König-Wilhelm-Kanal

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Flöße mit den Häusern für die Dzimken
König-Wilhelm-Kanal, Blick nach Süden.
König-Wilhelm-Kanal, Blick nach Norden, heute kurz vor Schmelz unterbrochen und ein stehendes Gewässer geworden.
Anzeige im "Memeler Dampfboot" 12.9.1873
Anzeige im "Memeler Dampfboot" 12.9.1873

Um die bei Stürmen sehr gefährliche Windenburger Ecke zu meiden, wurde der König-Wilhelm-Kanal angelegt, der im Jahre 1873 fertiggestellt wurde. Er verbindet den Atmathstrom, Taggraben und die Minge mit dem Memeler Tief.

"Die Schiffahrt auf dem Kurischen Haff nahm mit der Eröffnung des König-Wilhelm-Kanals 1873 stark ab. Vorwiegend verkehrten entlang der Nehrung Fahrgastschiffe zu den bekannten Badeorten. ... Die eigentlichen Hafenanlagen befinden sich zwischen dem Norderballastplatz und der Mündung des König-Wilhelm-Kanals auf Schmelz". "Außer dem Augstumalmoor liegen das Schwenzelner und Tyrusmoor dicht hinter der Haffküste, vom König-Wilhelm-Kanal entweder gestreift oder durchzogen. Dieser Kanal, der eine Binnenwasserstraße von Ruß nach Memel darstellt, macht den Umweg über das Haff und damit um die gefürchtete Windenburger Ecke unnötig. Auch heute noch wird der Kanal als wichtige Verbindung des Memelstroms mit dem Memeler Hafen benutzt. Zu unserer Zeit wurden die Schönheiten des Kanals erst zögernd entdeckt. Nur selten nahm ein Ausflugsdampfer seinen Weg durch den Kanal. Zumeist waren es Motorboote mit Marktbesuchern oder Boydacks mit Papierholz, dann und wann auch Schlepper mit Floßtafeln, die den Kanal belebten. Aber die Ausflügler wurden reich belohnt! Durch den Schmelzer Holzhafen fährt man in den Kanal ein. Bald nimmt der wunderbare, geheimnisvolle Wald von Starrischken und Schäferei die schnurgerade Wasserstraße auf. Wiesen folgen, auch sie mit alten kurischen Namen: Pukin-, Luhsze-, Uszwandt- und Bruckschawiesen. Immer schweift der Blick weit in die ebene Landschaft. Hochgewölbte Kanalbrücken, säuberlich numeriert, verbinden die Haffküste mit ihrem Hinterland und führen in Dörfer, die Piaulen oder Grumbeln heißen."

