May voors jaers inclusives hadden gedaen ende gelevert, belopt de Somme von 3576 gls 12 Stuyvers ooek te saemen brabant'sche Munte, volgens specificatie hier op ooeck geexhibeert, welcke vuytschryvinghen tot leveringe van voorspaen nogh dagelyx blyven continneren ende also meer ende meer komen te monteren, buyten dyen beloopen de costen gedaen t'onsen diensten, welckers Staeten ende specificatie de vorthoondert hadden overgeleveert ter totale somme 5366 gls ses Stuyvers brabants, volgens het applicaet insgelyckx geexhibeert dus dat het import van voorens gespecificeerde Schaede ende costen te saemen sigh erdraght 10813 gls 16 Stuyvers voor welck een ende
„andere der voors, inwoonderen van de selve gemeynte soo danigh ten achteren waeren gecomen, verarmt ende verdorven, dat de selve meestendeels niet meer in staer sonden syn, eenige sulexdanige costen ende schaede te betaelen, oversulex de verthoonders genootsaeekt syn tot vor comnige van een ruyne op de voors. gemeynte eenige pennigen op te nemen, het welck niet en crude geschieden sonder voorgaende permissie ende octroy: Oorsaecke sy ons seer Oormoedelyck hebben gebeden hun te willen versteenen onse brieven van octroy om tot laste van hun gemeynte op te nemen de somme van sessduysend brabants guldens, Doen te weten, dat wy t'gone voorschreven overgemerkt ende darop gehadt het advis van onsen lieven ende getrouwen den Raedt Mambour van onsen Raedt in Gelderland genegen wesende ter beden ende begeerte der Supplicanten hebben hun ter detiberatie van onsen Minister Plenipotentiaris voor het Gourvemement Guaet van onse Nederlanden, gegunt geoctroyeert ende geaccodeert gelyeck wy hun gunnen octroyeren ende accorderen by dese tegenwoordige, dat Sy ten münsten interest also t'mogen sal weven sullen mogen lichten de Somme van ses duysend brabants guldens Wissel gelt, op Aacte ende conditie dat de Supplianten gehouden sullen syn t'observeren in de Settinge der Schattingen de welcke jaerelykx sal moeten geschieden soo om d'interesten van dit capitael te guyten, als om hot selve te rembourseern, eene gelycke proportie op den reelen, personelen ende mixten voet, soo ende gelyck het selve woort geobserveert ten opsiehre van de repartitie van de andere interesten ende Capitaelen met de welcke de Supplianten syn belast, van alle het gene de selve Supplianten sullen oock gehouden syn te doen consteren aen cenene commissarie van onsen voors: Raedt van Gelderlandt daertoe te deputeren gelyck oock van het Emploir dat sy sullen gedaen hebben van de Capitaele te lichten pennigen ende voorders oock van de Middelen de welcke wy hun bevelen t'aenveerden, om het voors rembourse ment de Capitaele pennigen te effectueren ende te blusschen ten münsten ses maenden naer cessatie van desen tegenwoordigen oorlogh, ter conditie eynde lyck
„dat sy sullen betaelen in handen van den raedt ontfanger quat van Afferden ofte ander toecomende jaerelyex de somme van een gulden, aen de welcke sy getauxeert syn by onse seer lieve ende getrouwe dien van onsen Raedt van Financien, waer dese tegenwoordige brieven van octroy sullen geenregistreert worden ende geinterineert in onse Recke Camer. Soo bevelen wy onse seer lieve ende getrouwe die hooft President ende huyden van onse Priveen Raedt, Cancellier ende Luyden van onsen Raedt in gelderlandt, ende aen alle andere onse Rechteren, officieren ende ondersaeten aen Wyen dit aengaet ofte roeren sol mogen, dat sy de voors. Supplianten van desen onsen tegenwoordighen octroy inder Vuegen ende Maniere hier boven geschreven, vredelyck ende volkomentliyck saelen genieten ende gebruycken, want ons also gelievt des t'oirconden hebben wy hier aen doon hangen onsen groten Segel, gegeven in de Stadt Aecke den sesentwintighsten octobris int' Jaer onse heereduysent sevenhondert seven en veertig ende van onse Rycken t'sevensten.
- (Unterschrift).
Anhängend großes Wachssiegel.
Avers: Frauengestalt auf Thron sitzend, von der 2 Frauengestalten den Vorhang heben.
Revers: Wappen mit Umschrift Maria Theresia usw.
1755 begann der siebenjährige Krieg, in dem Österreich mit Frankreich gegen Preußen verbündet war. Die Gegend hatte wiederum viel durch die Franzosen zu leiden. Nach der Schlacht bei Crefeld am 23. Juni 1758 verwüsteten sie das Land und die Hannoveraner drangen am 1. Juli bis in die Gegend von Wassenberg vor. Ende Juli trieben die Franzosen die Hannoveraner wieder zurück bis über den Rhein. Im Jahre 1779 herrschte vom 12. August bis Mitte November in der Gemeinde die Dyssenterie und der „rooden Loop“ (rote Ruhr). Während sonst während eines ganzen Jahres nur etwa 35–40 Personen starben, sind für diese kurze Zeit im Sterberegister allein als an Dyssenterie gestorben 12 und als an dem „rooden Loop“ gestorben 30 Personen vermerkt.
Im Jahre 1770 erneuert Kaiser Josef auf das Gesuch der Gemeinde Wegberg derselben auf 12 Jahre die Berechtigung zur Erhebung von Passier- (Wege-) Geld, um aus den Einkünften die Brücken und Wege der Gemeinde zu unterhalten.
Es sollte erhoben werden: für das erste Pferd und Karren, geladen mit Früchten oder anderen Waren 1 Stbr.;
für das Vorderpferd ½ Stbr.;
für andere Fuhrkarren geladen mit schwerer Kaufmannsware mit mehr als 2 Pferden das doppelte, namentlich fürs 1. Pferd 2 Stbr. und die vorderen Pferde 1 Stbr. Jülicher Münze.
Urkunde Nr. 6 (Gemeindearchiv).
„Josephus, by de Gratie Gods Roomsch Keyser u. s. w.“
„Allen den genen die dese onse opene Brieven sullen Sien ofte horen lesen Saluyt! Doen te weten, dat wy ontfangen hebben die Supplicatie van de Schepenen Borgemeesters en regenders der heerlykhydt Weghberck en houden de hoe dat sie by haere Majt de Kyserinne Donariere ende Coninginne apostolyk Glorienser memorie onse hooghgeerde Moeder in hooghs desselfs Souverynen Raede des voorss Vorstendoms gelre geimpetreert hebbende opene Brieven van octroy om voor den tydt van twelff aghtereen volgende Jaeren binnen de selve Heerlykhydt te mogen lichten het passagie gelt van de daer door vaerende Karren om uyt desselfs reproduit te konnen onderhouden en repareren de Bruggen, ende weghen de terinyk by het opgelte octroy vervat met den 19 deses quame te expireren en vermits de Suppltn dit passagie gelt naer expiratie van opglten teringn met recht niet en Sonden konnen voorderen, soo keerden hun de selve tot ons oetmoedelyk versoekende, den Ryn sog. geliefden den gedient te syn van t'selve Octroy voor andere twelff jaren te prolongeeren, Waromme soo ist dat wy het geene voorss: aengemerkt by deloberatie van onse seer Lieven, lieve ende getrouwen die Canxellaer ende Raeden van onsen Raede onses voorss voostendoms Gelre by hun alvorens gehoort onsen Raedt
„ende Momboir aldaer ende wyders geregen Synde ter oitmoedige Rede van de Suppltn prolongeeren de ende verniriende de voorss Brieven van Octroy hebben de selve Supplte geoctrogeert, geconsenteert ende gepermittert, octroyeren, consenteren ende permitteren mits desen van vremde voerkarren, met vruechten of ondere Waeren gelaeden, hunne gemeente passerende te lichten ende te ontfangen eenen Stuyver guylicks voort eerste peert en Karre ende da vordere peerden enen halven Stuyver ende van de andere voerkarren gelaeden met swaere Coopman Schappen met meer als twe peerden bespannen, het dobbel van dyen, namentlyk voort' Eerste peert en Karre twee Strs. ende de vordere peerden eenen Str, daeren boven van jeder een = Spannigh peert met Karre, komende van vreemde plaetsen, alwaer de inwoonderen der voorss gemeynde passerende gehouden syn Weghgeld te betaelen eenen Stuyver ende van de andere peerden eenen halven Str. alle Brabants wissel, ende dat voor andere twelff jaeren Loop nemende van den 12 Xbr 1780 ten op sien, van t'welk de Supplten soo lange dese permissie Sal duren ten onsen profyte alle jaeren voor Chins sullen betaelen twe en vyfftigh Strs. munte naer de placcaeten alles vorbehouden onse autoriteyt om het voorss: Weghgeld alle jaeren te verminderen, te vermeerderen of te ock int geheel te doen Cesseren, so ende gelyk om voorkomende Redenen Soude konnen vinden te behooren, want ons alsoe gelieft, des te oirconde hebben wy't groot zegel, t'welk hooghgedaegte haere Majt de Kyserinne Donariere ende Conninginne apostolyck glorienser memorie onse hooghgeerde Moeder, herwaerts heeft gebruykt, ende wy gebruyken sullen tot dat den onsen sal syn gemaekt aen deten onsen openen Brieff doch hangen gegeven Binnen onse Stadt an Ruremonds den 16. Xber in den jaer ons heere 1700taehentig ende van onk Rykes bet erste.“
Am 15. August 1775 wurden Harbeck und Rickelrath von einem starken Hagelschlage betroffen. Die betroffenen Einwohner erhielten aus der Gemeindekasse pro Morgen Hafer und Buchweizen 6 Pattacons in specie als Unterstützung.
Die Kriegsdrangsale sollten aber noch kein Ende haben. Als 1794 die französischen Revolutionsheere an den Rhein vordrangen, wurde die Gemeinde wieder unerhört gebrandschatzt. Da die Gemeinde-Insassen verarmt waren, so mußten die Bürgermeister und Scheffen beider Gemeinden Wegberg, (Jülich und Geldern) insgesamt zur Deckung der Kontributionen 18 115 Thlr. 4 Sgr. 7 Pfg. anleihen. Nach den in der Gemeinderechnung von 1826 befindlichen Schuldurkunden, von denen eine hiernach abgedruckt ist, wurden diese Schulden erst im genannten Jahre bezahlt.
Urkunde Nr. 7.
Da wir bei dermaligen so bedrängten Zeiten durchaus unvermögend sind, den gefordert werdenden Kontribuzionen, Requisizionen und Kriegeslasten anderer Art mittelst Ausschlagung von baarem Gelde oder Naturalien um so weniger zu genügen, als die völlig verarmten meisten Gemeinde Einsassen bälder selbst einiger unterstützung bedürften, denn das mindeste beitragen könnten – so bekennen wir Endesunterschriebene sämtliche Scheffen, Bürgermeister und Vorsteher der Herrschaft Tüschenbroich, von unserem H. Vogten Franz Henrich Henrichs und dessen gemahlin Frau Anna Elisabeth Striezen anheute baar lehnbar gegen fünf vom Hundert jährlichst zu dermaligen Kriegsbedürfnissen empfangen zu haben vierhundert französische Kronenthaler, wofür demselben die Besitzungen dieser Gemeinde Einsassen gesamt und sonders verpfändet sein sollen mit dem Versprechen, dieses Kapital sobald es nur unsere Kräften erlauben, mit Zinsen und Kosten obrückzuerstatten. Also unterschrieben Wegberg, Herrschaft Tüschenbroich am 1. Januar 1795.
Neclaß Jackels Bgmstr. | Conradus Quacken Scheffen. |
Carwilhelm Arretz Bürgmstr. | Henricus Jenneß Scheffen. |
Mathias Jansen Brgstr. | Heinricus Arretz Scheffen. |
Joes Herman Josten, Scheffen. |
- In fidem, et pro Agnitione Mamm.
- L. Clever.
- In fidem, et pro Agnitione Mamm.
Siegel mit dem Wappen der Herrlichkeit Tüschenbroich.
Unter nemlichen Bedingungen und zu eignesten Behufen von H. Vogten Henrichs weiter empfangen zu haben, vierhundert frz. Krthlr., wird anmit eigenhändig bescheinigt.
Wegberg Tüschenbroich am 1. April 1795.
Die Jahre 1816 und 1817 brachten infolge Mißwachs wieder eine außerordentliche Teuerung und Not. In der Bürgermeisterei wurde durch freiwillige Beiträge 45 Scheffel Roggen, 3000 Pfd. Brod und 1721 Rthlr. Clevisch gesammelt und an die Armen verteilt.
Durch die Königliche Regierung wurde Roggen von der Ostsee herbeigeschafft, der leider zu spät eintraf.
Aber nicht allein unter den Kriegswirren, Epidemien und Naturereignissen hat die Bevölkerung gelitten, sondern auch die Streifzüge der Niederrheinischen Räuberbanden machten sich hier unliebsam bemerkbar.
Mit der französischen Revolution und dem Vordringen der Revolutionsheere brachen die alten Staatlichen Einrichtungen zusammen. Das führte wie am Nieder-Rheine und den angrenzenden Gebieten so auch hier zu einer großen Unsicherheit. Die berüchtigteste Räuberbande war die im Dorfe Meersen (Holland), ihren Hauptschlupfwinkel habende Bande der sogenannten Bockreiter. Daneben bestand eine Bande von Crefeld, die sich später nach Neuß verzog und die Krefelder- bezw. die Neußer Bande genannt wurde.
Die Meersener Bande trat das erste Mal ums Jahr 1796, die Krefelder Bande um 1792 und traten beide Banden von 1797 an oft bei Ausführung von Verbrechen gemeinsam auf. Sie waren bald Herren des Gebiets, das sich über den ganzen Niederrhein und Holland erstreckte und scheuten sich nicht, in Stärke von 20–100 Mann hoch zu Roß ihre Raubzüge auszuführen. Die eigentlichen Begründer der Krefelder Bande waren die beiden Scheerenschleifer Friedrich der Einäugige und Franzis Gerards aus Dalheim. Gerards wohnte nachher mit seiner Frau und 4 Töchtern und seinen angeblichen Gesellen Pohr und Brückmann in Arsbeck. Die ganze Gesellschaft lebte sehr flott, ohne aber zu arbeiten. Häufig entfernten sich die Männer, blieben über Nacht aus und kehrten mit neuem Gelde zurück.
Die Bewohner von Arsbeck sahen diesem Treiben untätig zu und schwiegen, weil sie die Rache der Scheerenschleifer fürchteten. Pohr wurde bei einem Raube in Amern-St.Georg in der Nacht zum 22. März 1797 in den Fuß geschossen und schleppte sich mit Brückmann nach Hardt, wo er festgenommen wurde. Es gelang danach, die sich nach ihm erkundigende Frau des Gerards ebenfalls festzunehmen, während Gerards selbst und Brückmann aus Arsbeck flüchteten. Als letztere beiden mit ihrer Schleifkarre nach Süchteln kamen, hatten Knaben in ihrer Abwesenheit eine Schublade der Schleifkarre herausgezogen. Die umstehenden Leute sahen nun, daß darin geschliffene Säbel und Dolche, Feilen, Knebelstricke, Brecheisen, und sonstiges Diebesgerät lagen.
Das führte zu ihrer Verhaftung und Verurteilung zu 20 Jahren Galeerenstrafe.
Die Raubüberfälle hörten aber immer noch nicht auf. Niemand fühlte sich mehr sicher. Erst die französische Okupation führte zu besseren Zuständen, als die Banden zerstreut und durch Verurteilung der Hauptführer aufgerieben waren, wenn auch noch immerhin einzelne Freveltaten vorkamen.
Die Unsicherheit auch noch anfangs des 19. Jahrhunderts war in hiesiger Gegend so groß, daß in jeder Ortschaft Bürgerwachen und Milizen eingerichtet wurden, welche eine ständige Wache, hauptsächlich aber den Nachtwachtdienst wahrnehmen mußten, um den Lokalbehörden in Handhabung der Polizei alle mögliche Unterstützung zu leisten. Die Wache trat abends um 10 Uhr „bewaffnet mit Lanzen, Gewehr, oder sonstigen Instrumenten“ an. Jeder Einwohner über 20 Jahre war wachtpflichtig. Stellvertretung war gestattet. Der Bürgermeister führte ein Verzeichnis der Wachtpflichtigen und bestimmte die Reihenfolge. Die Hälfte der Wache blieb auf der eingerichteten Wachtstube, während die andere Hälfte Patrouillengänge ausführte. Alle Stunden lösten sich die beiden Hälften ab. Für die Heizung und Beleuchtung der Wachtstube wurden für die Nacht 2 Sgr. 6 Pfg. gezahlt.
Diese Einrichtung bestand noch bis gegen 1840.
Als dieses nicht mehr ausreichend erschien, wurde im Januar 1822 ein Husaren-Kommando von 1 Offizier und
30 Mann unter Leitung des Majors von Sastrow in den Kreis Erkelenz gelegt. Von diesem Kommando waren 1 Offizier und 16 Mann im Kreise verteilt, welche abwechselnd in die Gemeinden gelegt wurden und alle Nächte Patrouillen aussandten. Als dann das Revolutionsjahr 1848 herankam, wurden hier zunächst in allen Orten wiederum Sicherheitswachen, bestehend aus dem Nachtwächter und 4 Mann eingerichtet und dann eine aus Freiwilligen bestehende Bürgerwehr gebildet. Ein Antrag auf leihweise Ueberlassung von Waffen aus den Königlichen Militärdepots wurde jedoch abgelehnt. Im Juli 1848 zählte diese Bürgerwehr 124 Mitglieder, eingeteilt in 4 Kompagnien, jede zu 31 Mann. Dieselben sind noch nicht gleichmäßig armiert, sondern mit Gewehr, Säbel oder Stöcken bewaffnet, haben jedoch eine deutsche Fahne und jeder seine Armbinde mit der Kompagnie-Nr. Da aber hier keine Ordnungswidrigkeiten vorkamen, trat die Bürgerwehr auseinander.
In der Wegberger Gemeindechronik von 1828 widmet der Landrat des Kreises Erkelenz dem damaligen Bürgermeister Dillen ehrenvolle Anerkennung indem er sagt:
„Der ausgezeichneten Tätigkeit dieses Ehrenmannes ist es zu verdanken, daß diese Gegenden, worin mehrere Jahren hindurch Eigentum und Personen mannigfach durch eine Diebes- und Räuberbande gefährdet und verletzt worden, jetzt völlig Ruhe und Sicherheit genießen. Sein rühmlicher Eifer hat sich nicht allein auf die Verhaftung und sorgfältige Ermittelung der Verbrecher, wobei er in der sichtbaren Todesgefahr geschwebt, erstreckt, sondern er hat auch nachher durch seltene Ausdauer das Gewebe der verbrecherischen Handlungen zu entlarven und durch gründliche protokollarische Verhandlungen die bündigsten und sachgerechteste Aufhellung zu erteilen gewußt.“
Welche Verbrechen hier ausgeführt wurden, ist nicht ersichtlich, es ist jedoch anzunehmen, daß es sich um Taten von Mitgliedern solcher Räuberbanden handelte. Nach der Einkehr geordneter Verhältnisse unter preußischer Herrschaft ist die Gemeinde auf die Ordnung ihrer durch die Kriegsdrangsale
verursachten schlechten Finanzverhältnisse bedacht. Die Schulden beliefen sich im Jahre 1822
für den geldrischen Anteil der Gemeinde auf | 15183 Thlr., 20 Sgr. |
für den jülich'schen Anteil auf | 2931 Thlr., 14 Sgr., 7 Pfg. |
insgesamt auf | 18115 Thlr., 4 Sgr., 7 Pfg. |
Zu ihrer Deckung verkaufte die Gemeinde in dem genannten Jahre ihren Grundbesitz zur Größe von 79 Morgen 156 Ruthen Magdeburger Maß, teils Ackerland, teils Fichten, Heide und Schlagholz, „die Löhe“ genannt, in öffentlicher Versteigerung für 2577 Thaler. Der noch verbleibende Rest der Schulden wurde durch Umlage gedeckt, sodaß mit Ablauf des Jahres 1826 sämtliche Kapitalschulden der Gemeinde, die unverbrieften Schulden jedoch mit Ablauf des Jahres 1832 getilgt waren, „obwohl die deshalb erforderlichen Beischlägen eine schwere Aufgabe für die Einsassen gewesen“. (Gemeindechronik.) Weitere 7 Grundstücke der Gemeinde wurden 1864 für 296 Thlr. verkauft.
Im Jahre 1826 wurde die Gemeinde neu vermessen und katastiert, „wodurch eine gleichmäßige und gerechte Verteilung der Grundsteuer zu Wege gebracht wurde.“
1819 erfolgte hier die Einführung der Feuer-Versicherung und zwar durch die Bergische Feuer-Versicherungsgesellschaft, (jetzt Provinzialfeuerversicherungsanstalt,) bei welcher im Jahre 1828 bereits 120 550 Thaler bergisch versichert waren. „Diese und andere Privatassecuranz-Anstalten namentlich die Aachener äußerte einen wohltätigen Erfolg in der Beruhigung, die dem Hausbesitzer dadurch gewährt ist, ohne Furcht seines Ruins dem Unglücke einer etwaigen Feuersbrunst furchtsam entgegen schauen zu müssen.“
1832 hat die Gemeinde am 13. August sehr durch Hagelschlag gelitten. Der Schaden belief sich auf 13 548 Thlr., 4 Sgr., 1 Pfg. Die Regierung bewilligte den Geschädigten einen Steuer-Nachlaß von 258 Thlr., 4 Sgr., 1 Pfg.
Im selben Jahre haben hier von dem Königl. Preuß. Observations-Corps vom 15. bis einschließlich 26. November in Kantonierung gestanden der Regts.-Stab nebst Hälfte der 4. Eskadron des 8. Husarenregiments und vom 27. Februar
1832 bis einschließlich 23. Januar 1833 der Batl.-Stab nebst 7. Comp. 17. Inf.-Regts.
1846 herrschte in der Gemeinde die „Nervenkrankheit“ und die rote Ruhr, sodaß die Sterbefälle die hohe Zahl von 161 erreichten, ungefähr das Doppelte der normalen Zahl.
Das Jahr 1847 war wieder ein Notjahr. Vom Januar bis Ende Juli wurde an 97 notleidende Familien das 12 pfündige Brot zu 6 Silbergroschen verabreicht, sodaß der Gemeinde noch 690 Thaler 10 Silbergroschen zu zahlen blieben. Der Verkauf frischen Brotes wurde für die Zeit vom Mai bis zum 25. August untersagt, weil frisches Brot nicht so nahrhaft sei, wie altbackenes. Außerdem wurden 340 Scheffel Kohlen verteilt, herrührend aus freiwilligen Gaben. Sodann wurden 18 Familien-Väter mit Gewinnung von Kies beschäftigt und dafür 732 Thaler, 2 Silbergroschen, 6 Pfennig verausgabt.
Im Dezember 1848 und Februar 1850 führte Tauwetter große Überflutungen des Ortes Wegberg herbei, die großen Schaden verursachten. 1855 stiegen die Fruchtpreise infolge der orientalischen Wirren in die Höhe, sodaß das 12 pfündige Roggenbrot 15 Sgr. kostete, damals ein außergewöhnlich hoher Preis.
1856 wurde in Wegberg eine Gendarmeriestation, 1857 die erste Apotheke errichtet.
1864 warf ein heftiger Sturm den Hahn vom Kirchturm und deckte viele Dächer ab.
1867 betrugen die Gemeindeschulden 19 240 Thlr.
1872 herrschten die Menschenpocken in Klinkum, aus Holland eingeschleppt.
Das Jahr 1873 brachte am 22. Oktober geringe Zeichen eines Erdbebens. „Die wenigen, welche hier etwas davon gemerkt, verglichen die Empfindung desselben mit derjenigen, welche uns beim Vorüberfahren eines schweren Fuhrwerks anwandelt.“
Bei der Mobilmachung 1866 wurden aus der Gemeinde 87 Mann zu den Fahnen einberufen. Dieselben kehrten alle aus dem Kriege zurück, vier derselben, Franz
Becker aus Rickelrath, Wilhelm Horsten aus Tüschenbroich, Jacob Müller und Isaac Levy aus Geneiken als Invaliden. Außerdem starb hier nach Beendigung des Krieges Wilh. Priesterath aus Watern an der Cholera. Den heimkehrenden Kriegern wurde von der Gemeinde ein Fest bereitet, an dem sich fast alle Einwohner beteiligten. Während des Krieges waren die hülfsbedürftigen Familien der einberufenen Mannschaften vom Kreise und der Gemeinde unterstützt worden, wofür die Gemeinde 150 Thaler aufwandte. Zwecks Sammlungen für die Verpflegung der verwundeten Krieger war ein Komitee gebildet worden. Es kamen ein und wurden der Kreisbehörde zugesandt an Geld 74 Thaler, 140 Flaschen Wein, 1 Kiste mit Erfrischungen aller Art, 2 Fässer, 1 Kiste und 1 Ballen mit Hemden, Bettüchern, Binden, Charpie etc.
Zur Bestreitung der Mobilmachungskosten mußte die Gemeinde insgesamt 1172 Thaler, 26 Silbergroschen und 6 Pfennig beisteuern, wovon später 880 Thaler, 11 Silbergroschen und 2 Pfennig zurückerstattet wurden.
1870 wurden nach geschehener Mobilmachung aus der hiesigen Gemeinde 146 Mann zu den Fahnen einberufen. Wie überall, so bildeten sich auch hier in jedem Orte Vereine, welche neben Geld, Charpie, Binden, Leinewand, Bettücher, Jacken, Wein, Cognak, Zigarren pp. von Haus zu Haus sammelten. Auf diese Weise konnten den im Felde stehenden Kriegern 413 Thaler baar und 625 Pfund der vorbezeichneten Sachen nachgesandt werden. Der Unterricht in den Schulen fiel aus, und es wurden die Kinder mit Zupfen von Charpie beschäftigt. Der Gemeinderat beschloß, eine der vom Kreis gezahlten Unterstützung gleichkommende Summe aus der Gemeindekasse an die hilfsbedürftigen Angehörigen der Einberufenen zu zahlen.
An Pferden hatte die Gemeinde 11 Stück zu stellen und außerdem 11 Fuhrwerke. Am 26. September 1870 wurde die Kolonne, bei der sich die vorbezeichneten Fuhrwerke befanden, bei Königsmachern von Franctireurs überfallen und dabei der Anton Josef Cohnen aus Geneiken nebst Pferd getötet. Vier Einwohner gerieten dabei in Gefangenschaft. Sie wurden später unter Zurückhaltung ihrer Gespanne entlassen.
In Feindesland sind gefallen oder an Krankheit gestorben:
- obengenannter Cohnen,
- Wilh. Odilio Jansen aus Rickelrath,
- Wilhelm Eickels aus Klinkum,
- Karl Friedrichs aus Uevekoven,
- Wilhelm Anton Michels aus Klinkum,
- Peter Theißen aus Klinkum,
- Matthias Brockers aus Tüschenbroich;
Vor dem Feinde verwundet wurden:
- Albert Eskens aus Wegberg,
- Wilhelm Deckers aus Uevekoven,
- Jacob Nießen aus Watern,
- Leonhard Maassen aus Broich,
- Johann Küppers aus Tüschenbroich.
Den heimkehrenden Kriegern wurde seitens der Gemeinde ein Fest bereitet, bestehend aus Festzug mit anschließender Fest-Versammlung und mit Ball.
1874 herrschte im Sommer große Dürre. Wenn es in diesem Jahre in der Gemeindechronik heißt: „Auch der Winzer hat gute Geschäfte gemacht; denn neben dem im Mai erfrorenen Schein der Reben hatte sich ein neuer Fruchttrieb angesetzt, welcher vorzügliche Trauben zur Reife brachte,“ so wird sich dieses wohl nicht auf die hiesige Gemeinde beziehen, da hier Winzer nicht vorhanden waren und Trauben nur als Hausspaliere vereinzelt gezogen wurden.
1875 wurde die Obergrenzkontrolle von Arsbeck hierher verlegt.
Am 2. August 1875 warf ein schwerer orkanartiger Sturm unter anderem den Dampfturm der Flachsbereitungsanstalt von Thenen um und riß das Wasserrad der Knippertzmühle weg.
1876 trat am 12. März ein Orkan auf, welcher Mauern umwarf und Bäume entwurzelte.
1877 werden die Schulden der Gemeinde mit 20 592 Mark angegeben.
1878 machte sich am 26. August eine starke Erderschütterung bemerkbar. Sie dauerte mehrere Sekunden, war
von Ost nach West gerichtet und so bedeutend, „daß die Häuser wankten, und von den Insassen in Angst und Schrecken verlassen wurden“.
1880 betrugen die Schulden der Gemeinde 24 621 Mk. die der Pfarrgemeinde 13 600 Mk.
Im Juni und Juli kamen 3 Selbstmorde durch Erhängen vor.
1885 trat am 12. Juli ein starker Hagelschlag in den Gemarkungen Klinkum und Tüschenbroich auf, der die Ernte stark schädigte.
