Handbuch der praktischen Genealogie/288
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Handbuch der praktischen Genealogie | |
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Band 2 Tafel: I • II • III • IV • V • VI • VII • VIII • IX • X • XI | |
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Seit dem frühen Mittelalter herrscht in Deutschland vielfach die Gewohnheit, daß die einzelnen Geschlechter bestimmte Namen immer wieder ihren Sprossen geben. Man hat diese Namen leitende Namen genannt. Ein Forscher, der in Aufzeichnungen des 12. Jahrhunderts auf einen bayrischen Grafen Otto, einen schwäbischen Grafen Hugo, einen rheinfränkischen Grafen Emicho stößt, wird in erster Reihe den ersten für einen Wittelsbacher, den zweiten für einen Tübinger, den dritten für einen Leininger halten.[1]
Das Wort „genannt“ bei Familienbezeichnungen. Hauptsächlich vom 12. bis 16. Jahrhundert war das Wort „genannt" bei Familienbezeichnungen üblich. Viele der damals blühenden Familien, die es führten, sind ausgestorben, andere ließen „genannt" ohne weiteres fallen oder ersetzten es, wenn es zwischen zwei Familiennamen stand, durch einen Bindestrich, was zu der Entstehung von Doppelnamen führte. Im allgemeinen fällt die Einführung der Familiennamen zusammen mit dem häufigsten Vorkommen des Wortes „genannt" und das letztere findet seine hauptsächlichste Erklärung daher in der Einführung der Familiennamen. Wie heute das Wort „sogenannt" vor allen möglichen Substantiven steht, so in der Zeit des Aufkommens der Familiennamen das Wort „genannt", „geheten", „anders geheten", „anders geheißen", „heten", „geheißen", „dictus", „dit". Diese Fälle sind daran erkennbar, daß der ganze Name besteht aus den Vornamen, dem Worte „genannt", das dem Vornamen unmittelbar folgt, und dem Familiennamen, dem mitunter noch der Gutsname folgt.
Die nicht völlig richtige Meinung, daß „genannt" als Prädikat alten Adels aufzufassen sei, findet ihre einfache Erklärung darin, daß die Familiennamen zuerst beim Adel Eingang fanden, dessen Gutsname meist Familienname wurde. Der Adel bedurfte der Familiennamen zur öffentlichen Beurkundung und Bezeugung häufig, was vom unteren Volke nicht behauptet werden kann. Wurde einmal ein bürgerlicher Name schriftlich gebraucht, so wurde ihm in der ersten Zeit des Entstehens der Familiennamen für gewöhnlich ebensogut das Wort „genannt" eingeschoben, wie den adligen, wobei zu berücksichtigen ist, daß es sich dabei meistens um Namen höherer Bürgerlicher, freier Bauern, städtischer Bürgerlicher handelt, also solcher Volksgenossen, die dem Adel verhältnismäßig nahe standen. Als aber dann die bürgerlichen Familiennamen zu einem großen Teil gesetzlich zur Einführung kamen, ging diesen der Charakter des Neuartigen bereits ab, die Blütezeit des „genannt" war vorüber. Wenn somit „genannt" ein eigentliches Adelzeichen nie gewesen ist, so kann doch nicht in Abrede gestellt werden, daß in vielen Fällen aus seinem Vorkommen bei dem Träger auf die Adelseigenschaft geschlossen werden darf, um so sicherer, je weiter die Zeit zurückliegt, die in Betracht kommt.[2]
Beinamen. Die Beifügung von unterscheidenden Beinamen verdrängte mitunter den Familiennamen. So entstanden Bezeichnungen wie Burkhard von Seckendorf