Kupferhammer (Meseritz)
Kupferhammer ist ein mehrfach besetzter Begriff. Zu weiteren Bedeutungen siehe unter Kupferhammer. |
Hierarchie
Regional > Historisches Territorium > Preußen > Posen > Kreis Meseritz > Kupferhammer
Regional > Historisches Territorium > Deutschland > Brandenburg > Neumark > Kreis Meseritz > Kupferhammer
Einleitung
Allgemeine Information
Politische Einteilung
Polnischer Ortsname | Miedzichowo |
W-Nummer (Kennziffer Verwaltungsbezirk) | W51136 |
Gemeinden Wohnplätze Vorwerke ...
Kirchliche Einteilung/Zugehörigkeit
Evangelische Kirchen
Katholische Kirchen
Geschichte
Kupferhammer lag malerisch eingebettet in ein leichtes Wiesental, durchflossen vom Schwarzwasser mit den beiden Holzbrücken, umgeben von Gärten, Wiesen und Feldern, umsäumt von Kiefernwald.
Der Mittelpunkt des Ortes war die 1908 errichtete Kirche mit dem Pfarrhaus und dem Konfirmandensaal, dem großen Pfarrgarten und dem vielen Baumbestand. Der Bau der evangelischen Kirche in Kupferhammer geht auf eine Stiftung der Kaiserin Auguste Viktoria zurück. Erster Pfarrer nach der "Eröffnung" war Otto Herrmann.
Das Dorfbild war abwechslungsreich mit mehreren kleinen Straßen und Winkeln. Viele Häuser, auch
ganz kleine Grundstücke, entstanden um die Jahrhundertwende nur, manchmal als Backsteinbau, meistens jedoch verputzt. Dazwischen standen auch sehr alte kleine Häuser mit verputztem Fachwerk und verbretterten Giebeln. Einige waren noch mit Reed
gedeckt. Das ganze war aufgelockert durch Gärten vor und zwischen den Häusern; es lagen auch noch einige Ackerstreifen dazwischen. Viele Bäume standen an den Straßen.
Am Dorfausgang Richtung Neutomischel lag das ehemalige große Gut mit seinem Herrenhaus, ein niedriger klassizistischer Bau mit einer kleinen Freitreppe. Davor standen zwei uralte Linden, die naturgeschützt waren. Sie waren der Rest des abgeholzten
Parks. Verstreut standen noch ehemalige halbverfallene Wirtschaftsgebäude herum, größtenteils schon ohne Dächer.
Schön war es an Jennrichs Mühle. Rauschend floss das Wasser übers Wehr, das Mühlrad drehte sich noch. Aus dem Schilf und baumumstandenen Ufern des Schwarzwassers hörte man die vielen Wasservögel, die dort ihr Paradies hatten. Die
Wasserfläche des Sees war teilweise überdeckt mit Seerosen. Ging man weiter an Jennrichs Haus und Garten vorbei, kam die zweite Brücke. An ihr lag Hirsches Grundstück, die ehemalig Walkmühle.
Am Dorfausgang Richtung Lentschen endete ein kleiner Höhenzug, genannt der "Berg". Einen weiten Ausblick hatte man von seiner höchsten Erhebung; bei gutem Wetter waren die Kirchtürme von Schwiebus zu erkennen. Bis in die achtziger Jahre des vorigen
Jahrhunderts sprach noch jedermann vom Eichberg, bis auf spärliche Reste war er längst abgeholzt. Am anfallenden Hang lag der sehr alte evangelische Friedhof mit schönem Baumbestand, eine uralte Linde war ausgemauert und grünte noch. Vor der
Jahrhundertwende wurden leider die gewaltigen Eichen, die auf dem Friedhof standen, gefällt. Von dem Holz hat man das Friedhofsgelände mit einem Zaun eingefriedet. In der Nähe der alten Linde lagen mehrere gemauerte Grabkammern, die mit großen
bildhauerisch gestalteten Sandsteinplatten abgedeckt waren. Stark bemoost ließen sie eine Darstellung von gerafften Tüchern erkennen, die an den Zipfeln geknotet waren. Die Platten waren beschriftet. Zu unserer Zeit war alles stark überwuchert und
von den Gräbern kaum noch etwas zu sehen. Es werden heute die einzigen Steine sein, die der Zerstörung durch die Polen entgangen sind, da sie unter der Erde liegen. Am Friedhofseingang, gleich rechter Hand stand ein Grabstein. Er stammt den
Stilmerkmalen nach aus der Zeit um 1800, alle vier Seiten waren beschriftet. Für einen Besitzer des Hammers war er einst über seinem Grab errichtet worden, nachdem es Zigeuner nach Wertgegenständen durchwühlt hatten. Links vom Eingang stand der
Geräteschuppen, in dem alles aufbewahrt wurde, was man zu einer Beerdigung brauchte. Nur der schwarz gestrichene Leichenwagen, auf dem der Sarg vom Trauerhause zum Friedhof gefahren wurde, war ein einem Hof untergestellt. Vor dem Sarg wurde von einem
Konfirmanden ein schwarzes Kreuz getragen und am offenen Grabe, ebenfalls von einem Konfirmanden, immer aus 1. Thessalonicher 4 die Verse 13 - 18 verlesen. Die Schulkinder sangen, so war es in Kupferhammer Brauch und Sitte. Die katholischen Leute - in
Kupferhammer waren es nur zwei Familien - wurden in Tirschtiegel auf dem katholischen Friedhof bestattet.