1892 herrschte in Harbeck der Typhus, es kamen 13 Erkrankungen vor, von denen 5 tötlich verliefen.
1895 war am 18. August ein orkanartiger Sturm, der viele Bäume entwurzelte.
1900. Eine vorgenommene Obstbaumzählung ergab 16 881 Obstbäume.
1904. Unterm 28. April erteilte der Minister seine Zustimmung dazu, daß der Ortschaft Potz, den Häusern von Warmershof und einem Teile der Ortschaft Dorp die Ortsbezeichnung Wegberg beigelegt wurde.
1906 wurde die Gasanstalt fertiggestellt. Die Gemeinde Beeck lehnte den Antrag der Gemeinde Wegberg auf einen Gebietsaustausch, durch welchen die in die letztere Gemeinde einschneidenden Gebietsteile der ersteren (Busch, Berg, Freiheid, Forst) nach Wegberg und die zur Gemeinde Wegberg gehörende Ortschaft Großgerichhausen nach Beeck eingemeindet werden sollten, ab.
1907. Im Orte Tüschenbroich wurde für diese Pfarre ein Friedhof angelegt.
1907 fand das Manöver des 8. Armeekorps in hiesiger Gegend statt, wobei vom 7.–9. September in Wegberg 675 Mann und in Rickelrath 181 Mann einquartiert wurden. Die Einquartierten fanden eine überaus herzliche Aufnahme.
1909. Am 12. Juli gegen 3 und 9 Uhr nachmittags gingen außerordentlich starke Gewitter, Unwetter mit Hagelschlägen über den südlichen Teil der Gemeinde nieder, wodurch dort etwa ½ der Ernte beschädigt wurde. Auch die uralte
Linde am Forsterkreuz auf der Beeckerstraße wurde dabei umgeworfen.
Bei der regen Bautätigkeit im Orte Wegberg ließ sich die Anfertigung von Fluchtlinenplänen nicht mehr länger aufschieben. Am 29. August 1910 schloß die Gemeinde daher mit einem Ingenieur einen Vertrag wegen Anfertigung solcher Pläne. Letztere wurden 1911 fertiggestellt und 1912 offengelegt.
III. Sitten und Gebräuche.
1. Das Schenkelmännchen.
Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts (1791 oder 1792) wurde während des Umzuges der Patronats-Prozession am Feste St. Peter und Paul das sog. Schenkelmännchen geschossen. Näheres siehe darüber bei „Kirchliches“.
2. Gänsereiten.
In den Akten des Anfangs des 19. Jahrhunderts findet sich noch das an den Fastnachtstagen stattfindende „Gänsereiten“ erwähnt, welches wegen der damit verbundenen Tierquälerei durch die Kreispolizei-Direktion zu Crefeld am 20. Februar 1816 untersagt wurde. Bei diesem Gebrauch wurde eine Gans lebend an einen Baum oder Pfosten aufgehängt. Die jungen Burschen ritten nun in schnellster Gangart zu Pferde daran vorbei und versuchten, mit einem Knüppel der Gans den Kopf abzuschlagen. Gelang das, so fiel dem Burschen die Gans zu.
Am 26. Februar 1825 baten die hiesigen jungen Leute „nach altem Brauch die Gans reiten zu dürfen“. Sie versprachen dafür an die Armen zu zahlen, in den Dörfern nicht zu galoppieren und die Gans vorher im Beisein des Bürgermeisters abzuschlachten. Sie wurden jedoch ablehnend beschieden.
3. St. Martinsfest.
Wie am ganzen Rhein, so ist auch hier von jeher der St. Martinstag (10. November) ein Freudentag für die Kinder gewesen. Während aber anderwärts vielfach der ursprüngliche
Brauch der Veranstaltung eines großen St. Martinsfeuers durch Fackelumzüge verdrängt wurde, ist hier das Fest noch in seinen ursprünglichen Formen geblieben.
Einige Wochen vor dem Feste beginnen die Jungens Holz zum Feuer zusammenzuholen. Ginster, wertloses Strauchwerk, unnütz herumliegendes Holz werden an bestimmtem Platze aufgeschichtet. Abends ziehen die Jungens mit Karren durch die Ortschaft, erbitten unter Absingung des Liedchens
- He wohnt ene rieke Mann,
- De os get geve kann,
- Göv he os nix, dann dogt et net,
- Göv he os get, dann es et got.
- Sint Mäet.
an jedem Hause Holz oder einen Geldbeitrag zu den Kosten. Erhalten sie nichts, so singen sie mehr drastisch als schön:
- Dat Huus, dat steht op eene Penn,
- De Gizhals de wohnt meddedren.
Die Jungen jeder Ortschaft wachen eifersüchtig darüber, daß kein Fremder an ihrem Feuer teilnimmt und daß nicht etwa von Jungen anderer Ortschaften ihnen Holz fortgeholt wird. Im Hauptorte Wegberg scheiden sich sogar die Jungen in „Jülicher“ und „Spanier“, je nachdem sie in dem früher jülicher oder spanischen Anteil wohnen. Um das zusammengeholte Holz entbrennen oft heftige Kämpfe unter den „Jülichern“ und „Spaniern“, ja beide Parteien stellten sogar zeitweise an ihren Holzstößen Nachtposten aus.
Ist der Martinsabend gekommen, so wird der Holzstoß im Beisein der Jugend angezündet. Für das eingesammelte Geld sind Süßigkeiten, Wurst, Brödchen und dgl. gekauft, die die Jungen nunmehr untereinander verteilen und verzehren. Später trachtet jeder danach, mit angekohlten Holzstücken seinen Nachbarn anzuschwärzen. Langsam sinkt die Nacht hernieder und ein Teilnehmer nach dem andern verschwindet von der Stätte der Jugendfreude.
Das Martinsfest ist zurückzuführen auf die erste Zeit der Einführung des Christentums bei den Germanen, in der man bestrebt war, die alten heidnischen Feste durch solche christlichen Charakters zu ersetzen. So trat auch an Stelle des alten
heidnischen Wotansfestes mit seinen Freudenfeuern das St. Martinsfest.
4. St. Nikolausfest.
Ebenso wie das St. Martinsfest ist auch St. Nikolaus der Freudenbringer für die Kinder. Die Weihnachtsbescherung hat nur wenig Eingang gefunden. Schon wochenlang vor dem Feste (6. Dezember) befleißigen sich große und kleine Kinder einer guten Führung, damit sie vom heiligen Mann nicht gestraft werden. Die Kleinen singen plattdeutsch, mit hochdeutsch untermischt:
- „Sinter Klos, de helige Mann
- Hät die beste Box wohl an
- Do geht hä met no Spanie
- Kauft Nüsse und Kastanie
- Bringt den kleinen Kindern was mit
- Die großen läßt er laufen
- Die können sich ja was kaufen“
oder aber das bekannte Nikolauslied, dessen erste Strophe lautet:
- „Gleich geht unsere Schule aus,
- Dann gehn wir vergnügt nach Haus,
- Lustig, lustig trallerallera,
- Nun ist Nikolaus Abendtag“.
5. Heringsschürgen.
Bis Ende des 19. Jahrhunderts wurde noch das „Heringsschürgen“ (Heringsfahren) ausgeübt und zwar als Zeichen der beginnenden Fastenzeit und der Herrschaft des Fisches.
Am Aschermittwoch nach genossenen Fastnachtsfreuden, welche letzteren sich hier auf kleinere Umzüge von maskierten und in einfachster Weise kostümierten Personen, sowie Tanzbelustigungen beschränkten, wurde an einer Schnur ein Hering aufgeknüpft. Ein Bursche setzte sich nunmehr auf das Kopfbrett einer Schiebekarre und wurde von einem anderen unter der Schnur durchgefahren, wobei der erstere versuchen mußte, ohne Zuhilfenahme der Hände mit dem Munde den Hering zu ergreifen. Gelang ihm das, so wurde der Hering sein Eigentum, im anderen Falle wurde er ausgelacht und von jemand anderem abgelöst.
6. Tauf-, Hochzeits- und Begräbnisbräuche.
Nachbarschaften.
Hierbei spielt die sog. „Nachbarschaft“ eine große Rolle. Die Nachbarschaft umfaßt in der Regel die Bewohner von je 7 Häusern zur Rechten und zur Linken eines Hauses. Diese Nachbarschaft nimmt an den Freuden und Leiden der einzelnen Haushaltungen besonderen Anteil, wie denn auch auf dem Lande die wechselseitige Hülfsleistung viel ausgeprägter ist und sein muß wie in der Stadt, wo die Menschen sich viel fremder gegenüberstehen und die sozialen Unterschiede schärfer ausgeprägt sind. Aber auch in Wegberg vollzieht sich schon eine Abwendung von den alten Sitten und Gebräuchen. Bei Geburtsfällen war es noch bis in die neunziger Jahre des 19. Jahrhunderts Brauch, daß am Tauftage den Frauen der Nachbarschaft ½ Pfd. Honigkuchen (Pfefferkuchen) ins Haus gebracht wurde. Noch heute begleitet die erste Nachbarin zur Rechten und zur Linken die Wöchnerin auf ihrem ersten Ausgang zur Kirche – gewöhnlich 6 Wochen nach der Geburt – und sie nehmen dann an dem darauffolgenden Kaffee im Hause teil.
Bei den Heiraten beschränkt sich die Teilnahme der Nachbarschaft meistens auf die Schmückung des Hochzeitshauses durch Laub und Blumengewinde, Kränze, Sinnsprüche und dergl., wofür der Nachbarschaft später ein Kaffee gegeben wird.
Das früher allgemein übliche Schießen am Vorabend der Hochzeit und dem Hochzeitstage selbst ist glücklicherweise durch scharfes polizeiliches Einschreiten beseitigt worden.
Bei Sterbefällen ist die Nachbarschaft stärker beteiligt. Von der Rechten und Linken müssen die Nachbarn Nr. 1 und 2 für die Formalitäten (Anmeldung bei Standesamt, Pfarramt, Benachrichtigung der Verwandten und Bekannten, Waschen und Einkleidung der Leiche und dergl.) sorgen, überhaupt den Hinterbliebenen zur Seite stehen. Die Nachbarn Nr. 3, 4 und 5 tragen die Leiche zum Friedhof bezw. zum Leichenwagen, Nr. 5 und 6 besorgen das Totenläuten. Früher hielt die Nachbarschaft im Sterbehause auch eine Totenwache, bei welcher mit Pausen gebetet wurde. In
den Pausen wurde sich durch einen Trunk gestärkt, geraucht u. s. w.
Wegen der dabei hervorgetretenen Übelstände wurde in neuerer Zeit die Totenwache jedoch abgeschafft und statt dessen an den Tagen bis zum Begräbnis eine abendliche Betstunde eingerichtet, an welcher die erwachsenen Personen der Nachbarschaft teilnehmen. Im Orte Wegberg findet diese Betstunde seit einigen Jahren in der Kirche statt.
IV. Kirchliches.
1. Allgemeines.
In kirchlicher Hinsicht gehörte die Pfarre Wegberg seit ihrem ersten Entstehen mit dem Jülicher Anteil zum Archidiakonat Wassenberg, Bistum Lüttich, und mit dem geldrischen Anteil zum Bistum Roermond, wurde 1802 durch das französische Konkordat dem Bistum Aachen und durch die Bulle de salute animarum vom 16. Juli 1821 dem Erzbistum Cöln zugeteilt, zu desen Dekanat Erkelenz sie jetzt gehört.
Wann zuerst in Wegberg eine eigene Kirchengemeinde gegründet wurde, ist unbekannt. Schon 966 erscheint das Aachener Marienstift hier begütert und es wird um diese Zeit hier auch wohl schon eine Kirche bestanden haben, deren Patronatsrecht bei dem Stifte beruhte, später aber auf die Herren von Tüschenbroich überging. In der Mitte des 14. Jahrhunderts wird Wegberg bereits als selbständiges Kirchspiel erwähnt (Annalen des hist. Ver. Bd. 55 S. 103). Die beiden Glocken der Kirche stammen aus den Jahren 1411 und 1421. Im Jahre 1505 bestanden schon sehr viele Stiftungen für die verschiedenen Altäre. Die Pfarre zählte um diese Zeit 134 Familien, also etwa 700–900 Seelen.
Am Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts scheint überhaupt das kirchliche Leben sehr rege gewesen zu sein, denn die meisten alten Stiftungen an der Kirche rühren aus der Zeit von 1484 bis 1512 her.
Wenn auch im Pfarrarchiv nur noch etwa 20 Original-Urkunden vorhanden sind, so geben doch die noch vorhandenen
alten Rentenverzeichnisse und Lagerbücher, insbesondere von 1506, 1656, 1711 interessante Aufschlüsse, sie enthalten auch eine ganze Anzahl beglaubigter Abschriften alter Stiftungsurkunden.
Daß die Kirche in Wegberg bis auf die ersten Anfänge des Christentums in hiesiger Gegend – das wahrscheinlich durch die Missionare Willibrordus und Suitbertus eingeführt wurde – zurückgeht, kann daraus geschlossen werden, daß der hl. Petrus Pfarrpatron ist, wie dies bei den meisten Kirchen aus dieser Zeit der Fall ist. Erst in neuerer Zeit werden als Pfarrpatrone St. Petrus und St. Paulus bezeichnet.
2. Namen der Geistlichen.
Von 1486 ab sind die Namen der amtierenden Pfarrer, von 1510 ab auch die Namen der an der Kirche angestellten Vikare bekannt. Bis 1510 scheint die Seelsorge vom Pfarrer allein ausgeübt worden zu sein.
Das Rentenverzeichnis von 1711 gibt die Namen bis dahin wie folgt an:
Pfarrer:
1486 Johannes Schnoeck von Venlo,
1510 Gerardus Groet,
1512 Henricus a Dalerbroick,
1517 Petrus Schenck,
1532 Thomas Venendey,
1542 Godefridus Holtmuelen,
1566 Petrus Lobbrich,
1572 Wilhelmus von Aldenhoven,
1572 Brandinus von Korchenbroich,
1573 Arnoldus Kremer von Uvekoven,
1589 Petrus Ophoven, Berckensis (von Wegberg),
1623 Henricus Beeck, auch Beckius, Becanus oder Hamecher von Krüchten,
1636 Tilmanus Brewer, Erckliniensis, erster aus dem Orden der Kreuzherren vom Convent Wickrath,
1639 Paulus Sibenius von Dahlen, Kreuzherr, gest. 1659,
1659 Lotharius Schorn von Düsseldorf (Cruciger Wiecradiensis, Primus Prior in Wegberg, ex decreto Caplorum Gnalium) Kreuzherr und 1. Prior in Wegberg, danach Prior in Wickrath, gestorben 1690,
1677 Johannes Buchlerus, von Gladbach, gest. 15. April 1688,
1688 Petrus Neesen von Waldniel, 1693 Prior in Roermond,
1693 Wilhelmus Luyten, aus Asselt, gestorben 19. März 1703,
1703 Petrus N[…]zen[GWR 2], Protonotarius, gestorben 1728,
1717 Martinus Keupes von Süchteln, gest. 12. Jan. 1727,
1727 Johannes Reynders,
1727 Hubertus Reynders bis 1771, gest. 5. März 1783,
1772 Jacobus Hoogen von Kempen, resigniert 1802, gest. 23. März 1805 in Crefeld,
1804 Leonardus Math. Ploum, von Aachen, gest. 1847,
1847 Antonius Peters, Pfarrverwalter,
1850 J. Niessen, von Aachen, Pfarrverwalter,
1850 Franziskus Knors, von M. Gladbach, gest. 24. März 1882,
1882 Josef Braun, von Aachen, gest. 20. Jan. 1901,
1901 Jakob Müller, von Kaiserswerth, gest. 5. Nov. 1909,
1910 31. 1. Roland Franck, früher Pfarrer in Fischeln.
Vikare:
1510 Gerardus Sassen,
1510 Paulus to Dorp,
1532 Henricus Scabbis, aus Krüchten,
1533 Edmundus Kremerius, von Berck,
1546 Johannes de Tüschenbroich,
1568 Petrus in den Pickardt,
1596 Conradus Eller,
1598 Vincentius aus Doveren,
1607 Goswinus Picardus,
1623 Henricus Becanus, von Krüchten (auch Pastor)
1623 Petrus Henricus Quaicken,
1623 Gerardus Berckensis,
1624 Gerardus Fritten,
1636 Stephanus Noitlich,
1640 Joès Abel Copperts,
1643 Henricus Blaeren,
1640 Johannes Sellarius,
1648 Johannes Herck,
1649 Johannes Babtista Volmerhausen,
1651 Petrus Loven,
1651 ? Francot, aus Cöln,
1652 Johannes Fabens,
1654 ? Weleber,
1654 Johannes Casparus Muckelbach,
1658 Arnoldus Hertsworm,
1659 Lotharius Schorn,
1659 Werner Kerris,
1665 Petrus Lintla,
1668 Nikolaus Cremers,
1676 Wilhelm Zanders,
1676 Johannes Bongarts,
1678 Mathias Bolsterus,
1679 Antonius Beckers,
1681 Johannes Borgs,
1683 Arnold Stamms,
1683 Jakob Strumpf,
1688 Wilhelm Luyten,
1688 Frambaldus Neeßen,
1689 Jakob Laer,
1690 Adam Laden,
1693 Martin Keupes,
1693 Johann Peter Weiler,
1698 Johann Haen,
1698 Everhard Alardi,
1701 Gottfried Camp,
1716 Christian Stevens,
1716 Goswin van Merts,
1717 Johannes Carabin,
1720 Hermann Dunnewalt,
? Renier Nelissen,
? ? Breyel,
? Hubertus Reinders,
? Bertrand Reiners,
? Leonard Math. Ploum,
? Christian Diels,
? Cleev,
1847 Anton Faßbender,
1851 Heinrich Faust,
1863 Reiner Kratz,
1863 Wilhelm Otto Wolff, 1. März 1887 nach Elmpt,
1870 9. November Dr. Wilhelm Everhardt, 26. Oktober 1872 nach Wichterich,
1872 18. Oktober August Baum, 30. November 1888 nach Merbeck,
1887 23. Dezember Hugo Hünebeck, 13. März 1901 nach Mechernich,
1900 3. April Herm. Körfer, 23. März 1902 nach Kerpen,
1902 15. September Karl Sabel, 23. März 1906 nach Uckendorf,
1906 24. April Josef Schippmann, bis heute.
Die verstorbenen Geistlichen erhielten früher ihre Grabstätte in der Kirche, während die sonstigen Bestattungen bis 1849 auf dem Platze um die Kirche herum stattfanden. Da dieser Platz mittlerweile für die große Gemeinde derartig ungenügend geworden war, daß die Gräber alle 7 bis 8 Jahre neu belegt werden mußten und dadurch ernste Mißstände entstanden, legte die Zivilgemeinde 1849 den jetzt noch im Gebrauch befindlichen neuen Friedhof an.
3. Kirchenrenten.
Verzeichnis der geistlichen Kirchenrenten zu Wegberg nach dem Lagerbuch v. 1656. S. 129.
Diese Renten bestanden meistens schon um 1505.
1. Haus, Hof, Baumgarten und Garten nebst 4 Morgen Land auf dem Kierrot hinter der Kirche, ferner den Zehnten auf dem Kierrot, (etwa 100 Morgen) welchen „der Pastor selbsten tut zehnden und einfahren.“
2. Der Zehnte zu Rickelrath, der in Verpachtung 137 Thlr. Wegberger Währung austut.
3. Ein Zehntchen zu Uevekoven, der in Verpachtung 14 Thlr. austut.
4. 12 Malter Korn, die jedoch sehr zerteilt und unsicher sind.
5. 2 Malter und 2 Sumberen, 8 Pfund gehechelt Flachs.
6. Zehn verschiedene Kurmodiums.
7. Im Wegberger und im Erbbusch ungefähr 4 Morgen Busch- oder Heiden-Gerechtigkeit.
Die unter 6 aufgeführten Kurmodiums waren folgende:
1. Herzogengut an der Kirche.
2. Druyssels-Camp an der Dorperstraße.
3. Huyprechts Gut in der Forst. Die 3 Güter waren schon 1500 zusammen ausgetan.
4. Huerzinks Gut an der Kirchenmauer, ebenfalls schon 1500 erwähnt.
5. Pynarts Gut vor der Kirche, schon 1497 erwähnt.
6. Vuytens Gut in der Beeckerstraße, 1502 erwähnt.
7. Knoorsen Gut oder Guld Emonds Gut vor der Kirche, 1495 erwähnt.
8. Die Wolfspool an der Dorperstraße.
9. Gölkens oder Schuerkens Gut zu Dorp auf dem Kierrot 1512 erwähnt.
10. Stammshof oder Aletgens Gut zu Uevekoven 1519 erwähnt.
Der Pfarrer wohnte im Widdenhof, der wahrscheinlich gegenüber dem jetzigen im 18. Jahrhundert erbauten Klostergebäude gestanden hat und jetzt Pfarrgarten ist. Das Grundstück wird noch „im Kloster“ genannt.
Fast das gesamte umliegende Land war teils Eigentum der Pastorat, teils zinspflichtig, (curmödig.) Auch in Rheindahlen hieß früher die Pastorat „Wedemhof.“
Die Kurmodiums waren Lehngüter und zwar Mannlehen, d. h. beim Erlöschen der männlichen auf die weibliche nicht forterbende Lehen. Wahrscheinlich waren sie aus den obenerwähnten hier belegenen Gütern des Aachener Marienstifts später hervorgegangen, da sie mit der Kirche bezw. der Pfarrstelle verbunden waren. Die Lehnsträger bildeten eine Mannkammer (Genossenschaft), durch welche Lehnsstreitigkeiten entschieden wurden. Starb ein Lehnsträger, oder wurde das Kurmodium auf andere Weise frei, so erhielt der Erbe oder Nachfolger dasselbe von dem Pastor als Laatherrn in der Kirche im Beisein zweier Laaten (d. s. Lehnsträger, die andere Kurmodiums besaßen); der neue Lehnsträger mußte in die Hand des Laatherrn (Pastors) einen Verpflichtungseid leisten. Außer den laufenden jährlichen Abgaben (Zins) hatte der Pastor als Grundherr (Laatherr) das Recht auf eine Kurmede (Wahlabgabe) und zwar beim Tode eines Laaten sich aus dessen Hinterlassenschaft das beste Stück Vieh (Beest) auszusuchen.
4. Laat und Kurmudsrecht.
Über die Curmodiums bestand folgendes: Laat und Curmuthsrecht der Kirchen to Berck. (Pfarrarchiv, Register von 1551 und 1656.)
Urkunde Nr. 8.
1. Die Curmuthen süllen van dem Pastoir in der Kirchen oder op dem waren Byseins twer Laaten empfangen werden.
2. Die Laaten, so angestellt süllen werden, sollen under den Landtherrn geseten sein, darunter dat Curmuthsgut gelegen.
3. Ooch sellen dieselben voir den Laatherr einen eidt thun, dat sey willen dat guth, so sie tot trewer Handt haben mit veronrechten, entfrembden, versetten offte vercoopen sonder consent offt weten des Laatherr.
4. Item, dat sy altyt willen aen den Laatherr to konnen geven, wannehr jemandt syn Laatgut heimblich woll verpenden offt veronrechten.
5. Item dat sy op den Tinßdagh willen die Tinßen binnen Sonnenschein lieferen oder dat Laatgut verburen af alte dagh den Tinß verdobbelen tot der Betalinge.
6. Wenn ein Lat stirft, so verfelt dem Laatherren dat beste Quech (?) aft Beest, dat op den Curmuthsgut binnen jahr und Dag Bergh und Dahl gegangen hatt, oder by mangel der Beesten dat Beste pandt darniegst.
7. Wan aber jemandts das beste Queech oft Beest vor oder nach dem dat Er das Curmuth gesonnen hatt, wurde verbuiten vercoopen, oder ein tytlangk van dem Curmuthsguth affstellen, tot Natheil des Curmuthsherrn, sal derselbe mit dreißigh alder Schilde, jeder tot twee und dreißig rader albus gerekend bestrafft werden.
8. Der den Bedrogh anbrengt, sal den twintigsten penningh darvon genieten.
9. Wan ein Laat stirft, sal dat guth binnen dreißigh Dagen van dem Laatherren gesonnen werden, oder dat guth verfelt dem Herren, jedoch op genade.
10. Wann binnen den vorß 30 Dagen dat guth ahn den pastoir oder Laatherren gesonnen wehre, und dat mit ein oder twee Laaten kont betuigt werden, so staet alßdan darrop kein gefahr.
11. Man sal aber op des Laatherrn Begeren schuldig syn afdragt to doen ende dat Laatguth offt Curnurthsguth
empfang wie oben; und auch den gewonlichen eydt thun vor twee Laaten.
12. Om den eydt to empfangen gehort ein Jeder Laat ein half quart Weins und dem schrywer ein qu. Weins.
13. Wan ein Crmuthsgut verkauft sal werden, sal men't selve binnen ses Weken und dry Dagen schuldich syn dem Laatherren to openbaren und dessen Consant begeren, und demselben freystellen, dat guth ein to loosen om einen redelichen penningh.
14. Wan der Laatherr to den Verkauff bewilligt, so kompt ihm van dem Kauffgelt den twintigsten penningh.
15. Wer binnen ses weken und drey Dage dem Laatherrn den Weet niet en doet van den Verkauff, der verburt syn gut.
16. Wer syn Curmuthsgut bauten willen seins Laatherrn verset oft vercoopt, der verburt syn guth.
17. Dergleichen en is niemandt, wie recht an einigh laat oder Curmuthsgut behandet oder geerfft, es sey dan geschiet übermits der Laaten und Consent des Laat- oder Curmuthsherrn.
18. Wan ein Laat bey gesonnden oder kranken Leibe seiner Kindt oder Jemandts anders dat guth woll ahn die handt geven und dat selve vuytgaen, sal dat geschien mit willen des Laatherrn und man sal alßdan afdragt thun als wan beydt Laaten gestorben wehren.
19. Wan ein Curmuthsguth verdeylt wirdt, sal dat geschien mit Will des Laatherren, so mannich spleet, so mannich besonder Laat und besonder gerechtigkeit.
20. Wan ein laat stirfft so twee oder meer Curmuthen an der Handt hadde, so sal van jeden besonder afdragd geschien.
21. Wer sein Laat offt Curmuthsguth merklich verderft, der verburt t. selve.
22. Wan einige Laaten under sich oder mit Ihren Laatherrn dinghpflichtigh wurden, van wegen der gütter oder Tinßen oder afdragt sal der streit van vier oder meer Laaten nar guthdünken des Laatherrn bygelegt werden, und wan denselve clagt und Antwortt opgeschreven
worden, und wannehr dat Urdeyl sal außgesprochen werden, sällen noch vier ander Laaten daervor geroepen werden und dat urtheyl helffen spreken.
23. Davaen behort jeder Laat 1 qu. Weins und die Kost frey, dem schryver 2 qu. Weins und die Kost frey, dem Laatherrn ein Hornßgulden und die Kost frey, dem Boden 1 qu. Weins und die Kost frey.
24. Wanner ein Laat in Unrecht gegen seinen Herrn befunden wirdt, sal er denselven mit seine Diener verpflegen und allemal eine alden Schildt to betalen schuldigh sein.
25. Wan aber der Herr schuldig befunden wurde, sal Er bestrafft werden nae Erkenntnus des Laat oder Hauptgerichts.
5. Zehnten.
Die Pastorat hatte auch schon 1505 in Rickelrath den großen und kleinen zehnten „als Vlaß, Kalver, Vercken, Lamer“, (Flachs, Kälber, Schweine und Lämmer). In dem Rentenverzeichnisse von 1711 (im Pfarrarchiv) ist darüber folgendes in Übersetzung gesagt:
1511 war dieser Zehnte „a part“ an einige „Naebuyren“ (Nachbarn) verpachtet, das Jahr zu 23 „Kar“ Korns, 1½ „Sester“ Roggen und 1½ Sömmers „Even“ (Erbsen?) mit der Auflage, daß sie den Flachs und Rübsaat-Zehnten auf ihre Kosten dem Pastor auf den „Widdenhof“ sollten liefern. Als sie in der Bezahlung säumig waren, hat der Pastor Arnold Kremer 1575 selbst eingefahren.
Pastor Petrus Ophoven hat die Zehntmänner in specie Peter Schrammen in der Herrlichkeit Tüschenbroich 1587 und 1588 „als in loco contractus ratione denegatae Solutionis arrestiren laeßen“.
In der Folge verpachteten die Pastores den Naebuyren den Zehnten insgemein auf 12 Jahr für 137 Thlr. nebst je einem fetten Lamm zu Ostern und zu St. Peter jährlichst zu liefern bei einem „drugen Wynkoop“ zu 10–20 Reichs-Thlr. Wert.
Mit dem Pastor Tilmann Breuer (1636 - 1639) wurden die Naebuyren wegen der Contribution streitig, weshalb der folgende Pastor Paulus Sibenius „da er gemerckt dat den tienden viel mehr außtun konte“, denselben 1640 und 1641 jährlich für 100 Reichsthaler verpachtete. Auf Anhalten und Klagen der „Naebuyren“ ermäßigte er nach empfangenem „drugen Wyncoop“ von 10 Reichsthaler an Geld und eine Eiche im Werte von 10 Reichsthaler für die folgende Jahre die Zehntpacht auf 90 Reichsthaler.
