Königreich Böhmen

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Hierarchie:

Regional > Historisches Territorium > Österreich-Ungarn > Königreich Böhmen

Name

  • Království ceské [tschech.], (Cechy [tschech.], Böhmen [deut.])

Dynastie der Přemislididen

Der Name Böhmen des seit der Steinzeit besiedelten Gebietes zwischen Böhmerwald. Erzgebirge. Sudeten und der Böhmisch-Mährischen Höhe geht auf die keltischen Boier (Bojo-haemum) zurück. Nach der Abwanderung der seit der Zeitenwende dort ansässigen Germanen drangen im 6. Jahrhundert Slawen in das Gebiet ein. Sie gerieten später unter fränkischen Einfluß und wurden im 9. Jahrhundert christianisiert (973 Bistum Prag). Zeitweise stand dann Böhmen unter mährischer (Ende 9. Jhdt.) bzw. polnischer Herrschaft (1003/4).

Seit dem 10. Jahrhundert (924-9. 935) gehörte Böhmen, in das bald zahlreiche deutsche Siedler kamen, dem deutschen Reich an (950 Lehensverhältnis), nahm aber immer eine Sonderstellung ein, die sich auch darin zeigte, daß der böhmische Fürst, der aus der Dynastie der seit dem 9. Jahrhundert nach-weisbaren Přemysliden (Herzöge von Prag) kam, vereinzelt schon seit Ende des 11. Jahrhunderts (1086) den Königstitel anstrebte.

Königreich

1114 ist der böhmische Herzog erstmals als Inhaber eines Reichserzamtes (Schenk) bezeugt. 1198 erlangte Ottokar I. von Philipp von Schwaben die erbliche Königswürde. Vom Beginn des 13. Jahrhunderts steigerten die böhmischen Könige rasch ihre Macht. Nach dem Erwerb Österreichs (1251), der Steiermark (1251/60). des Egerlandes (1266), Kärntens und Krains(l269) griff der mit einer Babenbergerin verheiratete König Ottokar II. (1253-78) nach der Kaiserkrone, unterlagaber 1278 in der Schlacht auf dem Marchfeld gegen Rudolf von Habsburg und verlor die Erwerbungen an der Donau und im Alpengebiet. 1306 starben die Premysliden, die für kurze Zeit Ungarn und Polen gewannen, in männlicher Linie aus. Ihnen folgte über die Premyslidin Elisabeth die Dynastie der Grafen von Luxemburg (1310-1437).[1]

Dynastie Luxemburg (Böhmen, 1310-1437)

Unter den Luxemburgern kam der größte Teil Oberschlesiens (1327/9) unter böhmische Herrschaft. Karl IV, machte Böhmen zum Kernland des Reiches, faßte Böhmen, Mähren und Schlesien sowie 1370(-1646/8) die Markgrafschaften Niederlausitz und Oberlausitz als die Länder der böhmischen Krone zusammen, veranlaßte die Erhebung Prags zum Erzbistum (1344), gründete in Prag die erste Universität nördlich der Alpen und verschaffte in der Goldenen Bulle von 1356 dem König von Böhmen die Kurwürde und den Vorrang unter den weltlichen Kurfürsten.

Im Gefolge der hussitischen Bewegung erstarkte unter dem schwachen Nachfolger Wenzel das tschechische Nationalbewußtstein. Außer in den Städten setzte sich die tschechische Sprache weitgehend durch. Am Ende des Mittelalters beherrschte faktisch der Hochadel das von Habsburg zunächst vergeblich begehrte Land. 1471 fielen Böhmen, 1490 Mähren und Schlesien an die polnischen Jagiellonen (1471-1526) und wurden mit Polen und (1490) Ungarn vereinigt. In die Kreiseinteilung des Reiches von 1500 wurden sie nicht mehr einbezogen.

