Maraunenhof (Königsberg)

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Hierarchie

Regional > Deutsches Reich > Ostpreußen > Regierungsbezirk Königsberg > Stadtkreis Königsberg > Maraunenhof (Königsberg)

Königsberg in Preußen, Schroetter-Karte 1802
Provinz Ostpreußen 1910

Einleitung

Allgemeine Information

Maraunenhof war ein Stadtteil von Königsberg, nördlich des Oberteiches gelegen. Südöstlich lagen Devau und Kalthof. Westlich lag Palwehof‎.

Name

Der Name geht auf eine prußische Person Marun zurück und kann sich von „maronis“ (Bewohner eines Ortes am Haff) oder „marunas“ (Rainfarn) ableiten.

Politische Einteilung

Kirchliche Einteilung/Zugehörigkeit

  • Herzog-Albrecht-Gedächtniskirche

Evangelische Kirchen

Katholische Kirchen

Kirchhöfe/Friedhöfe

  • Maraunenhöfer Friedhof
  • Urnenfriedhof

Geschichte

Erstmals erwähnt wurde der Ort 1571 als Mahrunen Fischer. 1606 hieß er Marauns Hoff Fischer und 1785 Maraunen oder Maraunenhof. Dieser Stadtteil wurde 1905 in den Stadtkreis Königsberg eingemeindet und danach weiter aufgesiedelt und an das städtische Verkehrsnetz angeschlossen. Die Terrainaktiengesellschaft war maßgeblich daran beteiligt, dass sich Maraunenhof zu einem Villenviertel entwickelte und das bis dahin bevorzugte "Geheimratsviertel" des Tragheim als Wohnbezirk ablöste.

In diesem Stadtteil lagen, direkt nördlich an den Alt Roßgarten anschließend:

  • etliche Schrebergärten,
  • die Pferderennbahn,
  • der Pferdeausstellungsplatz,
  • der Tattersall,
  • der Sportplatz des Königsberger Männerturnverein,
  • das Kreiswehramt,
  • das Kreiswehrkommando,
  • Kasernen


Genealogische und historische Quellen

Genealogische Quellen

Historische Quellen

Die neue Tragheimer Kirche im Maraunenhof

eine ästhetische Würdigung (vom 23.3.1913) - (Herzog-Albrecht-Gedächtniskirche)