Im Lagerbuch von 1656 werden die zehntbaren Ländereien zu Rickelrath für das Jahr 1640 auf 215 Morgen angegeben.
Am 5. Februar 1693 akkordirten die Rickelrather mit dem Pastor Peter Neeßen, „weilen das specie geld rar worden“, daß sie in schlechtem laufendem Gelde die jährlichen 90 Reichsthaler bezahlen konnten, wobei sie ihm vorab 50 Reichsthaler schlecht Geld, den Reichsthaler zu 20 „blaffarden“ gerechnet, zahlten.
1711 wird Klage darüber geführt, daß die „Naebuyren“ viele Ländereien unter der Angabe, daß es Rottland sei, ungezehntet lassen, wodurch der Pastor großen Nachteil hat:
Urkunde Nr. 9 (Rentenbuch 1711 Pfarrarchiv.)
„Zu notiren, das die Naehpahren viele landerie ungezehndt laeßen unter praetext, daß es rothlandt seye, waervaen si den gerichtsbode jaerlix eene cleyne recognitie geven, waerdoor de pastorie groot preindicie lydet, want de rottthiende aen niemandt gelevert wordt, oock geene rotttiende tot Rickelrade plaetse grypt, indien aldaer geene gemeynde, maer alles erve is, ende darom de landerye die uytgerott is, niet von der gemeynte, maer van erve is gemaeckt worden, ende vervolgens aen de pastorie tiende betaelen moet, gelyck de gemeyne rechten mtbringen, ende den Aertsbißchop von Mechelen Anno 1643 aen Pastoren Paulo Sibenio tot Brußel referirt heft: want den souverainen heer van den lande sich geene rotttiende vendicirt, als von denen landeryen, soo uyt der gemeinte uytgerott worden, gelyck oock blyckt by de groote tienden van den Clinkum, Berckerveldt, Uvekoven, Harbeck, Venn, Hau, to Water, Bißen,
Brunbeck etc. onder de parochie van Wegberg, alwaer nirgens den souverainen van den lande rotttiende is genietende, dan de Heeren van Neßelrode en van der Wamme, die op de voornoemde gelriche hondtschappen van Wegberg de tiende syn hebbende, genieten het eene soo wel als het andere, wieswegen de Pastorie tiende tot Rickelraed het selve recht niet en can ontrocken worden. Oock connen de Naebuyren geene päel aenwysen, wardoor die pretense rotttiende ofte Novalia van de pastorie tiende gesepareert souden mogen syn, aldus is hand tastelyck, dat indewyl sy Naebuyren den meisten tydt selver de tiende van de Pastoors in pachtung gehadt, veele landeryren onder sulcken frivolen praetext ongetiendt gelaeten, ende alsoo vry hebben soecken te maecken.“
Noch im Jahre 1773 verpachtete der Prior und Pastor Hoogen durch Urkunde vom 18. Juli den ganzen Zehnten in Rickelrath, so wie die Pastorat von Wegberg denselben besitzet, „an die Ehrbaren Männer Henric Davidts und Areth Rabbertz, als welche zu dem Ende von den Einwohnern zu Rickelrath kommittiret waren“ für die Summe von 100 Dukaten oder 350 Reichsthaler in guter gangbarer Münze, und 200 Buschen Haferstroh.
6. Altäre und Reliquien.
Nach dem Lagerbuch von 1656 (S. 130) bestanden an der Pfarrkirche außer dem Hochaltar, der vermutlich zum hl. Kreuz geweiht war, folgende Altäre, für welche alle besondere Stiftungen bestanden.
a) Altar zur hl. Jungfrau Maria
oder „unser lieben Frauen“, auch Altar zur schmerzhaften Mutter Gottes (B. Maria Virginis dolorosa) genannt.
Renten: 14½ Malter Roggen und 6½ Malter Hafer ferner an Geld 1½ Thlr., mit welchen Renten der Altar u. A. in den Jahren 1459, 1505, 1507, 1510, 1512, 1515, 1530, 1546, 1606 bestiftet wurde.
Die Besetzung dieses Altares stand dem Schloß Tüschenbroich zu.
b) Altar zum hl. Nicolaus.
Renten: 18 Malter Roggen und 5 Malter Hafer.
Über diese Renten bestanden Erbpachtbriefe vom 28. Mai 1428, 1454, 1485, 1488 u. A. Nach einer Scheffenurkunde vom Jahre 1505 (Pfarrarchiv) stiftet Paulus oder Pawels zu Dorp „unser Kirchspelsmann“, weil sein Sohn zur Ehre Gottes, des Himmelreichs und Maria seiner würdigen Mutter in den Priesterstand eingetreten sei, als 2. Fundation erblich und ewiglich für den St. Nicolaus-Altar in der Kirche zu Wegberg 12½ Malter Roggen Erklenzer Maß.
Die Kollation dieses Altars wurde von den Nachkommen des vorerwähnten Pawels beansprucht.
c) Altar des hl. Johannes
oder Compassionis Mariae, früher (1509) auch Altar zur Not Gottes, oder zur hl. Dreifaltigkeit, später (1711) Altar zur freudenreichen Mutter Gottes (B. M. Virginis gaudiosa) genannt.
Renten: 20 Malter Roggen, 6 Malter Hafer und 4 oder 5 Goldgulden Geldrente.
Dieser Altar wurde von einem Johannes Jans von Tüschenbroich, Probst zu Wetzlar und Domherr zu Utrecht mit mehreren Erbpachten bestiftet und zwar in den Jahren 1505 bis 1509; die Urkunden darüber befinden sich abschriftlich im Lagerbuch von 1656 S. 475 ff. Am 13. Dezember 1509 stiften Peter in den Prickert und Frau 1 Malter Roggen für diesen Altar.
d) Altar der hl. Katharina.
Renten: 16 Malter halb Roggen halb Hafer. Die Kollation dieses Altars stand dem Hause von Nesselrode zu.
Der Hochaltar gehörte zur Pfarrstelle, der Marien- und der St. Nicolausaltar wurden noch 1630 zusammen von einem Vikar bedient, die beiden übrigen Altarstiftungen scheinen sogenannte einfache Pfründen gewesen zu sein, die den Inhaber zu keiner Seelsorge verpflichteten. 1630 wurde der St. Johannesaltar von dem Pastor in Arsbeck als Administrator bedient. Die Pfründe des St. Katharinenaltars hatte bis 1622 der Pfarrer in Wegberg nebenbei. Dann übertrug jedoch die
Witwe von Nesselrode einem „jungen Priester“ aus Cöln die Beneficien dieses Altares, welcher Priester „niemalen selbsten residirt noch auch jetzo den Gottesdienst verwaltete“, also nur die Einkünfte bezog.
Heute bestehen an der Pfarrkirche folgende Altäre: Hochaltar geweiht den hl. hl. Petrus und Paulus, sowie 4 Nebenaltäre zum hl. Josef, hl. Antonius, zur hl. Jungfrau Maria und zum hl. Kreuz. Der letztere zeigt Figurenschmuck nach Art der flandrischen Schnitzaltäre.
An Reliquien besitzt die Kirche ein Kreuzpartikel, je eine Reliquie vom hl. Petrus und vom hl. Franziskus.
Nach einer Urkunde des Vogten de Hoen vom 6. Okt. 1641 (Abschrift im Lagerbuch 1656 S. 142) erhielt jeder Pastor im Oberquartier Geldern eine freie Zulage von 300 Gulden brabants zu seinem kompetenten Unterhalt. In derselben Urkunde wird zwischen Pastor und Scheffen der Gemeinde vereinbart, daß von den Pastorei- und Vikarierenten jährlich 4 Schattinge (Abgabenanteil) zu bezahlen seien, das waren für die Pastorei 4 Gulden 10 Stüber, für St. Nicolaus-Altar 1 Gulden und für den Kreuz-Altar 15 Stüber.
Am 5. März 1663 bekunden die Scheffen der Herrlichkeit Wegberg Geldrischer Seiten, daß der gräflich Eulenburgische Schultheiß zu Dahlen zur Unterhaltung eines Priesters, Halten von Seelenmessen und einem dauernden Anniversarium 500 Reichsthlr. den Kreuzbrüdern bei der Pfarrkirche in Wegberg überweißt, solange der Kreuzherrenorden dieselbe besetzen. Er behält sich dabei auch ein Begräbnis in der Kirche vor.
7. Patronatsrecht.
Das Patronatsrecht über die Kirche übten die Herren von Tüschenbroich aus, deren Erbbegräbnis sich auch in der Kirche befand.
Durch Urkunde vom 25. Oktober 1636 (Abschrift im Lagerbuch von 1656 S. 415) übertrug Freiherr Franz von Spiering die freigewordene Vikariestelle am Altare „in honorem Individuae Trinitatis“ (hl. Dreifaltigkeit) „nec non Gloriosissimae Virginis Mariae“ (glorreichen Jungfrau Maria) in der Pfarrkirche zu Wegberg auf die Bitte seines Untertans
Peter Noetlich dessen Sohn Stephan, welcher 21 Jahre alt und seine Studien beinahe absolviert habe. Noetlings resignierte schon 1640 auf die Stelle.
8. Kreuzherrenorden.
Der oben genannte Franz von Spiering, in dessen Besitz das Schloß Tüschenbroich im Jahre 1624 durch Kauf übergegangen war, übertrug die Pfarrstelle 1636 einem Kreuzherrn Tilman Breuer aus dem Konvent zu Wickrath. Bis dahin bestand hier also noch keine Niederlassung dieses Ordens.
Durch nachstehende Urkunde Nr. 10 vom 7. Oktober 1639 übertrug nun Spiering auch das Patronatsrecht auf den Kreuzherrenorden unwiderruflich, „also daß sie bey obgemelter Pfarrkirchen sollen ein Kloster bauen.“
In den damaligen Reformationswirren und bei den Folgen des 30jährigen Krieges lag die Gefahr des Unglaubens und der Verwilderung der Sitten besonders nahe, weshalb vielfach derartige Klostergründungen vorgenommen wurden, „zur Verbesserung des Gottesdienstes.“
Urkunde Nr. 10
Wir Franß, Freyherr von Spierring zu Sevenhaer, Herr zu Tuschenbroich, Kurfürstl. Durchlaucht Pfalts Neuburgischer gehaimer Rhats Marschalck deß Fürstenthums Jülich, Cammerer, Amtman dero Brauenschaft, Newenahr, auch beider Ämter Sintzig und Remagen, und Fraw Elisabeth Walpurg geborene von Hatzfeldt, Freyjnn von Spierring und Fraw daselbsten Eheleute bekennen und tuen hiermit jedermenniglichen zu wissen, daß wir mit weissen rhat überdenkende der vergenglichkeit der zeitlichen und bestendigkeit der zukünftigen, zu ehren Gott des allmechtigen unseres Schöpfers und Erlösers zu lob und preiß der glorwürdigsten jungfrawen Maria, S. Petri Patroni, S. Franzisci, S. Brigitta, und aller lieben heiligen, wir auch zu Vermehrung der ehren deß heiligen Creutzes, und zu Verbesserung der Gottesdienst vornemlich dieser unserer Herrlichkeit Tuschenbruch und angehöriger pfarrkinder, zu fortpflantzung allein seligmachender Religion, zu Erlangung göttlicher Gnaden in
dißem sterblichen leben, und darnach der ewigen rhue unser, unserer Vorvätter, wie auch Erben und Nachkommlingen, auß lauter liebe Gottes, auß grund unseres Hertzens gegeben und donirt haben, geben und doniren hiermit nun und zu ewigen tagen unwidderruflich daß jus Patronatus der Pfarrkirchen zu Wegberck, sampt allen anderen benefieecien und gerechtigkeiten, so wir daselbsten zu vergeben haben, nicht ab- oder außgescheiden den Ersamen Geistlichen Prior und Canonichen deß gemeinen Capittels der Regulirer deß heiligen Creutzordens zu Huye im Stifft Lüttig gelegen und allen ihren Nachkommlingen, also daß sie bey obgemelter Pfarrkirchen sollen ein Kloster bawen, desselb besitzen und behalten, mit einem Ersamen Prior als Pastoren und mit anderen gueten geistlichen Manspersonen also vill als von obgte Pastorry, Vicarien, Capellanien und Custerien Rhenten erbarlich leben und unterhalten werden konnen nach einsetzung jhrer Regell und Statuten under gehorsambkeit und correction jreß gemeinen Capitelß zu ewigen Tagen sein und pleiben, sonder jemantz Hindernisse oder widdersprechen und den Gottesdienst, pfarr, Vicarien, Capellan und Custeramt respective, wie sichs gebürrt, jegliches nach seiner qualitet verwahren, und verpflegen zur schölen und Kinderlehr qualiti acte personen anstellen und halten, die gemeine zur Ehren Gottes mit guiter lehr und exempell auch zu vermehrung der Catholischer Religion vorgehens, vor unß, unßerer Eltern und vorfharen auch für unsere Erben anerben und nachkommlingen trewlich pitten, zu dem auff Son und heiligtagen oder so offt nöhtig einen priester auß jrem Convent nach unserem Schloß Tuschenbruch der Capellanei Dienst daselbst zu verwalten, verordnen und abschicken und zu dem endt auch jetziger und zukünftiger Rhenten genießen sollen, dazu wir dan umb recoperirung der vorerwenten Rhenten so vill möglich cooperiren wollen, So haben wir daß zukünftige Closter und Convent der Canonichen deß heiligen Creutzordens vorgltr, mit allen jhren personen, Bruederen, Dienern und gesinde, sambt und besonders in unser Beschirmung, schutz und verthetigung genohmen und entpfangen,
also daß wir und unsere Erben dieselbe gern und trewlich so vill bey uns bestehet verthetigen auch über der gebür nit beschweren lassen wollen, jedoch unß als landtherren unser habender jurisdiction cum in criminaliby quam in civiliby Salva tamen Ecclesia et Ecclesiasticou immunitate, wir auch der weltlichen angriff und straffe über die in dißer unßer Herrschaft bey oder in der Kirchen oder Closter begangene exceßen außtrücklich vorbehalten. Und dan die ehrsame geistliche und andächtige Herren Augustinae Necrius, Prior zu Huye, generalis Henric. Waltheri Prior S. Agathae, goßwinus judaeus Prior alti nemoris, Clamor Auercamp, Prior Coloniensis. Adolphus Osterhausen Prior Dußeldorpensis, Definitores Creutzbrueder Ordens obersetzte Fundation, collation und donation sambt oberwenten Beding nahmens vorgte Herren Canonichen deß gemeinen Capittelß der Reguliren des heiligen Creutzes zu dank angenohmen, beliebet und in allen punkten nachzukommen versprochen. Alß haben wir zu urkunt der warheit dieße Fundation zweyfagig beschrieben mit anhangen unseres freyherrlichen Einsiegelß auch gte Herren generall und Prioren als definitores deß gemeinen Capitelß der Regulieren Creutzordens mit jrem generall und gemeinem Ordenßsiegell bekrefftiget und deren jedem der exemplaren eins zu nachrichtung zugestellet. So geschehen im jahr unseres Saeligmachers tausend sechshundert neun und dreißig den siebenden Tag Monats Octobris
- Frans Freiherr von Spiering
- Elisabet Walpurg Freyfraw von Spiring
- geborne von Hatzfeld.
Das hiernach zu bauende Kloster scheint gleich erbaut worden zu sein, denn 1659 wird bereits Lotharius Schorn, Primus (1.) Prior in Wegberg als Pfarrer aufgeführt.
Der Kreuzherrenorden wurde Ende des 12. Jahrhunderts von Theodor von Celles, einem niederländischen Edelmanne bei einer dem hl. Theobald geweihten Kapelle vor der Stadt Huy (Belgien) gegründet und breitete sich bald über die deutschen Niederlande, Frankreich und England aus. Wahrscheinlich ist, daß ihre Ordenshäuser zunächst Herbergen für Pilger nach dem hl. Lande sein und die Kreuzbrüder sich als
Kreuzzugprediger verwenden lassen sollten. Der Orden hatte Niederlassungen bezw. Klöster u. A. in Köln, Brüggen, Dülken, Hohenbusch, Aachen, Cleve, Wickrath.
Durch Urkunde vom 17. August 1660 bestätigte Pfalzgraf Philipp Wilhelm von Jülich die Übertragung der Pastorei an den Kreuzherrenorden durch den Freiherrn von Spiering. (Abschrift im Lagerbuch 1656 S. 133.)
In der Folge gab die Besetzung der Pfarr-, Vikarie- und Küsterstelle durch den Kreuzherrenorden zu Streitigkeiten mit der Gemeinde Veranlassung, weshalb am 3. Juni 1683 zwischen dem Orden und der Gemeinde folgender Vergleich geschlossen wurde: (Abschrift der Urkunde Lagerb. 1656 S. 143.)
- Der Kreuzherrenorden soll künftig bei Erledigung der Pastorei, Kirchenbeneficien und Renten zur Vergebung derselben freie Gewalt haben mit Ausnahme des Vikariats Nesselrodiana (Katharinen-Altar). Künftige neue Beneficien sollen nach der Meinung des Fundators gehalten werden.
- Bei Neu-Besetzung der Pfarrstelle soll der in Aussicht genommene Geistliche den Scheffen und Vorstehern der Gemeinde präsentiert und deren Gutbefinden eingeholt werden, ehe er als Pastor proklamiert wird.
- Bei Einwendungen gegen die Person soll der Orden die Gemeinde mit einem solchen Priester verschonen.
- Auch bei einem Wechsel des Pastors soll der neue Pastor nicht anders wie vorbestimmt angestellt werden.
- Die Gemeinde ist der Zuversicht, daß bei einer Vakanz der Pfarrstelle der bisherige Kaplan, falls er seiner Gelehrtheit und Wohlverhaltens halber dazu geeignet sei, vor anderen den Vorzug erhalten, weil „die Veränderung mit newen bisweilen schädlich.“ Der Orden soll jedoch die alleinige Bestimmung über die Eignung haben.
- Die beiderseits in dieser Streitigkeit aufgewendeten Unkosten sollen hiermit kompensiert sein.
Das alte Klostergebäude genügte inzwischen nicht mehr den Ansprüchen. Der Orden errichtete daher um 1740 an Stelle desselben einen Neubau, der heute noch erhalten ist und als Pastorat dient.
Am 9. August 1749 erteilt der Freiherr von Spiering durch nachstehende Urkunde Nr. 11 dem „von seinen Voreltern gestifteten Gotteshaus und Canonie des Kreuzorden“ einen Konsens zum Ankauf von Grundstücken:
Urkunde Nr. 11 (Abschrift im Rentenverzeichnis von 1711, Pfarrarchiv).
Wir Lorentz Wilhelm Frantz, Freiherr von Spiering, Herr der Herrschaften Tüschenbroich, Ebbleghem, Fronberg, Sevenar und Doveren pp.
Urkunden und bekennen hiermith daß nachdem der Hochwürdige Herr Hubert Reynders, Canonici Ordinis Ste. Crucis Prior und Vicarius generalis, auch Pastor zu Wegbergh uns angezeiget, daß zu Aufnahm des von unseren Vorelteren gestifteten Gotteshauß und Canonie des Creutzordens zu gedachtem Wegbergh er obgedachter Herr Prior einige Grundstück zu kauffen intentioniret und unseren landsherrl. Consens zu seiner Sicherheit vonnöthen habe, als haben wir aus denen bereglichen Ursachen daß diese Canonie von unseren Vorelteren fundiret, auch derenselben und unsere intention gewesen, und annoch ist, daß dieselbe Canonie mehrer und mehrer in besseren Stand komme, diesen Consens williglich erteilen wollen, unseren zeitlichen Vogten und Scheffen anbefehlend, den Herrn Prior und dessen Closter an denen zu kauffen seyenden Grundstücken keineswegs zu hinderen, sondern alle darzu sonst vonnöthen seyende Formalitaeten ohne einigen Anstand so gleich zu beobachten.
Zu diesem Ende haben wir diesen Consens unterschrieben und mit unseren angebohrnen adelichen kleinen Signet bekräftiget.
- so geschehen Wegberg, d. 9. Aug. 1749
- L. S.
- L. W. Freiherr von Spiering
- Herr der Herrschaft Tüschenbroich.
Im Jahre 1755 bitten Prior und Brüder des Kreuzherrenklosters zu Wegberg um Belassung im Besitz und Gebrauch des Rechtes der Patronatschaft der Pastorat in Wegberg, der Küsterei, der Beneficien und Officien, mit den Gütern und Rechten, die ein Baron de Spiering und seine Gemahlin
durch Geschenkakt vom 16. Oktober 1639 an den Orden überlassen hat mitsamt einigen anderen Gütern des Klosters, die dem Edikt vom 15. September 1753 betr. die unerlaubte Aquisition der toten Hand unterliegen. Auf dieses Gesuch hin wurde das Kloster durch Urkunde de dato Brüssel, 4. Oktober 1755 (im Pfarrarchiv) im Namen der Kaiserin im Besitz und Gebrauch der nachstehenden Güter und Renten auf „ewige Tage“ bestätigt und die darauf ruhenden Lasten nach Zahlung einer Summe von 3007 Gulden, 6 Stüber, 8 Deniers amortisirt. Dabei sollen die Güter allen „publicen Lasten“ wie bisher unterworfen bleiben.
Pastorat und Kloster-Güter.
- 1. Der gewöhnliche große Zehnte zu Rickelrath mit Ap- und Dependentien, ferner 1 Huhn von jeder Familie zu Rickelrath mitsamt einem „Churmoet“ genannt „Stammsgut“ zu Uevekoven, bestehend in 8 Sömmers Hafer, 5 Pfund gehechelt Flachs, 2 Hühnern und 8 Deniers.
- 2. Den kleinen Zehnten zu Uevekoven, zusammen mit dem Zehnten zu Ophover-Mühle mit 10 Malter 3 Faß Roggen und ferner 5 Malter 3 Faß Roggen Erbpacht.
- 3. Ein Malter ein Faß, 2 „Coppen“ Roggen Erbpacht zu Watern.
- 4. Zwölf Malter ein Faß Roggen und ein Malter ein Faß Hafer Erbpacht zu Klinkum.
- 5. Vier Malter 2½ coppen Roggen Erbpacht zu Hof Harbeck.
- 6. Einen „Cheyns“ von 1 Gulden 4 Stüber zu Berck und die Gerechtigkeit von 8 Wagen Heide und Holz im Berckerbusch.
- 7. Zwei Malter Roggen auf Jan Schrammen Erbe zu Uevekoven.
- 8. Ein Malter Roggen auf Jan Keinen Erbe zu Klinkum.
- 9. Drei Sömmers Roggen und 2 Sömmers Buchweizen auf Reiner Gielen und Pater Potz Erben zu Hof Harbeck.
- 10. Ein Malter Hafer auf Cumper Gut am Klinckum.
- 11. Ein Malter Hafer auf Brun-Brunen Erbe an Hof Harbeck. (88 ≡)
- 12. Sechs Pfund und 3 Quarten Wachs an Klinckum.
- 13. Fünfzehn einhalb Quart Öl zu Wegberg und Tüschenbroich.
- 14. Einen und ein Viertel Morgen Busch im Hürkesbruch.
- 15. Einen Morgen und 1 Viertel Bruch und Busch daselbst.
- 16. Einen halben Morgen „Bempdt“ (Bend) im Hürkesbruch.
- 17. Einen halben Morgen Busch im Hürkesbruch.
- 18. Einen Morgen Land am Schmitzweg zu Rickelrath.
- 19. Einen Morgen Land am Hagelkreuz.
- 20. Drei Morgen Land und Bruch, gelegen auf den Zitzenradt.
- 21. Einen Morgen Land und Bruch daselbst.
- 22. Ein einhalb Morgen Land und Bruch daselbst.
- 23. Ein Viertel Bruch daselbst.
- 24. Zwölf Faß Roggen, stehend zu Watern und „herkommend von Schwanenberg“.
- 25. Eine Wassermühle mit 20 Morgen Land, Benden und Wasserbrüchen, „Ap- und Depententien“, gelegen an der Schwalen nächst Rickelrath (die Priors- oder Oethueser-Mühle, heute Mossmühle genannt).
- 26. Eine Parzelle Busch, groß 10 à 12 Morgen gelegen, in Erbbusch.
- 27. Ein einhalb Viertel Busch daselbst.
- 28. Einen halben Morgen Bruch zu Zitzenrath.
Güter der Küsterei.
- 1. Ein halb Malter Roggen von der Flecher Mühle zu Watern.
- 2. Ein halb Malter Roggen auf Linkes Erbe zu Oberklinkum.
- 3. Eine Schürgskarre Roggen in Berckerhof.
- 4. Eine Schürgskarre Roggen in Klinkumerhof.
- 5. Eine Schürgskarre Roggen in Schanzerhof.
- 6. Von jedem Haus in Wegberg und Tüschenbroich ein „Gast“ Roggen mit dem Stroh.
- 7. Von jeder Familie zu Wegberg und Tüschenbroich 12 Pfund Brot und die „Paesche“ Eieren (Ostereier) welche ebenso auch der Pastor erhält.
Mit der Kirchenverwaltung war früher auch die Armenverwaltung verbunden, die ebenfalls eine Anzahl alter Renten besaß.
Die Herrschaft der Kreuzherren erreichte unter der französischen Fremdherrschaft durch den Consularbeschluß vom 20. Praereal Jahr X der Republik (1802) ihr Ende, durch welchen das Kloster aufgehoben und die Gebäude und Güter im Jahre XI zum Teil der hiesigen Wohltätigkeits-Anstalt (kommunale Armenverwaltung) überwiesen, zum Teil zu Gunsten des Staates verkauft wurden. Der ehemalige Prior und Pastor behielt jedoch in den Gebäuden seine Wohnung.
9. Neuere Geschichte.
Im Jahre 1804 trennte sich Rickelrath als selbständige Pfarrgemeinde von der Pfarre Wegberg ab. (S. u. Rickelrath.) Anfangs der 1850er Jahre entsteht zwischen der Kirchen- und Gemeindeverwaltung ein Streit über das Miteigentum an dem Pastorat- (früheren Kloster) Gebäude. Die Kirche hat den von der Gemeinde beanspruchten Teil als Küster-Wohnung eingerichtet, wogegen der Gemeinderat Einspruch erhebt. In einem Schreiben des Kirchenvorstandes vom 28. Oktober 1854 sagt derselbe: In dem Lagerbuch der hiesigen Pfarrkirche heißt es: „Item hat der Küster die freie Wohnung in dem Haus auf der Bach, ist dienst- und wachtfrei, mit dritten halben Morgen Lands auf dem Keeroth welches das Kirchenland genannt wird, ist schatz und zehntbar, wird jedoch aus Gnade freigelassen.“ 1855 wird dann der Streit durch Abschluß eines Mietvertrages der Gemeinde mit dem Küster beigelegt.
Die Kirche beanspruchte aber stets noch das Eigentumsrecht für diejenigen Teile, in welchem bis dahin 2 Schulklassen untergebracht waren, um dieselben als Vikarie-Wohnungen einzurichten, wogegen der Gemeinderat diese Räume zum Friedensgerichtslokale einrichten wollte. Am 1. März 1880 beschloß der Gemeinderat endlich, die von der Zivilgemeinde
in Anspruch genommenen Teile des Klostergebäudes unentgeltlich an die Kirchengemeinde zu übertragen. Da aber dieser Beschluß durch die Königl. Regierung nicht genehmigt wurde, so beschloß man schließlich am 9. Dezember 1880 eine an die Gemeinde zu zahlende Entschädigung von 1200 Mk., wodurch die Kirchengemeinde in den Alleinbesitz der Gebäude kam.
Gerade 100 Jahre nach der Abtrennung Rickelraths von der Pfarre Wegberg erfolgte am 1. März 1904 die Errichtung der Kapellengemeinde Tüschenbroich, die am 1. Oktober 1907 zur Pfarre erhoben wurde. Ihr folgte 1909 die Errichtung der selbständigen Kapellengemeinde Klinkum, deren Erhebung zur Pfarre jetzt in Vorbereitung ist. Die Pfarre Wegberg umfaßt dann nur noch die Orte Wegberg, Harbeck, Dorp, Uevekoven, Großgerichhausen, Bißen und Watern.
10. Kirchliche Bruderschaften.
Bei der Kirche besteht u. a. eine St. Antonius Bruderschaft. Diese Art Bruderschaften wurden in den stürmischen Zeiten des Mittelalters als eine Bürgerwehr hauptsächlich zum Schutze des Gottesdienstes gegen störende äußere Eingriffe gegründet. Wann die St. Antoniusbruderschaft gegründet wurde, ist nicht bekannt.
Nach einer Urkunde der Wegberger Scheffen vom 1. April 1470 (Pfarrarchiv) erwarben Lintz von Klinkum und Ida, seine Hausfrau von Hermann Ulenbroich ein Erb und Gut als Haus und Last mit Garten, Acker und Heideland und allem anderen Zubehör zu Klinkum am End für eine jährliche Erbpacht von 2 Malter Roggen und 7 Summeren Hafer Wegberger Maß. Ulenbroich überträgt diese Erbpacht sogleich wieder an die Schützen der St. Sebastiani-Bruderschaft an der Kirche zu Wegberg. Diese Rente diente später zur Stiftung der Donnerstagsmesse an der benannten Kirche.
