Handbuch der praktischen Genealogie/360
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Handbuch der praktischen Genealogie | |
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Band 2 Tafel: I • II • III • IV • V • VI • VII • VIII • IX • X • XI | |
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es besteht sogar die rechtliche Vermutung für alle unsere hochadeligen Familien, daß sie ihr Familien- und speziell ihr Ebenburtsrecht geregelt haben, so daß man, wenn eine solche Regelung nie ausdrücklich erfolgt ist, annimmt, sie ergebe sich aus den bisherigen Gewohnheiten des betreffenden Hauses. Es muß dann der Genealogie überlassen bleiben, festzustellen, an welche besondere Ebenburtsgrenze sich das Haus (z. B. das Haus Zollern) tatsächlich gebunden erachtet hat.
Der niedere Adel hat zumeist in der napoleonischen Zeit, die ehemals reichsunmittelbaren Familien teilweise erst 1848, ja endgültig erst durch die Einführung des bürgerlichen Gesetzbuches 1900, die Autonomie mit den Resten landesherrlicher Gewalt über Gutsangesessene verloren. Aber so gut wie in Stifts-, Klöster- und Ordensstatuten hat sich in den Fideikommißbestimmungen kraft des modernen Lehn-, Stammguts- und Fideikommißrechts dieses alte familienweise verschieden normierte Ebenburtsrecht bis heute erhalten, so daß, wo es statuiert worden ist oder noch statuiert wird, die Genealogie immer noch als unmittelbare Auslegungsquelle dient.
Auch für das Titelrecht spielt die Genealogie als Recht weisende Wissenschaft in der neueren Zeit und bis heute weiter ihre alte Rolle. Der Adelstitel als Familienattribut ohne Rücksicht auf ein besonderes Amt ist in Deutschland im Anfang der staufischen Periode zur Entwicklung gekommen. Damals hat sich der Grafentitel in der Weise vom Grafenamt gelöst, daß auch Mitglieder der Familie eines Grafen, die selbst am Grafenamt gar nicht beteiligt waren — also die Gattin; die Kinder von der Geburt an — den väterlichen Titel führten, während andrerseits die Amtsfunktionen eines Grafen vielfach von Herren ausgeübt wurden, die sich nicht Grafen nannten. Endlich gab man den Burggrafentitel seit jener Zeit mitunter den Häuptern einer Burgmannschaft, selbst wenn mit der Burghauptmannsstellung ein gräfliches Amt überhaupt nicht verbunden war. Als im späteren Mittelalter der hohe Adel immer bestimmter sich an die Landeshoheit knüpfte, so daß der Begriff des reichsständischen Territoriums entstehen konnte, und gleichzeitig der Kaiser die Verleihung vererblicher Adelstitel zu einem Recht Ehren auszuteilen gestaltete, mußte es nahe liegen, immer höhere Titel zu verleihen, ohne Rücksicht darauf, ob die beehrte Familie auch die staatsrechtliche Stellung inne hatte, die ursprünglich in der Regel mit dem betreffenden Titel verbunden gewesen. Auf diesem Wege sind wir heute soweit gekommen, daß niederadeligen Herren sogar der Herzogstitel zuerkannt wird. Das Deutsche Titelrecht und das damit eng verbundene Recht auf besondere Prädikate, das schon unter dem alten Reich merkwürdige Blüten getrieben hatte, ist heute zu grotesken Formen gediehen, die nur in allen Variationen aufzuzählen eine eigene Abhandlung erfordert. Die Genealogie ist insofern bei den Rechten auf besondere Titel immer noch wichtig, als es ihr überlassen ist festzustellen, auf wen die erblich erteilte Berechtigung übergeht.
Wo immer, sei es aus rein historischem oder verfassungsgeschichtlichem oder auch aus praktisch-juristischem Interesse Rechtsverhältnisse des deutschen Adels in früheren Jahrhunderten maßgebend erscheinen, ist die Genealogie