Jeder Kirchenneubau, ob groß oder klein, hat außer der Zweckbefriedigung noch eine große Kulturaufgabe zu erfüllen, die sich auf die Kunst im allgemeinen erstreckt. Dies gilt auch von der Neuanlage in Maraunenhof, die mit den beiden Wohnhäusern, dem Pfarrhaus mit dem Konfirmandensaal und dem Küster- und Organistenhaus zu einer stattlichen Baugruppe zusammengefaßt ist, in der aber die Kirche das unbedingt herrschende Glied bleibt.
Sehr geschickt ist zunächst die Gruppierung gelöst, da fast gar keine ungünstigen und die Kirche wesentlich beeinträchtigenden Ueberschneidungen vorkommen, wenn auch das eigentliche Kirchengebäude von Südosten und Nordosten her etwas verdeckt wird. Die Wohngebäude sind in glücklicher Weise soweit auseinandergerückt, daß auch die Ostseite der Kirche von der Rosenkranz-Allee ein gutes Bild bietet. Am besten stellt sie sich jedoch von Südwesten gesehen dar. Die ganze Anordnung, die Klarheit der Gliederung in den Massen, die Abstufung der Höhe nach und auch die Einzelformen können gerade von Südwesten her genau betrachtet werden; denn von hier aus ist der Anblick rein architektonisch und malerisch vollkommen einwandsfrei und die höchsten Ansprüche befriedigend. Das bezieht sich auf das Gesamtbild. Aber auch die einzelnen Gebäude verdiene volle Würdigung. Die Wohngebäude sind einfach, gut bürgerlich ausgeführt und bei den Mauern auf den Gegensatz Fläche und Oeffnung hin abgestimmt. Die Dächer wirken mit den Vorlagen und Abwalmungen gruppiert, aber nicht zerrissen, da auch hier die Fläche zur alleinigen Ausdrucksform geworden ist, die Dachfenster zurücktreten und sich in das Ganze zwanglos einfügen. So unscheinbar auch die Dachfenster sein mögen, muß doch besonders darauf hingewiesen werden, weil sie nicht hart und störend vorspringen, wie es bei unseren Landhäusern fast meistens der Fall ist. Der gestellten Aufgabe gemäß sind die Wohnhäuser mit dem Kirchenbau in Verbindung gebracht worden, eine Forderung, die gar oft ein Hemmnis für eine einheitliche Arbeit abgibt, in unserem Falle aber gut gelöst ist.
Bei Kirchengebäude selbst sind als wichtige Teile die Vorhalle, der Turm, die beiden seitlichen Treppenhäuser, der Giebel an den Langseiten und die reiche Chorbildung zu erwähnen. Die Vorhalle ist als Pfeilerbaus behandelt und im mittleren Teile etwas nach auswärts gebogen. Die räumlichen Abmessungen der Halle sind besonders bei den Seiteneingängen keineswegs groß, und ob die Pfeilerarchitektur selbst gerade als glücklich zu bezeichnen ist, mag auch dahingestellt bleiben. Auf jeden Fall ist aber die Höhenbemessung der Halle so gewählt, daß die Ueberschneidung des Kirchengebäudes auf das geringste Maß beschränkt worden ist. Wuchtig, trotzig und wehrhaft steigt der rechteckige Turm in die Höhe, wird im letzten Stockwerk seitlich abgesetzt und mit größeren Fenstern durchbrochen, um so zu einer etwas leichteren Endigung mit abgewalmten Satteldach zu kommen. Wenige Gesimse und kleine winzige Fenster gliedern und durchbrechen den fast schon zu massigen Aufbau des Turmes. Er ist uns aber doch mit dem schon etwas Zuviel an Masse entschieden lieber als viele neuzeitliche Kirchen mit den dürren, wirkungslosen Türmen, denen eben das Verständnis für die Architektur des Flachlandes abgeht. Schwer erscheint auch das Kämpfergesims bei den Rundbogenfenstern im letzten Stockwerk. Daß die Uhr seitlich verlegt wurde, bringt in die architektonische Strenge etwas Freiheit, daß aber die Zifferblätter zu klein sein sollen, muß zurückgewiesen werden. Der Turm bildet die Seele der Außenarchitektur und ist seiner Bedeutung gemäß in die Mittellinie der Herzog-Albrecht-Allee gestellt worden, gegen die seine Masse und Schwere voll berechtigt ist. An anderen architektonischen Einzelheiten seien die Fenster und Säulengalerien bei den Treppen und dem Chorbau und auch die großen Schifffenster erwähnt, die Abwechslung und Reichtum in den Aufbau bringen. Die Gesims. Und Architekturformen und das Ornamentwerk in Kerbschnitttechnik sind groß gezeichnet und klar heraus verarbeitet.