Allgemein, Geographie, Klima

1895: Das Königreich Böhmen ist rings von Gebirgen umlagert umd zwar im Südwesten vom Böhmerwald, mit dem parallel im Nordosten das Glatzer Gebirge, das Adlergebirge (Erlitzgebirge), das Falkengebirge und Adersbacher Gebirge, das Riesengebirge, das Isergebirge und das Lausitzer Gebirge hinziehen; zwischen den Parallelzügen stehen als Verbindung von Südwesten nach Nordosten sich erstreckend der Böhmisch-Mährische Höhenzug, das Fichtelgebirge und Erzgebirge, im Westteil Elstergebirge genannt, und die Verbindung zwischen dem Nordost- und dem Nordwest-Randgebirge bildet das Elbsandstein-Gebirge.

Das Innere besteht aus von Norden nach Süden sich absenkenden Terrassen, mit meist flachen Kuppen. An die Terrassen schliesst sich im Norden das Elbe-Becken zwischen Leitmeritz und Hradec-Králové (Königgrätz), an dessen Nordrand jenseits der Eger (Ohre) zu beiden Seiten der Elbe erhebt sich endlich das Böhmische Mittelgebirge.

Die Flüsse vom Königreich Böhmen gehören mit Ausnahme der nur eine kurze Strecke in Böhmen fliessenden Neisse dem Stromgebiet der Elbe an, die hier rechts die Cydlina, Iser, Polzen, links die Epel, Mettau, Adler, Chrudimka, Moldau, Eger, Biela aufnimmt; Nebenflüsse der Moldau sind: links Wattawa u. Berounka, rechts Lucznitz und Sazawa. Im Gebiet der oberen Lucznitz bei Frauenberg und Trebon (Wittingau) finden sich große Teiche (Rosenberger See, Wittingauer See, Lomnitzer See, Neuhauser See, die von Tábor), im Böhmerwald kleine Seen. Von der oberen Moldau zur Mühl, Erzherzogtum Oberösterreich, führt der Schwarzenberg-Kanal.

Bevölkerung

Nach der Volkszählung vom 31.12.1890 beträgt die Zahl der Einwohner 5.843.094, die sich der Nationalität nach verteilen: 37 % Deutsche an den Randgebirgen, 63 % Tschechen in der Mitte, 1,6 % Israeliten; nach der Religion 96 % Katholisch, 2,2 % Evangelisch, 1,6 % Juden.

Kultur, Religion, Bildung

1895: Die kirchliche Einteilung weist auf für die Katholiken das Erzbistum Praha (Prag) und die Bistümer Hradec-Králové (Königgrätz), Leitmeritz und Budejovice (Budweis); für die Evangelischen je eine Superintendentur für die Augsburger Konfession und die Helvetische Konfession.

Dem Unterrichte dienen: 4.972 Volksschulen, 6 deutsche und 5 tschechische Lehrerbildungsanstalten, 22 deutsche und 31 tschechische Gymnasien und Realgymnasien, 1 deutsche und 1 tschechische Universität, 1 deutsche und 1 tschechische technische Hochschule in Praha; 4 theologische Lehranstalten, Handels-Akademie in Praha, 1 deutsche und 1 tschechische Schule (Landwirtschaft), 2 Handelsschulen, Forstschule, Akademie (Bergbau) in Pribram, Akademie (Kunst) u. Musikkonservatorium in Praha; Böhmisches National-Museum u. Böhmische Gesellschaft der Wissenschaften.