Am 28. Oktober 1502 bekennen Kirchmeister und Scheffen zu Wegberg (Originalurkunde im Pfarrarchiv) daß gewisse Renten des Kirchspiels und der St. Antoniusbruderschaft im Werte von zusammen 150 Horn'sche Gulden für den Bau eines neuen Chores an der Pfarrkirche verwendet und verbaut worden sind.
Hiernach scheint die St. Antoniusbruderschaft zwischen 1470 und 1502 aus einer Umwandlung der St. Sebastianusbruderschaft entstanden zu sein. Wenn diese letztere 1502 noch nebenbei bestanden hätte, so wären bei der vorhandenen Geldnot doch ebenfalls Mittel von dieser für den Bau verwendet worden.
Die St. Antoniusbruderschaft kam während der Reformationswirren wirklich in die Lage, von ihren Waffen zum Schutze des Gottesdienstes Gebrauch zu machen. Als am Peter- und Paulstage 1579 die herkömmliche Pfarrprozession abgehalten wurde, versuchten zwischen Tüschenbroich und Geneiken die der neuen Religion zugetanen Einwohner Schwanenbergs dem begleitenden Priester das Venerabile zu entreißen. Die die Prozession begleitende Schützenbruderschaft schlug jedoch die Störer zurück und eine Kugel traf denjenigen der das Venerabile schon in Händen hielt. Zum Gedächtnis dieser Begebenheit wurde fortan alljährlich beim Umzug der Prozession auf der Höhe von Tüschenbroich das sog. Schenkelmännchen geschossen. Es war dies ein Knochenmann mit Stroh umwickelt, der in einem Baum aufgehangen und von den die Prozession begleitenden Schützenbrüdern jämmerlich zerschossen wurde. Dieser Brauch soll noch bis 1791 oder 1792 bestanden haben, wurde dann auf Betreiben der Schwanenberger gegen Erlaß einer bisher an diese zu zahlenden Rente eingestellt. (Kaltenbach, der Reg.-Bez. Aachen S. 302.)
Nach der Prunk (Kirmesfeierlichkeiten) von 1793 scheint die Bruderschaft langsam eingeschlafen zu sein, denn unterm 27. Mai 1805 wurde sie neu begründet, wobei alte Mitglieder der alten Bruderschaft an Schreibgeld ½ Stüber, die übrigen jedoch 15½ Stüber bezahlten. Das vorhandene Königssilber (Vogel und Platten) reicht nach den darauf eingravierten Jahreszahlen zurück bis 1773. Es wog 1829 = 2 Pfd. 30 Loth, 1851 = 3 Pfd. 5 Loth.
1845 wurde eine neue Fahne beschafft für 36 Thlr., 29 Sgr., 4 Pfg.
1883 eine solche für 320 Mk. und 1903 eine solche für 450 Mk.
Die Gesellschaft besaß einen Schießplatz zu Unterklinkum in Größe von 112 Ruthen, der 1909 verkauft wurde. Als in Tüschenbroich und Klinkum eigene Kirchengemeinden gegründet waren, trennten sich die dortigen Einwohner ab. Im Jahre 1909 wurde daher die Bruderschaft für die verblieben Pfarrgemeinde neu organisiert.
Aus dem Jahre 1787 findet man noch Aufzeichnungen über eine „unsere lieve Frawen Broderschap“, welche an Einkünften 45 Summer, 2 Viertel Roggen und 6 Summer Hafer besaß.
Über diese Bruderschaft ist heute nichts weiteres mehr bekannt.
11. Baugeschichte der Kirche.
Die jetzige Kirche scheint an Stelle einer älteren Kirche erbaut worden zu sein.
Die ältesten Teile derselben rühren aus dem 15. Jahrhundert her, und zwar der Turm, das Mittel- und das nördliche Seitenschiff bis zum Kreuzschiff. Diese Teile weisen eine sehr unregelmäßige Bauart auf und sind namentlich die Pfeiler zum Teil rund, zum Teil vier- und achteckig. Bei der Renovierung des Innern der Kirche 1907 wurden die Pfeiler gleichmäßiger gestaltet. Aus der Unregelmäßigkeit der Pfeiler schließt Clemen-Renard, daß die Kirche ursprünglich nur einschiffig war, und erst nach und nach mit Seitenschiffen versehen wurde. Die Außenseite der alten Teile weist unregelmäßigen Wechsel von Tuff- und Ziegelschichten auf, wie er sich bei Bauten aus dieser Zeit vielfach findet.
Nach einer stark beschädigten Originalurkunde (Abschrift im Lagerbuch von 1656 S. 273) vom 28. Oktober 1502 „hat dat Keerspel von Wegberck eyne chor gebowet, in dy eer Gottes und des Hemelfürsten sinte Peter.“ Um die Baukosten zu decken, bekennen die Kirchmeister und Scheffen an beiden Seiten des Keerspels sämtlich und einträchtiglich, daß gewisse Renten des Kirchspels und der Antoniusbruderschaft im Werte von 150 Horn'sche Gulden verwendet und verbaut sind. Dafür soll im Gotteshaus ewiglich eine Singmesse
gehalten und der Küster für seinen Sang ½ Malter Roggen bekommen.
Nach einer Notiz im Armenbuch wurde 1783 ein zurückgezahltes Kapital zur Beschaffung eines neuen hohen Altares verwendet.
An der Kopfseite des nördlichen Seitenschiffs findet sich eingemauert ein römischer Matronenstein, Relief mit drei sitzenden Frauen. 1778 wurde an der Südseite (Beeckerstraße) eine Treppe gebaut, 1868 eine neue Treppe (138 Thlr.) an der Nordseite und 1877 eine solche zur Hauptstraße hin (300 Mk.) Der Turm ist nur etwa 36 Meter hoch, hat mächtiges Mauerwerk, das fast auf eine ursprünglich größere Höhe des Turmes schließen läßt. An der Vorderseite eingemauert Reste von zwei frühgotischen Steinmasken, auf der Eingangstür Reste gotischen Eisenbeschlags. Im 18. Jahrhundert wurden an den Eingängen kleine offene Vorhallen angebracht, die in neuerer Zeit beseitigt wurden. 1844 mußte eine bedeutende Reparatur am Turmhelm für 407 Thlr. 30 Gr. vorgenommen werden.
Die beiden Glocken stammen aus den Jahren 1411 und 1421 und tragen die Inschrift: Ave Maria, gratia plena annuncio vobis gaudium magnum. O. Rex Glorie, veni cum pace. Anno domini MCCCCXI; Die Petri. Dum Resone, Perfer deo Petre, Vota Bonorum, Anno domini, MCCCCXXI.
Im Jahr 1801 mußte eine größere Reparatur am Kirchendach vorgenommen werden, die 462 Reichsthlr. 53½ Stüber kostete.
Bei der Zunahme der Bevölkerung erwies sich im 19. Jahrhundert die Kirche lange als zu klein, weshalb der Gemeinderat am 18. August 1855 einen Erweiterungsbau beschloß. Im Jahr 1856 wurden die Fundamente zu dem Bau gelegt, der aus einem dreischiffigen Querschiff und Chor bestand. Der Erweiterungsbau wurde bis Ende November 1857 unter Dach gebracht, sodaß darin schon Weihnachten desselben Jahres Gottesdienst gehalten werden konnte. Die vollständige Fertigstellung erfolgte im Jahre 1859. Die Gesamtkosten beliefen sich auf rd. 19 000 Thlr., „wovon 12 000 Thlr. durch freiwillige Einziehung bei den Pfarreinsassen und 7000 Thlr. negociirt worden sind und soll der ganze Betrag in 30 Jahren
getilgt werden. Den Plan zu diesem Bau hat der Architekt Statz zu Cöln entworfen und ist derselbe von dem Baumeister Faulenbach zu Aachen ausgeführt worden. Die Lieferung der Ziegel 400 000 Stück ist dem Ziegler Ferdinand Oellers zu Freiheid übertragen worden, welcher für den Mund oder für 15 000 Stück 59 Thlr. erhalten hat. Die Steinhauerarbeiten und die Lieferung des Materials hat der Steingrubenbesitzer Hermann Küppers zu Aachen zu dem submittierten Preise von 4414 Thlr., 5 Sgr., 5 Pfg. übernommen, die Nachlieferung zu den Mehrarbeiten hat die Summe bis auf 8356 Thlr. erhöht. Die Maurerarbeiten hat die Firma Wickop und Welter zu Crefeld, die Zimmerarbeiten der qualifizierte Zimmermeister Franz Losberg von Ratheim übernommen.“ (Gemeindechronik.)
Die Konsekrierung des neuen Teiles der Kirche erfolgte in den Tagen vom 12.–14. Juni 1851 durch den Weihbischof Baudri aus Cöln.
Im Jahre 1860 erfolgte auch eine bedeutende Reparatur am Turmhelm und die Anbringung eines neuen Hahnes. (Kosten insgesamt 283 Thlr.)
1860 wurde das südliche Seitenschiff niedergelegt, und ein neues in Übereinstimmung mit dem neuen Vergrößerungsbau aufgeführt. Die Kosten waren von einem ungenannten Wohltäter der Kirchenverwaltung gespendet. Ebenso wurden an der nördlichen Seite der Kirche neue Fenster angebracht.
Bei diesen Erneuerungs- und Erweiterungsbauten in der Mitte des 19. Jahrhunderts scheint manches Ausstattungs-Stück von historischem oder Kunstwert rücksichtslos verschleudert oder zerstört worden zu sein. Es erscheint gewiß, daß diese alte Kirche eine wertvolle alte Innen-Einrichtung besaß, davon zeugen die noch vorhandene aus der Zeit um 1760 stammende kunstvolle Barockkanzel auf Engelhermen, in den Füllungen die Halbfiguren der Kirchenväter, das in Form eines Wappenschildes mit Helmzier geschnitzte Barock-Orgelgehäuse, zwei aus der Mitte des 15. Jahrhunderts stammende gute Holzfiguren der hl. Katharina und vermutlich Äbtissin Odilia, (nicht Maria Magdalena wie Clemen annimmt) weil sie einen Äbtissinenstab in der Hand hält, ferner eine Ton-Figur der
hl. Anna aus der Barockzeit, ein im Jahre 1910 neu polychromiertes großes Missions-Kreuz mit gutem Corpus, ein Barockkelch aus vergoldetem Silber aus dem Jahre 1704, ein gotischer Kelch aus der Mitte des 15. Jahrhunderts, eine silberne Sonnenmonstranz von 1752, ein silbernes Weihrauchfaß und 2 ebensolche Meßpollen aus dem 17.–18. Jahrhundert.
1859 wurden für den Erweiterungsbau von der Bildhauerfirma Wings und Comp. zu Wegberg zwei Seitenaltäre angefertigt zum Preise von je 200 Thlr. 1869 wurden die Kirchenbänke erneuert, und dafür aus freiwilligen Gaben 600 Thlr. verwendet. Wie dem Verfasser erzählt wurde, soll damals die alte Inneneinrichtung zum Teil zerschlagen und als Brandholz verkauft worden sein. Ebenso soll ein alter flandrischer Schnitzaltar für 500 Thlr. verkauft und später für eine sehr hohe Summe nach London weiterverkauft worden sein.
Ein alter Lehrer erzählte mir, daß bei dem Erweiterungsbau die Arbeiter an der Stelle des alten Chores ein Gewölbe bloßlegten, in welchem mehrere Särge mit wohlerhaltenen Gebeinen und mit dem Wappen der Herren von Tüschenbroich standen. Als ein Arbeiter hinabstieg, seien die Särge und Gebeine bei der Berührung in Staub zerfallen. Man habe darauf schleunigst die Gruft zugeschüttet. Man wird hier die Familiengruft der Ritter Spiering von Tüschenbroich vor sich gehabt haben.
Nach den erwähnten Erneuerungs- und Erweiterungsbauten folgte ein Ruhestand, in welchem die Kirche arg vernachlässigt wurde, sodaß anfangs des 20. Jahrhunderts der bauliche Verfall zu befürchten stand. Einige Fenster waren sogar mit Brettern zugedeckt. 1905 wurde daher zunächst die nördliche Seitenwand zum Teil und das Dach zum großen Teil erneuert. Die Kosten im Betrag von rd. 14 000 Mk. wurden durch Anleihe aufgebracht. Sodann wurden überall neue farbige Glasfenster aus den Ateliers von Dr. Oidmann Linnich und Gassen & Blaschke in Düsseldorf mit Darstellungen aus dem neuen Testament angebracht. Die Kosten hierfür im Betrage von etwa 17 000 Mk. wurden durch freiwillige Gaben aufgebracht. Als dann am 10. März 1908 der Pfarrer
Müller sein 25jähriges Priesterjubiläum feierte, überreichte ihm die Pfarrgemeinde einen auf 4 Jahre verteilten Sammlungsbetrag von 20 000 Mk. zum Zwecke der Ausmalung der Kirche. Diese wurde durch den Kirchenmaler Caspers aus Wanlo ausgeführt und bis Weihnachten 1908 fertiggestellt.
1909 wurde eine Pietagruppe aufgestellt, angefertigt von dem Bildhauer L. Mennicken in Aachen, ferner in den Seitenschiffen neue Kirchenbänke. Die Kosten waren durch freiwillige Gaben aufgebracht worden.
1911 wurde die Haupttreppe an der Kirche (Südseite) zu einer Doppeltreppe umgestaltet und dabei das dort stehende Straßenkreuz aus dem 17. Jahrhundert davor versetzt. Die Kosten betrugen rd. 2500 Mk., wozu der Verschönerungs- und Verkehrsverein 500 Mk. beisteuerte.
12. Baugeschichte des Klosters (Pastorat).
Die jetzt als Pastorat-, Vicarie- und Küsterwohnung benutzten Gebäude bilden eine dreiflügelige zweigeschossige Anlage, deren Hof nach der Straße zu durch eine hohe Abschlußmauer mit großem, rundbogigem architectonisch sehr gut wirkenden Tor in Hausteinfassung abgeschlossen ist. Im Torbogen Wappen mit drei Ähren unter Kardinalshut und mit der Inschrift: Crescit ut alat. (Wächst, um zu ernähren).
Das Innere der Gebäude hat geräumige hohe Zimmer und Säle, die in den letzten Jahren unter dem Pfarrer Müller gründlich in Stand gesetzt wurden. Im östlichen Flügel befinden sich im Erdgeschoß zwei große Barockkamine aus Stuck, in dem einen ein Stilleben, in dem anderen das Bildnis eines Priors mit dem Wappen von Tüschenbroich eingelassen. Im Garten steht noch eine alte Sonnenuhr mit dem Doppel-Chronogramm FRATER-FRIDERICVS-ODEKIRCHEN-PROVINCIAE-NOSTRAE-PROVINCIALIS-EXSCVLPI-CVRABAT
CONFRATRE-SVO-RAPHAELE-PLANCKMAN-EX-RESIA-CONVENTVS-CLIVENSIS-CONVENTVALI.
Zu Deutsch: Bruder Friedericus Odekirchen, Provinzial unserer Provinz hat (diese Uhr) anfertigen lassen von seinem Mitbruder Raphael Planckman aus Rees, Ordensbruder aus
dem Clever Convent. Das Chronogramm ergibt die Jahreszahl 1744, die Uhr wurde also wahrscheinlich bei oder kurz nach dem Neubau des Klosters aufgestellt.
Auf den Speichern lagern noch eine Anzahl alter Ölbildnisse, die früher in den Kreuzgängen aufgehängt waren und teilweise wahrscheinlich aus dem Schloß Tüschenbroich stammen. Zum Teil sind es Bildnisse von Rittern, zum Teil kirchliche Bilder, darunter auch mehrere beschnittene, bemalte, aber arg mitgenommene Holzflügel eines flämischen Schnitzaltars aus der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts. Letztere Bilder sind in jüngster Zeit restauriert worden und haben hohen Kunstwert. Von den ersteren stellen 2 im Jahre 1748 gemalte Bilder den Freiherrn Bernhard Theodor Alexander von Hövell zu Sölde, Herrn zu Brachelen, Amtmann zu Waßenberg, geboren am 6. März 1713 und dessen Gattin Agnes Louise geborene Freiin von Spiering zu Tüschenbroich dar, weitere Bilder teilweise mit dem Wappen der Spierings tragen die Jahreszahlen 1629, 1548, 1615, 1625. Weiter stellen dar je 1 Bild die Grablegung Christi, die Verspottung Christi und gute Kreuzigungsgruppe.
Die Collektion bietet in ihrer Verwahrlosung eigentlich ein Denkmal eines früher herrschenden Vandalismus, der sich auch darin geäußert hat, daß einzelne Fleischpartien auf den Bildern mit schwarzer Teerfarbe überstrichen wurden. Bei den Renovierungsarbeiten in der Pastorat fand sich auch, daß in früheren Zeiten alte Ölgemälde vor die Wände geklebt wurden, um die Feuchtigkeit von den Tapeten abzuhalten!?!
1800 deckt ein Orkan fast das ganze Dach des Klosters ab.
1819 wurde im nördlichen Seitenflügel der Gebäude eine Vicariewohnung eingerichtet, die jetzt als Küsterwohnung dient, 1869 wurde der nördliche Flügel, an dem sich bedeutende Risse zeigten, neu aufgebaut, 1881 der südliche Flügel zu Vicarie-Wohnungen eingerichtet.
13. St. Antonius-Krankenhaus.
In der großen Gemeinde hatte sich lange das Bedürfnis nach geregelter Krankenpflege herausgestellt. Dem damaligen Pfarrer Müller gelang es im Jahre 1904 die Franziskanerinnen
aus dem Mutterhause zu Nonnenwerth zu bewegen, hier eine Niederlassung zu begründen. Da auch in der Gemeinde durch freiwillige Gaben bald die notwendigen Mittel aufgebracht waren und die staatsseitige Genehmigung durch Erlaß des Herrn Kultusministers vom 25. November 1904 erfolgte, konnte am 26. September 1905 die Niederlassung dieser Schwesterngenossenschaft in einem dazu angekauften und umgebauten Hause an der Bahnhofstraße mit vorläufig 6 Schwestern eröffnet werden. Neben ambulanter Krankenpflege nahmen die Schwestern auch die Krankenhauspflege, sowie die Unterhaltung einer Kleinkinder- und einer Haushaltungsschule auf. Da aber das Haus sehr bald sich als zu klein erwies, (es sind jetzt 9 Schwestern darin tätig) wurde 1910 die Kleinkinder- und Haushaltungsschule in ein von den Geschwistern Adams zur Verfügung gestelltes Haus, den früheren Gasthof zum Schwanen verlegt, sodaß das Haus an der Bahnhofstraße nunmehr allein der Krankenpflege dienen konnte. Wegen der unzulänglichen Räume ist jedoch der gänzliche Neubau eines modernen Krankenhauses auf dem Kierrot geplant. Mit den Sammlungen dazu wurde Anfang 1911 begonnen.
V. Schulwesen.
1. Volksschule.
Mit dem Schulwesen war es in alter Zeit bis zur Einführung des Schulzwanges vor 80 Jahren sehr schlecht bestellt. Das Lehreramt war meistens mit dem Küsteramt verbunden. Fachlehrer gab es nicht. Irgend ein Mann aus dem Volke, der zur Not etwas in Religion, Lesen, Singen, Schreiben und Rechnen erfahren war, unterrichtete diejenigen Kinder, die von ihren Eltern in die Schule geschickt wurden und erhielt dafür gewisse kleine Natural- und Geldeinkünfte. Ehe er das Amt erhielt, mußte er in der Regel eine kleine Prüfung bestehen, etwa wie solche uns in einem Bericht aus dem Jahre 1729 aus einem Dorfe N. geschildert ist:
„Nachdem auf tödtliches Ableben des bisherigen Schulmeisters sich nur 5 Liebhaber gemeldt, so wurde zuvörderst
eine Betstunde vom Pfarrer mit der Gemeinde zur Erbittung göttlicher Gnade zu diesem wichtigen Geschäft gehalten, sodann in der Kirch vor der gantzen Gemeinde die Singprobe mit den Bewerbern fürgenommen und nach deren Endigung dieselben im Pfahrhauß noch weiter traktiert (geprüft): 1. Martin Ott, Schuster, 30 Jahre des Lebens, hat gesungen: Christ lag in Todesbanden, Jesus meine Zuversicht. Hat noch viel Melodie zu lernen, auch könnte seine Stimme besser sein. Gelesen hat er Genesis 10–26 bis aus, buchstabierte Vers 26–29. Das Lesen war ahngehend, im Buchstabieren 2 Fehler. Dreierlei Schriften hat er gelesen - mittelmäßig; 3 Fragen aus dem Verstand beantwortet – recht; aus dem Katechismo vom letzten Abendmahl und Frage 54 aufgesagt – ohne Fehler; 3 Reihen dictando geschrieben – 4 Fehler; des Rechnens ist er durchaus unerfahren.
2. Jakob Maehl, Weber, hat die 50 Jahre hinter sich. Er sang: O Mensch beweine, Zeuch ein zu deinen Thoren, Wer nur den lieben Gott läßt walten. Melodie ging ab in viele andere Lieder, er quikte manchmal, so doch nit sein soll. Gelesen Josua 19, 1–7 mit 10 Fehlern, buchstabierte Josua 18, 26–29 ohne Fehler. Dreierlei Handschriften gelesen schwach und mit Stocken. Drei Fragen aus dem Verstand – befriedigend. Aus dem Katechismo die 10 Gebote und die 41. Frage aufgesaget, ohne Fehler, drey diktierte Reihen geschrieben, 5 Fehler; des Rechnens ist er nit kundig.
3. Philipp Hopp, Schneider, schon ein alter gebrechlicher Mann mit 60 Jahren, sollte lieber zu Haus geblieben sein, als sich dies zu vermessen. Hat 2 Lieder gesungen. Stimme wie ein blökend Kalb, auch oft in unrechte Lieder verfallen. Gelesen Joh. 19, 7–10, jämmerlich; buchstabierte Joh. 18, 22–23 mit vielem Anstoßen, das große T ein Stein des Anlaufens, kam endlich darüber. 3 Fragen aus dem Verstand, blieb fast sitzen, dreierlei Handschriften gelesen, sagte schon anfangs, daß er nit erfahren sey; 3 Wörter geschrieben, mit Mühe zu lesen. Rechnen ganz unbekannt, zählte an den Fingern wie ein klein Kind. Wurde ihm fürgehalten, daß es töricht gewesen sich zu melden, was er auch mit Thränen und Seufzen bekennet.
4. Joh. Schütt, Kesselflicker 50 Jahre, hat 3 Lieder gesungen, mit ziemlich viel Beifall, gelesen und buchstabiert Genesis 4. 13–18, auch nit uneben. Beim Katechismo aber merkt man, daß er in sothanen Stücken nit geübet sey; 3 diktierte Reihen geschrieben, ging an, im Buchstabieren doch 10 Fehler, des Rechnens im Addieren erfahren.
5. Friedr. Loth, Unteroffizier, so im hochedlen Grumkowschen Regiment den Feldzug gegen die Schweden durchgemacht und alldorten ein Bein verloren, 45 Jahre alt, hat gesungen: Allein Gott in der Höh sei Ehr', gute starke Stimme, doch fehlt die Melodie im ganzen, fiel einmal in ein ander Lied, dreierlei Handschriften fertig gelesen. Gelesen und buchstabiert Genesis 10, 13–18, ging ziemlich, hat den Katechismus wohl inne; 4 Fragen aus dem Verstand, ziemlich, 3 diktierte Reihen geschrieben, 8 Fehler, im Rechnen hat er etwas Addieren und ein bischen Subtrahieren inne.
Es wurde nun einstimmig davon gehalten, das Jak. Maehl wohl der capabelste sey, wogegen man anderen, namentlich dem Kesselflicker, nit recht trauen könne, sintemalen er viel durch die Lande streiche, während der Kriegsknecht in Verdacht stehe, gegen die armen Kindlein die Fuchtel zu stark zu gebrauchen. Der Pastor ließ nun abstimmen, und es wurde Jakob Maehl einstimmig gewählt. Nach der Wahl wurde ihm der Entschluß nebst erforderlicher Mahnung mitgeteilt.“
In dem Lagerbuch von 1656 und in dem Kirchenrentenbuch von 1711 (Pfarrarchiv) heißt es: „Ite hatt der Custos (Küster) die frey Wohnung in dem Hauß auf der bach im Dorf allhie gulicher Seithe die Schul genandt“. Da früher das Lehrer- mit dem Küsteramt verbunden war, so geht daraus unzweifelhaft hervor, daß schon 1656 eine Schule in Wegberg bestand.
Am 6. September 1769 wurde auf den Vorschlag des damaligen Pfarrers und Priors Reynders beschlossen, daß sein Kaplan Hooghen auf 1–2 Monate Schulunterricht erteilen sollte, um so allen Schulmeistern der Gemeinde ein gutes Beispiel für die Unterrichtserteilung zu geben.
Das Schulgeld und die Zeit des Unterrichts sollte bleiben „als men van ouds gewoont gewest ist“ (als man von alther gewohnt gewesen ist).
Nach derselben Urkunde (Abschrift in der Schulchronik) soll das Schulmeisteramt iu der Kirche ausgeboten werden. Die Bewerber um das Amt sollen so nötig „geexamineerdt“ werden.
Urkunde Nr. 12.
Op heden, den 6. September 1769 is ter voller vergaerderinghe der Herren geerffdens Regenten Schepenen ende geswoorens beydersyithst dat door onssen Eerwerdighen Herre prior ende Pastor H. Reynders alhier ter gerichtskamer dato voorss gepresentert is worden wegens de inrichtinghe van de Kinders Schoole alhier in het dorp, dat deselve Schoole sall door synen Herre Capalan Hooghen voor den Tyd van einen ofte twee monadt gehouden worden, om daerin te stellen eine gode order ende Kinderzucht tot ein exemple van alle andere Schollmeesters van ons Kirspel ende dorp te geven; ende Kinders süllen vor het selve schullgelt gelehrt worden voor den selven Tydt als men von ouds gewoon gewest is te gewen en dat naer vervolgh van dyen Tydt sall in de Kerck het Schollmeesters ampt tot ein jeder, die daertoe vermeinen captitait te heben buliceert worden ende soo voirts so noodigh geexamineert worden die persoone daertoe voordt uytgecoossen.
actum weghbergh op de gerichtscamer Datum ut supra. Teer ordonantie der voorss w. Quasten, loco Secretary.
Am 13. Juni 1772 beschlossen die Geldersche und Jülich'sche Gemeinde in voller „Vergaederinghe“ (Gemeindeversammlung) dem Herrn Prior und Pastor Hoghen als Küster und Schulmeister den Peter Janssen zu präsentieren. Derselbe soll aus jedem Hause der beiden Gemeinden ein Brot erhalten. Falls aber der Küster das Schulamt nicht behalten oder nicht bedienen könnte, so soll das Brot dem zeitigen Schulmeister zufallen. Die Jülich'sche Gemeinde gelobt als Beisteuer zur Schule 20 Reichstaler zu zahlen.
Urkunde Nr. 13 (Schulchronik).
Op heden den 13. Juni 1772 is ter voller vergaerderinghe von die geldersse ende gulixe Regenten, Schepenen ende geswoorens eenparlyck geresolveert, eenen büsten aen onsen Eerwe Herre prior ende pastor Jacob Hooghen te presenteren, bydersyth alle recht van Collatie van pastorye ende Cuyteris voorbehouden..
actum den Radthuyse tot Wegbergh datum ut supra.
Urkunde Nr. 14 (Schulchronik).
Eodem is door de voorss gecossen peter Janssen, voor Cüster ende denselven door die geldersse ende gulixe den Herre prior de presenteeren den 16. dito ende dat den Cüster het Brodt alhier binnen het dorp geldersse en gulixe Syde sall quitteren uyt jeder huys het Brodt het welck in vall dat den Cüster die Scholle niet soude behouden oft de konnen bedienen, sall het selve alsdann het selve den tidtlycken Schollmeester geneiten ende dat die gulixe tot bysteuer der Scholle hebben belovet luyt hun eigene Handschrift 20 Rixdaler by provissie.
Am 11. Dezember 1780 wurde zur Beseitigung fernerer Streitigkeiten (Reussie) in voller Versammlung einstimmig beschlossen, daß jeder Schulmeister des Dorfes wie des Kirchspiels eine Karre Kohlen von 1000 Pfund und für den Monat an Schulgeld von denjenigen Kindern, welche Schreiben lernen 6 Stüber (1 Stüber etwa 5 Pfg.), von denjenigen, welche nicht schreiben lernen, 5 Stüber erhalten soll. Für arme Kinder wird das Schulgeld aus der Armenkasse bezahlt.
Urkunde Nr. 15 (Schulchronik).