An das Aeußere reiht sich nahezu gleichwertig das Innere. Von dem Haupteingang aus betreten wir zuerst den nicht gerade großen und auch nicht allzu hellen Vorraum und von hier unter der tiefen Orgelempore den Kirchenraum, der zwischen den Pfeilern eine Breite von dreizehn Meter und bis zum Scheitel des halbkreisförmigen Tonnengewölbes gleichfalls eine Höhe von dreizehn Meter hat. Die Seitenschiffe sind nur 1,95 Meter breit, gangartig behandelt und werden auch nur als Gänge benutzt, so daß sie die Bezeichnung „Schiff“ kaum mehr verdienen und erst im Obergeschoß wegen der Anlage der Emporen ihre Bedeutung erlangen. Als Stützen sind im ganzen nur vier Pfeiler verwandt worden, durch die dem Innern der Eindruck des Freien und Leichten bewahrt wird. Das beste Bild vom Innenraum bietet sich dem Beschauer vom Altare aus, während beim Eintritt das Raumbild durch die Orgelempore beeinträchtigt wird. Das natürliche Licht wird dem Raume durch die zwei großen Giebelfenster an den Langseiten und durch eine Zahl kleinerer Fenster zugeführt; für die künstliche Beleuchtung sorgen verschiedene, sehr beachtenswerte Beleuchtungskörper an der Decke, den Wänden und dem Altarraum. Dem ganzen Innenraum haftet aber jetzt noch etwas Nüchternes und zum Teil auch etwas Ungewöhnliches an. Es hängt dieses mit verschiedenen Umständen zusammen, mit der in unscheinbarem Kalksteinputz gehaltenen Emporenbrüstung, dem in schwedischem Kalkstein hergestellten Altar und der in gleichen Materialien ausgeführten Kanzel und Taufe, an der Beschränkung der Malerei auf Altarraum und einzelne Gewölbeteile, überhaupt in dem mehr steinernen Charakter des Innenbaues. Nicht zuletzt auch von dem nicht ganz ausreichend seitlich und von vorn erhellten Altarraum. Lobend zu nennen sind die Pfeilerarchitekturen, die Einfassungen der Türen und die mit den Evangelistensymbolen geschmücken Kapitelle, abfinden kann man sich auch mit der Kanzeldurchbildung, weniger befriedigt aber der Altar mit den wuchtigen, schweren und ungegliederten Formen. Die Heilandsgestalt, herb in den Formen und von ergreifendem Ausdruck, ist aus Bronze nach dem Modelle von Grasegger in Köln angefertigt und vergoldet. Ergänzend sollen noch die Bronzegestalten des Johannes und Paulus hinzutreten.
Für den Innenraum muß aber auch noch lobend erwähnt werden, daß kein einziger toter Platz vorhanden ist, daß man von überall Kanzel und Altar gut sehen kann. Einen trefflichen Schmuck hat die Kirche in den von dem Glasmaler Pütz ausgeführten Glasfenstern mit den Darstellungen des Abendmahls, der Predigt des Paulus in Athen, und den vier Evangelisten erhalten, die maßstäblich in den Formen und dem Ausdruck gut gelungen sind. Wegen der Erhellung des Kirchenraumes füllen die Glasgemälde nur den unteren Teil der Fensterfläche, eine Lösung, die jedenfalls zu würdigen ist. Nut mit den schmutzig erscheinenden farblosen Scheiben könnten wir uns nicht einverstanden erklären. – Nun zu der eigentlichen Malerei. Sämtliche Formen sind freihändig ohne Schablone – selbstverständlich nach Vorzeichnungen, Pausen u. dergl. ausgeführt und zeigen den in der spätromanischen Kunst üblichen Rankenstil, der sich aber teilweise zu wahren Riesenformen auswächst – wie es der Altarraum nur zu deutlich, aufdringlich und empfindlich zeigt und die auf die Gesamtarchitektur drücken. Im übrigen ist die Bemalung auf einzelne Teile beschränkt. Reich mit Bemalung sind die Eintrittshalle – farbig wohl der am besten gelungene Raum – die seitlichen Treppenhäuser und die Sakristei bedacht. Noch ein Raum muß hervorgehoben werden: der Konfirmandensaal mit Balkendecke, schmiedeeisernen Beleuchtungskörpern und einem den oberen Teil der Schmalwand ausfüllenden Bilde „Jesus mit den Mühseligen und Beladenen“ von dem Kunstmaler E. Kado. Rein kompositionell waren hierbei bedeutende Schwierigkeiten zu überwinden.
Ein Bauwerk, das rund 450 000 Mark kostet, hat natürlich eine Menge von Einzelheiten, deren zum mindesten noch mit Schlagworten gedacht werden muß. Schmiedeeiserne Beschläge, Drücker in Form von Fischen und Engelköpfen, Türen, Fenstergitter und viele bildhauerliche Teile von liebevoller Durchführung, dann aber auch eine wertvolle Orgel und verschiedenes andere mehr.
Den Wettbewerb für den Kirchenbau hatten seinerzeit die Architekten Mattar und Eduard Scheler in Köln gewonnen, zu denen sich für die Ausführung noch Alfred Scheler gesellte, dem die örtliche Bauleitung übertragen worden war. Wenn wir auch in einzelnen Punkten rein kritisch einiges bemängeln mußten, so soll doch zugestanden werden, daß alles in allem genommen, ein erfreuliches Werk entstanden ist, das wohl auf einer freieren Anwendung der romanischen Formen beruht, den neuzeitlichen Anforderungen auf Seh- und Hörbarkeit aber voll gerecht wird. [1]