Am Berg in Richtung Scharne lag eine Sandgrube. Den Hang dahinter benutzten wir Kinder im Winter als Rodelbahn. Von dieser Sandgrube, auf halber Höhe, stand ein Holunderstrauch, davor war eine feuchte Stelle, aus der etwas Wasser quoll. Meine
Großmutter hat mir erzählt, dass in ihrer Kindheit, als der Berg noch nicht abgeholzt war, es eine starke Quelle gewesen sein. Man holte dort das Trinkwasser. Von zwei Flurnamen wissen wir noch: Die Felder in Richtung Neutomischel wurden als Schleife
bezeichnet. Das Gebiet rechter Hand, am Anfang des Dorfes, von Tirschtiegel kommend, hinter dem Grundstück Werner bis zum Schwarzwasser, wurde "im Horst" genannt.
Kupferhammer war keine Holländerei. Der Anfang der Gemeinde reichte bis in das Mittelalter zurück und bestand da wohl hauptsächlich aus dem Eisen- und dem Kupferhammer und dem großen Gut, denn auf einer Karte von 1442 von Schenk & Valk ist der
Ort Hammer schon eingezeichnet, ebenso Mitrenge und Wengeln.
In der Gegend wurde seit Jahrhunderten Raseneisenstein gewonnen, geschmolzen und im Hammer verarbeitet. Der Schwarzfluss lieferte die dazu benötigte Wasserkraft. Er war vor dem Hammer, der späteren Mühle zu einem kleinen See aufgestaut, ein Arm
floss zur Hirsches früherer Mühle, um sich hinter Fechners Garten wieder zu vereinigen. In Nasse Gräten vor Neustadt bei Pinne entsprang das Flüsschen und nannte sich "Neustädter Wasser", in der Mitrenge vereinigte es sich mit dem vom Süden
kommenden "Mischker Wasser", bildete nun unser Schwarzwasser und mündete in Tirschtiegel von Steindamms Mühle in die Obra. Sein Lauf trieb früher 9 Wassermühlen, 1 Papiermühle und eine Walkmühle, von den insgesamt 11 Mühlen waren in
frühester Zeit 3 Hammerwerke.
Auf den Wiesen gab es Gräben, deren Wasser braunrot erschien, so eisenhaltig war der Boden.
Es gibt eine nicht sehr genaue Landkarte aus der zeit des siebenjährigen Krieges, die nach einer Handzeichnung angefertigt wurde. Auf ihr ist Jennrichs Mühle als Kupferhammer eingezeichnet. Dagegen Hirsches spätere Mühle, mein Urgroßvater
Ferdinand Hirsch hatte sie 1850 als Walkmühle gekauft und später zu einer Mahlmühle umgebaut, als Eisenhammer vermerkt. Im Jahre 1785 entstand durch ein Hochwasser eine große Wassernot. Es heißt: "Auf dem Hammer riss das Wasser aus und
stürzte das Wohnhaus des Schmiedes um." Draus ergibt sich, dass es sich um das Wohnhaus des Eisenhammers handelte.