Extra ordonaire vergaerdinghe tüschen die Herre gestlicken geerften voirts Schepenen ende Borgemeesters Kock ende Schollen an den Klinkum deser gemeinte so is ondergess dato om vernere Reussie voortekomen ter vollervergaerderinghe eenparlyck goet gevonden en verstaen is worden, dat alle ende jeder Schoolmeester, so in het Dorp als in het Kirspell benevus eine Karre Collen van Duysent pondt, oeck per monadt van die kindern, soo niet Schreiven vyff Hrs ende van die schreiven leeren sees
Stuyvers den Schoolmeester geneiten sall, well verstaende dat die arme Kinderen, de welcke de ouders op den Raedthuyse aanbegeven hebben uyt de armen Cassa sullen betalt worden.
actum op den Raedthuyse tot Weghbergh den 11. Dezember 1780.
Am 28. September 1785 ist dann einstimmig beschlossen, daß „op jeder der vier gehuchten deser gemente als namentlyck het dorp Wegbergh, Rickelrath Klinkum en Uevekoven“ zur notsächlichen Unterweisung der Kinder eine Schule errichtet wird. Die Schulmeister sollen aus Gemeindemitteln zur Erleichterung des Schulgelds zusammen 90 Pattacons specie (1 Pattacon etwa soviel als ein Reichstaler) gangbare Münze erhalten und zwar der zu Wegberg 24 und die übrigen je 22 Pattacons, ferner sollen 10 Pattacons als Preise verteilt werden. Das Schulgeld der Kinder wird nach den 3 Klassen der Unterweisung auf 3, 4, 5 Stüber festgesetzt. Der Unterricht soll nach einem festgestellten Plan stattfinden.
Urkunde Nr. 16 (Schulchronik).
Op heden, den 28. September 1785 is door geestl. Adlycke ge Erfdens voorts Schepenen en geswoorens eenpaerlyck by provisie gersolveert woorden, dat op jeder der vier gehuchden deser gemeente als naementlyck het dorp Weghbergh, Rickelrath, Klinkum en Uevekoven tot de nootsaeklicke instructie der jonkheydt opgericht woorden eene Scholl, en dat tot een behoorlyck Engagement en Salaris van de Schoolmeesters en Seffens oock tot een verlichtinge vant Schoolgelt uyt de gemeents middelen aen die vier Schoolmeesters betaelt word, de Somma van hondert Specie Pattacons gangbare münte, te verdeelen in sulcke voegen dat den Schoolmeester tot Weghbergh daeruyt genieten sal vier en twintigh Pattacons en jeder der dry anderen gehuchten twien twintigh Pattacons en thien vor prysen uyt insigt van welck Salaris die Kinder deser gemeente maend aen Schoolgelt sullen betaelen Respecty dry, vier en vyff Stuvers naer advenante der dry Klassen van ondewysinge, in jeder School te stellen sallende de Respective Schoolmeesters hun hebben te Reguleeren naer het
plan, dat hun daer ontrent sal vorgestelt worden, en sal sula met den october den anfang genomen worden. aldus geresolveert tot Weghbergh op daeg en dato als boven.
- F. Hoogen, P:en Pastor
- A. F. Bylll.
In „extraordinairer vergaederinghe“ am 13. Juli 1770 (s. Urkunde Nr. 1) beschloß die Gemeinde mit Rücksicht darauf, daß bisher in Wegberg ein Schullokal nicht vorhanden war, mit dem in Aussicht genommenen Bau eines „Brandtspruiten-Huysken“ gleichzeitig die Errichtung eines Schullokals zu verbinden, welcher Beschluß bei dem „Vergaederinghe“ vom 24. April 1771 (s. Urk. Nr. 2) dahin vervollständigt wurde, wie der Bau so eingerichtet werden soll, daß er gleichzeitig eine Wachtstube enthält und als Rathaus dienen kann. Mit dem Bau solle „sonder vertreck“ begonnen werden. Der Bau war veranschlagt (uytgenomen het plester werk) zu 700 Pattacons und wurde 1772 fertiggestellt. Im Erdgeschoß befand sich das Schullokal, Wachtstube und Gefängnis, im Obergeschoß die Rathausräumlichkeiten (siehe unter Rathaus).
Im Jahre 1819 wurde die Dorfschule aus dem Rathause in den südlichen Flügel des früheren Kreuzherrenklosters verlegt, 1837 daselbst die zweite Schulklasse eingerichtet (Kosten 334 Thlr., 4 Sgr., 8 Pfg.)
1853 schritt die Gemeinde zur Erbauung einer neuen Schule, der jetzigen Knabenschule, wohin im Mai 1854 die beiden Schulklassen übersiedelten.
Am 1. 10. l859 mußte schon die dritte Schulklasse eingerichtet werden, der bald die vierte, 1900 die fünfte und 1911 die sechste Klasse folgte.
- An der Schule zu Wegberg wirkten folgende
- Lehrer:
Vom 16. 6. 1772 bis ? | Peter Jansen, gleichzeitig Küster |
? | Johann Wachtendonck, dto. |
? bis 1835 | Peter Josef Leuer, |
Vom 1835 bis ? | Johann Werner Oellers, |
Vom ? bis 6. 2. 1847 | Wilhelm Adolf Schiffer, |
Vom 5. 5. 1847 bis 15. 4. 1894 | Heinrich Gatzenmeyer, |
vom ? ? | Christian Wimmers als Hülfslehrer, |
vom 19. 4. 1852 bis 1. 11. 1896 | Robert Schiffer, |
vom 25. 12. 1872 bis 31. 3. 1907 | Leonard Schoepp, |
vom 17. 4. 1894 bis 15. 4. 1901 | Johann Hubert Cohnen, Hauptlehrer, |
vom 15. 11. 1896 bis heute | Wilhelm Herbrand, seit 1. 4. 1902 Hauptlehrer, |
vom 1. 8. 1907 bis 1. 4. 1910 | Edmund Schmitz, |
vom 1. 5. 1907 bis 31. 8. 1910 | Hermann Mankertz, |
vom 1. 4. 1910 bis heute | Franz Reimann, |
vom 1. 9. 1910 bis 31. 3. 1911 | Apollinarins Kügelchen, |
vom 1. 4. 1911 bis heute | Joh. Coenen. |
- Lehrerinnen.
Vom 21. 5. 1889 bis 1. 12. 1894 | Maria Reinecke, |
Vom 1. 12. 1894 bis 1. 4. 1898 | B. Voß, |
Vom 1. 4. 1898 bis 15. 4. 1901 | Clara Terwelp, |
Vom 15. 4. 1901 bis 1. 7. 1904 | J. Köring, |
Vom 15. 4. 1901 bis 1. 1. 1906 | Maria Corr, |
Vom 1. 7. 1904 bis 31. 12. 1907 | Katharina Gossen, |
Vom 6. 11. 1906 bis 31. 12. 1907 | Maria Bayer, |
Vom 1. 1. 1908 bis 1. 4. 1909 | Gertrud Kreutz, |
Vom 1. 4. 1908 bis 1. 4. 1910 | Anna Sauerwein, |
Vom 1. 4. 1909 bis 1. 10. 1910 | Katharina Lauter, |
Vom 1. 4. 1910 bis 15. 4. 1912 | Antonie von Meurer, |
Vom 1. 10. 1910 bis heute | Agnes Pourrier, |
Vom 20. 4. 1911 bis heute | Johanna Specks, |
Vom 1. 7. 1912 bis heute | Adele Heinrichs. |
2. Fortbildungsschule.
Schon im Jahre 1855 sehen wir in Wegberg eine Sonntagsfortbildungsschule entstehen. Der Unterricht erstreckte sich auf Religion, (Erklärung des sonntäglichen Evangeliums) Rechnen, Schreiben, Lesen, deutschen Aufsatz, Geographie, Zeichnen und Gesang. Die anfängliche begeisterte Teilnahme von 80 Schülern aus allen Altersklassen ging jedoch bald zurück, da ein erfolgreicher Unterricht bei dem verschiedenen Standpunkte der Kenntnisse nicht möglich war. Der Lehrer
erhielt von jedem Schüler wöchentlich 1 Sgr. Im dritten Jahre ihres Bestehens ging die Schule gänzlich ein, um im Jahre 1877/1878 am 7. Februar mit Unterstützung des Aachener-Vereins zur Beförderung der Arbeitsamkeit wieder zu erstehen. Die Schülerzahl schwankte zwischen 15 und 23, der Schulbesuch war unregelmäßig. Im Jahre 1900 ging die Schule wieder ein.
Mit Unterstützung des Wegberger-Handwerksmeister-Vereins und des obenerwähnten Aachener-Vereins wurde nunmehr am 5. Januar 1903 eine gewerbliche Fortbildungsschule für aus der Volksschule entlassene Knaben errichtet, die heute durchschnittlich von 24 bis 30 Schülern (hauptsächlich Handwerkslehrlinge) besucht wird. Der Besuch ist fakultativ.
Der Unterricht findet Sonntags vormittags und an einem Wochentag Abend in je 2 Stunden statt.
Vl. Geschichte der Außenorte der Gemeinde.
Nachdem im Vorstehenden die Geschichte der Gesamtgemeinde wie des Hauptortes Wegberg behandelt wurde, bleibt uns noch eine Sonder-Betrachtung der übrigen zur Gemeinde gehörenden Ortschaften übrig, die sämtlich bereits in den Rentenverzeichnissen der Pfarrei Wegberg von 1505 erwähnt werden und stets mit der Gemeinde verbunden waren.
l. Harbeck-Hau.
Langgestrecktes Dorf an der Provinzialstraße Erkelenz—Kaldenkirchen nördlich von Wegberg und dicht bei diesem Orte jenseits der Eisenbahnlinie gelegen. Es hatte 1910 = 168 männliche, 157 weibliche, zusammen 325 Einwohner, 60 bewohnte Wohnhäuser, 65 Haushaltungen. Die Bevölkerung besteht aus Landwirten und Fabrikarbeitern.
2. Dorp.
Dicht bei Wegberg nördlich desselben jenseits der Eisenbahnlinie an der Provinzialstraße Wegberg—Dülken gelegen,
zählte der Weiler Dorp 1910 = 46 männliche, 54 weibliche, zusammen 100 Einwohner, 20 Haushaltungen in 18 bewohnten Wohnhäusern. Es hat eine Ölmühle, die sog. Kringsmühle.
3. Bissen.
Dicht bei Wegberg, 0,5 km südwestlich desselben an der Provinzialstraße Wegberg—Klinkum—Arsbeck gelegen, zählte der Weiler Bissen 1910 = 27 Haushaltungen mit 74 männlichen, 80 weiblichen, zusammen 154 Einwohner in 23 bewohnten Wohnhäusern. Es hat eine Wassermühle, die sog. Lohmühle und eine kleinere Dampfmahlmühle.
4. Watern.
An dem Gemeindeweg Wegberg—Tüschenbroich 1 km südlich Wegberg's gelegen, zählte der Weiler Watern mit dem Felderhof 1910 = 24 Haushaltungen mit 74 männlichen, 63 weiblichen, zusammen 137 Einwohner in 22 Wohnhäusern.
In Watern liegt die Bocken- und die Bischofsmühle an dem von Tüschenbroich kommenden Fußbach.
5. Großgerichhausen.
Das links des Beecker Baches östlich von Wegberg gelegene Großgerichhausen gehört zur Gemeinde Wegberg, während das rechts dieses Baches gelegene Kleingerichhausen zur Gemeinde Beeck gehört. Großgerichhausen zählte 1910 = 7 Haushaltungen mit 21 männlichen, 17 weiblichen, zusammen 38 Einwohner in 7 Wohnhäusern.
Tatsächlich ist Kleingerichhausen der größere Ort.
In Großgerichhausen lag früher der „Ortenhof“, eine größere burgähnliche Anlage, die im 19. Jahrhundert gänzlich abgebrannt ist. In alter Zeit soll der Ortenhof sehr bedeutend gewesen und die Höfe zu Uevekoven ihm spanndienstpflichtig gewesen sein. Bei Großgerichhausen liegt die Wasser- und Dampfmahlmühle „Ophovermühle“
6. Uevekoven.
Das Dorf Uevekoven, 2,3 km südöstlich oberhalb von Wegberg und an dem Kopfe des ansteigenden Geländes gelegen, wird von der Provinzialstraße Erkelenz—Wegberg durchschnitten, von welcher bei der Kapelle die dicht bebaute Dorfstraße abzweigt.
Es zählte 1910 = 81 Haushaltungen mit 210 männlichen, 204 weiblichen, zusammen 414 Einwohner in 81 bewohnten und 5 unbewohnten Wohnhäusern.
In ältester Zeit bestand Uevekoven der Überlieferung nach aus 3 Höfen, dem Stamms-, dem Steins- und dem St. Niclashof. Diese Höfe sollen dem bei Wegberg-Großgerichhausen liegenden „Ortenhof“ dienstpflichtig gewesen sein. Als nun der Junker vom Ortenhof eines Tages die Gespanne von dort erwartete, blieben diese aus. Er beauftragte einen Knecht, eimnal zu „oeven“ (soviel wie äugen, schauen) ob die von den Höfen noch nicht in Sicht seien. Daraus soll der Name Oevenhofen, später Uevekoven entstanden sein.
Der St. Niclas-Altar in der Pfarrkirche zu Wegberg war schon 1505 mit dem Niclashof zu Uevekoven bestiftet.
Uevekoven wird in den Wegberger Kirchenbüchern 1505 Uvekoven, 1683 als Euffenkopffen, 1692 als Uvekoven bezeichnet. Uevekoven ist ein ruhiger, in dichtem Zusammenhang gebauter Ort mit fast nur landwirtschaftlicher und ziemlich wohlhabender Bevölkerung. Die Häuser des Orts stammen meistens aus der Mitte des 18. Jahrhunderts und tragen manchmal Jahreszahl und Türbalken-Inschrift wie z. B. am Hause Nr. 84:
ANNO 1749 DEN 11. NOVEMBER IST DESE BAV JN GOTTES NAHMEN AVFGERICHTET DVRCH BEYDE EHE LEVTH: H: K: VND: C: L: PKC.
Am Hause Nr. 81:
GOTT BEHÜT DIESES HAVS VND ALLE DIE GEHEN EIN VND AVS. ANNO 1773 DEN 6. MAI ANNA CATHARINA SCHMITZ WETEP COHNEN.
An der Stelle der jetzigen im gotischen Stil erbauten Kapelle stand bis dahin eine Kapelle aus dem 18. Jahrhundert, ein einfacher Ziegelbau mit geschweiftem Westgiebel. Ein Holzanker trug die Jahreszahl 1785. Von der alten Ausstattung sind zu erwähnen, ein einfacher Barockaltar mit einem bürgerlichen Doppelwappen, eine Holzfigur der hl. Katharina, gute niederrheinische Skulptur aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts, ferner eine sehr gute kleine Kreuzigungsgruppe aus Birn- oder Apfelbaumholz 35 Zentimeter hoch, niederrheinische Skulptur aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Die erwähnte Figur der hl. Katharina wird jetzt auf einem Speicher, die Kreuzigungsgruppe in der Kapelle unter Verschluß aufbewahrt. Von letzterer wurden leider bei einem Einbruch im Juli 1910 die beiden Figuren der hl. Maria und des hl. Johannes entwendet, vermutlich von 2 Ausländern, die sich kurz vorher die Figuren hatten zeigen lassen.
Die neue Kapelle ist nur mit neuen Ausstattungsstücken versehen, das Mittelstück des Altars zeigt eine vergrößerte Nachbildung der obengenannten Kreuzigungsgruppe. Die neue Ausstattung wurde von dem Bildhauer Alex Iven zu Cöln geliefert, die alte Ausstattung wurde 1904 verkauft.
Die Grundsteinlegung zu der an der Stelle der alten erbauten neuen Kapelle im gotischen Stile erfolgte 1903, ihre Einweihung am 4. Dezember 1904.
Um bei der geringen eigenen Einwohnerzahl von 318 Seelen die Erhebung zur Pfarre im Jahre 1804 zu erreichen, bediente sich Rickelrath — ich folge hier einem Bericht des damaligen Bürgermeisters Dillen vom 2. Oktober 1826 — (Gemeindearchiv) „des Betruges, daß sie die Seelenzahl der Gemeinde Uevekoven, wo auch eine von ihrem damaligen Rektor bediente Kapelle war, mit aufzählten. Nicht wenig erschrak nun das Dorf Uevekoven über seine Hinweisung zur neuen Pfarrkirche von Rickelrath, wovon es über eine Stunde entfernt war und wohin es keinen anderen Weg, als durch seine bisherige Pfarre Wegberg oder durch die Nachbarpfarre Beeck hatte. Indessen durch viele Bemühungen des damaligen Geistlichen und des weltlichen Gemeindevorstandes wurde dies Mißverhältnis glücklich gehoben und nicht nur Uevekoven, sondern alle übrigen Dörfer Lütticherseits welche der neuen Organisation gemäß nicht mehr bei ihrer alten Pfarrkirche Wegberg bleiben sollten, demnach dabei belassen. Nur die Bedienung der Uevekovener Kapelle selbst, wo einige Jahrmessen gestiftet sind, blieb nach wie vor dem nunmehrigen Pfarrer von Rickelrath, muß aber auch jetzt vernünftigerweise aufhören.“ Amtlich gehörte Uevekoven jedoch nach wie vor zur Pfarre Rickelrath bis unterm 30. Juli 1827 der damalige Erzbischof von Cöln, Graf Spiegel zum Desenberg und Cannstein folgende Urkunde erließ:
Urkunde Nr. 17 (Gemeindearchiv.)
„Es ist zu unserer Kenntnis gebracht worden, wie das Dorf Uevekoven mit seiner Kapelle im Dekanate und Kreise Erkelenz, Regierungsbezirk von Aachen belegen, welches bis jeher zum Pfarrsprengel von Wegberg im Dekanat Erkelenz gehörte, bei der Organisation der Diöcesen zur Zeit der französischen Herrschaft vom Pfarrverbande mit der Kirche zu Wegberg losgerissen und mit der damals neu errichteten Pfarrei Rickelrath vereinigt worden ist; daß aber das Dorf Uevekoven etwa eine Stunde von Rickelrath entfernt sei, und der gerade Weg von Rickelrath durch Wegberg führe.
Da mithin nach der topographischen Lage diese Ortschaften die Einpfarrung von Uevekoven nach Rickelrath ganz ungeeignet und den Bewohnern von Uevekoven in mancher Hinsicht nachteilig
befunden wird, welchem Ubelstande anerkennend der bischöfliche Kommissar der Diöcese Lüttich schon im Jahre 1806 gleich nach der Organisation dem Verwalter der Pfarrei Wegberg die Fakultät Uevekoven zu administrieren erteilt hat, so haben Wir im Einverständnis mit der Königlichen Hochlöblichen Regierung zu Aachen es ganz zweckmäßig und notwendig gefunden, das Dorf Uevekoven mit seiner Kapelle von der Pfarrei Rickelrath im Dekanat Erkelenz zu trennen und mit der Pfarre Wegberg selbigen Dekanats zu vereinigen und trennen durch gegenwärtiges das genannte Dorf Uevekoven von Rickelrath, vereinigen dasselbe nebst der Kapelle mit Wegberg und übertragen dem zeitlichen Pfarrer von Wegberg die geistliche Pfarr-Gerechtsame über alle katholischen Einwohner von Uevekoven, sowie die Anordnung und Leitung des Gottesdienstes in der Kapelle daselbst, ermächtigen auch zugleich den Kirchenvorstand von Wegberg, alle auf das Dorf Uevekoven und die Kapelle daselbst Bezug habende Papiere, Dokumente, Register und Urkunden jeder Art von dem Kirchenvorstand in Rickelrath sich aushändigen zu lassen, sich in den Besitz aller Renten und Gefälle besagter Kapelle zu setzen und dieselbe nach den bestehenden Gesetzen zu verwalten.
Dem zeitlichen Pfarrer von Rickelrath soll jedoch das Recht nicht benommen seyn, die vor und nach in der Kapelle (zu Uevekoven) gestifteten und von dem ehemaligen Bischofe zu Roermond seit 1683 dem zeitlichen Rektor in Rickelrath zur Verbesserung der schwachen Einkünfte desselben überwiesenen hl. Messen in der genannten Kapelle zu halten, weshalb Wir den Kirchenvorstand von Wegberg hierdurch beauftragen, dem Pfarrer von Rickelrath das stiftungsmäßige Stipendium für diese Messen zur bestimmten Zeit auszuzahlen.“
Am 28. September 1785 beschloß die Gemeindeversammlung, wie in Wegberg, Klinkum und Rickelrath so auch in Uevekoven eine Schule zu errichten. (Näheres siehe bei Schule Wegberg.)
Im Jahre 1817 wurde ein neues Schulgebäude mit Lehrer-Wohnung errichtet. Der Platz zum Bauen, sowie das erforderliche Material wurden von den Einsassen von Uevekoven
geschenkt und die Bau- und Einrichtungskosten ans dem Abfall der geschenkten Bäume gedeckt.
1861 wurde das jetzige Schulgebäude errichtet. Die Kosten betrugen einschließlich Grunderwerb 2538 Thlr. 17 Sgr. 2 Pfg., welche durch eine Anleihe bei der Armenverwaltung im Betrage von 1600 Thlr., im übrigen aber durch Umlage aufgebracht wurden.
1862 wurde noch ein Stallgebäude und Spritzenhaus angebaut – Kosten 563 Thlr. – und das alte Schulgebäude für 420 Thlr. verkauft.
Ende 1911 wurde die Dorfstraße in Uevekoven mit einem Kostenaufwand von 2800 Mk. mit einer Basaltdecke versehen.
7. Rickelrath,
um 966 Richolferod, um 1400 Ricolferod, 1683 Reickelrath genannt, ist eine Exclave der Gemeinde, 3,3 km nördlich von Wegberg, welche nur an der Molsmühle durch einen ganz schmalen Streifen mit den übrigen Gemeindeteilen zusammenhängt.
Das Dorf Rickelrath hat sich in hohem Maße die für die hiesige Gegend charakteristische ländliche Bauart bewahrt. Eine große Zahl der Häuser, bezw. Wirtschaftsgebäude ist noch mit Schilfdächern versehen. Die Häuser sind kranzförmig um die Kirche gruppiert und schließen einen größeren Platz ein, der mit Obstbäumen bestanden ist und über welchen die Provinzialstraße führt. Namentlich zur Zeit der Obstblüte macht der Ort einen idyllischen, Frieden atmenden Eindruck. Deswegen und wegen der den Ort einschließenden Waldungen mit schönen Spaziergängen bildet der Ort das Ziel vieler Ausflügler. Einige schöne alte Häuser daselbst sind hier abgebildet.
Es zählte 1910 = 83 Haushaltungen mit 211 männlichen, 228 weiblichen, zusammen 439 Einwohner in 82 bewohnten und 4 unbewohnten Wohnhäusern.
Rickelrath ist allseitig von Bächen umgeben, und zwar von dem Schwalm-, dem Mühlen- und dem Hellbach. An diesen Bächen liegen die Holt-, Schroif-, Mols und Neumühle, zu Rickelrath gehörig.
Rickelrath kommt schon in Urkunden vom 10. Jahrhundert vor und gehörte damals mit Erkelenz und anderen Orten im Mühlgau einem Grafen Immo, welcher die Besitztümer
im Jahre 966 dem Kaiser Otto dem I. abtrat und dafür andere bei Tongern erhielt. Kaiser Otto schenkte dann diese Güter dem Krönungsstift der hl. Jungfrau zu Aachen, welches auch die Grundherrlichkeit bis zur französischen Eroberung (1794) behielt. (Kaltenbach S. 283 und 303.)
Im 17. Jahrhundert war die Besiedlung soweit fortgeschritten, daß im Jahre 1683 ein Vicar von Oberkrüchten auf eigene Verantwortung hin in Rickelrath eine Kapelle erbaute, woran 1690 ein Beneficium errichtet wurde. 1700 wird die Kapelle an die Kapuziner zu Sittard übertragen. 1710 wurde wieder gebaut, vermutlich in Verbindung mit der Kapelle oder an deren Stelle das noch jetzt stehende einfache Langhaus der Kirche. Nach dem Taufbuch von 1804 waren die alten Glocken vom Jahre 1625, 1425 und 1435 und trugen die Inschriften:
I. Dum sono, te moneo, vitae et moris memento Anno 1625 Christianus Nuckel gous mich.
II. Salvator mundi, beata Maria ego vocor 1425.
III. Ave Maria, gratia plena, dominus tecum.....XXXV.
Bei der Kirche werden Reliquien der hl. Apollonia verehrt, welche Rickelrath in der Oktave zu einem vielbesuchten Wallfahrtsort machen.
Die Kirche und ihr Inneres ist sehr einfach gehalten, Kanzel, Altar und Orgelbühne stammen aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.
1830 wurde der Kirchturm angebaut, Kosten 828 Thlr., 16 Sgr., 10 Pfg.
Im Jahre 1804 wurde Rickelrath zur selbständigen Pfarre erhoben und der Diözese Lüttich zugeteilt. Durch die Bulle: De salute animarum kam sie 1822 zur Kölner Erzdiözese.
Zunächst war auch die eine Stunde von Rickelrath entfernt gelegene Ortschaft Uevekoven der neuen Pfarre zugeteilt, weil die Pfarre sonst zu klein gewesen wäre. Im Jahre 1827 erfolgte aber ihre Rückverweisung zur Pfarre Wegberg (s. unter Uevekoven).
An der Pfarrkirche fungierten:
Pfarrer Adams, 1804 – 1815, nach Elmpt versetzt,
Deservitor Breuer, 1815 — 1816, nach Merbeck versetzt,
Pfarrer Ludwigs, 1816 bis Ende 1817 versetzt,
Pfarrer Peter Wilh. Wanten, 1818 — 1835, 20. 10. gestorben,
Pfarrer Michael Feikes, 1835 — 1836, 21. 4. gestorben,
Pfarrer Matthäus Conrad Feikes, 1836 bis Juli 1878, gest.
Danach wurde die Pfarre durch Hilfsgeistliche verwaltet, bis am 12. September 1887 der noch jetzt amtierende Pfarrer Heinrich Hoffmann eingeführt wurde.
Nach einem alten Herkommen erhielt der Pfarrer außer seinen Geldeinkünften aus jedem Hause ein sogenanntes Kirchenbrot, was ungefähr 900 Pfd. Roggen ausmachte. Hierfür wurde 1859 eine Geldrente von 20 Thlr. eingeführt.
In der Nacht vom 27. auf den 28. August 1831 wurde in die Kirche eingebrochen, das Tabernakel erbrochen und dabei eine Monstranz, ein silbernes Ciborium und ein silbernes Gefäß von 2—3 Zoll Höhe zum Krankenbesuch gestohlen. Der Gesamtwert wird auf 86 Thlr. angegeben.
Am 13. Juni 1835, abends gegen 10 Uhr wurde durch eine Feuersbrunst 11 Wohnhäuser mit anhabenden Scheunen und Stallungen eingeäschert. Da hiervon nur drei versichert waren, so wurde zur Linderung der Not von dem damaligen Landrat Beermann eine Sammlung eingeleitet, die aus den Bürgermeistereien des Kreises und den angrenzenden Gemeinden außer einer großen Menge von Naturalien 396 Thlr,, 12 Sgr. 5 Pfg. einbrachte. Das Erträgnis wurde unter die Brandbetroffenen durch ein Komitee verteilt.
1840 wurde für 250 Thlr., 13 Sgr., 7 Pfg. eine neue Feuerspritze beschafft, die heute noch vorhanden ist,
1842 wurde ein Brandpfuhl angelegt, der jetzt jedoch nicht mehr vorhanden ist.
1847 die Schule erbaut, wozu eine Staatsbeihilfe von 402 Thlr. gewährt wurde. Bis dahin war die Schule in gemieteten Räumen untergebracht.
1863 ein Spritzen- und Latrinenhaus darangebaut; Kosten 233 Thlr.
1878 ist ein neuer Friedhof außerhalb des Ortes angelegt.
8. Tüschenbroich.
Der Name bezeichnet die Örtlichkeit „tuischen Broich = zwischen Sumpf“. Tatsächlich ist die ganze Gegend daselbst Quellgebiet der Schwalm und sumpfig.
Inmitten großer, bei der Gründung durch Frohnarbeit künstlich hergestellter Weiher erheben sich die Überreste des Schlosses „Tüschenbroich“.
Noch jetzt ist erkennbar, daß es sich um eine der größten und mächtigsten Burgen des niederrheinischen Flachlandes handelt, deren erste Besitzer zu der Klasse der am Niederrhein stark vertretenen Raubritter gehörten und die vielfach mit den berüchtigten Raubrittern von Gripekoven gemeinsam auftraten.
Tüschenbroich wird seit der Mitte des 16. Jahrhunderts als zum Amte Wassenberg gehörige Jülich'sche Unterherrschaft bezeichnet, der der Jülich'sche Anteil von Wegberg unterstellt war.
Ein sehr interessantes Verzeichnis der Lehnappertinentien des Hauses Tüschenbroich von 1717 führt in Ziffer 1 die Grenzen der Herrlichkeit Tüschenbroich auf, die sich im Wesentlichen mit den Grenzen des Jülich'schen Anteils der Gemeinde decken.
