Herforder Chronik (1910)/572

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Herforder Chronik (1910)
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Herforder Chronik 1910.djvu
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großer Mißbrauch aus den großen mannigfaltigen Feiern des Papstes entstanden, ist am Tage. Erstlich haben sie unsere Gewissen verwirrt mit den Feiern gegen den klaren Text Kol. 2. Darnach ist nichts Gutes in den Feiertagen geschehn; die Pfaffen haben Gott gelästert mit vielen Opfermessen, die Laien mit Saufen, Fressen und Müßiggehn, Huren und Bubespielen und Würfeln; das mußte „Feiern“ heißen. Wir aber halten die Feier um der Predigt willen, und daß unser Gesinde ruhen möge und Gottes Wort lernen und hören. Mit solchen heiligen Dingen wollen wir feiern alle Sonntage, wie es alle Zeit bei den Christen gebräuchlich gewesen ist, nicht auf Befehl, sondern aus christlicher Freiheit (freiwillig).

Dazu die drei großen Feste, nämlich Weihnachten, Ostern, Pfingsten und bei jedem einen Tag danach. Und man soll predigen am Vormittag und Nachmittag. Auch den Neujahrstag, den Dreikönigstag, wie man so sagt, Lichtmessen, unserer lieben Frau Verkündigung, des Herrn Himmelfahrt, Johannis des Täufers Tag, Marias Berggang und Michaelistag. Diese Feiertage wollen wir halten um des Predigens willen, denn alle diese Feste haben christliche Gesänge. Deshalb halten wir Fronleichnam, Maria Himmelfahrt, Geburt usw. nicht für christliche Feste, weil solche Historien und Gesänge eitel Lästerungen Gottes sind. Der heiligen Apostel, Marien Magdalenen und St. Laurentii Gedächtnistage sollen gelegt werden auf den nächsten Sonntag nach ihrem Kalendertage, nicht allein auf der Kanzel, sondern auch bei uns selbst in unsern Häusern. Denn darum nehmen wir diese Feiern an, nicht daß wir müßiggehn, sondern daß wir uns um nützliche Dinge bekümmern, zusammenkommen, singen und Gott loben, beten für uns und anderer Leute Leibes- und Seelennot. Daß wir von nun an mehr erleuchtet werden in der Erkenntnis Gottes und unseres lieben Herrn Jesu Christi und zunehmen in der Nächstenliebe. Besonders aber, daß wir an solchen Feiertagen mit unserem Gesinde den ganzen Tag mögen hören das Wort Gottes; die Hausherren, die Kinder, Knechte und Mägde die zehn Gebote, den Glauben und das Vaterunser lehren und in solchen Stücken sie überhören. Denn solches hat ihnen Gott geboten, will's auch in jenem Gerichte von ihnen fordern.

Ende des ersten Teils.

Der andere Teil der Verordnungen von der Schule und der Küsterei.

Unter allen anderen nötigen Sachen, ist besonders vonnöten ein guter Schulmeister und eine gute Schule, darin die Jugend werde erzogen in der Furcht Gottes und auch in guten Künsten. Denn gleichwie ein schöner Baumhof mit seinen jungen Pflänzlingen bepflanzt wird, desgleichen werden auch die Städte mit Leuten besetzt, und je besser sie von jung auf erzogen sind, desto mehr gedeiht eine Stadt, wenn die Jugend wohl erzogen wird. Und es ist oft ein frommer, gottesfürchtiger, gelehrter Mann einer ganzen Stadt, ja einem ganzen Lande von Segen gewesen; wie wir das von Lot lesen und von Naaman aus Syrien, um derentwillen vielen wohl geschehen ist. Was ist doch unter allen unseren zeitlichen Gütern besser, als unsere Kinder? Aber, was tun wir? Haus, Hof, Acker, Wiese, Rente, Erbe usw. beschaffen wir ihnen; ihrer aber, denen wir solche Güter erarbeiten, haben wir nicht acht und fragen nicht danach, ob sie gedeihen oder verderben. Gleich als wenn jemand den Schuh pflegt, aber den Fuß verderben läßt. O der großen Versäumnisse und des Unverstandes! Unsere Kinder sind uns von Gott geschenkt, nicht daß wir sie in große Güter, Geld