Laut der mündlichen Überlieferung hat immer in Jennrichs Mühle als Vorgänger den Eisenhammer getrieben. Auf der ältesten Ansicht von Kupferhammer aus der Zeit um 1890 sind noch links oben die alten Fachwerksgebäude zu erkennen und sie wurden
als der alte Hammer bezeichnet. Karl Eduard Goldmann schreibt 1913 in seinem Bericht über die Mühlen, dass 1859 der Kupferhammer noch in Betrieb war. So ist die spätere Mühle Jennrichs immer ein Kupferhammer gewesen. Es ist überliefert, dass
man dort in früheren Zeiten die Kupferbleche für die Brauereien gewalzt hat. Hirsches einstige Mühle wäre ganz ursprünglich der Eisenhammer gewesen, später Walke und zuletzt Mahlmühle, bevor man sie vor der Jahrhundertwende ganz stilllegte.
Auf den angrenzenden Grundstücken und Gärten war viel Schlacke aufgeschüttet - wie man feststelle - ungenügend ausgeschmolzen, der Schlackenverkauf war lohnend. Auch Henkelmanns Häuschen stand auf Schlacke, ringsherum wurde abgegraben, daher
lag das Gebäude wie auf einem kleinen Buckel. Jahrzehntelang - bis in die Wintermonate um 1900 - waren viele Leute damit beschäftigt, die Schlacke abzugraben und wegzutransportieren, sie wurde per Bahn in die Hüttenwerke Schlesiens gebracht.
Kupferhammer hatte bis in die zweite Hälfte des vorigen Jahrhunderts keine eigene Mühle und musste auswärts mahlen. In der Tirschtiegeler Chronik wird aus dem Jahre 1754 ein Verbot der Schlossherrschaft wiedergegeben, in dem unter strenger Strafe
das Mahlen in nicht herrschaftlichen Mühlen untersagt ist. Dabei werden die Orte ohne Mühlen aufgeführt, die zu Herrschaft Tirschtiegel gehörten - darunter auch Kupferhammer.
Jennrichs Mühle war ein großer Backsteinbau. 1901 brannte die alte Mühle - der ehemalige Kupferhammer - ab und wurde durch diesen Neubau ersetzt. Wie mir Frau Erna v. Lorck, geborene Jennrich, berichtete, soll es eine 10-Tonnen-Mühle gewesen
sein. Sie betrieben auch Geschäftsmüllerei und lieferten bis nach Gera und sonst in der Umgebung an die Bäckereien in Neustadt und Bentschen. Auch meine Großeltern kauften den größten Teil Mehl für die Bäckerei bei Jennrich. Es wurden
auch Haferflocken und Gries hergestellt - mit Pferd und Wagen haben sie die Produkte über Land gefahren. Die Mühlsteine kamen aus Frankreich, die Seide für die Mehlsiebe bis aus der Schweiz. Sie hatten in der Mühle auch einen Deutzer
Sauggasmotor, dessen Hilfe eingesetzt wurde, wenn die Wasserkraft nicht ausreichte. Zwischen den beiden Kriegen - zu polnischer Zeit - mussten der hohen Steuern wegen einige Stühle ausgebaut werden.
Im Jahre 1899 hatte Herr Jennrich die Mühle von einem Männel erworben. Letzterer hatte in den älteren Jahren ein sehr junges Mädchen geheiratet, die kurz noch der Hochzeit ins Wasser ging und sich das Leben nahm. Es ist damals in der ganzen
Gegend viel darüber geredet worden.
Das zur Mühle gehörende Wohnhaus war mit seinem Walmdach ein verputzter Fachwerkbau aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts und zählte zu den ältesten Gebäuden Kupferhammers. Bei Reparaturarbeiten fanden die Handwerker unter der
Hausschwelle ein Geldstück mit der Jahreszahl 1749, es war offensichtlich dort hingelegt worden. Vielleicht war es das Baujahr des Hauses. Im Innern waren in den großen Stuben noch die barocken Türen mit den schönen, in Treibarbeit
ausgeführten, Kastenschlössern und den durchbrochenen Türknöpfen erhalten. Jennrichs benutzten zu den Fahrten in die Stadt eine schwarze geschlossene Kutsche, die uns Kinder immer sehr interessierte, wenn sie damit unterwegs waren.
