Handbuch der praktischen Genealogie/054

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
GenWiki - Digitale Bibliothek
Handbuch der praktischen Genealogie
Inhalt
Band 2
Tafel: I • II • III • IV • V • VI • VII • VIII • IX • X • XI
<<<Vorherige Seite
[053]
Nächste Seite>>>
[055]
Handbuch der praktischen Genealogie.djvu
Hilfe zur Nutzung von DjVu-Dateien
Texterfassung: fertig
Dieser Text wurde zweimal anhand der angegebenen Quelle korrekturgelesen.


nicht nur eine weitläufige Trauer- (Lob-) Rede oder Parentation zu halten, sondern solche auch dem Drucke zu übergeben. Dieser Gebrauch erreichte während des 17. Jahrhunderts seine größte und allgemeinste Ausdehnung, verlor sich aber alsdann nach und nach. Solchen Leichenpredigten wurden regelmäßig sogenannte Personalien angehängt, die den Lebenslauf des Verstorbenen, seine Familienverhältnisse, insbesondere auch seine Abkunft, seine Vorfahren, seine Ahnen beibrachten; ja oft dehnten sich diese Predigten zu einer völligen Genealogie der betreffenden Familie aus. In der sächsischen Oberlausitz war es noch vor einigen Jahrzehnten allgemein üblich, daß der Geistliche am Grabe den Lebenslauf des Verstorbenen vorlas. Solche Lebensläufe finden sich handschriftlich an einzelnen Orten, z. B. in den Pfarrarchiven von Frankenthal und Mülsen-St.Michael. Daß die Sitte, bei Beerdigungen Lebensläufe vorzulesen, eine ziemlich allgemeine war, beweist das Erscheinen eines Schriftchens mit dem Titel: „Noth- und Hülfs-Büchlein für Schuldiener auf dem Lande, welche in Abfassung der gewöhnlichen Lebensläufe, so nach gehaltenen Leichenpredigten pflegen abgelesen zu werden, nicht allzu geübt sind, auf Verlangen herausgegeben von Friedrich Wilhelm Baumelburg, Pastore zu Reurieth und Beinerstadt. Hildburghausen, bey Johann Gottfried Hanisch, 1796.“

      Die größte und bekannteste Sammlung von Leichenpredigten ist die sogenannte „Funeralien-Sammlung“ auf dem Schlosse Stolberg a. H. Sophie Eleonore von Stolberg-Stolberg (1669—1745) brachte aus Interesse für die Behandlung der Predigttexte gegen 40000 Leichenpredigten zusammen. Nach 1870 hat Heinrich Beyer die Sammlung neu und zweckmäßig katalogisiert. Doppelstücke sind den Bibliotheken zu Roßla — dort sind jetzt 9000 Stück —, zu Wernigerode — dort befinden sich 6635 — sowie elf anderen öffentlichen Bibliotheken der Provinz Sachsen überwiesen worden; vgl. die näheren Angaben in ZHV, 10. Jg. 1877, S. 343 bis 352. Die drei Sammlungen sind vollständig katalogisiert, und die Kataloge gestatten eine bequeme Benutzung der Bestände. Ein „Register zu den adeligen Leichenpredigten auf der gräflichen Bibliothek zu Stolberg a. H." ist gedruckt, VJH, 12. Jg. 1884, S. 159 bis 214; es werden darin die Predigten für 3810 Personen und 2346 Familien behandelt. Eine andere beträchtliche Sammlung befindet sich in der Stadtbibliothek zu Braunschweig: katalogisiert sind 8279 Stück; doch sind dies noch nicht alle vorhandenen. Sie stammen zum größten Teile aus Mittel- und Norddeutschland und umfassen die Jahre 1560—1747. Einen Katalog dieser Sammlung hat Freiherr von Eschwege, VJH, 7. Jg. 1879, S. 21 ff., 99 ff., und 15. Jg. 1887, S. 97 ff., bearbeitet. Auf die Sammlung in der Bibl. des Gymnasiums z. grauen Kloster in Berlin hat zuerst Schwebel 1889 aufmerksam gemacht; vgl. MGBn 6, 86. Hermann Nohl hat dann