Flora, Fauna, Bodenschätze

1895: Das Königreich Böhmen ist das erste Kulturland des Reiches: hoch entwickelter Ackerbau, Wiesen u. Gärten, herrliche Waldungen; am ergiebigsten ist das Land an der Elbe bei Hradec-Králové (Königgrätz) (die Goldene Ruthe), bei Leitmeritz (das Paradies), an der Elbe bei Saaz wichtiger Anbau (Hopfen, Flachs), bei Melník, Aussig, Leitmeritz, Chrudim, Lobositz, Schreckenstein guter Anbau (Wein); hinsichtlich der Rinderzucht ist besonders die Egerländer-Rasse bekannt, für Tierzucht (Pferde) die Gegend von Chrudim u. Pardubice (Pardubitz), das Hofgestüt Kladrub; vortreffliche Tierzucht (Schafe, Hühner), musterhafte Teichwirtschaft. Zahlreich sind die Mineralquellen, besonders in der Senkung im Süden vom Böhmischen Erzgebirge, an Mineralreichtum aber ist Böhmen von keinem Kron-Land übertroffen: es produzierte 1891: Silber 36.037 kg, Eisen 3.133.204 MZ, Blei 15.610 MZ, Glätte 22.676 MZ, Zinn 562 MZ, Schwefel, Antimon 1.154 MZ, Alaun, Eisenvitriole, Graphit, Steinkohle 37.911.924 MZ, Braunkohle 12.9563.044 MZ; Porzellanerde, Gold, Nickel, Wismut, Arsenik, Uran in kleineren Mengen, Granaten, Topase, Jaspis, Achate etc.

Industrie

1895: In der Industrie nimmt das Königreich Böhmen neben der Stadt Wien den ersten Rang ein; ihr Hauptsitz ist in den Nordbezirken, die meist von Deutschen bewohnt sind. Der Wert der Produktion aus Bergbau und Hüttenwesen belief sich 1891 auf 43.471.573 Gulden; im Bergbau und Hüttenwesen waren in dieser Zeit 61.719 Arbeiter beschäftigt. Neben der Textilien-Industrie steht auf gleich hoher Stufe die Eisen-Industrie und beiden vor die Glas-Industustrie (90 Hüttenwerke (Glas), 2.077 Raffinerien (Glas), 2.959 Werkstätten für Glaskurzwaren mit zusammen 25.000 Arbeitern). Die Porzellan-Industrie beschäftigt 39 Fabriken; Fabrikation (Chemikalien, Leder u. Lederwaren, Gerberei und Färberei von Lammleder; auch in der Zucker-Fabrikation steht Böhmen obenan. An Brauereien (Bier) zählt Böhmen 731, d.h. über 33 % der Gesamtzahl der Monarchie (Östereich); 196 Brennereien (Spiritus). Strassen: 27.046 km; Eisenbahn-Linien: Böhmische Nordbahn (EB), Böhmische Westbahn (EB), Buschtiehrader Bahn (EB), Bodenbach <> Dux-Bahn (EB), Franz-Josephsbahn (EB), Budejovice <> Linz-Bahn (EB), Mährische Grenzbahn (EB), Österreichische Nordwestbahn (EB), Staatsbahn (EB), Pilzen <> Priesen-Bahn (EB), Dux <> Praha-Bahn (EB), Rakonic-Bahn (EB), Südnordbahn (EB), Verbindungsbahn (EB) Kralup <> Turnov, Aussig <> Teplitz, Dux <> Komotau, in einer Gesamtlänge von 4.657 km, ohne die verschiedenen Kohlenbahnen und Industrie-Bahnen. Elbe u. Moldau sind zusammen auf 354 km Länge schiffbar, auf ersterer geht die Dampfschiffahrt und Kettenschleppschiffahrt bis Aussig.

Regierungsform, Verwaltung

1895: Königreich u. Kron-Land des Kaiserstaates Österreich, im Nordwesten von Sachsen, im Nordosten von Preussisch Schlesien, im Südosten von der Markgrafschaft Mähren u. dem Erzherzogtum Niederösterreich, im Süden vom Erzherzogtum Oberösterreich, im Südwesten von Bayern begrenzt, mit einem Flächeninhalt von 51.951,07 qkm.

