Handbuch der praktischen Genealogie/270

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Handbuch der praktischen Genealogie
Inhalt
Band 2
Tafel: I • II • III • IV • V • VI • VII • VIII • IX • X • XI
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will. Margarete Maultasch nämlich hatte nur einen Sohn, Meinhard, dieser starb 1363 kinderlos, und Margarete trat darauf Tirol durch Erbvertrag an die Habsburger ab. Durch Erbvertrag kann sie aber die Unterlippe doch nicht an die Habsburger gebracht haben. Ebensowenig kann die Jagellonin die Urquelle der Unterlippe sein; denn diese findet sich bereits ganz ausgeprägt bei ihrem Schwager: Kaiser Karl V., dem Bruder ihres Gemahls Ferdinands I.

      Scheinbar begründeter ist es, wenn Ottokar Lorenz (Handb. S. 403) die Habsburgische Unterlippe von Cimburgis von Masovien, † 1429, der Gemahlin Ernst des Eisernen von Steiermark, † 1408, der Mutter Kaiser Friedrichs III., herleiten will.

      Seine Ansicht stützt sich auf eine Stelle im „Spiegel der Ehren des Erzhauses Österreich“, den Johann Jakob Fugger im Jahre 1555 geschrieben und Siegmund von Birken 1662 zu Nürnberg in Druck gegeben hat.

      Hier wird von Cimburgis von Masovien berichtet, sie sei von außergewöhnlicher Größe, Kraft und Stärke gewesen, und hinzugefügt: „Auch soll die starke Unterlippe durch sie in die Familie gekommen sein“.

      Nun liegt es auf der Hand, daß das, was selbst ein Gelehrter, wie Johann Jakob Fugger, 126 Jahre nach dem Tode der betreffenden Person in dieser Art berichtet, namentlich wenn er es mit einem „soll“ versieht, nicht gerade als erwiesen gelten kann, wenn keinerlei Bildnisse nach dem Leben zur Nachprüfung der Angabe überliefert sind. Solche fehlen aber bei der Cimburgis durchaus.

      Nun hat allerdings Graf Theodor Zichy in seinem geistvollen Vortrage „Familientypus und Familienähnlichkeiten“, erschienen im 29. Jahrgang des „Korrespondenz-Blattes der Deutschen Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte“ Nr. 6 vom Juni 1898, die Vermutung aufgestellt, die Habsburger Lippe rühre von den zwei Portugiesischen Urgroßmüttern Karls V. her, nämlich von Eleonore von Portugal, † 1467, der Gemahlin Friedrichs III., † 1493, und Isabella von Portugal, † 1496, der Gemahlin des Königs Johann II. von Castilien und Leon, † 1454. Allein Graf Zichy hat für die Richtigkeit dieser seiner Annahme überhaupt keine Überlieferung zur Unterlage, sondern nur Ähnlichkeiten auf Bildern, so daß man auch hier von einer unbewiesenen Hypothese sprechen kann.

      Die Stelle bei Brantôme, die Galippe ans Licht gezogen hat, lautet in deutscher Übersetzung wörtlich:

      „Um nun zu unserer großen Königin Marie zurückzukehren, so blieb sie, nach dem großen Unglück des Königs, ihres Gemahls, als sehr junge und schöne Witwe zurück, wie ich es von mehreren Personen habe erzählen hören, und wie es auch ihre Bildnisse ausweisen, die ich gesehen habe und die sie als solche vorstellen. Sie hat auf diesen Bildern nichts Häßliches oder woran man Anstoß nehmen könnte, es sei denn der große und vorstehende Mund auf österreichische Art, der aber nicht von dem österreichischen Hause kommt und herrührt, sondern von dem Burgundischen; wie ich es habe von einer Dame des Hofes aus jener Zeit erzählen hören, daß einmal die Königin Eleonore auf der Durchreise durch Dijon ihre Andachten im dortigen Kartäuserkloster verrichten ging. Bei dieser Gelegenheit besuchte sie auch die verehrungswürdigen Grabstätten ihrer Vorfahren, der Herzöge von Burgund, und begehrte, sie