In den folgenden Punkten beschreibt das erwähnte Verzeichnis das Schloß zu Tüschenbroich mit seinem Zubehör wie folgt:
„Zweitens lieget daß jetzige Haus und Schloß Tüschenbroich wie solcheß von weiland Frantz, Freiherr von Spiering auß dem grundt new auferbauet worden undt in drey großen Flügelen, welche widerumb mit einen nideren Baw in der quadrangel zusamen gefüget – sambt zwey große Thüren undt einen großen Vorhoff oder area bestehet undt ohne dessen umbligenden Weyeren ongefehr eine Distantz von drey morgen begreiffet weilen aber diese geheuchter in hoher Mauren undt vollkommener standt sich befinden ....
3. dan ist zum dritten dieseß Haus zu Tüschenbroich vor Berachter maß mit breyten undt schönen Fischweyeren umbgeben, welche nach dem Augenschein woll ohngefähr bey acht morgen platz endhalten ....
4. in diesem Weyer zum Vierten findet sich vorhaupts Ein Bergh und bezack ringsumb von Wasser umbgeben ad ungefehr anderthalben morgen groß, worauf daß alte Hauß oder Schloß gestanden undt sich anjetzo weiterß nichts alß ein wildeß Holtzgewachs undt ein stück muerwerck thurmes befindet ....
5. zum fünften lieget vor dem Schloß ahn der Brügger der Holtzhoff undt halbwinarß Hauß mit scheur undt stallungs, welcher ebenfalls mit von dem Schloßweyer biß an die einfahrt mit umbzingelt ist undt starck einen morgen im Umbernitz endhaltet ....
6. nun leiget sechstens vor dem Schloß bei dem Vorhoff zur rechter Handt im außgehen der Schloßgarten ad ungefehr drey morgen, sodan der Beyen Bongardt ad ongefehr ein ½ morgen groß ....
21. Nun kombt hiezu zum ein und zwantzigsten die zwangbare Kohrenmühlen mit darbei verpachteten Garten fast an den Schloßweyeren gelegen, welche jederzeit jahrlichst rentirt ad 6½ rthlr in geld, sodan an Früchten vierzigh malter roggen, ein mltr weitzen und 150 Pfund Ferckenß-Fleisch.
22. ebener maßen zum zwey undt zwantzigsten gehört zum Schloß die zwangbahre olligsmühlen mit darbey verpfachteten
Garten hinter an dem Schloßweyer gelegen welche gleichmäßig drißig rthlr in geld, drißig quarten Oly undt fünfzig rübkuchen und ein malder Kuchenmehl in pfacht ausbringen.“
Im weiteren sind in diesem Verzeichnis dann noch die ferneren zum Schloß gehörigen Güter und Ländereien aufgezählt, darunter 23. die 3 Lehn-Güter Graßengut, Gortzgut und Lintzengut, 36. der Dycker Hof, 37. der Schanzerhof mit Brühlerhof.
Das Verzeichnis gibt uns also eine gute Darstellung des damaligen Bauzustandes. Danach stand die ursprüngliche ältere Burganlage auf der inmitten des Weihers gelegenen runden Anhöhe. Reste derselben sind heute noch vorhanden. Erst nach dem Erwerb des Schlosses durch die Spierings (1624) wurde durch Freiherrn Franz von Spiering (gestorben 1649) die teilweise jetzt noch bestehende Schloßanlage von Grund auf neuerbaut, die der Überlieferung nach mit der alten Burg durch einen unterirdischen, unter dem Wasser herführenden Gang verbunden gewesen sein soll.
Heute ist das Schloß zum großen Teil zerfallen.
Rings von Wasser umgeben, fallen zunächst die Hauptgebäude, eine fast genau quadratische Anlage auf, von denen nur noch der nördliche Turm, der westliche Flügelbau ganz, der südliche Turm aber nur zum Teil erhalten sind. Von letzterem steht nur die äußere Hälfte und auch diese ist durch einen Blitzstrahl gespalten; der Rest des Turmes ist in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts eingefallen.
Der Nordturm hat hohe, geschweifte Haube mit hoher geschlossener Laterne aus dem 17. und 18. Jahrhundert, im Erdgeschoß kleine Fensterchen, in den Obergeschossen schmale, quergeteilte Fenster in Hausteinfassung.
Von den übrigen Bauten des Schlosses stehen nur noch teilweise die Grundmauern, an der Nordseite allerdings noch bis zu 3 Meter über Erdboden. In der letzteren sind Schießscharten angebracht. In der Mitte steht noch das alte Eingangstor, Korbbogen mit Quadereinfassung in rechteckiger Blende mit Rollen für die Zugbrücke.
Vor dem hier gelegenen Eingang zur Burg, ebenfalls mit Wassergraben umgeben, lag der Holthof, der nach einer Notiz im Rentenverzeichnis der Pfarre Wegberg um 1721 abgebrochen wurde.
Die älteste Urkunde über Tüschenbroich stammt aus dem Jahre 1172 und befindet sich im Stadtarchiv zu Cöln. Die Abtei zu St. Veit zu M.-Gladbach kauft von Alard von Tüschenbroich und seinem Oheim Geldorf ein Allodium genannt Rackesleiden ad fossam (ein Hof in Hardt bei Gladbach), nachdem der Herzog von Limburg als Lehnsherr seine Zustimmung gegeben hatte. Wegen dieser Besitzung kam es zu einem Streit zwischen der Abtei und den Herren von Tüschenbroich, in dessen Verlauf die erstere ihren Schutzherrn, den Grafen von Odenkirchen anrief. Die mißlichen finanziellen Verhältnisse der Herren von Tüschenbroich schienen aber auch durch den Verkauf von Rackesleiden nicht behoben worden zu sein, denn 1188 wird sogar das Schloß Tüschenbroich selbst von Philipp von Heinsberg für die Kölner Kirche von dem Herzog von Limburg angekauft. (Mitteilungen aus dem Kölner Stadtarchiv XII S. 64.) Nun wechseln die Besitzer mehrfach. Im 13. Jahrhundert gehört das Schloß den Edelherren von Matlar, um 1450 kommt es durch Heirat an Johann von Melich, 1470 durch Heirat an Heinrich Hoen von dem Pesch und ein Teil an Syvaert von Eyll. 1563 ist Bernhard von Eyll Alleinbesitzer, dem sein Enkel Rudolf von Schoenebeck folgt, der 1624 belehnt wird. Am 4. Oktober 1624 verkauft dieser die Besitzung an den Freiherren Franz von Spiering, Herr zu Sevenar, kurfürstlich Pfalz-Neuburgischer geheimer Rats-Marschall des Fürstentums Jülich, Kämmerer, Amtmann von Neuenahr und der Ämter Sinzig und Remagen, der 1627 förmlich damit belehnt wurde. Dieser starb am 20. Mai 1649.
Ein Neffe Freiherr Wolfgang Franz Ignatius von Spiering heiratet 1670 Katharina Dorothea von Rossum aus Doveren, welche ihm reiche Besitzungen in Doveren zubrachte, so den Kühlerhof mit 238 Morgen, den Loherhof mit 148 Morgen, den Oberhof mit 136 Morgen Bodenfläche und ferner den großen Zehnten zu Doveren. Die Spierings hatten an
der Kirche zu Doveren das zweite Beneficium zu vergeben und mußten als Inhaber des großen Zehnten das Schiff der Kirche unterhalten. (Offermanns-Brückmann S. 87, 91.)
Um diese Zeit (Ende des 17. Jahrhunderts) scheinen die Spierings auf der Höhe ihrer Macht gestanden zu haben.
Außer den schon erwähnten Gütern weißt das obenbezeichnete Verzeichnis der Lehnappertinentien von 1717 noch die Grenzen der Herrlichkeit Tüschenbroich nach und zählt noch folgende Rechte auf:
Ziffer 8. In der Herrlichkeit sind 86 steuerbare Hausmanns-Häuser und Höfe, welche jährlich je ein Rauchhuhn im Werte von 2 Blafferden auf das Schloß zu liefern hatten, auch waren die Einwohner „zu Wachen zu dienen, zu Beeckfegen, eisen und sonsten wie von alterß zu thuen schuldig“.
- 9. Der Crinßhof hat 3 schwere Dienste jährlich zu tun.
- 10. Der Rottzehnte in der ganzen Herrlichkeit.
- 11. Die Crintz-Mühle (Kringsmühle) zu Harbeck (Dorp) hat jährlich 4 Summeren Kuchenmehls auf das Schloß zu liefern.
- 12. Die grobe uud kleine Jagd in der ganzen Herrlichkeit, wie auch
- 13. an einigen Plätzen im Amt Waßenberg und im geldrischen Gebiet die kleine Jagd.
- 14. In Wegberg 3 Markttage.
- 15. Die Erbvogtei des Petersholzes und des Frohnhofs zu Kleingladbach. Das Stiftskapitel zu Cöln hatte jährlichst 4½ Malter Roggen, 9 Malter Hafer, 12 Summeren Weizen und 40 rad. albus cölnisch (Geld) zu geben. Der Erbvogt hatte dafür 2mal das Frohngericht halten zu lassen und den Gerichtspersonen das Tractement zu geben. Das Frohngericht fand auf dem Frohnhof oder auf der Kirchporten zu Kleingladbach durch den Vogt der Herrlichkeit Tüschenbroich mit Gerichtsschreibern und 7 Frohnscheffen statt, die alle nebst dem Frohnboten von den zeitigen Herren zu Tüschenbroich ernannt werden. Zur Verwaltung des Petersholz Busches ernannte der Herr von Tüschenbroich und das
- Stiftskapitel je einen Förster. Dem Erbvogt stand vom Petersholz jährlich 16 halbe Morgen Holz und Heide Nutzung zu. Ferner hatte der Herr zu Tüschenbroich auf diesem Busche Gebot und Verbot samt den Brüchten und grober und kleiner Jagd.
- 17. Wenn fremde Bienen in die Herrlichkeit gebracht wurden, mußten von jedem Kaar (Korb) 2 Stüber gezahlt werden.
- 18. Beim Verkauf eines Gutes in der Herrlichkeit hatte der Herr von Tüschenbroich das Vorkaufsrecht.
- 19. Niemand durfte ohne Erlaubnis des Herrn in der Herrlichkeit ein Geschäft oder Wirtschaft betreiben, „noch, Wein, Brandewein oder Bier außverzapfen oder verkauffen“ es sei denn gegen eine Abgabe.
- 20. Der Herr zu Tüschenbroich ernennt Vogt, Scheffen und Boten und hat in der Herrschaft hohes und „legeß“ Hals- und Scheffengericht, Gebot und Verbot, zu „brüchten“ in Geld und Gut, auch zu strafen mit dem Kerker und dem Leben und alle Rechte und Gerechtigkeiten, wie sie die Vorfahren beseßen haben.
- 35. An Erbpacht war zu empfangen am St. Andreastag 8 Malter, 1 Summer, 3½ Viertel, 3 Pinten Hafer, 15 Hühner, 2 Stein Flachs, 29 „Fetmenger“, 5 Heller leicht, an St. Martinstag 4 Kapaunen, 1 Huhn, an St. Stephanstag 10 Vietel Hafer, 1 Huhn, 1 „Fetmengen“.
Die Spierings hatten ihr Erbbegräbnis in der Kirche zu Wegberg.
Zur Familiengeschichte derer von Spiering gehören folgende Eintragungen in den Registern der Pfarre Wegberg:
1702, 16. 3., geboren Anna Catharina Lowisa, Tochter des Herrn de Spierling und seiner Ehefrau Francisca geborenen de Maly;
1704, 2. 8., geboren Franziskus Bernardus, Sohn von Carl Wilhelm Baron de Spiering und seiner Ehefrau Anna Franciska geb. de Mailly.
Paten waren Franz Wilhelm Baron de Spiering zu Fronberg, Elisabetha Walburgis Baronin de Hatsfeld geborene de Spiering in Tüschenbroich, Bernardus Nicolaus Baron de Metternich de Niederberg, Commendatur Francofurtensis.
1705, 29. 2., geboren Agnes Anna, Tochter desselben;
1708, 16. 7., geboren Laurentius Wilhelm Franziskus, Sohn desselben;
1711, 8. 2., geboren Mechtildis Elenora, Magdalena Walpurgis;
Eine Agnes Louise von Spiering, geboren am 22. März 1724 war 1748 mit dem Freiherrn Theodor Alexander von Hovell zu Sölde, Herrn zu Brachelen und Amtmann zu Wassenberg verheiratet.
Im Jahre 1828 starb die männliche Linie der von Spierings aus. Das Schloß erbte Ida Natalie von Spiering, geb. 1812, die sich mit dem Württembergischen Grafen Carl von Dillen vermählte. Dieser verkaufte 1836 die Herrschaft an den Notar Justizrat Gormanns zu Erkelenz, von dem sie durch Erbgang 1850 in den Besitz der Familie Justizrat Jungbluth in Erkelenz überging, die sie noch heute besitzt.
Einige 100 m vom Schloß entfernt liegt an dem Wege nach Geneiken die St. Ulrichskapelle, die schon 1504—1506 erwähnt wird. Die Kapelle wurde am 15. September 1456 von Heinrich von Melich, Herrn zu Tüschenbroich, mit Einkünften fundiert (Lagerbuch 1656 S. 531, Pfarrarchiv). Weiter wurde sie 1691 durch Baronesse de Spiering und 1709 durch Carl Wilh. Baron von Spiering bestiftet. Um diese Zeit war die Kapelle ein vielbesuchter Wallfahrtsort und „gelobten“ manche der fremden Besucher ihr besondere Einkünfte. Der Gottesdienst wurde von der Wegberger Pfarrkirche aus versehen. Der Muttergottes-Altar dieser Kirche hatte in Tüschenbroich einen „Hof unser lieben Frauen“ genannt. Das jetzige Gebäude, achteckig, mit geschweifter Haube und kleinem offenem Dachreiter stammt aus dem 17.—18. Jahrhundert. Das Innere der Kapelle ist heute nur noch einfach ausgestattet. In den letzten Jahren (1906–1907) wurde die Kapelle wieder etwas in Stand gesetzt.
Eine Sage berichtet, daß zur Zeit der spanischen Herrschaft in den Niederlanden in Tüschenbroich ein Inquisitionsgericht bestanden habe. Die zum Tode verurteilten seien in einen mit Messern gespickten Schacht gestürzt worden, wo sie vollständig zerstückelt in die Tiefe fielen. Genaue Nachforschungen
haben keine Beweise für die Richtigkeit dieser Sage ergeben. Etwa 800 m vom Schloß entfernt liegt der Ort Tüschenbroich, der als zum Schloß gehörig in älterer Zeit wohl nur von den Hörigen desselben bewohnt wurde. Heute zählt der Ort 197 männliche, 202 weibliche, zusammen 399 Einwohner in 83 Haushaltungen, die fast nur Landwirtschaft betreiben. Es sind 81 bewohnte und 5 unbewohnte Wohnhäuser vorhanden. Mitten im Ort treten zahlreiche kleine Quellen zu Tage. Im Jahre 1819 wurde ein Haus, welches zum Schulzimmer und Wohnung für den Lehrer dient, angekauft. Die Kosten wurden von den Einwohner aufgebracht. Schon 1837 mußte unter Beibehaltung und Reparatur der Lehrer-Wohnung ein neues Schulhaus gebaut werden. Die Kosten betrugen 798 Thlr., 23 Sgr., 6 Pfg., welche aus dem Erlös des verkauften Dykerheide-Tüschenbroischer-Bruche und Driesches mit 453 Thlr., 29 Sgr., 8 Pfg., der Rest durch Umlage gedeckt wurden.
- 1841 wird ein Brandspritzenhaus nebst Latrine erbaut; Kosten 168 Thlr., 16 Sgr.
- 1860 erfolgt die Melioration des Bruches in Tüschenbroich, wozu die Staatsregierung eine Beihilfe von 100 Thlr. bewilligte.
- 1863 wurde ein neues Schulgebäude errichtet. Kosten 1975 Thlr. Mit Januar 1865 wurde das Gebäude in Benutzung genommen.
- 1868 neue Latrinen angebaut. Kosten 220 Thlr.
- 1877 wurde die alte Schulwohnung in baulichen Zustand gebracht, Kosten 345 Thlr.
- 1904 ein zweite Schulklasse eingerichtet.
Wegen des weiten Weges zur Pfarrkirche erbauten die Einwohner aus freiwilligen Gaben 1865 eine Kapelle und zwar verpflichtete sich jeder Einwohner daselbst von jedem Thlr. Staatseinkommensteuer 100 Thlr. zu zahlen, das sind 10000 %. Die Baukosten betrugen 3200 Thlr. Die Bestrebungen auf Errichtung eines eigenen Pfarrsystems blieben damals erfolglos. 1899 wurde eine Wohnung für einen besonderen Geistlichen erbaut und ein solcher in der Person
des Rektors Cordewener ernannt. Diesem folgte der Rektor Hetzer von 1901 bis 2. Januar 1906 und danach der Rektor Aretz.
Nachdem im Jahre 1904 aus den Orten Tüschenbroich, Geneiken, Genfeld, Broich und Brunbeck unter Abtrennung von Wegberg eine selbständige Kapellengemeinde mit eigener Vermögensverwaltung gebildet worden war, erfolgte am 1. Oktober 1907 die Erhebung dieser Kapellengemeinde zur Pfarre. Zur Erreichung dieses Zieles hatten die Einwohner wiederum große Geldopfer bringen müssen. So zahlten sie z. B. freiwillig zur Errichtung des vorgeschriebenen Pfarrfonds für jede Mk. veranlagter Staatseinkommensteuer 20 Mk. zu diesem Zwecke = also 2000%.
Am 12. Dezember 1907 wurde der bisherige Rektor Franz Aretz als erster Pfarrer in sein Amt eingeführt.
Jetzt plant man eine Vergrößerung oder Neubau der zu klein gewordenen Kirche. 1907 wurde auch ein besonderer Friedhof für die Pfarre von der Gemeinde angelegt.
1885, 12. 7., wurde die Gemarkung von einem starken Hagelschlag heimgesucht.
9. Geneiken.
Das Dorf Geneiken liegt 3,8 km südlich von Wegberg an dem Gemeindeweg von Tüschenbroich nach Grambusch–Schwanenberg. Es zählt 47 Haushaltungen, 47 bewohnte, 12 unbewohnte Wohnhäuser und 104 männliche, 109 weibliche, zusammen 213 Einwohner, welche etwa je zur Hälfte der katholischen und der evangelischen Konfession angehören.
Als die Zahl der evangelischen Schulkinder aus Geneiken und Genfeld 48 erreicht hatte und die bisher besuchte Schule zu Schwanenberg zu ihrer Aufnahme nicht mehr ausreichte, forderte die Königliche Regierung zu Aachen durch Verfügung vom 13. Januar 1857 die Errichtung einer neuen evangelischen Schule zu Geneiken. Trotzdem die Gemeinde sich weigerte, mußte sie die Schule mit Ostern 1858 vorläufig bis zum Bau eines Schulsaales in einem gemieteten Raume unterbringen. Das nutzlose ferneren Widerstandes einsehend, beschloß der Gemeinderat dann am 12. Juli 1858 die Aufnahme eines
Darlehns von 2300 Thlr. zum Neubau einer Schule, welcher Bau l860 ausgeführt wurde.
Die Zahl der evangelischen Schulkinder geht andauernd zurück, heute beträgt sie nur noch 17.
Ein Antrag der hiesigen Gemeinde auf Vereinigung der evangelischen Schule zu Geneiken mit den Schulen der Gemeinde Schwanenberg zu einem gemeinsamen Schulverbande wurde leider 1909 abgelehnt, dagegen erklärte sich Schwanenberg wohl zur vollen Eingemeindung der Orte Geneiken und Genfeld bereit, worauf Wegberg jedoch nicht eingehen konnte.
10. Genfeld.
Im Dorfe Genfeld bildet die Dorfstraße die Gemeindegrenze, sodaß die eine Seite derselben zur Gemeinde Wegberg, die andere Seite zur Gemeinde Schwanenberg gehört.
Der Wegberger Teil zählt 10 bewohnte, 2 unbewohnte Wohnhäuser, 10 Haushaltungen mit 30 männlichen und 24 weiblichen, zusammen 54 Einwohner, die alle der evangelischen Konfession und der Pfarre Schwanenberg angehören.
11. Broich.
Der Weiler Broich liegt abseits des Gemeindeweges Wegberg—Tüschenbroich und hat 4 Wohnhäuser, 4 Haushaltungen mit 8 männlichen und 12 weiblichen, zusammen 20 Einwohnern.
12. Brunbeck.
Der Weiler Brunbeck ist Broich benachbart, zählt 5 Wohnhäuser, 5 Haushaltungen mit 10 männlichen, 11 weiblichen, zusammen 21 Einwohner.
13. Klinkum.
Klinkum ist ein sich außerordentlich lang erstreckendes und an der Wegberg—Arsbecker Provinzialstraße belegenes Dorf, dessen erste Häuser 1 km hinter Wegberg beginnen und das sich auf eine Länge von 3 km bis fast an das Dorf Arsbeck hinzieht. Es zählt mit dem etwas abseits gelegenen dazu gehörigen Weiler Bischofshütte 171 bewohnte, 12 unbewohnte
Wohnhäuser, 178 Haushaltungen mit 439 männlichen und 473 weiblichen, zusammen 912 Einwohner.
In Klinkum bestand früher ein zur Burg in Wegberg gehörender Bauernhof der sog. Cumper Hof. Die älteren Häuser des Orts liegen fast alle etwa 100 m abseits der jetzigen Landstraße. Wie schon vorher erwähnt, führte schon in Römerzeiten ein Weg von Roermond über Arsbeck—Klinkum nach Wegberg.
Die älteste bekannte Urkunde, in welcher Klinkum erwähnt ist, stammt aus dem Jahre 1454. (Abschrift im Lagerbuch von 1656 S. 278, Pfarrarchiv Wegberg.) Darin verschreiben die Eheleute Hermann Scherken dem leins Holtschnyders eine Erbpacht von 2 Malter Roggen, und 7 Summeren Even, wogegen dieser auf ihrem Erbe zu Oberklinkum ein Haus mit Scheune baut. Diese Erbpacht war später im Besitz der Pfarrkirche.
Bereits im Jahre 1789 wurde in Klinkum eine Schule gegründet; der Ort muß also schon größere Bedeutung gehabt haben, wenn auch weiter erwähnenswertes aus dieser Zeit nicht zu berichten ist. Der Ort behielt bis zum heutigen Tage seinen fast rein ländlichen Charakter, die neueren Häuser stehen zerstreut an der erst jüngeren Provinzialstraße Wegberg—Arsbeck, sodaß der Ort sich auf eine Länge von 2—3 km erstreckt.
In neuerer Zeit baut sich der Ort mehr um die Kirche an.
Aus der Gemeindechronik ist folgendes zu erwähnen:
1828 wurde die im Jahre 1820 gegründete Gemeindebaumschule von Wegberg nach Klinkum in den Schulgarten verlegt. Sie ist jetzt längst eingegangen.
1835 wurde der Schulsaal durch einen Anbau vergrößert. Kosten = 178 Thlr. 25 Sgr. 4 Pfg., die durch Sammlung im Schulbezirke aufgebracht wurden.
1843 fielen in 10 Tagen in einer Nachbarschaft 5 Stück Rindvieh an Milzbrand.
1844 wurde an die alte Schule ein neuer Schulsaal angebaut und die Lehrerwohnung ausgebessert. Kosten 1441 Thlr. 15 Sgr., welche Klinkum durch Umlage aufbrachte.
1847 wird das Spritzenhaus erbaut. Kosten 119 Thlr. 15 Sgr. 8 Pfg.
1856 an der Schule neue Stallungen erbaut. Kosten 520 Thlr.
1860 errichtete der Lehrer Küppers eine ländliche Fortbildungsschule, die jedoch nicht lange bestand.
1872 traten in Klinkum die schwarzen Pocken (Blattern) auf, von Holland eingeschleppt. Durch Isolierung des betroffenen Hauses nahm die Krankheit keine weitere Ausdehnung.
1885 wurde die Feldfrucht am 12. Juli durch einen starken Hagelschlag sehr geschädigt.
1896 wurde in Oberklinkum ein zweites Schulgebäude für eine Klasse errichtet, welches 1897 fertig gestellt und am 11. Juli bezogen werden konnte.
1901 entstand ein größerer Brand, durch den 4 Wohnhäuser eingeäschert wurden.
1910 legte die Zivilgemeinde in Klinkum einen besonderen Friedhof an.
Kirche Klinkum.
In dem großen Orte war lange der Wunsch nach einem eigenen Gotteshause rege gewesen. Eigene Opferwilligkeit hatte schon größere Summen für die Errichtung eines solchen zusammengebracht. Aber die kirchlichen Behörden suchten zunächst die Ausführung zurückzuhalten. Noch in der Sitzung des Kirchenvorstandes der Pfarre Wegberg vom 2. Aug. 1899 wurde folgender Beschluß gefaßt:
Urkunde Nr. 18. (Gemeindearchiv.)
„Den Bau einer neuen Kirche zu Klinkum findet der Kirchenvorstand nicht für notwendig, denn 1. die Bevölkerung zu Klinkum nimmt nicht zu, sondern ab; 2. die Entfernung der Einwohner Klinkums von der Pfarrkirche ist nur für einen Teil derselben eine große zu nennen; 3. für die seelsorglichen Bedürfnisse der Einwohner Klinkums ist wie allgemein zugestanden wird, auf das Beste gesorgt. — Was die vollständige Sicherung der Baumittel, als der Mittel zur künftigen Unterhaltung der Kirche anbetrifft, so ist diese zweifelhaft, da die bürgerliche Gemeinde nicht eine reiche oder wohlhabende ist.“
Nach dem Tode des damaligen Pfarrers Braun zu Wegberg nahm unter dem neuen Pfarrer Müller die Angelegenheit einen für Klinkum günstigeren Verlauf. Nach Sicherung der Baumittel durch freiwillige Gaben erteilte die Staatsregierung auch ihrerseits die Genehmigung zum Bau einer neuen Kirche. Die Baupläne dazu wurden von dem Königlichen Baurat Daniels aus Aachen angefertigt, die Ausführung, mit der im Sommer 1902 begonnen wurde, dem Bauunternehmer Peter Bartz aus Heinsberg übertragen. Die Kirche ist eine gotische dreischiffige Hallenkirche mit Querschiff, vorgezogenem Chor und vorgebautem Turm. Bei einer Gesamtlänge von 18,13 Meter hat sie eine innere Breite in den Schiffen von 13,65 Meter, in dem Querschiff von 15,32 Meter. Der Turm hat eine Gesamthöhe von 56 Meter. Die Baukosten beliefen sich auf 67 000 Mk. ohne die Fuhr- und Handlangerdienste, die von den Einwohnern unentgeltlich geleistet wurden.
Die Grundsteinlegung erfolgte am 29. Juni 1902, 1903 wurde der Rohbau vollendet und 1904 die Kirche fertiggestellt. Am 29. Juni 1905 erfolgte die Konsekrierung der Kirche durch den Weihbischof Müller aus Cöln.
1907 wurde ein Pastoratgebäude neben der Kirche erbaut und 1910 am Turm der Kirche eine Uhr angebracht. Die Pastorat kostete im Rohbau 17 000 Mk. wobei ebenfalls die notwendigen Fuhren von den Einwohnern unentgeltlich geleistet wurden.
Die Grundstücke für Kirche und Pastorat wurden geschenkt.
Am 6. Juni 1909 erfolgte die Weihe der 4 von Glockengießer Otto in Hemelingen gegossenen neuen Glocken mit den Haupttönen: es, ges, as, b. Sie tragen folgende Inschriften:
- 1. CasparVs–VoCor–orIentIs–reX–CLIens–MeVs–Vere–VoCabItVr–In–FIne–eLeCtVs–CIVIs–CaeLestIs.
- 2. IesVs–ChrIstVs–saLVator–peCCatorIbVs–eXplantIbVs–MItIs–sIt–IVDeX.
- 3. sanCtVs–IosephVs–patronVs–benefaCtorIs–pII–benIngnVs–aDsIt–nobIs–In–rIgorosIs–eXItVs–nostrI–LVCtaMInIbVs.
- 4. aVe–regIna–aVe–sanCta–Mater–In–hVIVs–eXILII–neCessItatIbVs–Caros–tVos–aDIVVa.
Das Chronogramm ergibt auf allen Glocken das Jahr 1909.
Das Gesamtgewicht der Glocken beträgt 3700 kg. Mit dem gußeisernen Glockenstuhl kosten die Glocken 11 000 Mk.
Bis Weihnachten 1907 wurde der Gottesdienst von Wegberg aus versehen, dann aber als erster Geistlicher der Rektor Leonhard Claßen, bisher in Kreuzau installiert. Am 1. April 1909 erfolgte die Erhebung Klinkums zum selbständigen Rektoratsbezirk.
Durch Urkunde vom 22. Dezember 1911 wurde ein an die Pfarre Arsbeck angrenzender Teil der Kapellengemeinde von dieser losgelöst und der Pfarre Arsbeck mit Wirkung vom 1. Januar 1912 überwiesen. Gleichzeitig schweben die Verhandlungen wegen Erhebung Klinkums zur selbständigen Pfarre, die wohl im Laufe des Jahres 1912 zum Ziel führen werden.
14. Weiler Petersholz.
Petersholz liegt westlich von Klinkum an dem Gemeindeweg Klinkum—Wildenrath. Es zählte 1910 = 54 männliche, 42 weibliche, zusammen 96 Einwohner in 19 Haushaltungen und 19 bewohnten, 2 unbewohnten Wohnhäusern.