Landesbehörde ist die kaiserlich und königliche Statthalterei in Praha. Das Land ist eingeteilt in 2 Städten mit eigenem Statut, Praha u. Reichenberg, und die 89 Bezirkshauptmannschaften (BzHM): Asch (Aš), Aussig (Ústí nad Labem, Oustí), Benešov (Beneschau), Bischofteinitz (Horšuv-Týn), Blatná, Bydzov Nový (Neubydschow), Cesky Brod (Böhm. Brod), Böhm. Leipa (Lípa Ceská), Boleslav Mladá (Jungbunzlau), Braunau (Broumov), Brüx (Most), Budejovice (Budweis), Cáslav (Caslau, Czaslau), Chotebor (Chotjeborsch, Chotieborz), Chrudim, Domazlice (Taus), Dvur Králové (Königinhof), Eger (Cheb), Falkenau/Eger (Falknov-na-Ohri), Friedland (Fridland), Gabel (Jablonné), Gablonz/Neisse (Jablonec nad Nisou), Graslitz (Kraslice), Hohenelbe (Vrchlabí), Hora-Kutná (Kuttenberg), Horovice (Horowitz), Hradec-Jindrichuv (Neuhaus), Hradec-Králové (Königgrätz), Jicin (Gitschin, Jitschin), Jilemnice (Starkenbach), Joachimsthal (Jáchymov), Kaaden (Kadan), Karlín (Karolinenthal), Karlsbad (Karlovy-Vary, Vary-Karlovy, Karlovary), Kaplitz (Kaplice), Klatovy (Klattau), Kolin, Komotau (Chomutov), Královice (Kralowitz), Krumau (Krummau, Krumlov), Ledec (Ledetsch, Ledecz), Leitmeritz (Litomerice), Litomyšle (Leitomischl), Louny (Laun), Luditz (Zlutice), Melník, Mies (Stríbro), Milevsko (Mühlhausen), Mnichovo-Hradište (Münchengrätz), Mýto Vysoké (Hohenmauth), Nemeký Brod (Deut. Brod), Nové Mesto nad Metují (Neustadt/Mettau), Pardubice (Pardubitz), Pelhrimov (Pilgram), Písek, Plan (Planá), Plzen (Pilsen), Podebrady (Podebrad, Podbrad, Podiebrad, Podjebrad), Podersam (Podborany), Policka (Policzka), Prachatitz (Prachatice), Prestice (Prestitz), Pribram (Przibram), Rakovnik (Rakonitz), Reichenberg (Liberec), Roudnice (Raudnitz), Rumburg (Rumburk), Rychnov (Reichenau), Saaz (Zatec), Schluckenau (Šluknov), Sedlcany (Selcan), Semily (Semil), Slaný (Schlan), Smíchov (Smichow, Schmichow, Zmichow), Strakonice (Strakonitz), Sušice (Schüttenhofen), Tábor, Tachau (Tachov), Tepl (Teplá), Teplitz (Teplice), Tetschen (Decín), Trautenau (Trutnov), Trebon (Wittingau), Turnov (Turnau), Týn nad Vltavou (Moldautein), Vinohrady-Královské (Königl. Weinberge), Zamberk (Senftenberg).

Für die Rechtspflege bestehen: das Oberlandesgericht u. das Landgericht in Praha, und 14 Kreisgerichte mit 216 Bezirksgerichten; ein besonderes Handelsgericht ist in Praha. Die Finanzverwaltung steht unter der Finanzlandesdirektiom in Praha, der 10 Finanzbezirksdirektionen mit 91 Zollämtern und 217 Steuerämtern untergeben sind. Die Berghauptmannschaft in Praha hat 11 Revierämter unter sich. Handelskammern bestehen in Praha, Reichenberg, Eger, Plzen u. Budejovice.

Wappen: silberner Löwe mit goldener Krone umd doppeltem Schweife im roten Felde.

Militär

Militärisch zerfällt das Königreich Böhmen in 10 Ergänzungs-Bezirke und steht unter dem Generalkommando in Praha (Prag).[2]

Fußnoten

  1. Quelle: Gerhard Köbler: Historisches Lexikon der deutschen Länder, die deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart, München 1999.
  2. Quelle: HicLeones

Weblinkks

Daten aus dem genealogischen Ortsverzeichnis

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