Herforder Chronik (1910)/009
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2.
Die Urbewohner unseres Tales.
Als im Jahre 1719 in Italien Arbeiter beim Ausschachten eines Brunnens in der Tiefe auf das Dach eines Hauses stießen und damit die erste Spur der im Jahre 79 n. Chr. von den Auswürfen des Vesuv verschütteten Städte Herkulanum und Pompeji fanden, ging ein Ruf der Überraschung durch die gebildete Welt. Die allgemeine Verwunderung verdichtete sich bei unserem Schiller zu den schönen Versen:
Welches Wunder begibt sich? Wir flehten um trinkbare Quellen,
Erde, dich an, und was sendet dein Schoß uns herauf?
Lebt es im Abgrund auch? Wohnt unter der Lava verborgen
Noch ein neues Geschlecht? Kehrt das entflohne zurück?
Das Menschengeschlecht von heut ist kühler gestimmt. Wer regt sich noch auf, wenn die Zeitschriften von neuen Funden in der Erde Schoß berichten? Wer, außer den Fachgelehrten, kümmert sich darum, wenn alte Römerlagcr aufgefunden werden, die Grundfesten längstvergessener Städte und Burgen ans Tageslicht kommen? Die Zahl der Ausgrabungen - wir wollen nur vom deutschen Vaterlande reden - ist so ins Große gewachsen, daß unsere Dichter alle Hände voll zu tun hatten, wollten sie nach Schillers Vorgange jede einzelne besingen. Und doch sind die heutigen Ausgrabungen, auch bei uns, viel merkwürdiger, stammen aus viel älterer Zeit und sind für unsere Heimat viel bedeutungsvoller als jene untergegangenen Römerstädte. Kaum ein Plätzchen um uns bleibt heut von dem grabenden Spaten unberührt. Und was dieser zu tage fördert, sind Dinge, die uns von Völkern erzählen, welche lange, lange vor der christlichen Zeitrechnung gelebt, geliebt und den Kampf ums Dasein geführt haben. Und es muß ein harter Kampf gewesen sein, das beweisen uns die Funde, welche uns einen Rückschluß auf ihre Lebensweise aufdrängen. Sie zeigen uns die vorgeschichtlichen Menschen unserer Täler, wie sie, zum Schutz gegen die Unbilden unseres rauhen Klimas in Felle des erlegten Wildes gekleidet, ihre Waffen, Messer, Sägen und Pfeilspitzen aus Feuerstein herstellen und die an manchen Stellen gefundenen Splitterhaufen von diesem Gestein lassen uns die unendliche Mühseligkeit ahnen, die mit der Bereitung der Waffen und Geräte verbunden war.
Der Hunger treibt den Mann hinaus zur Jagd auf die Tiere der Wildnis, die Verteidigung seiner Jagdgründe gegen seine Nachbarn zwingt ihm die einfachen Waffen in die Hand. Am Ufer des Flusses oder Baches hocken die kleinen Menschenverbände, um nach gemeinsamer Jagd, gemeinsamer Suche von Früchten und eßbaren Wurzeln ihren Hunger zu stillen, jene Hungergesellschaften,