Mastholte/Ortsgeschichte
Kleine Mastholter Ortsgeschichte
von Bert Bertling
Mastholte, ehemals zwei Gemeinden, liegt im Süden der Großgemeinde Rietberg und bildet zugleich den südlichsten Zipfel des Kreises Gütersloh wie auch des Regierungsbezirkes Detmold. In dem geologisch ungünstigen Sumpfgebiet, das etwa die Hälfte der heutigen Ortschaft ausmachte, werden auf einzelnen Höheninseln um das Jahr 800 erste dünne Besiedlungen möglich gewesen sein.
Die früheste bekannte Erwähnung von Mastholte finden wir in einer Urkunde der Kirchengemeinde Wadersloh vom 15. Januar 1300, zu der Mastholte vor seiner Gründung als Kirchspiel gehörte. Vor allem Rietberger Grafen aber nutzten die spärlichen Buchen- und Eichenhölzer im südlichen Teil der Ortschaft zur Mast von Schweinen. Dieses "Holz zur Mast" gab der Gegend hier ihren Namen.
Als im Jahre 1570 der evangelische Graf Erich von Hoya als Rietberger Landesherr Mastholte vom katholischen Wadersloh in seine Grafschaft holte, erhob er eine kleine Kapelle in Mastholte-Süd zur Pfarrkirche. Sie war dem St. Antonius, gt. „Swinetöns“, geweiht. So begannen die beiden Bauerschaften Moese und Mastholte ihre Geschichte als evangelisches „Kirchspiel Mast-holte" (Mast im Holz=Wald).
Im Jahre 1601 kehrte das Grafenhaus Rietberg jedoch zum katholischen Glauben zurück und verfügte, dass auch die Untertanen wieder katholisch werden müssten. Am 5. Dezember 1610, nach „Umerziehung“ durch Paderborner Jesuiten, wurde aus der evangelischen Kirchspiel-Gemeinde Mastholte eine katholische Gemeinde.
1653 begann man an der heutigen Stelle mit dem Bau einer neuen Kirche, da die Kapelle in Mastholte-Süd baufällig geworden war. Beim Neubau wurden Materialien der alten Kapelle verwendet. So stammen drei Turmfenster von der ehemaligen Antonius-Kapelle in Süd; sie dienten dort als Kirchenfenster! Auch eine Glocke, die keinen Namen trägt und im heutigen Turm von St. Jakobus hängt, läutete mit einiger Sicherheit früher mal in St. Antonius. Man wechselte mit der neuen Kirche den Namenspatron. Die Kirche wurde dem Heiligen Jakobus im Jahre 1658 geweiht. Der Heilige ist nach einer Legende als „Jesu Bruder" in La Compostella an der Atlantik-Küste Spaniens begraben. Zu seinem Grab ziehen seit dem Mittelalter bis heute Millionen von Pilgern aus ganz Europa, die damals Jakobus-Kirchen als Pilgerstationen nutzten, vermutlich auch in Mastholte. Nachgewiesene Pilgerstationen an den Wegen nach La Compostella gibt es viele in Westfalen, so in Herford, Minden, Lippstadt, Soest.
Als Lippstadt evangelisch und die dortige Pilgerstation aufgelöst wurde, war wohl von den Rietberger Grafen an Ersatz in Mastholte als Pilgerstation gedacht, daher der neue Namenspatron Jakobus. Das ist aber bis heute nur eine Vermutung, einen Beleg gibt es bisher nicht.
Bis 1821 gehörte Rietberg und damit auch Mastholte zum Bistum Osnabrück, nach dem Wiener Kongress 1815 und der folgenden „preußischen Neuordnung" verfügte der Papst die Zuordnung zu Paderborn im Jahre 1823. Die Preußen organisierten ab 1838 die ehemaligen Bauernschaften Moese und Mastholte zu Landgemeinden.
Die Kirchengemeinde jedoch blieb ein Kirchspiel unter dem Namen Mastholte. Die Verlegung des Kirchdorfes Mastholte (Kirche, Friedhof drumherum, Pfarrhaus, Vikarie) von Süd ins heutige Dorf führte nachher zu nicht unerheblichen Komplikationen: Das (Kirch-)Dorf lag in Moese, aber fast alle nannten sich Mastholter - vor allem die Bewohner der Dorfstraße!
Die nördliche der beiden Gemeinden erhielt also den Namen Moese, im Niederdeutschen die Flurbezeichnung für Sumpf und feuchte Niederung. Hier waren in grauer Vorzeit die meisten Sumpfgebiete, aus denen in den letzten beiden Jahrhunderten auch Torf gewonnen wurde als Brennmaterial und Einstreu in die Viehställe.
Die südliche Gemeinde hieß Mastholte, weil dort die meisten der Eichen- und Buchenwälder standen, die zur Mast von Schweinen im späten Mittelalter dienten. Die natürliche Grenze verlief etwa entlang der heutigen Westenholzer Straße/ Bentelerstraße (auch Landstraße 586, L 586 genannt).
Der schlechte Boden gab kaum etwas zum Leben her. In den umliegenden Gemeinden hieß es damals: „Armes, armes Mastholte ...“ Man sammelte für die Not Leidenden. Mehr als ein Viertel der Bevölkerung wanderte deshalb in der Zeit von 1836 bis 1860 nach Amerika aus!
War Mastholte ursprünglich von der Landwirtschaft bestimmt, so begann mit dem 20. Jahrhundert auch hier der Einzug der Industrie. Sie ging aus von einer umfänglichen Holzschuhmacherei im 19. Jahrhundert, die nicht gerade mit Reichtum gesegneten Bauern betrieben sie auf fast jedem Hof im Winter als Zubrot.
Im Anfang des 20. Jahrhunderts lieferten die Holzschuhmacher bis zu 50.000 Paar Holzschuhe in den aufblühenden „Kohlenpott“, ins Ruhrgebiet. Holz war der Rohstoff. Auf fast jedem Hof stand eine Hobelbank; die eigenen Möbel macht man ohnehin selbst, warum nicht auch Möbel zum Verkauf produzieren? In Mastholte entstand eine blühende Möbelindustrie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
In den 60er Jahren des 20. Jahrh. gehörte nach dem Pro-Kopf-Steueraufkommen das südliche Mastholte zu den reichsten Gemeinden Nordrhein-Westfalens. Das nördliche Moese zu den ärmsten. Das lag daran, dass die Möbelfabriken alle im Süden zu finden waren - das gilt sogar heute noch, nur dass zu den Möbelfabriken eine Menge anderer Produzenten hinzugekommen sind: Backfabrik, Thermo-Glas-Herstellung, Maschinenbau, Türen- und Fensterherstellung. An der Langenberger Straße siedelten sich eine Menge weiterer Gewerbe-Betriebe zum Segen des heute recht gesunden Gesamt-Mastholte an.
Schon in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts versuchte man aus Moese und Mastholte eine Gemeinde zu machen, vergebens. Erst 1970, als 8 Gemeinden sich zu einer Großgemeinde Rietberg zusammenfanden, entschloss man sich, nur eine Ortschaft zu sein in diesem Verbund, und zwar unter dem Namen „Mastholte“. Unter diesem Namen war nämlich schon 1570 das Kirchspiel gegründet worden.
Heute zählen wir etwa 4300 Katholiken und rd. 900 evangelische Christen. - Insgesamt hat Mastholte im Jahre 2003 6200 Einwohner. In acht großen und vielen, vielen kleinen Betrieben bietet die immer noch blühende Gemeinde fast 3000 Arbeitsplätze.