Der Ort ist erst im letzten Jahrhundert angebaut worden. In früherer Zeit war Petersholz ein Erbwald (Gemeinschaftswald.) Der Herr von Tüschenbroich war Erbvogt dieses Busches und des Frohnhofs zu Klein-Gladbach. Zur Verwaltuug des Busches waren 2 Förster bestellt, von denen einer vom Domkapitel, der andere vom Herrn von Tüschenbroich bestellt wurde. Der Herr von Tüschenbroich hatte als Erbvogt jährlich Anrecht auf 16 halbe Morgen Holz und Heide Gerechtigkeit, Gebot und Verbot, sowie die grobe und kleine Jagd. (Verzeichnis der zum Hause Tüschenbroich gehörenden Rechte von 1717.)
Gegen 1824 schwebten Verhandlungen zur Aufteilung des Erbwaldes zu Petersholz, groß 900 Morgen, bestanden mit einigem Birkenschlagholz und einigen Fichten, an welchem 200 Erbberechtigte beteiligt waren. Die Königliche Forst-Administration machte ihrerseits auch Ansprüche geltend, mit
der Begründung, daß die Nutznießer keine Eigentümer, sondern blos Erbpächter wären und die Erbpacht noch im Jahre 1798 an das Domkapitel entrichtet hätten.
Am 18. Februar 1824 sprachen sich die Vorsteher und Meistbeerbten des St. Petersholzer-Busches gegen die Teilung desselben aus. Das Verfahren schwebte noch 1857, führte aber schließlich doch zur Teilung unter die Erbberechtigten.
15. Teil des Dorfes Arsbeck.
Die ersten Häuser des im Kreise Heinsberg gelegenen geschlossenen Dorfes Arsbeck gehören noch zur Gemeinde Wegberg und seit dem 1. Januar 1912 zur Pfarre Arsbeck.
Dieser Teil zählte 1910 13 männliche, 17 weibliche, zusammen 30 Einwohner in 7 Haushaltungen und 1 unbewohntes, 7 bewohnte Wohnhäuser.
Anhang
enthaltend die ortsstatutarischen und Ortspolizei-Verordnungen.
Ordnung für die Erhebung einer Gemeindesteuer vom Erwerbe von Grundstücken und von Rechten, für welche die auf Grundstücke bezüglichen Vorschriften gelten in der Gemeinde Wegberg.
Auf Grund der §§ 13, 18, 69, 70 und 82 des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893 (Gesetz-Samml. S. 152) und der Beschlüsse des Gemeinderates von Wegberg vom 13. September, 29. November 1909 und 25. Jan. 1910 wird für die Gemeinde Wegberg nachstehende Steuerordnung erlassen.
Jeder abgeleitete Eigentumserwerb eines in der Gemeinde belegenen Grundstücks oder Erwerb eines Rechtes, für welches die auf Grundstücke bezüglichen Vorschriften gelten (Bergwerkseigentums, Erbbaurechts), unterliegt einer Steuer von eins vom Hundert des Wertes des erworbenen Grundstücks oder Rechtes.
Erfolgt eine Auflassung auf Grund mehrerer, das Recht auf Auflassung begründender lästiger Rechtsgeschäfte von dem ersten Veräußerer an den letzten Erwerber, so werden die Erwerbspreise dieser sämtlichen Rechtsgeschäfte zusammengerechnet und ist die Steuer von diesem Gesamtbetrage zu entrichten. Übertragungen der Rechte eines Erwerbes aus dem Veräußerungsgeschäfte oder nachträgliche Erklärungen eines aus dem Veräußerungsgeschäfte berechtigten Erwerbers, die Rechte für einen Dritten erworben bezw. die Pflichten für einen Dritten übernommen zu haben, werden wie Veräußerungen behandelt. Hat jedoch ein Erwerber das Veräußerungsgeschäft nachweislich auf Grund eines Vollmachtvertrages oder einer Geschäftsführung ohne Auftrag für einen Dritten abgeschlossen, so bleibt die Übertragung seiner Rechte an den Dritten bei der Berechnung des zu versteuernden Betrages außer Betracht.
Die Umsatzsteuer gelangt auch im Falle des Wechsels im Personenbestande von Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Kommanditgesellschaften, Gewerkschaften, eingetragenen Genossenschaften und eingetragenen Vereinen, sowie offenen Handelsgesellschaften, von deren Grundeigentum insoweit zur Erhebung als es der Beteiligung des ausscheidenden oder
hinzutretenden Gesellschafters oder Mitgliedes an der Gesellschaft entspricht.
In Fällen, in welchen auf Grund gesetzlichen Anspruchs auf Rückgängigmachung des Veräußerungsgeschäfts ein Rückerwerb von Grundstücken oder Rechten stattgefunden hat, kommt die Steuer nicht zur Erhebung. In anderen Fällen eines Rückerwerbes kann der Gemeindevorstand die zu entrichtende Steuer aus Billigkeitsrücksichten bis auf 1/20 ihres Betrages ermäßigen.
Zur Zahlung der Steuer sind der Erwerber und der Veräußerer, im Falle des Absatzes 2 der letzte Erwerber und der erste Veräußerer gesamtschuldnerisch verpflichtet. Steht einem der Beteiligten nach den landesstempelgesetzlichen Vorschriften ein Anspruch auf Befreiung von der Abgabe zu (§ 6), so ist von dem anderen Teile die Hälfte der Steuer zu entrichten.
Bei Erwerbungen im Zwangsversteigerungsverfahren ist die Steuer von demjenigen zu entrichten, welchem der Zuschlag erteilt ist. Wenn der Ersteher Hypotheken- oder Grundschuldgläubiger ist, so wird die Steuer nur von dem Betrage des Meistgebots erhoben, welcher den Gesamtbetrag seiner Hypotheken- oder Grundschuldforderung und der dieser vorgehenden Forderungen übersteigt. Ist der Ersteher eine von der Zahlung des Stempels befreite Person (§ 6), so kommt eine Steuer nicht zur Erhebung.
Die Errichtung eines Familienfideikommisses oder einer Familienstiftung unterliegt nicht der Umsatzsteuer.
Ein Erwerb von Todeswegen oder auf Grund einer Schenkung unter Lebenden im Sinne des Reichs-Erbschaftssteuergesetzes vom 3. Juni 1906 (Reichs-Gesetzbl. S. 654) bleibt frei von der im § 1 bezeichneten Steuer.
Die Steuer wird nicht erhoben, wenn ein Grundstück oder Recht von einem Veräußerer auf einen Abkömmling auf Grund eines lästigen Vertrages übertragen wird, oder wenn einer oder mehrere von den Teilnehmern an einer Erbschaft ein zu dem gemeinsamen Nachlasse gehöriges Grundstück oder
Recht erwerben. Zu den Teilnehmern an einer Erbschaft wird auch der überlebende Ehegatte gerechnet, welcher mit den Erben des verstorbenen Ehegatten gütergemeinschaftliches Vermögen zu teilen hat.
Bei Eigentumserwerbungen, die zum Zwecke der Teilung der von Miteigentümern gemeinschaftlich besessenen Grundstücke bezw. Rechte außer dem Falle der Erbgemeinschaft (vgl. § 3) erfolgen, kommt die Steuer nur insoweit zur Erhebung, als der Wert des dem bisherigen Miteigentümer übertragenen Eigentums mehr beträgt, als der Wert des bisherigen ideellen Anteils dieses Miteigentümers an der ganzen zur Teilung gelangten gemeinschaftlichen Vermögensmasse.
Erfolgt der Erwerb auf Grund von Tauschverträgen, so berechnet sich die Steuer nach dem Werte der von einem der Vertragschließenden in Tausch gegebenen Grundstücke oder Rechte und zwar nach denjenigen, welche den höheren Wert haben, bei dem Tausche in der Gemeinde belegener Grundstücke oder Rechte gegen außerhalb derselben belegene nach dem Werte der ersteren.
Wegen der sachlichen und persönlichen Steuerbefreiungen und Steuerermäßigungen, insoweit sie nicht bereits durch die vorangegangenen Bestimmungen geregelt worden sind, finden die §§ 4 und 5 des Stempelsteuergesetzes vom 30. Juni 1909 mit folgenden Maßgaben entsprechende Anwendung:
- Dem Staatsoberhaupte und dem Fiskus anderer Staaten als des Deutschen Reiches und des Preußischen Staates, den öffentlichen Anstalten und Kassen, die für Rechnung eines solchen anderen Staates verwaltet werden oder diesen gleichgestellt sind, den Chefs der bei dem Deutschen Reiche oder bei Preußen beglaubigten Missionen sowie den ausländischen Anstalten, Stiftungen und Vereinen usw. (§ 5 Abs. 1 d—g, Abs. 3 a. a. O.) wird Steuerbefreiung gewährt, wenn nach der Erklärung des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten in dem betreffenden Staat Preußen gegenüber die gleiche Rücksicht geübt wird.
Die Wertermittelung ist in denjenigen Fällen, in welchem die Steuer von dem Werte zu berechnen ist, auf den gemeinen Wert des Gegenstandes zur Zeit des Erwerbsaktes zu richten.
In keinem Falle darf ein geringerer Wert versteuert werden, als der zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber bedungene Preis mit Einschluß der vom Erwerber übernommenen Lasten und Leistungen und unter Zurechnung der vorbehaltenen Nutzungen. Die auf dem Gegenstande haftenden gemeinen Lasten werden hierbei nicht mitgerechnet; Renten und andere zu gewissen Zeiten wiederkehrende Leistungen werden nach den Vorschriften des Reichs-Erbschaftssteuergesetzes vom 3. Juni 1906 § 17 ff. und der dazu vom Bundesrat erlassenen Ausführungsbestimmungen kapitalisiert.
Wird ein Grundstück oder Recht im Zwangsversteigerungsverfahren erworben, so ist die Steuer von dem Betrage des Meistgebots zu berechnen, zu welchem der Zuschlag erteilt wird, unter Hinzurechnung des Wertes der von dem Ersteher übernommenen Leistungen.
Die Veranlagung der Steuer geschieht durch den Gemeindevorstand.
Die zur Entrichtung der Steuer Verpflichteten haben innerhalb zwei Wochen nach dem Erwerbe dem Gemeindevorstande hiervon sowie von allen sonstigen für die Festsetzung der Steuer in Betracht kommenden Verhältnissen schriftliche oder protokollarische Mitteilung zu machen, auch auf Erfordern die die Steuerpflichtigkeit betreffenden Urkunden vorzulegen.
Auf Verlangen des Gemeindevorstandes sind die Steuerpflichtigen verbunden, über bestimmte, für die Veranlagung der Steuer erhebliche Tatsachen innerhalb einer ihnen zu bestimmenden Frist schriftlich oder zu Protokoll Auskunft zu erteilen.
Der Gemeindevorstand ist bei der Veranlagung der Steuer an die Angaben der Steuerpflichtigen nicht gebunden.
Wird die erteilte Auskunft beanstandet, so sind dem Steuerpflichtigen vor der Veranlagung die Gründe der Beanstandung mit dem Anheimstellen mitzuteilen, hierüber binnen einer angemessenen Frist eine weitere Erklärung abzugeben. Findet eine Einigung mit dem Steuerpflichtigen nicht statt, so kann der Gemeindevorstand die zu entrichtende Steuer nötigenfalls nach dem Gutachten Sachverständiger festsetzen.
Nach bewirkter Prüfung erfolgt die Veranlagung durch den Gemeindevorstand, worüber dem Steuerpflichtigen eine schriftliche Mitteilung (Veranlagung) zuzustellen ist.
Die Steuer ist innerhalb drei Wochen an die Gemeindekasse zu entrichten. Nach vergeblicher Aufforderung zur Zahlung erfolgt die Einziehung der Steuer im Verwaltungszwangsverfahren.
Der Einspruch gegen die Veranlagung ist binnen einer Frist von vier Wochen nach Zustellung der Veranlagung beim Gemeindevorstand schriftlich oder protokollarisch anzubringen.
Über den Einspruch beschließt der Gemeindevorstand. Gegen dessen Beschluß steht dem Steuerpflichtigen binnen einer mit dem ersten Tage nach erfolgter Zustellung beginnenden Frist von zwei Wochen die Klage im Verwaltungsstreitverfahren an den Kreisausschuß offen.
Durch Einspruch und Klage wird die Verpflichtung zur Abführung der Steuer nicht aufgeschoben.
Wer eine ihm nach § 9 dieser Ordnung obliegende Anzeige oder Auskunft nicht rechtzeitig oder nicht in der vorgeschriebenen Form erstattet, wird, insofern nicht nach den bestehenden Gesetzen eine höhere Strafe verwirkt ist, mit einer Geldstrafe von einer bis dreißig Mark bestraft.
Diese Ordnung tritt mit dem Tage ihrer Verkündigung in Kraft.
- Wegberg, den 25. Januar 1910.
- Der Bürgermeister, Vollmer.
Ordnung, betreffend die Erhebung von Lustbarkeitssteuern im Bezirke der Gemeinde Wegberg.
Auf Grund des Beschlusses des Gemeinderats von Wegberg vom heutigen Tage wird hierdurch gemäß §§ 15, 18 und 82 des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893 nachstehende Ordnung betreffend die Erhebung von Lustbarkeitssteuern für die Gemeinde Wegberg erlassen.
Für die im Bezirk der Gemeinde Wegberg stattfindenden öffentlichen Lustbarkeiten sind an die hiesige Gemeindekasse nachstehende Steuern zu entrichten und zwar:
- 1. für die Veranstaltung einer Tanzbelustigung
- a) an den für öffentliche Tanzlustbarkeiten allgemein freigegebenen Tagen ohne Rücksicht auf die Dauer.....10 Mk.
- b) an anderen Tagen, wenn die Tanzbelustigung höchstens 6 Stunden und längstens bis 12 Uhr nachts dauert.....20 Mk.
- c) desgleichen, wenn die Tanzbelustigung mehr als 6 Stunden dauert oder über 12 Uhr nachts hinaus ausgedehnt wird.....30 Mk.
- 2. für die Veranstaltung
- a) eines Konzertes.....3 Mk.
- b) einer Theatervorstellung.....4 Mk.
- c) einer Theatervorstellung mit Konzert.....5 Mk.
- 3. für Gesangs-, deklamatorische oder musikalische Vorträge für den Tag.....4 Mk.
- 4. für die Veranstaltung von Rauchwettstreiten für den Tag.....100 Mk.
- 5. für die Veranstaltung von Preiskegeln oder Preisbillardspielen gegen Entgelt für den Tag.....5 Mk.
- 6.
- a) für Vogelschießen für den Tag.....2 Mk.
- b) für Preisschießen für den Tag.....5 Mk.
- 7. für sogenannte Tingel-Tangel, Spezialitäten-Theater oder Theatervorstellungen umherziehender Gesellschaften für den Tag.....6 Mk. (138 ≡)
- 8. für Vorstellungen von Gymnastikern, Equilibristen, Ballet- und Seiltänzern, Taschenspielern, Zauberkünstlern, Bauchrednern und dergleichen, ferner für Schaustellung von Merkwürdigkeiten, Zwergen, Riesen usw. für den Tag.....4–10 Mk.
- 9. für die Veranstaltung einer Kunstreiter- oder ähnlichen Vor- oder Schaustellung, sowie für Wettrennen oder Wettfahrten, ferner für Menagerien, Hippodrome und dergleichen für den Tag.....5–30 Mk.
- 10. für den Betrieb eines Karussels
- a) wenn es durch Tiere oder Menschenhand gedreht wird für den Tag.....10 Mk.
- b) wenn es durch Maschinenkraft bewegt wird.....30 Mk.
- 11. für den Betrieb einer Schiffsschaukel oder russischen Schaukel für den Tag.....10 Mk.
- 12. für den Betrieb einer Schießbude für den Tag.....5 Mk.
- 13. für den Betrieb einer Würfelbude, Glücks- oder Spielbude, oder eines Glücksrades (mit Ausnahme der sogenannten Drehbretter der Konditoren, soweit es sich bei diesen nur um die Ausspielung von Backwaren handelt) für den Tag.....2–20 Mk.
- 14. für das Aufstellen und den Betrieb einer Schlagmaschine, eines Ring- oder Plattenwerfens, sowie Bolzenschießens für den Tag.....2 Mk.
- 15. für die Aufstellung von Automaten jeder Art in Wirtschaften, wenn die Automaten zur Unterhaltung der Gäste dienen und benutzt werden, für jeden Automat für das Steuerjahr vom 1. April bis 31. März oder Teile desselben.....8 Mk.
- Die Steuer ist auch dann ganz zu entrichten, wenn der Automat nur während eines Teiles des Jahres zur Benutzung aufgestellt war.
- 16. für das Aufstellen und den Betrieb
- a) eines Wanderkinematographen für den Tag.....15 Mk.
- b) eines ständigen Kinematographen für den Monat.....60 Mk.
- 17. für öffentliche Lustbarkeiten der vorstehend nicht gedachten Art, insbesondere für das Halten eines Marionetten-Theaters, für das Vorzeigen eines Panoramas, Wachsfigurenkabinets, Museums, für die Veranstaltung eines Feuerwerks, je nach dem zu erwartenden Gewinn des Unternehmers für den Tag.....1–30 Mk.
In den im § 1 Ziffer 1 a–c gedachten Fällen schließt die höhere Steuer die niedrigere in sich ein.
Für mehrere an demselben Tage unmittelbar aufeinander folgende Lustbarkeiten der in § 1 Ziffer 1, 2, 3, 6a und b, 7, 8, 9, 16 gedachten Art, welche als eine einzige Veranstaltung anzusehen sind, bezw. von denselben Teilnehmern gegen einmaliges Eintrittsgeld besucht werden können, wird die Steuer nur einmal und zwar für die höchstbesteuerte Lustbarkeit erhoben. In den in § 1 Ziffer 8, 9, 13 und 17 gedachten Fällen erfolgt die Festsetzung der Steuer von Fall zu Fall durch den Bürgermeister.
Die Steuer ist vor Beginn der Lustbarkeit zu zahlen. Soweit es sich um eine Monats- oder Jahressteuer handelt (§ 1, Ziffer 15 und 16 b) beginnt die Zahlungspflicht mit dem ersten Tage der Inbetriebsetzung der Lustbarkeit. Für die Zahlung haftet derjenige, der die Lustbarkeit veranstaltet und, falls ein geschlossener Raum für die Veranstaltung der Lustbarkeit hergegeben wird, der Besitzer oder Inhaber desselben, dieser mit den Veranstaltern für das Ganze.
Die Bescheinigung über die erfolgte Zahlung ist den Polizeibeamten auf Verlangen vorzuzeigen.
Den öffentlichen Lustbarkeiten im Sinne dieser Ordnung sind diejenigen gleichgestellt, welche von geschlossenen Vereinen
oder Gesellschaften, oder von solchen Vereinen (Gesellschaften) veranstaltet werden, die zu diesem Behufe gebildet sind.
Zusammenkünfte von Schützen-, Turn-, Musik- und Gesangvereinen, sowie von gemeinnützigen und patriotischen Vereinen, welche lediglich zur Übung und Vorbereitung veranstaltet werden, bleiben von der Entrichtung der Abgaben befreit, wenn sie auf die Vereinsmitglieder beschränkt sind und kein Eintrittsgeld oder sonstiges Entgelt erhoben wird.
Als öffentliche Lustbarkeiten im Sinne dieser Ordnung gelten diejenigen nicht, bei welchem ausschließlich ein höheres wissenschaftliches oder Kunstinteresse obwaltet.
Bei öffentlichen Lustbarkeiten, deren Reinertrag ganz zu wohltätigen Zwecken bestimmt ist und der etwa erzielte Überschuß weder ganz noch zum Teil in die Kasse des Veranstalters fließt, kann die Steuer von dem Bürgermeister erlassen werden.
Lustbarkeiten, welche zur Feier patriotischer Feste, namentlich des Geburtstages Sr. Majestät des Kaisers und Königs veranstaltet werden, bleiben steuerfrei, sofern sie an dem nationalen Feiertage selbst stattfinden, trifft diese Voraussetzung nicht zu, so kann die Steuer für die Lustbarkeit von dem Bürgermeister erlassen werden. In gleicher Weise kann der Bürgermeister jeder hiesigen freiwilligen Feuerwehr die Steuer für jährlich eine Lustbarkeit erlassen. Im übrigen kann in besonderen Fällen die Steuer auf Antrag von dem Gemeinderat erlassen werden.
Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen dieser Ordnung unterliegen neben der Verpflichtung zur Nachzahlung der Steuer einer Strafe von 3—30 Mark.
Die nach dieser Steuerordunng zu zahlenden Steuern und Strafen unterliegen, sofern sie nicht innerhalb der durch diese Ordnung festgesetzten Frist gezahlt werden, der Beitreibung im Verwaltungszwangsverfahren.
Unberührt bleiben die im Bezirke der Gemeinde Wegberg erlassenen, die Veranstaltung von öffentlichen Lustbarkeiten betreffenden polizeilichen Vorschriften.
Vorstehende Ordnung tritt mit dem Tage ihrer Veröffentlichung in Kraft. Mit demselben Tage wird die Lustbarkeitssteuerordnung vom 26. November 1906 aufgehoben.
- Wegberg, den 19. August 1909.
- Der Bürgermeister: Vollmer.
Ordnung, betreffend die Erhebung einer Hundesteuer im Bezirke der Gemeinde Wegberg.
Auf Grund des Beschlusses des Gemeinderats von Wegberg vom heutigen Tage wird hierdurch in Gemäßheit der §§ 16, 18, 82 des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893 nachstehende Ordnung, betreffend die Erhebung einer Hundesteuer im Bezirke der Gemeinde Wegberg erlassen.
Wer einen nicht mehr an der Mutter saugenden Hund hält, hat für denselben jährlich eine Steuer von 5 Mark in halbjährigen Raten und zwar in den ersten 14 Tagen eines jeden halben Jahres an die Gemeindekasse zu entrichten. Das erste halbe Jahr erstreckt sich auf die Zeit vom 1. April bis Ende September.
Es ist gestattet, die Steuer für das ganze Jahr in ungetrennter Summe im Voraus zu entrichten.
Über die Steuerzahlung ist Quittung zu erteilen.
Für einen Hund, welcher im Laufe eines halben Jahres (§ 1) steuerpflichtig wird, sowie für einen steuerpflichtigen Hund, welcher im Laufe eines halben Jahres angeschafft worden ist, muß die volle Steuer für das laufende halbe Jahr binnen 14 Tagen, vom Beginn der Steuerpflicht an gerechnet, entrichtet werden.
Wer einen bereits hier versteuerten Hund erwirbt oder mit einem solchen neu anzieht, oder einen Hund an Stelle eines eingegangenen versteuerten Hundes erwirbt, darf für das laufende halbe Jahr die gezahlte Steuer auf die zu zahlende in Anrechnung bringen.
Steuerrückstände werden im Wege des Verwaltungszwangsverfahrens beigetrieben.
Wer einen steuerpflichtigen oder steuerfreien Hund anschafft, oder mit einem Hunde neu anzieht, hat denselben binnen 14 Tagen nach der Anschaffung bezw. nach dem Anzuge bei dem Bürgermeisteramte Wegberg anzumelden. Neugeborene Hunde gelten als angeschafft nach Ablauf von 14 Tagen, nachdem dieselben aufgehört haben an der Mutter zu saugen.
Jeder Hund, welcher abgeschafft worden, abhanden gekommen oder eingegangen ist, muß spätestens innerhalb der ersten 14 Tage nach dem Ablaufe des halben Jahres (§ 1), innerhalb dessen der Abgang erfolgt ist, abgemeldet werden, widrigenfalls die Steuer, welche für denselben zu entrichten gewesen ist, bis einschließlich desjenigen halben Jahres, in welchem die Abmeldung geschehen, fortgezahlt werden muß.
Von der Steuer sind die Besitzer solcher Hunde frei, die zur Bewachung oder zum Gewerbe unentbehrlich sind.
- Mit dieser Maßgabe tritt die Steuerfreiheit ein:
- a) für jede Haushaltung für einen Hund zur Bewachung des Hauses oder Hofes, der jedoch nicht außerhalb des Grundstückes frei umherlaufen darf;
- b) für Hundebesitzer, welche sich nicht über 3 Monate lang mit ihren Hunden in der Gemeinde Wegberg aufhalten;
- c) für dauernd, also nicht nur kurze Zeit als Zugtiere verwendete Hunde;
- d) für Hunde der Polizeibeamten und Nachtwächter, welche mit Genehmigung des Bürgermeisters von diesen bei Ausübung des Dienstes mitgeführt werden;
- e) für Hirten für einen Hund;
- f) für sonstige Gewerbetreibende für einen Hund zur Bewachung erheblicher Warenvorräte, wenn der Hund nicht außerhalb des Grundstücks frei umherläuft.
Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften dieser Ordnung ziehen eine Strafe bis zur Höhe von 30 Mk. nach sich.
Die in Bezug auf das Halten von Hunden bestehenden Polizei-Vorschriften werden durch vorstehende Bestimmungen nicht berührt.
Gegenwärtige Ordnung tritt am 1. April 1910 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Hundesteuerverordnung vom 31. Juli 1894 mit dem Nachtrag vom 14. Januar 1907 außer Kraft.
- Wegberg, den 19. August 1909.
- Der Bürgermeister: Vollmer.
Beschluß über die Erhebung von Fremdenschulgeld.
Auf Grund des § 6 des Gesetzes betr. die Unterhaltung der öffentlichen Volksschulen vom 28. Juli 1906 und der Beschlüsse des Gemeinderats vom 14. August und 28. Sept. 1911 werden für den Umfang der Gemeinde Wegberg folgende Bestimmungen erlassen:
Von den die hiesigen Volksschulen besuchenden nicht einheimischen Kindern wird Fremdschulgeld erhoben.
Als einheimisch gelten Kinder, welche reichsangehörig sind und im Schulverband entweder an den Wohnort dessen, dem die Sorge für die Person des Kindes obliegt, wohnen oder von Privatpersonen unentgeltlich in Pflege und Kost genommen sind.
Das Fremdenschulgeld beträgt 25 Mk. Für das zweite und dritte Kind einer und derselben Familie tritt eine Ermäßigung des Schulgeldsatzes von je 10 % ein, die übrigen noch
folgenden schulpflichtigen Kinder desselben Familienvaters sind von der Entrichtung des Schulgeldes ganz befreit.
Das Schulgeld ist in vierteljährlichen Beträgen in der ersten Hälfte des zweiten Monats eines jeden Vierteljahres bei der Gemeindekasse hierselbst einzuzahlen.
Die Verpflichtung zur Zahlung von Fremdenschulgeld beginnt:
- a) Wenn die Aufnahme eines Kindes in der ersten Hälfte eines Monats stattgefunden hat, mit dem 1. dieses Monats.
- b) Wenn die Aufnahme in der zweiten Hälfte eines Monats stattgefunden hat mit dem 1. des nächstfolgenden Monats.
Die Verpflichtung zur Zahlung von Fremdenschulgeld endet:
- a) Wenn ein Kind in der ersten Hälfte eines Monats entlassen wird, mit dem 1. dieses Monats.
- b) Wenn ein Kind in der zweiten Hälfte eines Monats entlassen wird, mit Ende dieses Monats.
Die Einziehung des Fremdenschulgeldes erfolgt bei Nichtzahlung im Wege des Verwaltungszwangsverfahrens.
Auf Antrag kann der Schulvorstand würdigen und bedürftigen Kindern ganz oder teilweise Befreiung vom Fremdenschulgeld gewähren.
Auf Beschwerden und Einsprüche betr. die Heranziehung oder Veranlagung zu dem Fremdenschulgeld finden die über die Heranziehung und Veranlagung zu den Gemeindeabgaben geltenden gesetzlichen Vorschriften Anwendung.
Diese Bestimmungen treten sofort in Kraft.
Wegberg, den 30. September 1911.
- Der Bürgermeister: Vollmer.
Ordnung, betreffend die Erhebung von Gebühren für die Genehmigung und Beaufsichtiguug von Neubauten, Umbauten und anderen baulichen Herstellungen in der Bürgermeisterei Wegberg.
Auf Grund des Beschlusses des Gemeinderates zu Wegberg vom 10. März 1904 wird hierdurch in Gemäßheit der §§ 6, 7 und 8 des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893 — G. S. S. 152 — für den Bezirk der Bürgermeisterei Wegberg nachstehende Ordnung erlassen.
Für die mit der Genehmigung von Neubauten, Umbauten uud anderen baulichen Herstellungen verbundene baupolizeiliche Tätigkeit des Kreisbaumeisters hat der Antragsteller bezw. Bauherr folgende Gebühren, einschließlich der Portokosten, welche durch das Hin- und Herschicken der Bauvorlagen entstehen, an die Gemeindekasse zu Wegberg zu zahlen.
- a) Für die Prüfung und Genehmigung von Plänen zu den Nenbauten einschl. selbständigen Anbauten mit Ausnahme der unter b bezeichneten, für je 100 cbm umbauten Raumes 1 Mk., mindestens aber 5 Mk.
