Rezepturhandschrift (Westfalen)

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
(Weitergeleitet von Lesepauker 7)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Alphafit: Die Lebensumstände im lokalen und regionalen Bereich mit den natürlichen und kulturellen zeitlichen Gegebenheiten geben Hinweise zur Anlage von Biografien unserer Vorfahren in der jeweiligen Generation. Land und Leute in ihrer Zeit, ihre Verwaltungseinbindung, Bildungs- und Wirtschaftswesen, Wohlfahrtspflege und die Vernetzung ihres Lebensraumes.

Hierarchie: Regional > HRR > Historische deutsche Staaten > Lebensumstände > Stadtwirtschaft > Rezepturhandschrift eines westfälischen Spezereihändlers aus der Hausväterzeit

Reihe Lesepauker

Rezepturhandschrift eines Elentarschullehrers und Küsters zur Hausväterzeit


Quellenveröffentlichung

Über Rezepturen und Forschung zu Nomenklaturen

Eine Rezeptur ist heute, wie auch schon vor 2000 Jahren, eine schriftliche Anweisung, was und wie viel man von gewissen Dingen nehmen soll, um einen neuen künstlich vermischten Gegenstand oder Körper hervorzubringen, den man selber benötigte oder mit dem man Handel betreiben konnte. Rezeptur und Handel standen immer in enger Beziehung zueinander.

Das Wissen über historische Rezepturen, deren Anwendung und Wirkung, die Erschließung hochwertiger Wirkstoffe und Pigmente, bildet über die Arzneimittelherstellung hinaus auch eine wertvolle Grundlage für die Kunst, Malerei und Restaurierung. Beeinflusst wurden die Rezepturen im hohen Maße von der Entdeckung und Erschließung neuer Kontinente und Völker durch die Europäer im 15. und 16. Jahrhundert, da die dabei neu erschlossenen Pflanzenwelten die europäischen Rezepturen um viele Substanzen erweiterten.

Es ist sehr schwer etwas zuverlässiges über die Arbeit der Färber etweas zu sagen. Obwohl die Bestandteile der Farben bekannt genug waren, machten doch die Färber aus ihrem Geschäft ein großes Geheimnis, zumal besonders seit der Kolonialisierung von Ost- und Westindien immer wieder neue Farbsubstanzen auf dem Markt neue Techniken und Farbvarianten ermöglichten. Über Erfahrungen mit überseeischen Substanzen berichteten wohl nicht nur Apotheker und Färber ihren Lieferanten der Rohstoffe, die diese wohl auch notierten.

Eine solche historische Sammlung handschriftlicher Rezepturen aus Westfalen, der Grafschaft Mark und dem klevischen Niederrhein, aus der Zeit der Konfessionalisierung und der regionalen Entwicklung von Kirche, Staat und Gesellschaft nach der Reformation. wurde im Hauptteil Ende des 18. Jahrhunderts abgeschlossen. Mit der anliegenden Bearbeitung wird diese Quelle nun erschlossen und zugänglich gemacht. Veröffentlicht wird damit eine ziemliche Palette unterschiedlicher historischer Rezepturen für Material-, Drogerie- und Apothekerwaren, darunter auch für Pigmente für unterschiedlichste Farbanwendungen.

In diesem Rezepturbuch schwebte auch der Geist der Gesundheit, der Langlebigkeit und sogar der Unsterblichkeit. Die Leute glaubten daran und die gebildeten und im wahrsten Sinne „gut betuchten“ Eliten der illustren Gesellschaft in den Großstädten konnten dafür zahlen. Zielgruppe war der Landadel, der bürgerlichen Privatmann und eigenständige Bauernstand, wie auch höhere und niedere Landgutaufsitzer.

Der großen Mehrheit des Landvolks und der Bewohner der Kleinstädte blieb der Zugang zu Ärzten und Apothekern in den Residenz- und Großstädten bei mangelhaften Angeboten und mangels finanzieller Möglichkeiten verwehrt. Ihnen verblieben die Hausmittel, der Spiritismus und die Spiritualität, mit den Möglichkeiten des Glaubens an Gott oder den bösen Geistern als besondere Kraft über die üblichen Wirkmittel hinaus bei Krankheiten.

Dies durch empirische Methoden zu hinterfragen und wahrzunehmen und die systematische Erfassung zu erproben und auszuwerten konnte mit einem sogenannten „Naturalienkabinett“ und einer „Wunderkammer“ eines Gymnasiums unterstützt werden. Untersuchbar waren dabei durchaus objektive Gegebenheiten, subjektive Meinungen oder auch individuelle Verhaltensweisen. Praktische Grundlagen für solche Untersuchungen in Offizinen konnten Rezepturbücher bieten.

Spätmittelhochdeutsche Begrifflichkeiten in einzelnen Rezepturen dieser Handschrift lassen deren eigentliche Ursprünge im 16,, 17. und 18.Jahrhundert vermuten. Abschnitte mundartlich eingefärbter Benennungen und Ausdrücke weisen auf westfälische Regionen und den Niederrhein um Rees, Bocholt, Wesel, Kleve hin.

Solche Rezepturen waren sicherlich nützlich für wohlhabende Privathaushelte der Hausväterzeit, deren Blüte etwa zwischen 1660 und 1730 lag. Die Handschrift der Rezeptur umfaßt das Tätigkeitsfeld eines Materialisten und war Anfang des 19. Jahrhunderts in den Besitz des Spezereiwarenhändlers Joseph Bernhard Schild, geboren in Lippramsdorf, gekommen, welcher um 1816 einen Spezereiwarenhandel in Schermbeck eröffnet hatte.

Diese Handschrift ist nun erschlossen und wird im Januar 2019 in Druck gehen.

Inhaltsverzeichnis

  • Lehrer Hermann Drees war auch Wundarzt ... S. 09
  • Familie Schild erbaut Kornwindmühle ... S. 10
  • Rezepturhandschrift an Joseph Bernhard Schild... ... S. 11
  • Spezereikrämer erhält Apothekengeräte ... S. 12
  • Juweleneinfassung für den Bischof ... S. 12
  • Heilmittelkonfektion gegen Podagra ... S. 13
  • Lehrer und Organist ... S. 13
  • Stiftung der Handschrift an das Stift Xanten ... S. 14
  • Bernhard Schild als Gymnasiast in Dorsten ... S. 15
  • Curriculum 1782 und Lehrgegenstände des Gymnasium Petrinum in Dorsten ... S. 15
  • Kurrentschrift 1782: Schönschreiben nach kurkölnischer Vorschrift ... S. 16
  • Gymnasiale Wunderkammer als Naturalienkabinett ... S. 19
  • Empirische Methoden führten zu erfolgreichen Rezepturen ... S. 20
  • Wurzeln magischer Rezepturen, Glaube und Hoffnung^ ... S. 21
  • Unwissenheit und Volksglauben prägten noch im 18. Jhdt. die Heilkunst ... S. 28
  • Männer und Frauen waren und blieben krank, weil sie arm waren ... S. 30
  • Materialisten als Rohstofflieferanten, unterschiedliche Rezepturinteressenten ... S. 34
  • Abgrenzung zum lokalen Apotheker, Anlageplan einer großen Apotheke ... S. 37
  • Arznei- und Medizinalordnung 1692 im Fürstbistum Münster ... S. 38
  • Von vormetrischen zu metrischen Einsatzgewichten (mit Symbolen) ... S. 39
  • Tabelle über die preußischen Längen-, Körpermaße und Gewichte (1816) ... S. 40
  • Waagenkonstruktionen nach Diderots Enzyklopädie (1762-1777) ... S. 42
  • Bechergewichte und vormetrische Apothekergewichte im Bild ... S. 43
  • Seitenkopien der Handschrift mit gegenüberliegender Umschrift ... S. 44 ff. darin unter anderem Zubereitungen von Klebstoffen, Seifen, Tinten und Farben. Enthalten sind auch Vorschriften der Verarbeitung von Wachs zu Plastiken, aber auch zur Herstellung von Posamenten, Speisen und Getränken, Haushaltstipps ......
  • Etwas von der Tingierung, der Farbgebung in der Heraldik, Aufschwörungstafel ... S. 252
  • Etwas von Farben im Vermessungs- und Katasterwesen, mit farbigem Lageplan ... S. 253
  • Gerätschaften zur Herstellung und Anwendung von Tuschen und Tinten .. S. 254
  • Fortsetzung der Seitenkopien der Handschrift mit gegenüberliegender Umschrift ... S. 256 ff.
  • Pinsel in der Malerei ... S. 268
  • Färberpflanzengarten / Sevengardens ... S. 269
  • Fortsetzung der Seitenkopien der Handschrift mit gegenüberliegender Umschrift ... S. 270 ff.
  • Rezeptur als eine Vorschrift, was und wie viel man von gewissen Dingen nehmen soll ... S. 278
  • Ansätze zu einer Nomenklatur: Dr. Johann Weyern: Arzney Buch 1580 ... S. 279
  • Chemische Zeichen in der physikalischen Chemie (1777) ... S. 280
  • Darstellung von Handelsakteuren im Mittelmeerraum, Orient und Westindien ... S. 282
  • Darstellung von Händlern bei regionalen und lokalen Warenangeboten ... S. 283
  • Ausstattung unterschiedlicher Offizinen, Kauf - oder Handelsläden ... S. 284
  • Ausgewählte hilfreiche Literatur ... S. 288
  • Anhang:
  • Inventar der Apotheke im Haus Geist in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts ... S. 289
  • Seitenkopien der Handschrift mit gegenüberliegender Umschrift ... S. 286 ff.
  • Arbeitsmittel, Geräte und Gefäße im Offizin oder Labor ... S. 326
  • Grobe Einordnung unterschiedlicher Typen von Steingut und Steinzeug ... S. 333
  • Dreibeine und Kesselhaken als Hilfsmittel zur Wärmeregulierung ... S. 335
  • Wie die Hafner bei der Herstellung des Steinzeugs vorgingen ... S. 335
  • Steinzeug, Porzellan ... S. 336
  • Beschreibung einer gehandhabten Destillationstechnik, Arzneybuch (1580) ... S. 337
  • Ein Kötter als Brenner, der Brandewiner ... S. 338
  • Der Droste des Amtes Dülmen bezog auch Arzneien (1723) ... S. 339
  • 1713 Gründung der Alten Apotheke zu Recklinghausen ... S. 341
  • Scharlatanerei und Kurpfuscherei wurden auch regional bekämpft ... S. 343
  • Wohlfahrtspflege im Fürstbistum Münster ... S. 344
  • Von der offenen Feuerstelle zum gemauerten Ofen ... S. 348
  • Zeitgenössisches Glossar ...S. 349 ff.

Inhaltliche Ergänzungsmöglichkeit zum Umfeld