Bibliografie

Genealogische Bibliografie

Historische Bibliografie

In der Digitalen Bibliothek

Archive und Bibliotheken

Archive

Bibliotheken

Verschiedenes

Ein Spaziergang nach Maraunenhof

Sich ärgern ist eine unangenehme Sache. Es befördert zwar die Blutzirkulation wirkt auf das Herz anregend und was die Freunde dieses edlen Zeitvertreibs noch alles anfügen mögen, es hat aber auch seine Schattenseiten. Wenn ich mich ärgere, dann ergreife ich, wenn ich nicht zu faul dazu bin, den Wanderstab und ziehe hinaus in die Umgebung von Königsberg. Da ich aber offenbar über zu wenig Aerger oder zuviel – sagen wir: Beharrungsvermögen habe, kenn ich davon all den Schönheiten, die die Umgebung unserer alten Krönungsstadt bietet, herzlich wenig …
Lang, lang ist’s her, daß ich zum letzten Male in Maraunenhof war. Und wie war ich erstaunt, als ichjüngst, da ich mich wieder einmal so recht aus vollem Herzen geärgert hatte, hinauspilgerte! Jetzt nach dem Fallen der Festungswälle, die sich früher vom Dohna- bis zum Wrangelturm hinzogen, eröffnet sich die weite Wasserfläche des Oberteichs mit seinen sich leicht kräuselnden Wellen, auf denen die Schwäne – die in diesem Jahr sehr fruchtbar gewesen zu sein scheinen – majestätisch dahinziehen, dahinter die reizvoll gelegene Oberteichterrasse, von fern herüberleuchtend die roten und violetten Dächer der in saftiges Grün eingebettet liegenden Häuser, darüber, vom wolkenlosen Himmel herniederlachend, die kalte Herbstsonne, die sich so selten zeigt – unwillkürlich verweilt der Wanderer ein wenig, um dies schöne Bild auf sich wirken zu lassen.
So auch ich. Ich bin aber zu meinen sonstigen guten Eigenschaften auch noch neugierig. Und da wollte ich mal untersuchen, ob denn dieses reizvolle Gemälde auch in der Nähe schön ist; natürlich bis auf die Sonne, denn da mußte ich mich leider auf die Fernbesichtigung beschränken. Und so wanderte ich denn hinaus, vorbei an dem mächtige Gemäuer des Wrangelturms, einer der wenigen Sehenswürdigkeiten der ehemaligen Festung, die erhalten bleiben; vorbei an dem für das Kunstmuseum bestimmten Platz, wo sich die rege Phantasie bereits ein Prachtgebäude vorspiegelt, „bevölkert“ von farbenprächtigen Gemälden, vorbei an dem im Entstehen begriffenen Verbindungshaus der Burschenschaft „Gothia“, dessen Bau schon ziemlich weit vorgeschritten ist; eben betrachtet es ein junges Mulus – denkt er des Säbelgeklirrs und Becherklangs und Liederschalls, der hier bald anheben wird? …..
Da ist schon die Hauptstraße der Villenkolonie, die Herzog-Albrecht-Allee. Bisher hatte ich diese Straße nur im Frühjahr bewundert, jetzt fliegt Altweibersommer durch die Luft. Eine unbeschreiblich schöne Farbensymphonie bietet sich dem Auge. Weithin leuchtet verfärbtes Laub, vom zartesten Gelb bis zum satten Rot. Dazwischen hie und da ein Nadelholz, eine Tanne oder eine Fichte, deren dunkles Grün sieghaft die Farben der Laubbäume durchbricht. Der wilde Wein und der Efeu haben die Zeit ihrer Herrschaft erreicht. Hoch hinauf