Hirsches Mühle als solche existierte schon längst nicht mehr. Mein Urgroßvater hatte vor 1900 das Recht auf Wasser für 3.000 Taler an die andere Mühle, den früheren Kupferhammer, verkauft. Kurz vor dem ersten Weltkrieg wurde das alte
Gebäude abgerissen und durch ein neues Wohnhaus ersetzt.
Das einstmals große Gut spielte im vorigen Jahrhundert noch eine Rolle. Vom Dorf her führte eine kleine Allee zum "Schloss", wie man es nannte. Zwei gemauerte Pfeiler erinnerten an diesen Weg. Sie bildeten zu unserer Zeit die Toreinfahrt zu Hirschkes
Grundstück. Daneben stand kleine Spritzenhaus. Es existierte mal der stattliche Park, in dem - wie damals üblich - Pfauen gehalten wurden. Meine Großmutter hat mir oft davon erzählt. In den Blumenbeeten standen unter anderem auch Rhabarber- und
Tomatenstauden als Ziergewächse. Letzte galten als sehr giftig, wurden aber allgemein bestaunt.
Soweit wir wissen, waren die Besitzer immer bürgerliche Leute und wechselten in kurzen Abständen. Laufend wurde Land verkauft, dadurch entstanden immer neue Bauernhöfe. Auch unsere Vorfahren kamen vor der Mitte des vorigen Jahrhunderts von Bobruwke
nach Kupferhammer und kauften vom Gut die alte Schäferei und Land in der Lentschner Niederung. Die Wälder wurden abgeholzt, damals fiel auch der Park, der Besitzer Palm beutete das Gut am meisten aus. Sein Schwiegervater hatte in Tirschtiegel eine
Sägemühle. An einem Pfingstsonntag brannte die zweite große Gutsscheune, von der Versicherung erhielt Palm nichts, da die Brandstiftung zu offensichtlich war. Am Gefängnis kam er gerade noch vorbei!
Bei den immer wieder erfolgten Abverkäufen des Gutes hatte auch der Ortslehrer Klau die Hände im Spiel. Er verkaufte unter der Schneedecke viel Land für schweren Weizenboden, da musste er gehen. Seine Frau hatte immer gesagt, die Hammerschen
können kaum ein Kalb absetzen, geschweige denn ihren Mann. Es war wohl schön öfter versucht worden, ihn los zu werden. Klau war ein roher Mann und sehr verhasst, weil er die Kinder in der Schule so misshandelte.
Vom Schloss wurden viel Spukgeschichten erzählt, die Leute wollten Geister gesehen haben und Kettengerassel gehört haben. Es sind auch verschiedene rätselhafte Sterbefälle vorgekommen. Alle diese Ereignisse gaben den Dorfbewohnern immer wieder
neuen Gesprächsstoff. Am meisten von all den Geschichte wusste "Kurzes Guste", eine Landarbeiterfrau, zu berichten!
Als Herr Jennrich von Landsberg nach Kupferhammer reiste, um sich die Mühle anzusehen, kam er in der Bahn mit einem Mitreisenden ins Gespräch. Sie wollten doch nicht etwa dieses abgewirtschaftete Gut in Kupferhammer kaufen, darauf kann ja nicht mal
eine Krähe überwintern, meinte dieser!
Nach dem ersten Weltkrieg gehörte das Restgut einem russischen emigrierten Major mit seiner Familie. Er erschien meist nur zur Erntezeit, um mit dem Erlös zu verschwinden. Seine Familie musste sich buchstäblich durchhungern. Meine Großmutter
schenkte ihnen oft aus Mitleid ein Brot. Anfangs hatten sie noch eine alte Dienerin bei sich, die wenigstens kochte. Als sie starb, war die Familie ohne jegliche praktische Hilfe. Von einem Posener Einrichtungshaus hatte sich die Familie das "Schloss"
einrichten möblieren lassen. Da sie nicht zahlen konnten, wurde wieder alles abgeholt und sie saßen nun in dem fast leeren Haus. Die Polen haben nach 1945 bauliche Veränderungen daran vorgenommen und eine Schule darin eingerichtet.