- b) für die Prüfung und Genehmigung von Plänen zu Gebäuden und baulichen Herstellungen untergeordneter Bedeutung, die weder ganz noch teilweise zum Bewohnen bestimmt sind, wie z. B. kleinere Anbauten, gewöhnliche Stallgebäude, Waschhäuser, Scheunen, Schuppen, Gewächshäuser und dergleichen, sowie hallenartige Gebäude einfachster Herstellung und selbständige Kelleranlagen: für je 100 cbm Rauminhalt 0,50 Mk., mindestens aber 1 Mark,
- c) für die Prüfung und Genehmigung von Plänen zu Umbauten einschließlich Aufbau ganzer Stockwerke, kleineren Anbauten, Einfriedigungsmauern, Errichtung von Brunnen, Abort-, Jauche- und Düngergruben, Kaminanlagen und dergleichen, dieselben Einheitssätze, jedoch nur die Hälfte der Mindestsätze zu a oder b je nach der Art des Gebäudes mit der Maßgabe, daß bei der Berechnung (146 ≡)
- des Rauminhaltes nur diejenigen Räume berücksichtigt werden, um deren Umgestaltung oder Neuherstellung es sich handelt,
- d) für die Prüfung und Genehmigung von freistehenden Dampfschornsteinen und zwar: für einen bis 10 m hohen einschließlich des Sockels und eines event. eisernen Rohraufsatzes 8 Mk. und für jede weiteren angefangenen 10 m 4 Mk. mehr,
- e) für Nachtragspläne, welche eine Abänderung der genehmigten Pläne enthalten, die Mindestsätze zu a, b, c und d,
- f) für Abstecken der Baufluchtlinie der unter 2 aufgeführten Gebäude 3 Mk.,
- g) für jede gesonderte Rohbauabnahme 3 Mk.,
- h) für jede Wiederholung der Rohbauabnahme, die infolge Nichtinnehaltung des Termins seitens des Bauherrn bezw. Bauleiters oder Unzugänglichkeit einzelner Teile auf der Baustelle oder vorgefundener Mängel erforderlich wird, oder für die Hinzuziehung bei außerordentlichen Revisionen, welche durch Abweichung von der erteilten Bauerlaubnis oder durch Verstöße gegen die Bedingungen der Bauerlaubnis oder die Regeln der allgemeinen Baukunst veranlaßt werden 5 Mark,
- i) für jede gesonderte Schlußabnahme, Gebrauchsabnahme 3 Mark,
- k) im Wiederholungsfalle vergleiche h 5 Mark,
- l) für Verlängerung des Bauerlaubnisscheines jedesmal 1/2 der Gebührensätze unter a, b, c und d,
- m) für die einzelnen Abnahmen, sowie Abstecken der Baufluchtlinie der unter b, c und d bezeichneten Gebäude in jedem Falle wie unter f, g, h, i und k aufgeführt, 2 Mark,
- n) für Inanspruchnahme des Kreisbaumeisters zur Projektierung und Ausführung von Bauten auf Rechnung der Gemeinden oder Kirchengemeinden des Kreises oder Abgabe von Gutachten sind von diesen Gebühren gleich zwei Drittel der Beträge der Gebührenordnung der
- Architekten und Ingenieure von 1888 — alte Hamburger Norm — zu zahlen.
Der Rauminhalt wird durch Multiplikation der zur Bebauung in Aussicht genommenen Grundfläche mit der Höhe von Kellersohle, oder wo ein Keller nicht vorhanden von Oberkante Terrain bezw. Erdoberfläche bis Oberkante Hauptgesims festgestellt, welche bei Einreichung des Baugesuches usw. usw. unter Vorlage einer übersichtlichen Berechnung beizufügen ist. Balkon und Erker, welche nicht von unten auf hochgeführt sind, werden nicht gerechnet.
Bei selbständigen Kelleranlagen ist die Höhe von Kellersohle bis zur Erdoberfläche maßgebend. Bei Mansarden wird anstelle des Hauptgesims das Mansardengesims bezw. der obere Brechpunkt desselben in Ansatz gebracht. Die Abrundung findet von 50 cbm ab nach oben unter 50 cbm nach unten auf ein volles Hundert statt.
Gebührenfrei sind die Bauten des preußischen Staates und des deutschen Reiches, erstere einschließlich derjenigen Bauten, bei denen der Staat mit Patronatsbeiträgen, Gnadengeschenken oder sonstigen Beihülfen beteiligt ist.
Die Gebühren sind nach erfolgter Schlußabnahme bezw. nach Benachrichtigung an die Gemeindekasse Wegberg porto- und bestellgeldfrei zu entrichten im Falle des § 1 unter 1 bei Wiederaushändigung der Bauerlaubnis mit dem Verlängerungsvermerk.
Die Gebühren werden event. im Wege des Verwaltungszwangsverfahrens beigetrieben.
Diese Ordnung tritt am 1. April 1904 in Kraft. Mit dem gleichen Tage wird die unterm 25. Februar v. Jrs. erlassene Ordnung in allen Teilen aufgehoben.
Wegberg, den 11. März 1904.
- Der Bürgermeister: Baurmann. (148 ≡)
- Der Bürgermeister: Baurmann.
Gebühren-Ordnung für das Begräbniswesen in der Gemeinde Wegberg.
Auf Grund des § 4 Absatz l, 2 und 3 des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893 und des Gemeinderats-Beschlusses vom heutigen Tage wird für die Gemeinde Wegberg folgende Gebühren-Ordnung für das Begräbniswesen erlassen.
Vom 1. April 1907 ab werden für die Benutzung der von der Gemeinde Wegberg unterhaltenen und dem Begräbniswesen dienenden Einrichtungen nachstehende besonderen Gebühren erhoben:
- a) Für die Verleihung einer Privatbegräbnisstätte auf die Dauer von 60 Jahren......60 Mark
- b) für die Verleihung einer Privatbegräbnisstätte außerhalb der festgesetzten Reihenfolge die Gebühr zu a und außerdem........10 Mark
- c) für die Weiterbelassung einer Privatbegräbnisstätte über die bisherige Verleihungsdauer hinaus auf weitere 30 Jahre......30 Mark
- d) für die Befreiung eines Reihengrabes von der Wiederbelegung auf die Dauer eines weiteren Beerdigungsturnus......10 Mark
- e) für das Ausgraben und die Überführung bereits beerdigter Leichen von einer Grabstätte zur anderen......8—20 Mark
- nach besonderer Vereinbarung, für die Überführung zu einem anderen Friedhofe bleibt besondere Vereinbarung vorbehalten.
- Der für den Transport von Leichen von der Gemeinde beschaffte Leichenwagen wird in nachfolgend bezeichneter Ausstattung zur Verfügung gestellt.
- a) III. Klasse, Gebühr.......4 Mark
- Wagen ohne Behang, mit Pferd ohne Behang, Kutscher mit schwarzem Mantel und hohem Hut.
- b) II. Klasse, Gebühr.......7 Mark
- Wagen mit Behang, ein Pferd mit Behang und Federbusch, Kutscher mit schwarzem Mantel und hohem Hut.
- c) I. Klasse, Gebühr........15 Mark
- Wagen mit Behang, 2 Pferde-Gespann mit schwarzem Behang und schwarzem Federbusch, Kutscher mit schwarzem Mantel und hohem Hut.
- Bei Beerdigungen von 9 Uhr morgens ab von oder nach auswärts wird nur I. oder II. Klasse zur Verfügung gestellt.
- d) Bei Beerdigung von oder nach auswärts beträgt die Gebühr für I. Klasse 10 Mark, für II. Klasse 5 Mark. Daneben hat der Besteller den Kutscher nach mit diesem zu treffender Vereinbarung zu entlohnen.
- e) Wird eine Leiche vom Bahnhofe od. Krankenhause in das Haus der Angehörigen gebracht und erfolgt die Beerdigung nicht von dort aus in unmittelbarem Anschlusse daran, so erhöht sich die gemäß a—d zu zahlende Gebühr
- bei der I. Klasse um.......8 Mark
- bei der II. und III. Klasse um......4 Mark
Die im § 1 festgesetzten Gebühren zu I a–c für Privatgrabstätten, zu I d für Befreiung eines Reihengrabes und zu II a–e für den Leichenwagen sind bei der Anmeldung oder Antragstellung auf dem Bürgermeisteramt bezw. bei der Gemeindekasse zu zahlen. Die Gebühren nach § 1 Ziffer 1 e (Ausgraben von Leichen) erhält der Totengräber.
Von den Gebühren für Privatgrabstätten (§ 1 Ziffer 1 a und 1 c ) wird ein Viertel zu Gunsten der Armen verwandt.
Die Einnahmen aus der Benutzung des Leichenwagens fließen nach Abzug der Ausgaben für die Bespannung in die Armenkasse.
Auf Antrag kann der Bürgermeister bei armen Personen oder deren hiesigen Angehörigen Befreiung von den Gebühren für den Leichenwagen III. Klasse gewähren.
Die nach vorstehenden Bestimmungen festgesetzten Gebühren unterliegen der Beitreibung im Verwaltungszwangsverfahren.
Vorstehende Gebühren-Ordnung tritt am 1. April 1907 in Kraft.
Wegberg, den 26. November 1906.
- Der Bürgermeister: Vollmer.
Ordnung für die Benutzung der Friedhöfe zu Wegberg, Rickelrath, Tüschenbroich und Klinkum in der Gemeinde Wegberg.
Auf Grund der Beschlüsse des Gemeinderates von Wegberg vom 29. November 1909 und 25. Januar 1910 wird über das Beerdigungswesen auf den Friedhöfen der Gemeinde Wegberg folgendes verordnet:
Die Friedhöfe sind Eigentum der Bürgermeisterei und Gemeinde Wegberg und für die Beerdigung der verstorbenen katholischen Einwohner der Gemeinde bestimmt. Auswärts Verstorbene können nur nach Zustimmung des Bürgermeisters hier beigesetzt werden. Die Beerdigung evangelischer Angehöriger der Gemeinde erfolgt gemäß Vereinbarung mit der Gemeinde Schwanenberg auf dem dortigen evangelischen Friedhofe. Die an die Gemeinde Schwanenberg zu zahlende Abgabe für Reihengräber wird aus der Gemeindekasse von Wegberg gezahlt.
Die Friedhöfe zerfallen nach Maßgabe der hierüber aufgenommenen, im Gemeinde-Archiv beruhenden Karten in verschiedene Teile, von denen die mit A bezeichneten zum allgemeinen Gebrauch für die Beerdigung von Erwachsenen, die mit B bezeichneten für die Beerdigung von Kindern bis
zu 12 Jahren und die mit C bezeichneten zur Gewährung von Privatbegräbnisstellen dienen sollen.
Sowohl für Reihen- wie Privatgrabstätten wird ein Beerdigungsturnus bei Erwachsenen von 20 Jahren, bei Kindern von 15 Jahren festgesetzt, sodaß vor Ablauf dieser Zeit dieselbe Stelle nicht wieder belegt werden darf. Die Tiefe der Gräber für Leichen von Kindern unter 4 Jahren muß mindestens 1,50 m, diejenige der Gräber für andere Leichen mindestens 1,80 m betragen.
In jedem Grabe darf zu gleicher Zeit nicht mehr als eine Leiche beerdigt werden, nur eine Wöchnerin mit ihrem bezw. ihren neugeborenen Kindern oder 2 Kinder unter einem Jahre dürfen in einem Sarge beigesetzt werden.
Die Breite und Länge der Reihengräber einschließlich des vorgeschriebenen Abstandes wird festgesetzt:
Für Leichen von Kindern bis zu 12 Jahren (Einsegnungsalter) auf 1,80 m Länge und 1 m Breite, für Leichen von Erwachsenen auf 2,20 m Länge und 1,10 m Breite.
Die bis jetzt schon vergebenen alten Privatgrabstätten bleiben in ihren mit Grenzsteinen bezeichneten, bisherigen Abmessungen solange bestehen, als das Benutzungsrecht der Inhaber nach den vereinbarten bisherigen Bedingungen besteht. Bei Neubelegung dieser Privatgräber sollen dieselben auf je 2 Einzelgrabstellen statt bisher 4 oder 5 verkleinert werden.
Die neu zu vergebenden Privatbegräbnisstätten erhalten eine Länge von 3 m und eine Breite von 2,20 m, sodaß sich jedesmal 2 einzelne Grabstellen ergeben.
Die Verleihung von Privatbegräbnisstätten erfolgt schriftlich in der Reihenfolge der Nummern derselben auf die Dauer von 60 Jahren, welche mit dem Tage der Verleihung beginnen. Nach Ablauf dieser Frist steht dem Inhaber oder dessen Universal-Rechtsnachfolgern das Recht zu, die Begräbnisstelle jedesmal auf 60 Jahre wieder zu erwerben. Wird
die Erneuerung nicht jedesmal binnen 6 Monaten vor Ablauf der 60jährigen bezw. 30jährigen Frist bewirkt, so fällt die Stelle nach Ablauf des Beerdigungsturnus für die zuletzt in derselben beigesetzte Leiche in das unbeschränkte Eigentum der Gemeinde zurück. Beansprucht jemand eine Privatbegräbnisstätte außer der Reihenfolge, so hat er hierfür eine besondere Gebühr zu zahlen.
Im Falle der Aufhebung eines Friedhofes erlischt das Recht zur Weiterbenutzung der Stelle; für die noch nicht in Benutzung genommenen Grabstellen wird jedoch unentgeltlich auf einem anderen Friedhofe eine neue Grabstelle gewährt. Für Privatbegräbnisstätten sind die durch Gebührenordnung festgesetzten Beträge zu zahlen.
Die Verfügung über die Privatgräber geht nur auf die Ehegatten und gesetzlichen Erben des Erwerbers über. Entsteht über die Berechtigung unter den Beteiligten Streit, so entscheidet über die Benutzung der Grabstätte der Bürgermeister.
Jede Verfügung über die verliehenen Privatgrabstätten durch Cession oder Verkauf ist nur mit Genehmigung des Gemeinderates zulässig.
Jeder Erwerber einer Privatbegräbnisstätte übernimmt für sich und seine Erben die Verpflichtung, dieselbe auch äußerlich in einem guten und der Würde des Friedhofs angemessenen Zustande zu erhalten, insbesondere auch die Grabstätte mit einer angemessenen Steineinfassung zu versehen.
Bei Vernachlässigung dieser Obliegenheiten geht das Recht der Benutzung verloren, wenn nicht innerhalb einer Frist von 2 Monaten nach schriftlicher Aufforderung oder bei unbekanntem Aufenthalt nach einmaliger kostenpflichtiger Aufforderung in einer hier verbreiteten Zeitung, die Instandsetzung erfolgt. Ob der Verpflichtung genügt ist, entscheidet der Bürgermeister.
Nach Ablauf des Beerdigungsturnus kann vom Bürgermeister auf Antrag die Befreiung eines Reihengrabes von
der Wiederbelegung auf die Dauer eines weiteren Beerdigungsturnus gegen eine an die Gemeindekasse zu zahlende Gebühr von 10 Mark gestattet werden. Durch Zahlung dieser Gebühr wird indes eine Berechtigung zur Wiederbelegung des Grabes nicht erworben.
Für das Ausgraben und die Überführung bereits beerdigter Leichen von einer Grabstätte zur anderen oder zu einem anderen Friedhofe ist die besondere Erlaubnis des Regierungspräsidenten in Aachen erforderlich. Die Ausgrabung und Überführung erfolgt durch den Totengräber gegen eine an diesen zu zahlende Gebühr von 8—20 Mk. bei Überführuug auf demselben Friedhof und bei Überführung außerhalb desselben nach besonderer Vereinbarung. Vor Stellung eines Antrages zur Ausgrabung einer Leiche ist, falls die Ausgrabung nicht auf gerichtliche Anordnung erfolgt, stets eine gutachtliche Äußerung des Kreisarztes darüber einzuholen, ob und unter welchen Bedingungen die Ausgrabung unbedenklich ist.
Eine Beerdigung darf erst nach Vorlage der Bescheinigung des Standesbeamten über die Eintragung des Sterbefalles oder einer besonderen Ermächtigung der Polizeibehörde erfolgen.
Die Errichtung von Kreuzen und Denkmälern mit den geeigneten Votivschriften steht sowohl auf den Reihengräbern wie auf den Privatbegräbnisstätten seiner Angehörigen einem jeden frei, wenn sie dem Ernst und der Würde des Orts entsprechen. Denksteine mit Fundamentierung sowie dauernde Einfriedigungen der Grabstätten und Vertiefungen auf Privatgrabstätten müssen 30 cm von der Friedhofseinfriedigung und von den Wegen entfernt bleiben, Nicht fundamentierte Denkmäler dürfen nur mit Genehmigung des Bürgermeisters errichtet werden.
Von den Reihengräbern sind sie spätestens nach Ablauf des Beerdigungsturnus und bei Wiederbelegung dieser Gräber zu entfernen. Wird dieser Vorschrift nicht genügt, so verfallen sie der Gemeinde.
Auf Privatbegräbnisstätten ist auch die Errichtung von Grabgewölben nach eingeholter baupolizeilicher Genehmigung gestattet.
Sollte beim Erlöschen der zeitweisen Erwerbung die Privatbegräbnisstätte nicht von neuem wieder erworben werden, so sind die darauf errichteten Denkmale und Grabgewölbe zu entfernen. Geschieht dies nicht, so gehen sie in das Eigentum der Gemeinde über, jedoch bleibt den Angehörigen bezw. Rechtsnachfolgern das Recht der Wegnahme binnen drei Monaten vorbehalten.
Für die Verwaltungs- und polizeilichen Angelegenheiten der Friedhöfe ist der Bürgermeister als Vertreter der Gemeinde und der Polizeibehörde allein zuständig. Etwaigen Wünschen der kirchlichen Organe wird er, sofern es ohne Schaden angängig ist, stattgeben.
Zur Beaufsichtigung und Handhabung der Ordnung auf den Friedhöfen sind außer den Polizeibeamten die Totengräber bestellt, welch letzteren hierfür die Eigenschaft eines Polizeibeamten beigelegt ist.
Gegenwärtige Ordnung tritt sofort in Kraft. Gleichzeitig werden die Reglements für die Benutzung des Kirchhofs zu Wegberg vom 13. März 1877 und des Kirchhofs zu Rickelrath vom 18. September 1878, sowie die Ordnung für die Benutzung des Friedhofs zu Tüschenbroich vom 26. November 1906 außer Kraft gesetzt, soweit nicht auf Grund derselben fortdauernde Privatrechte erworben sind.
Wegberg, den 25. Januar 1910.
- Der Bürgermeister: Vollmer.
Polizei-Verordnung betreffend die Friedhöfe in der Bürgermeisterei Wegberg.
Auf Grund der §§ 5, 6 und 15 des Gesetzes über die Polizei-Verwaltung vom 11. März 1850 und des Artikels 16 des Kaiserlichen Dekretes vom 23. praerial XII wird hiermit folgendes verordnet.
Die Friedhöfe in der Bürgermeisterei Wegberg sind für das Publikum geöffnet:
- a) an Sonn- und Feiertagen in der Zeit vom 1. April bis Ende September von 8 Uhr vormittags bis 5 Uhr nachmittags, in der Zeit vom 1. Oktober bis Ende März von 9 Uhr vormittags bis 4 Uhr nachmittags.
- b) am Tage vor dem Feste Allerheiligen nur von 8—12 Uhr vormittags.
Außer der oben angegebenen Öffnungszeit darf niemand ohne Erlaubnis der Ortspolizeibehörde oder des Totengräbers den Friedhof betreten.
Denksteine mit Fundamentierung sowie dauernde Einfriedigungen der Grabstätten, ebenso die Gräber selbst und Vertiefungen auf Privatgrabstätten müssen 30 cm von der Friedhofs-Einfriedigung und von den Wegen entfernt bleiben.
Nicht fundamentierte Denkmale dürfen nur mit Genehmigung der Ortspolizeibehörde errichtet werden.
Bäume dürfen ohne Zustimmung der Ortspolizeibehörde auf den Grabstätten nicht gepflanzt und müssen auf Erfordern beseitigt werden.
Die ausgejäteten Unkräuter, die beseitigten Blumen oder sonstige Abfälle der Beete und Gräber dürfen nicht auf die benachbarten Beete, den Rasen oder in die Wege geworfen werden, sondern müssen vom Friedhofe entfernt werden.
Es ist verboten, auf die Friedhöfe Hunde mitzubringen.
Den Weisungen der mit der Handhabung der Ordnung auf den Friedhöfen betrauten Totengräber und der diensttuenden Polizeibeamten ist unweigerlich und sofort Folge zu leisten.
Übertretungen der vorstehenden Bestimmungen werden falls andere Gesetze nicht höhere Strafen vorsehen, mit einer
Geldbuße von 3—9 Mk., im Nichtbeitreibungsfalle mit verhältnismäßiger Haftstrafe geahndet.
Diese Verordnung tritt mit dem Tage ihrer Verkündigung in Kraft, gleichzeitig verliert die Polizei-Verordnung vom 13. Juni 1878 ihre Gültigkeit.
Wegberg, den 2. Januar 1908.
- Die Polizei Verwaltung:
- Der Bürgermeister:
- Vollmer.
Ortsstatut betr. die Reinhaltung der Straßen, Wege und Plätze im Bezirke der Gemeinde Wegberg.
Auf Grund des § 11 der Landgemeindeordnung für die Rheinprovinz vom 23. Juli 1845 und des § 68 des Kommunal-Abgabengesetzes vom 14. Juli 1893 wird gemäß Beschlusses des Gemeinderates vom 11. Dezember 1907 nachstehendes Ortsstatut für den Bezirk der Gemeinde Wegberg erlassen.
Zur Erfüllung der der Gemeinde obliegenden Pflicht zur Reinigung der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze werden die Handdienste der Eigentümer bezw. Bewohner der angrenzenden Gebäude und Grundstücke nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen in Anspruch genommen.
Jeder Eigentümer, Mieter oder Inhaber eines an einer Straße, einem öffentlichen Platze oder Wege liegenden Gebäudes, Gebäudeteiles oder Grundstückes, hat die Straße, den öffentlichen Platz oder Weg nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen rein zu halten.
Auf die außerhalb der bebauten Ortsteile belegenen Straßen, Plätze und Wegeteile, sowie auf nicht gepflasterte Straßen, Plätze, Wegeteile und nicht gepflasterte oder mit sonstigem Stein befestigte Rinnen oder Gräben erstreckt sich die Reinigungspflicht nicht. Beim Vorhandensein mehrerer Verpflichteter gilt bei einem bewohnten Grundstücke der Bewohner
des Erdgeschosses als der zunächst Verpflichtete. Der Verpflichtung unterliegen auch die gemäß § 38 des Kommunalabgabengesetzes von den Gemeindeabgaben ganz oder teilweise freigelassenen Personen.
Die Verpflichtung zur Reinhaltung erstreckt sich auf den Bürgersteig, die Straßenrinne oder den deren Stelle einnehmenden Ablaufgraben und die Hälfte des Straßendammes in der ganzen Länge des von der Straße, dem öffentlichen Platze oder Wege begrenzten Grundeigentums.
Die nähere Bestimmuug der Zeit der Reinigung erfolgt durch die Ortspolizeibehörde.
Die zur Reinigung Verpflichteten sind gehalten, die Fläche, auf welche sich die Reinigungspflicht erstreckt, auch neben den gewöhnlichen Reinigungen außerordentlich zu reinigen, wenn sie hierzu von den Organen der Polizei-Verwaltung oder einem Gendarmen aufgefordert werden. Bei dem Kehren ist möglichst Rücksicht darauf zu nehmen, daß die Straßen, Plätze und Wege nicht beschädigt werden.
Bei trockener Witterung, besonders im Sommer sind die Straßen p. p. vor dem Kehren mit Wasser zu besprengen, sodaß Staubentwickelung möglichst vermieden wird.
In den Obliegenheiten der Verpflichteten gehört auch die sofortige Beseitigung des Kehrichts und sonstigen Unrates, sowie die Beseitigung des auf den Bürgersteigen, in der Rinne und in der Straßenfahrbahn aufkeimenden Grases oder sonstigen Unkrautes.
Im Winter hat der Verpflichtete so oft es erforderlich wird, namentlich aber bei Eintritt von Tauwetter die Straßenrinne aufzueisen, und das Eis zu entfernen, ferner bei Schneefall und Glatteis in der Mitte Straße und bis zu
seiner Haustüre einen Pfad durch Streuen von Asche oder Sand zu bilden.
Es ist verboten, den Straßen- und Rinnen-Kehricht der von einem anderen Verpflichteten zu reinigenden Straßenfläche zuzuführen.
Dieses Ortsstatut tritt nach erfolgter Genehmigung durch den Kreis-Ausschuß mit dem Tage der öffentlichen Bekanntmachung in Kraft.
Wegberg, den 16. Dezember 1907.
- Der Bürgermeister:
- Vollmer.
- Der Bürgermeister:
Polizeiverordnung.
Auf Grund der §§ 5, 6 und 15 des Gesetzes über die Polizei-Verwaltung vom 11. März 1850 wird folgende Polizei-Verordnung für den Bezirk der Gemeinde Wegberg erlassen.
Die Eigentümer, Mieter oder Inhaber eines an einer Straße, einem öffentlichen Platze oder Wege liegenden Gebäudes, Gebäudeteiles oder Grundstückes sind zur Reinhaltung der Straßen, Bürgersteige oder Straßenrinnen oder Abzugsgräben nach Maßgabe des Ortsstatuts vom 16. Dezember 1907 verpflichtet. Beim Vorhandensein mehrerer Verpflichteter gilt bei einem bewohnten Grundstück der Bewohner des Erdgeschosses als der zunächst Verpflichtete.
Die regelmäßige Reinigung hat am Samstag jeder Woche und an den Werktagen vor Feiertage zu erfolgen und zwar in der Zeit vom 1. April bis Ende September nachmittags zwischen 4 und 7 Uhr, in der Zeit vom 1. Oktober bis Ende März nachmittags zwischen 1 und 4 Uhr. Außergewöhnliche Reinigung hat zu erfolgen, wenn dazu von den Organen der Polizei-Verwaltung oder einem Gendarmen aufgefordert wird.
Zuwiderhandlungen gegen die vorstehenden Anordnungen werden nach Maßgabe des § 366 Nr. 10 des Strafgesetzbuches bestraft.
Diese Polizei-Verordnung tritt mit dem Tage der Veröffentlichung in Kraft. Gleichzeitig wird die Polizei-Verordnung vom 17. November 1885 aufgehoben.
Wegberg, den 16. Dezember 1907.
- Die Polizei-Verwaltung.
- Der Bürgermeister:
- Vollmer.
Polizei-Verordnung betreffend die Polizeistunde und die Beleuchtung der Wirtschaften.
Auf Grund der §§ 5, 6 und 15 des Gesetzes über die Polizei-Verwaltung vom 11. März 1850 wird hiermit für den Bezirk der Bürgermeisterei Wegberg Folgendes verordnet:
Für alle Gast- und Schankwirtschaften, sowie öffentliche Vergnügungsorte wird hiermit die Polizeistunde auf 12 Uhr nachts festgesetzt.
Für diejenigen Tage, an welchen in einer Ortschaft der Gemeinde die Veranstaltung von öffentlichen Tanzlustbarkeiten und Kirmesfeiern gestattet ist, wird für diese Ortschaft die Polizeistunde bis auf 2 Uhr nachts verlängert.
Die Polizei-Verordnung findet keine Anwendung auf Reisende, die in der Wirtschaft, in der sie sich aufhalten, auch übernachten.
In Fällen, wo es die Rücksicht auf die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sittlichkeit erfordert, kann die Polizei-Verwaltung durch besondere Anordnung für einzelne Lokale die Polizeistunde auf einen früheren Zeitpunkt — als wie in § 1 angegeben — verlegen.
Jeder Wirt ist gehalten, den Eingang zu seiner Wirtschaft bis auf die Straße hinaus, und die Aborte und Pissoirs, sowie den Weg dahin nach Eintritt der Dunkelheit bis zur Schließung des Wirtschaftsbetriebes hell zu beleuchten.
Wer in einer Schankstube oder an einem öffentlichen Vergnügungsorte über die gebotene Polizeistunde hinaus verweilt, trotzdem der Wirt, sein Vertreter oder ein Polizeibeamter ihn zum Fortgehen aufgefordert hat, wird gemäß § 365 Str.-G.-B. mit einer Geldstrafe bis zu 15 Mk. bestraft.
Der Wirt, welcher das Verweilen seiner Gäste über die gebotene Polizeistunde hinaus duldet, wird nach § 365 Str.-G.-B. mit Geldstrafe bis zu 60 Mk. oder mit Haft bis zu 14 Tagen bestraft.
Zuwiderhandlungen gegen § 4 dieser Polizei-Verordnung werden mit Geldstrafe bis zu 9 Mk. bestraft, an deren Stelle im Unvermögensfalle entsprechende Haft tritt.
Diese Verordnung tritt mit dem Tage ihrer Verkündigung in Kraft. Gleichzeitig wird die Polizei-Verordnung vom 21. Februar 1879 mit ihrer Abänderung vom 8. Dez. 1899 aufgehoben.
Wegberg, den 1. Dezember 1909.
- Der Bürgermeister: Vollmer.