klettern sie an den Geranken, bis unter die Giebel reichen sie, stellenweise das Mauerwerk ganz verdeckend, in ihrer dunkel-weinroten Farbe sich prachtvoll abhebend von dem mehr oder minder weißen Untergrund der Mauer, zierlich umgeben sie die Zäune, und die mit Blumen reichgeschmückten Erker und Veranden. Die Herzog-Albrecht-Allee besitzt jetzt einen Abschluß, wie ihn wirksamer wohl kaum eine zweite Straße in Neu-Königsberg hat: den Neubau der König-Ottokar-Kirche. An die äußerste Grenze der Gemarkung Maraunenhof ist die Kirche gerückt, ein völliges Abkehren von der früheren Sitte, rund um die Kirche die Ansiedlung entstehen zu lassen. Der ganz im romanischen Stil gehaltene Bau macht weniger den Eindruck eines Gotteshauses, als vielmehr den einer Burg, was übrigens nicht schlecht zu dem Andenken des Böhmenkönigs paßt. Einer berufeneren Feder sei die Würdigung des Bauwerks vorbehalten: erwähnt sei hier nur die merkwürdige Farbe der Fensterläden, die unbedingt jedem Beschauer auffallen. Sie sind hellgrün mit einem dunkelgrünen Fleck in der Mitte. Beide Grünfarben werden durch ein weißes Quadrat geschieden. Zwar: de gustibus non est disputandum, aber mir gefällt das gar nicht. Meinem Empfinden nach wird der Eindruck des ganzen Prachtbaues dadurch zu sehr gestört. Möglich, daß später, wenn das Gemäuer seine frische Farbe durch den Zahn der Zeit eingebüßt hat, eine größere Harmonie hergestellt sein wird. Neben der Kirche wird gegenwärtig an der Anlegung eines reizenden Schmuckplatzes gearbeitet. In der unmittelbaren Umgebung des König Ottokar-Platzes wird fleißig gemauert; neue Villen erstehen, deren Bauart sich sehr gut dem Gesamtcharakter der Anlage anpaßt. Maraunenhof verfügt noch über einen zweiten Schmuckplatz, den Bismarck-Platz, der, weil nicht die Anlagen überladen, sehr vornehm wirkt. Auffallend sind die breiten Straßen, die durchweg von junggepflanzten Bäumen flankiert werden. Linde, Ahorn, Kastanie, Blutbuche sind ziemlich häufig. Vermißt habe ich jedoch in den Vorgärten die knorrige Kiefer. Es besteht auch eine regelrechte Baumschule, in der die verschiedenen Baumsorten akklimatisiert und erst dann an die Straßen gepflanzt werden.
Erst etwa sieben Jahre ist es her, daß die erste Villa da draußen errichtet worden ist. Heute gibt es deren fast 100. Früher wurde im wesentlichen das System der Einfamilienhäuser bevorzugt, die meisten der Villen sind auch von den Besitzern selbst bewohnt. Jetzt soll es anders werden. Es werden auch größere Villen errichtet, die sich zum Vermieten an mehrere Familien eignen, die nach des Tages Arbeit da draußen in der frischen Luft wohnen möchten, aber nicht das erforderliche Kleingeld haben, sich eine eigene Villa zu kaufen. Die Villen selbst sind in den verschiedensten Baustilarten errichtet. Da sieht man Häuser nach Schweizer Art, ornamentiert mit verziertem Holz, dort Rokoko- oder Barockbauten, hier wieder eines nach modernster Darmstädter Art, u.s.w. Sehr vorteilhaft nimmt sich der Weg der Straßenbahn aus, der, gesondert