Aus "Memeler Dampfboot" vom 19.09.1873, Locales

Eröffnung des König – Wilhelms – Canals Am letzten Mittwoche, dem Eröffnungstage des König – Wilhelms – Canals, hatten wir, trotzdem die neue Verbindungsstraße den Namen eines erhabenen Hohenzoller trägt, durchaus kein „Hohenzollern“ – Wetter; von frühem Morgen an hatte der Himmel seine Schleusen geöffnet, als gälte es einen Weltenbrand zu löschen. Aus diesem Grunde war denn auch die Betheiligung des Publikums im Allgemeinen nur eine geringe und selbst auf dem Dampfer „Adler“, der den mit Einladungskarten versehenen Mitgliedern der Corporation der Kaufmannschaft – und ausschließlich nur diesen, keinen andern Eingeladenen – zur Disposition gestellt war, hatten sich nur einige 20 Personen eingefunden. Die hohen Beamten, fremde wie Einheimische, die eingeladenen Vertreter verschiedener Behörden machten auf dem Dampfschiff v. d. Heydt die Fahrt nach dem Canal, während Se1). Excellenz der Herr Oberpräsident v. Horn und Herr Landrath v. Gramatzki in einer 4spännigen Postkutsche über die Schmelz nach dem Schauplatze des Festes fuhren. Traurig hingen die Fahnen, Welche der Feier des Tages zu Ehren auf dem Rathhause, der Feuerwehr, Zollamt etc. angebracht waren, hinunter und der graue Himmel wurde auch nicht einen Augenblick durch einen freundlichen Sonnenstrahl erhellt. Auf der Fahrt durch die Schmelz bemerkten wir auf dem Oberweg keine Zeichen der bevorstehenden Feierlichkeit und nur die Schneidemühle auf dem Fürstl. Wittgenstein´schen Etablissement war so geschmackvoll, wie reich mit vielen Fähnchen geschmückt. Von diesem Holzplatze, dem letzten auf Schmelz, ist es noch ein ziemlich weiter Weg bis zum Bauhofe. Dort war Alles festlich mit Fahnen und Flaggen geschmückt und mehrere hübsch decorirte Böte lagen bereit, um die Festtheilnehmer nach dem andern Ufer des Canals, wo die eigentliche Feierlichkeit stattfinden sollte, hinüberzusetzen. Ein eingezäuntes Rundel, rings mit Fahnenstangen umstellt, zu dem eine steinerne Treppe führte, empfing die Ankommenden und unmittelbar daneben war ein großes stattliches Zelt aufgeschlagen, das ein paar hundert Personen aufnehmen kann und sich, ungeachtet des rastlos herabströenden Regens, als schützende Halle sehr wohl bewährte; auch hier fehlte es nich an reichem Flaggenschmuck. Se. Excellenz v. Horn und die anderen hohen Herrschaften waren – es mochte 11 Uhr sein, dort schon versammelt und der feierliche Act wurde nur noch verschoben, weil man ein Floß Holz erwartete, bei dessen Passiren jener vollzogen werden sollte. Da eben der Regen immer lästiger wurde, forderte der Herr Oberpräsident die Anwesenden auf, ihm in das Zelt zu folgen, wo dieselben sich in einen Halbkreis um ihn aufstellten. Alsbald ergriff der hohe Herr auch das Wort. Trotz der Ungunst des Wetters, sagte derselbe, hätten die Memeler, namentlich die Kaufmannschaft, wohl Veranlassung, mit frohem Herzen und Dank gegen Se. Majestät und diejenigen, welche ihre geistigen oder physischen Kräfte dem jüngst vollendeten großartigen Kanalbau geliehen, diesen Tag freudig zu begrüßen, an dem ein Werk vollendet sei, welches den Trägern des bedeutenden Holzhandels eine sichere Garantie gegen oft unverträgliche Verluste böte, denen sie bisher ausgesetzt gewesen seien, und schloß die herzgewinnende Ansprache, indem er erwähnte, daß Se. Majestät, der den innigsten Antheil an dieser Feier nehme, einzelnen Kaufleuten ehrende Auszeichnungen, namentlich dem Hrn. Commerzienrath Gubba, dem Manne, welcher nicht nur den ersten Impuls zu diesem Werke gegeben, sondern seit langen Jahren sich für dasselbe durch Wort und That interessirt habe, den Kronen-Orden III. Klasse in Gnaden verliehen habe. Darauf trat eine kurze Pause ein, weil das erwartete Holzfloß (der Handlung J. G. Gerlach gehörend) noch nicht eingetroffen war, aber schon nach kaum 3 Minuten erschien es unter der, eine kleine Strecke vom Festorte gelegenen Brücke, bugsirt von dem zierlichen Regierungsdampfer „Oberpräsident Eichmann.“ Mit donnerndem Hurrah begrüßt zog das mächtige, mit Tannenreisern geschmückte Floß an dem Festplatze, auf den Se. Excellenz v. Horn und die übrigen Notabilitäten und Festgenossen inzwischen getreten waren, langsam vorüber und in diesem Zeitraum sprach Herr Oberpräsident die einweihenden Worte, durch welche der Kanal eröffnet und dem öffentlichen Verkehre übergeben wurde, mit einem dreimaligen Hoch auf unsern allverehrenden König und Kaiser schließend. – Nach diesem feierlichen Acte kehrten die Versammelten wieder unter das Zelt zurück, wo ein solennes Frühstück servirt wurde, und wo man, angeregt durch die trefflichen Weine aus Ephraims Kellereien , in ungetrübtem Frohsinn wohl noch ein stündchen beisammen blieb. Etwa um 1 Uhr rüstete man sich zum Aufbruch, und während Se. Excellenz der Herr Oberpräsident wieder per Equipage nach Memel zurückkehrte, fuhren die andern Festtheilnehmer mit den Dampfern „von der Heydt“, „Adler“ und zahlreichen Privat-Fuhrwerken nach der Stadt zurück. Vorher jedoch war noch ein mit begeisterter Theilnahme aufgenommenes Hoch auf den verehrten Herr Oberpräsidenten ausgebracht worden, das derselbe mit einem Hoch auf die Stadt Memel, welche ihm „so lieb und werth sei“, erwiderte. Nicht können wir unterlassen, noch eines kleinen, heitern Zwischenfalles zu gedenken, der sich kurz vor der Abfahrt zutrug und der nicht nur einen Beweis für die herzgewinnende Persönlichkeit des hohen Staatsbeamten, sondern auch für die Gemüthlichkeit der herrschenden Stimmung lieferte. Als nämlich die Versammelten bei dem Abschieds-Toaste im Halbkreise um den Herrn Oberpräsidenten standen, drängte sich durch ihre Reihen, mit blendend weißer Schürze angethan, die bekannte Köchin par excellence, die bei keinem Festessen fehlen darf, die alte Christine, und überreichte mit graziösem Knix dem verehrten Herrn Oberpräsidenten einen colossalen Blumenstrauß, den derselbe, unter jauchzendem Lachen der Anwesenden, huldreich und freundlich dankend entgegennahm. Der Bau des Canals, der ca. 3 Meilen lang, an der sohle ca. 60 Fuß breit ist und ca. 5 Fuß Tiefe hat, erforderte einen Zeitraum von ca. 10 Jahren und einen Kostenaufwand von nahezu 1 Million Thalern. Nachmittags von 5 bis etwa 10 Uhr fand ein Festdiner in dem Victoria-Saale statt, an dem sich etwa 80 Personen, darunter die höchsten Beamten des Ortes vom Civil und Militair, betheiligt hatten, in ungestörter Heiterkeit, unter den Klängen der Laadeschen Kapelle und dem rollenden Donner eines Gewitters, das sich über der Stadt entlud. An kräftigen Festreden, von denen wir die des Herrn Oberpräsidenten und des Obervorstehers der Kaufmannschaft, Herrn Commerzienrath Henry Frentzel-Beyme, erwähnen, fehlte es nicht, und in dem freudigen Gefühle, daß ein Werk vollendet, welches dem Handel Memels zu Nutz und Frommen gereicht, trennten sich die Festgenossen.

Aus "Memeler Dampfboot" vom 20.09.1873, Locales

Gelegentlich der Einweihung des König-Wilhelm-Kanals am 17. d. wurde vom Vorsteheramte der hiesigen Kaufmannschaft an Se. Majestät den Kaiser folgendes Telegramm abgesandt: „Ew. 2) Majestät erlauben sich die hier zur Feier der Eröffnung des König-Wilhelm-Kanals versammelte Kaufmannschaft und deren Gäste in aller unterthänigster Verehrung und tiefgefühltesten Dank hiermit auszudrücken. Se. Majestät unser Kaiser und König lebe hoch!“ – Hierauf ging am 18. d. von Berlin folgende Antwort ein: „An das Vorsteheramt der Kaufmannschaft in Memel. In Erwiderung auf das Telegramm von gestern lassen des Kaisers und Königs Majestät der dortigen Kaufmannschaft Allerhöchst Ihre Freude darüber ausdrücken, daß der König-Wilhelm-Kanal nunmehr vollendet ist und dem Handel Ostpreußens hat zur Verfügung gestellt werden können. Der Geheime Kabinetsrath von Wilmowsky.“

Literatur

  • MEYER, Richard: Heimatkunde des Memelgebiets, Memel 1922, S.28.
  • Kurschat, Heinrich A.: Das Buch vom Memelland, Siebert Oldenburg 1968,S.87f, S. 95