Die Einwohner von Kupferhammer waren 1905 alle deutsch und bis auf zwei Familien evangelisch. Sie gehörten zur Kirchengemeinde Tirschtiegel. Dorthin schaffte man auch alle überschüssigen landwirtschaftlichen Produkte zu den Wochenmärkten. Die
Bevölkerung war inzwischen sehr angewachsen, zählte es noch 1793 nur 100 Einwohner mit 20 Feuerstellen, aber schon 1871 waren es 445 Einwohner! So plante man die Einrichtung eines neuen Kirchspiels. Beratungen gingen hin und her, in welchem Orte
Kirche und Pfarrhaus errichtet werden sollten. Mein Urgroßvater, der Ortsvorsteher war, erreichte es, dass die Entscheidung für Kupferhammer fiel, obwohl viele Stimmen aus der Gemeinde dagegen waren!
Durch den Hopfenanbau vor dem ersten Weltkrieg und in neuerer Zeit durch den Korbweidenanbau waren viele Leute zu einem gewissen Wohlstand gekommen, es wurde überall gebaut und viele alte Gebäude durch neue ersetzt.
Kupferhammer hatte eine Schule. Der Unterricht wurde für alle 8 Klassen in einem Raum erteilt. Im anderen Teil des Hauses befand sich die Lehrerwohnung.
Im Dorf gab es eine Reihe Geschäfte und Handwerker, den Gasthof Riemer, daneben in früherer Zeit das Lebensmittelgeschäft Enge. Später war es ein Textilladen. Bäckerei und Kolonialwaren Troschke. Lebensmittel und Schreibwaren Engelmann.
Bäckerei und Lebensmittel Schulz und eine Fleischerei Klemke. Es gab einen Frisör Bohr. Sein Vater hat in früheren Zeiten Leute angeworben, mit denen er im Sommer auf die großen Güter in Mitteldeutschland zog und dort arbeitete. Die Schmiede
Lubasch war da und ein Stellmacher Werner. Ein Schneidermeister Drewnak, der auch die Post hatte. Ferner die Tischlerei Kirschke, die Mühle Jennrich, zwei Schuhmacher namens Musial und Stähler. Letzterer war taubstumm, ebenso seine zweite Frau.
1914 brach der erste Weltkrieg aus und die Wehrpflichtigen rückten ein. Es gab nur wenige Familien, die keinen Gefallenen zu beklagen hatten. Am 27. Dezember 1918 begann in Posen der Aufstand der Polen aus Dankbarkeit dafür, dass das deutsche
Kaiserreich 1916 das Königreich Polen ausrief!! Im Dankestelegramm schworen die Polen ewige Treue!! Der Aufstand überflutete schnell die Provinz Posen, denn das Reich lag am Boden. Der Grenzschutz wurde gebildet, der in Tirschtiegel durch Frankfurter
Grenadiere Verstärkung erhielt. Neutomischel fiel durch Verrat schnell in polnische Hand, die Polen drangen weiter vor, die Linie Lewitzhauland - Kupferhammer - Lentschen konnte gehalten werden. Ständige Alarmbereitschaft war nötig. Für die
Bevölkerung war es eine Zeit ständiger Angst und Schrecken.
Am Dienstag, den 11. Februar 1919 wurde Kupferhammer von mehreren hundert Polen angegriffen. Die Verteidigung unter Leutnant Kannewischer war hauptsächlich auf die Dorfseite nach Neutomischel ausgerichtet. Die Polen aber waren nördlich des Ortes, im
Wald hinter Riemers, unbemerkt vorgedrungen und hatten sich in einer langen Reihe in einem Graben herangeschlichen. Siegesgewiss stürmten sie hervor, wurden aber von einem mörderischen Infanterie- und Minenwerferfeuer zurückgeschlagen; die Posten
hatten sie noch rechtzeitig entdeckt. Die Polen ergriffen die Flucht, sie hatten große Verluste; viele Verwundete und Tote schleppten sie mit. Zurück blieben über 20 Tote, die von den Kupferhammerschen eingesargt und gegen die am 9. Februar im
Gefecht bei Lommnitz gefallenen Deutschen ausgetauscht wurden. Auf deutscher Seite gab es an diesem 11. Februar zwei Tote, der Kirchturm hatte viele Einschüsse von diesem Gefecht.
Um den erbitterten Kämpfen zwischen Deutschen und Polen ein Ende zu bereiten, wurde in Trier durch die Waffenstillstandskommission eine Demarkationslinie festgelegt. Es sollte der Besitzstand vom 16. Februar 1919 maßgebend sein. Wie entsetzt war die
Bevölkerung, als sie erfuhr, dass durch manipulierte Angabe der Polen die vereinbarte Linie viele Kilometer nach Westen verlegt worden war. Es kam zu leidenschaftlichen Protestkundgebungen, Depeschen gingen zwischen Tirschtiegel und Weimar hin und her,
aber ohne Erfolg!
Im Schmachvertrag von Versailles wurde der größte Teil der Provinz Posen den Polen zugesprochen, ebenso viele Gemeinden wie Kupferhammer und Umgebung, die durch den Grenzschutz bis dahin deutsch geblieben waren. Der Kreis Meseritz verlor dadurch 37
rein deutsche Orte, darunter die Stadt Bentschen, die lt. Volkszählung vom 01.12.1905 3.905 Einwohner hatte, davon geben 1171 als Muttersprache polnisch an, das sind auch nur 29,8 %!! Am 20. Januar 1920 ab zwölf Uhr mittags zogen die Polen ein. Am
Vormittag kam es in Tirschtiegel zu einer Abschiedsfeier, in der sich General Hoffmann an die Bevölkerung wandte und besonders die ansprach, die nun nicht mehr zu Deutschland gehören durften. In Kupferhammer verlief die Besetzung ohne
Zwischenfälle.
Jahrhunderte alte Verbindungen wurden gewaltsam durchschnitten. Tirschtiegel mit Ärzten, Zahnarzt, Apotheke, Sparkasse, Gericht und allen Geschäften und Handelszweigen war für uns legal unerreichbar geworden. Diese Durchtrennung eins jahrhunderte
alten Lebensnervs führte zwangsläufig zu unvorstellbaren negativen wirtschaftlichen Auswirkungen. Bald war die gesamte Wirtschaft rückläufig.
All die landwirtschaftlichen Erzeugnisse, die man früher nach Tirschtiegel zum Markt gebracht hatte, konnten fast nicht mehr verkauft werden. Hinzu kam, dass sich inzwischen ein Wirtschaftskrieg zwischen Polen und Deutschland entwickelte. Deutschland
musste ganz Oberschlesien mit seinem Steinkohlevorkommen an Polen abtreten, aber sich zur gleichen Zeit durch den Vertrag von Versailles verpflichten, unvorstellbare Mengen Steinkohle abzunehmen. Das führte zwangsläufig dazu, dass Deutschland
jegliche Einfuhr landwirtschaftlicher Produkte aus Polen stoppte. Die Leidtragenden waren aber wir, die deutsche Landwirtschaft in Polen!
Die Rettung für unsere Region war die Korbweide, die noch einen einigermaßen guten Erlös brachte, da sie vorwiegend nach Übersee exportiert wurde. Sie war für die meisten Landwirte die einzige Einnahmequelle schlechthin.
In Kupferhammer waren es hauptsächlich junge Leute, die für Deutschland optiert hatten, sie mussten nun ihre Heimat verlassen. Aus Strese kam der Fleischer Trauer, der mit behördlicher Genehmigung die ehemalige Fleischerei Klemke kaufte. Der
Besitzer war nach Deutschland gegangen. Kurze Zeit danach wurde Trauer vom polnischen Staat enteignet und einfach rausgesetzt! So bekamen wir schon rechtzeitig die Entdeutschungspolitik des jungen polnischen Staates zu spüren. Trauer übernahm nun ein
altes Schmiedegrundstück von der Witwe Auguste Troschke, errichtete ein neues Wohnhaus mit Laden und ein Schlachthaus. Die alte Fleischerei übernahm eine polnische Familie Stawinski.
Kupferhammer wurde der Sitz für viele polnische Grenzbeamte mit ihren Familien. Gern hätten die Polen die evangelische Kirch für sich beschlagnahmt, die Gemeinden konnten aber ihre großen Eigenleistungen nachweisen und somit konnte die Enteignung
abgewendet werden. Von Seiten der Polen wurde immer wieder darauf gedrungen, die Einschüsse im Kirchturm zu beseitigen. Sie waren ein unübersehbares Zeichen der Kämpfe zur Zeit des Grenzschutzes. Man wollte nicht wahr haben, vielmehr durfte es
nicht wahr sein, dass sich die Bevölkerung gegen die polnische Besetzung gewehrt hatte. Nach einigen Jahren erbauten sich die Polen gegenüber der evangelischen Kirche eine geräumige Kapelle, die gleich nach Kriegsbeginn leider von deutscher Seite
abgebrochen wurde. Die deutsche evangelische Bevölkerung schloss sich eng in ihrer Kirche zusammen, hier konnte man noch ungehindert seine Muttersprache pflegen. Neben der Verkündigung wurde von Seiten der Kirche auch sonst viel - besonders für die
Jugend - getan, was bis dahin nicht unbedingt üblich war, zumindest auf dem Lande nicht.
Die Volkszählungen in Kupferhammer ergeben folgendes Bild:
1793 wohl nach der letzten polnischen Steuerliste: Kamine 30 Einwohner 100
dazu das Hammersche Vorwerk Kamine 5 Einwohner 37
1871 Wohnh. 68 ev. 420 kath. 25 poln. -- ges. Einwohner 445
1904 Wohnh. 80 ev. 397 kath. 45 poln. 1 ges. Einwohner 441
1921 Wohnh. 83 ev. 390 kath. 92 poln. 58 ges. Einwohner 482
Das Gemeindeareal betrug 1905 889,6 ha, der Grundsteuerreinertrag pro ha betrug 2,23 M.
Ab 1938 war die deutsche Sprache auf öffentlichen Plätzen verboten und man musste auf der Hut sein! Alle öffentlichen Ämter konnten nur mit Dolmetscher aufgesucht werden. Das Leben in Polen kann man am besten damit charakterisieren, in dem man
die Leistungen des polnischen Staates aufzeigt. Eine der bedeutendsten war, dass ein vom polnischen Staat angestellter Chausseearbeiten, im Volksmund "Chausseekratzer" genannt, auf der Straße von der Grenze bei Tirschtiegel bis nach Sempolno jedes Jahr
von neuem die ausgewaschenen, kohlrübengroßen Schlaglöcher mit Kies verfüllte im Laufe der 20 polnischen Jahre.
Am 6. September wurde Kupferhammer im Laufe des Polenfeldzuges ohne Kampfhandlungen von deutschen Truppen besetzt, denn die Polen hatten schon am 1. September Kupferhammer vormittags fluchtartig verlassen. So konnte es hier Gott sei dank zu keinen
Verschleppungen der deutschen Bevölkerung mehr kommen, wie z. B. in Neutomischel. Aber es waren trotzdem 6 Tage voller Angst, denn gleich am 2. September heiß es plötzliche, dass starkes polnisches Militär von Neustadt her im Anmarsch sei. Ganz
Kupferhammer floh Hals über Kopf nach Tirschtiegel hinein, um sich in Sicherheit zu bringen.
Trotz Krieg setzt in Kupferhammer sofort eine enorme Aufbauarbeit ein und die Menschen atmeten auf. Gleich 1940 wurde von der Straßenbaufirma Jeserich in Berlin binnen 6 Monaten die Chaussee von Tirschtiegel über Kupferhammer nach Neustadt zu einer
breiteren, nunmehr Teerstraße ausgebaut, einschließlich der breiten Betonbrücke in Hammritzke. Vom Krieg merkten wir wenig, außer dem durchziehenden Militär und den Einquartierungen. Als die Bombenangriffe auf Berlin zunahmen, spürte man
manchmal die Erschütterungen, das Geschirr klingelte leise in den Schränken. In den Gottesdiensten am Sonntag wurden die Gefallenen bekannt gegeben, dann spürten auch wir Kinder etwas vom Ernst der Lage. Ins Dorf kamen einige evakuierte Familien
aus Berlin, die der Bombenangriffe wegen die Stadt verlassen mussten. Es kamen auch einige polnische Leute nach Kupferhammer, die von ihren Höfen mussten, in die nun Schwarzmeer-Deutsche Familien angesiedelt wurden. Mitte Januar zog man die letzten
Männer zum Volkssturm ein, wie es hieß zur Räumung von Lodz, das aber schon längst von den Russen überrollt war. Im Dorf ging alles drunter und drüber, die Häuser und Höfe waren mit Flüchtlingen überfüllt, mache kamen halb erfroren
an.
Viele Familien in Kupferhammer verließen rechtzeitig ihre Heimat, aber viele blieben auch dort und versuchten, noch ganz zuletzt zu fliehen, kamen aber nicht weit und wurden von den Russen überholt.
In Kupferhammer war schwer gekämpft worden und einige Gebäude brannten nieder. Fleischer Trauers Haus und gegenüber davon, vom Hof Schmidtchen das Wohnhaus, wurden in Brand geschossen. Auch Tage danach wurden von den Russen noch Brände gelegt und
natürlich geplündert überall. Viele Häuser wurden total verwüstet und aller Hausrat zerschlagen. Am schlimmsten war aber, dass Frauen vergewaltigt wurden, dazu kam es zu Erschießungen und Morden.
Pastor Schmidt mit seiner Frau und den Schwestern Kirschke hatten sich unter der Verandatreppe verborgen und wurden erst nach Tagen von den Russen entdeckt. In Berthold Troschkes Haus hatten sich etliche Leute mit Pastor Schmidt zusammen gefunden. Er
konnte etwas russisch und so manches schlimme verhüten, aber dann wurde auch er verschleppt. Die Häuser und Höfe nahmen sofort die Polen in Beschlag. Es waren vielfach Familien, die aus dem Gebiet um Lemberg kamen, welches der Russe kassierte und
zwangsläufig die Polen von dort umsiedelte. Die Wochen gingen dahin mit schwerster Arbeit, Angst und Schrecken. Eines Tages Ende Juni mussten binnen einer halben Stunde alle deutschen Einwohner Kupferhammer zu Fuß verlassen.
(Wilhelm Troschke, mit Ergänzungen von Erhard Gebauer)
Genealogische Gesellschaften
Genealogische und historische Quellen
Soweit noch erhalten befinden sich Kirchenbücher und Zivilstandsregister (älter als 100 Jahre) zumeist im Staatsarchiv Leipzig, jüngere im Standesamt Meseritz. Eine vollständige Übersicht ist zu finden bei Grüneberg (Bestandsverzeichnis).
Kirchenbücher
Zivilstandsregister
Andere Quellen
LDS/FHC
Grundakten und -bücher
Adressbücher
Archive und Bibliotheken
Archive
Staatsarchiv Landsberg (Warthe)
Siehe Erfahrungsbericht der Neumark-L.
Bestände in Polen
Hier ein Link zur Bestandsübersicht in polnischen Archiven.
Bibliotheken
Handbibliothek der FST Neumark
Verschiedenes
- nach dem Ort: Kupferhammer (Meseritz)
- Genealogische Mailingliste neumark-l auf Discourse (Anmeldung erforderlich, kostenfrei)
Weblinks
Offizielle Webseiten
Genealogische Webseiten
Die Neumark-Datenbank mit fast 400.000 Einträgen wurde bis 2011 gepflegt und ist weiterhin nutzbar. Neueinträge sind dort allerdings nicht mehr möglich.
Weitere Webseiten
Private Informationsquellen- und Suchhilfeangebote
Auf der nachfolgenden Seite können sich private Familienforscher eintragen, die in diesem Ort Forschungen betreiben und/oder die bereit sind, anderen Familienforschern Informationen, Nachschau oder auch Scans bzw. Kopien passend zu diesem Ort anbieten. Nachfragen sind ausschließlich an den entsprechenden Forscher zu richten.
Zufallsfunde
Oft werden in Kirchenbüchern oder anderen Archivalien eines Ortes Personen gefunden, die nicht aus diesem Ort stammen. Diese Funde nennt man Zufallsfunde. Solche Funde sind für andere Familienforscher häufig die einzige Möglichkeit, über tote Punkte in der Forschung hinweg zu kommen. Auf der folgenden Seite können Sie Zufallsfunde zu diesem Ort eintragen oder finden. Bitte beim Erfassen der Seite mit den Zufallsfunden ggf. gleich die richtigen Kategorien zuordnen (z.B. über die Vorlage:Hinweis zu Zufallsfund).
Daten aus dem Geschichtlichen Ortsverzeichnis
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