vom Fahrdamm, in Rasenböschungen eingelegt ist. Während übrigens die elektrische jetzt nur bis zum König-Ottokar-Platz fährt, soll sie bereits im nächsten Frühjahr bis Rothenstein erweitert werden. Durch die von weinlaubbekränzten Festons flankierte Ernst-Wichert-Straße (in absehbarer Zeit wird durch die Verlängerung dieser Straße eine bequeme Verbindung nach Amalienau und den Hufen hergestellt werden) begebe ich mich dann zum idyllischen Oberteich, der sich jetzt im Herbst mit seinem Weidengebüsch, seinen Rondellen u.s.w. in vorteilhaftem Gewande präsentiert. Eben komme ich zurecht, um eine niedliche Tierszene zu beobachten. Ein bissiger Boxer steht am Ufer, der seinen Kampfruf „Auf, zur Mensur!“ laut ertönen läßt. Sein „Gegenpaukant“, ein Schwan, läßt sich aber in seiner beschaulichen Ruhe nicht stören. Immer lauter wird der Hund, immer ruhiger der Schwan, bis der Boxer endlich, dumpf knurrend, sich entfernt. Wie ist mir denn? Ich bin ja auch in Boxerlaune: das heißt, eigentlich war ich es. Siehe da: die Mißstimmung ist bei der herrlichen Promenade vollständig geschwunden., so vollständig, daß ich auf der gastlichen Oberteichterrasse, zur weiteren Stärkung vergnüglich verweile, wobei noch Gelegenheit ist, den in seiner Einfachheit imposanten granitenen Denkstein für den ersten Direktor der Maraunenhof-Gesellschaft, Krah, zu bewundern. Von der Oberteichterrasse ist wieder der Ausblick auf das Häusermeer der Stadt mit dem Dohnaturm wieder wunderbar schön. Da fällt mein Blick auf die „Liebesinsel“, die dem Tode geweihte, - werdet ihr gleich schön ruhig und brav sein, ihr weh- und frohmütigen Erinnerungen!....
Die Zeit ist wie im Fluge vergangen. Verschieben wir die anstrengenden Gedanken: „Wo ist ein Ersatz für die Liebesinsel zu finden?“ Elektrisch nach Hause. Und da stelle ich mich sofort vor meinen Spiegel und verabfolge mir, der ich schon vor Erwartung rote Backen hatte, zwei mächtige – Ohrfeigen. Weshalb? Ganz einfach als Strafe dafür, daß ich bisher es vorgezogen habe, allnachmittäglich das Muster des auf meinem Sofa liegenden Deckchens im Gesicht eine Zeit lang abgedrückt herum zu tragen, statt Spaziergänge in die schöne Umgebung unserer Stadt zu machen. In die neuen Randgebiete dieser alten Metropole. Das soll aber anders werden! Und die Leser dieses Blattes werden die Leidtragenden sein![2]

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Daten aus dem Geschichtlichen Ortsverzeichnis

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Quellen, Einzelnachweise

  1. Verfasser: Dr. A. Ulbrich, Quelle: Königsberg Hartungsche Zeitung, 23.03.1913, Ausgabe Nr. 137 Morgenausgabe 2. Blatt, S. 9, bereitgestellt durch ZEFYS-Zeitungsinformationssystem der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz
  2. Verfasser: -spitz-, Quelle: Königsberg Hartungsche Zeitung, 03.10.1912, Ausgabe Nr. 464 Morgenausgabe 2. Blatt, S. 7-8, bereitgestellt durch ZEFYS-Zeitungsinformationssystem der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz