Sebastianusbruderschaft Hoeningen/Die Bruderschaftsregeln Buch 3

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Satzung der Sebastianusbruderschaft Hoeningen §1 - §27 von 1867

Die Statuten von 1867 im DjVu-Format

transkribiert von Klaus Hopmann

Quelle
Sebastianusbruderschaft Hoeningen. Buch 03, Seite 3 – 14


Hoeningen, den 17. Februar 1867


Die Bruderschaften vom h. Sebastianus
überhaupt sind uralt. Sie alle stellten sich un-
ter den besonderen Schutz dieses großen Heiligen
und seinem erhabenen Leitziele folgend, hatten
dieselben diese Zwecke: 1.) Gegenseitige Auf-
munterung zur Standhaftigkeit und Treue im
Glauben; 2.) Gebet des Einen für den Andern,
besonders für die verstorbenen Mitglieder; 3.) Besuch
und Unterstützung erkrankter Mitglieder.

Eine Bruderschaft vom h. Sebastianus besteht
in hiesiger Gemeinde auch und zwar schon gegen
300 Jahre, und an den Hauptsatzungen, wie sie bei
der Entstehung festgestellt wurden, wird noch heute
im großen Ganzen festgehalten. Es erlitt diese
Bruderschaft mehreremale eine Erneuerung und zwar
die letzte im Jahre 1822. Die damals neu festgestell-
ten Statuten werden außer Anderem heute noch
befolgt. Es verfolgt unsere Bruderschaft überhaupt
im großen Ganzen die schönen Zwecke der Bruder-
schaften aus den ersten Zeiten der Christenheit, wie
diese oben schon angegeben wurden; nur Besuch und
Unterstützung der Kranken wurde nicht ausgeübt.
In letzter Zeit wurde nun von vielen Mitgliedern
der Wunsch geäußert, doch auch diesen schönen Zweck
„Krankenbesuch und Krankenunterstützung“ in unserer
Bruderschaft zu verfolgen. Am 20. Januar 1867, am
Festtage des h. Sebastianus, waren die Brüder zahlreich
versammelt; es wurde die Sache näher besprochen
und dann wurden folgende sechs Mitglieder:
1.) Heinr. Bongartz. 2.) Heinr. Angermund. 3.) Wilh. Esser. 4.) Christ. Krapp
5.) Winand Neukirchen 6.) L. von den Driesch, welche vom
Präses vorgeschlagen und von den Brüdern einstim-
mig gutgeheißen wurden, beauftragt mit dem
Präses und dem Brudermeister Heinr. Weisdorf, die
alten Statuten dahin umzuändern und neue
Bedingungen hinzuzusetzen, daß der oben genannte
schöne Zweck „Krankenbesuch und Krankenunter-
stützung“ erreicht werde.
Die genannten und dazu beauftragten Mitglieder
haben nun nach reiflicher Erwägung, folgende
Statuten entworfen, welche den heute zu einer
General-Versammlung zusammenberufenen
Brüdern jetzt zur Genehmigung vorgelegt werden
sollen. Im Ganzen ist an den alten Statuten festge-
halten worden; Einzelnes mußte blos umgeändert
werden, um den Zweck „Krankenunterstützung“
durchzuführen; aus diesem Grunde mußten auch den
Brüdern noch einige neue Pflichten auferlegt wer-
den, doch ist hierbei zu bemerken, daß die Brüder
jetzt auch größere Rechte und Ansprüche haben.

§ 1.

Die Brüder stellen sich unter den besondern Schutz
des hl. Sebastianus und nehmen Ihn zu ihrem
besondern Vorbilde

§ 2.

Zweck der Bruderschaft ist:
a) Gegenseitige Ermunterung im Dienste des Herrn
und Gebet des Einen für den Andern.
b) Den verstorbenen Mitgliedern wird ein
anständiges Begräbniß gesichert, so wie für ihre
Seelenruhe gebetet und h. Messen dargebracht.
c) Die erkrankten Mitglieder werden besucht und
auf Verlangen unterstützt.
d) Die Brüder kommen an zu bestimmenden Tagen
zusammen um sich gemeinsam zu freuen.

§ 3.

Jeder rechtschaffene, unbescholtene, männliche
Einwohner der Pfarrgemeinde Hoeningen, der
gesund ist, kann Mitglied der Bruderschaft werden,
jedoch nicht unter dem vollendeten 21.ten Jahre.
Vom 21.ten bis zum vollendetem 27.ten Jahre wird 15 Sgr.,
von da bis zum vollendeten 35.ten Jahre 20 Sgr., und
von da bis zum vollendeten 40.ten Jahre 25 Sgr. und
über 40 Jahre 1 Thlr. Eintrittsgeld bezahlt; wer über
50 Jahre alt ist, kann für die Folge keine Aufnahme
finden. Die Aufnahme findet in den Quartalsitzungen
des Vorstandes statt.

§ 4.

Wer in die Bruderschaft wünscht aufgenommen zu wer-
den, hat sich beim Brudermeister anzumelden. Die
wirkliche Aufnahme geschieht durch den Vorstand,
wobei Stimmenmehrheit entscheidet.

§ 5.

Wenn ein Mitglied sich unwürdig beträgt, so kann
es aus der Bruderschaft ausgeschlossen werden, worü-
ber der Vorstand zu beschließen hat.

§ 6.

Wer freiwillig aus der Bruderschaft tritt, kann
später nicht wieder Aufnahme finden.

§ 7.

Wer aus der Pfarrgemeinde Hoeningen verzieht
und mit seiner Familie anderwärts Wohnsitz
nimmt, hört auf Mitglied zu sein. Wer nur
zeitweilig die Pfarrgemeinde Hoeningen verläßt,
z.B. als Dienstbote, Arbeiter u.d.m., bleibt Mitglied,
wenn er seinen Verpflichtungen nachkommt. Muß
ein Mitglied Soldat werden, so ist es für diese
Zeit frei von allen Beiträgen und Strafen.

§ 8.

Wer aufhört Mitglied zu sein, freiwillig oder unfrei-
willig, hat keine Ansprüche an das Vermögen der Bru-
derschaft, noch auf Rückzahlung geleisteter Beiträge.

§ 9.

Der Vorstand besteht: 1) aus dem Präses, 2) dem Bruder-
meister, 3) aus sechs Vorstandsmitgliedern, und dann
4) aus dem Schriftführer, der vom Präses allein bestimmt wird.
Schon in den alten Statuten heißt es: „ Unstreitig ist
der Hauptzweck dieser Bruderschaft Religion und brüder-
liche Eintracht zu befördern. -- Dem zeitlichen Herrn
Pastor, als geistlichem Sittenrichter, gebührt also die
erste Stelle. -- Er sei Haupt-Dirigent der Bruder-
schaft, und soll jeder ohne Ausnahme ihm Ehrfurcht und
geziemenden Gehorsam zu erweisen verpflichtet
sein.“ -- So soll es bleiben: Präses ist ohne Wahl
immer der zeitige Pfarrer. Im Verhinderungsfalle
ist der zeitige Vikar dessen Stellvertreter und dann
auch stimmberechtigt.
Der Brudermeister ist zugleich Rendant.
Von den sechs Vorstandsmitgliedern müssen drei aus
Hoeningen und Widdeshoven, und drei aus Ramrath und
Villau sein.
Der Brudermeister und die sechs Vorsteher werden alle
drei Jahre am Feste des h. Sebastianus durch General-
Versammlung, wobei einfache Stimmenmehrheit ent-
scheidet, von Neuem gewählt. Die Vorstandsmitglie-
der können nach den drei Jahren wiedergewählt werden.
Der Schriftführer wird vom Präses allein auf drei Jahre
gewählt.
Tritt ein Vorstandsmitglied aus oder stirbt auch, so ergänzt sich
der Vorstand selbst für die noch übrige Zeit der drei
Jahre.
Der ganze Vorstand sieht sein Amt als Ehrenamt
an und thut alle Arbeiten umsonst.
Der Vorstand wählt sich ein Mitglied, aber auf unbe-
stimmte Zeit, zum Pedell, der für seine Bemühun-
gen aus der Bruderschaftskasse bezahlt wird.

§ 10.

Der Vorstand hat allein das Recht, die nöthigen
Anschaffungen für die Bruderschaft, zu machen, die
Jahres-Rechnung zu revidiren und abzuschließen,
Ordnung beim Vogelschießen zu halten, Unterstützungen
festzustellen, überhaupt anzuordnen, was zum
Nutzen und Frommen der Bruderschaft ist.

§ 11.

Der Brudermeister legt alljährlich vor dem Vorstande
Rechnung ab an einem vom Präses jedesmal
zu bestimmenden Tage.

§ 12.

Die vielleicht überflüssigen Gelder werden auf Ver-
langen des Vorstandes gleich nach der Rechnungs
ablage in die Spaarkasse niedergelegt, bis zur Zeit,
wo sie wieder nöthig sind.

§ 13.

Der Vorstand kommt regelmäßig alle Vierteljahre
zusammen, auf Wunsch auch öfter.

§ 14.

Die Mitglieder zahlen (außer dem Eintrittsgelde)
jeden Monat 1 Sgr. Beitrag. Diese Beiträge werden
von den sechs Vorstandsmitgliedern, resp. Sections-Vor-
stehern, beigeholt und dann an den Brudermeister
abgeliefert. Wer mit der Zahlung seines Beitra-
ges ¼ Jahr in Rückstand bleibt und auf eine
schriftliche Anmahnung des Sections-Vorstandes
binnen Monatsfrist vom Tage der schriftlichen
Mahnungszustellung seine Rückstände nicht zahlt,
wird als freiwillig ausgetreten betrachtet.
Ebenfalls der, so sich weigert, die in den späteren
Paragraphen angeführten Strafgelder oder Jahr-
gelder zu zahlen, wird, wenn er auf schriftliche
Anmahnung hin, in Monatsfrist nicht zahlt, als
aus der Bruderschaft freiwillig ausgetreten,
betrachtet.

§ 15.

Am 20. Januar, am Tage des des h. Sebastianus, wird ein
feierlicher Gottesdienst gehalten für die Lebenden und
Verstorbenen aus der Bruderschaft, wobei ein Opfer-
gang stattfindet. An diesem Gottesdienste muß
jeder Bruder unbedingt persönlich teilnehmen. Säu-
mige zahlen 2 Sgr. Strafe. Zu diesem Gottesdienste
wird jeder vorher eingeladen und empfängt bei der
Einladung ein Kärtchen, worauf sein Name steht.
Dieses Kärtchen wird persönlich (keine Stellvertretung)
beim oder nach dem Gottesdienste an den Bruder-
meister abgegeben, um so das Erscheinen zu
controlliren.

§16.

An je einem Tage der 4 Quatemper-Zeiten ist ein
Seelenamt für die verstorbenen Mitglieder,
wobei alle Brüder, die kein Jahrgeld bezahlen,
erscheinen müssen. [Bei diesen Seelenmessen fin-
det ebenfalls ein Opfergang statt. Zu diesen Messen
wird den Mitgliedern, die kein Jahrgeld bezahlen,
ein Kärtchen zugestellt, welches während oder
nach der Messe vom Brudermeister in Empfang
genommen wird. Säumige zahlen 1 Sgr. Strafe.
Bei diesen Messen ist Stellvertretung zulässig,
nur nicht durch Schulkinder; auch kann nicht Einer
zwei vertreten und also Einer nicht 2 Kärt
chen abgeben.]

§ 17.

Stirbt ein Mitglied, so findet Begräbnis und
h. Messe für dasselbe um 9 Uhr statt und wird
dieses aus der Bruderschaftskasse bezahlt. Will die
Familie außer diesem noch Feierlicheres z.B. Ab-
holen durch Geistliche, Aufstellen von Kerzen etc.,
so muß sie das selbst bezahlen.

§ 18.

Alle Brüder sind gehalten aus christlicher Pflicht
einen verstorbenen Mitbruder zu Grabe zu ge-
leiten und der h. Messe für ihn beizuwohnen;
hierbei kann zwar auch Vertretung stattfinden, nur
nicht durch Schulkinder, doch wird wohl jeder Bruder
wo möglich selbst erscheinen. Beim Abholen der
Leiche darf das Sterbehaus nicht belästigt werden.
Zum Begräbniß werden alle Brüder durch den Pedell
eingeladen; die kein Jahrgeld bezahlen erhalten
bei der Einladung eine Karte, welche bei oder nach
der h. Messe abgegeben wird. Säumige zahlen
1 Sgr. Strafe.

§ 19.

Wer von der regelmäßigen Beiwohnung des unter § 16 u.
17 aufgeführten Gottesdienstes wünscht entbunden zu
sein, meldet sich dieserhalb beim Brudermeister
an und bezahlt am Sebatianus-Tage dafür
praenumerando 5 Sgr. Jahrgeld.

§ 20.

Wird ein Mitglied krank und beansprucht Unter-
stützung, so hat es sich beim Bezirksvorsteher melden
zu lassen. Die 3 Vorsteher des Ortes entscheiden dann,
ob der Angemeldete wirklich krank ist; können
sie sich nicht einigen, so entscheidet der ganze
Vorstand. Der betreffende Bezirksvorsteher muß
seine Kranken wöchentlich wenigstens einmal
besuchen, um ihm Trost zuzusprechen und ihm die
wöchentliche Unterstützung zu bringen, dann aber
auch schon darum, um zu ermessen, wann die
Unterstützung aufhört. Es wird den Vorstehern
zur besonderen Pflicht gemacht, hierbei ja unpar-
theiisch zu Werke zu gehen und nach Pflicht und
Gewissen zu handeln und sich des Vertrauens,
das die gesammte Bruderschaft bei der Wahl
in sie setzte, würdig zu zeigen. Die Bezirks-
vorsteher haben über die vom Brudermeister
empfangenen und an Kranke verabreichten
Gelder Notiz zu führen und bei den Quartal-
Sitzungen dem Vorstande Rechnung zu legen.

§ 21.

Der Kranke, ohne Unterschied, reich oder arm, erhält
vom Tage der Anmeldung an Unterstützung,
wenn er es verlangt. Die Unterstützung ist auch
für Alle gleich groß; wie groß dieselbe aber ist,
wird bei den Quartal-Sitzungen des Vorstandes
von diesem für das folgende Vierteljahr festgestellt.

§ 22.

Eine Krankheit von drei Tagen wird nicht in An-
rechnung gebracht. Wer sich durch Schlägerei oder
Schwelgerei eine Krankheit zuzieht, hat keinen
Anspruch auf Unterstützung.
Ein Mitglied, das Unterstützung erhält, darf bei
Verlust derselben, nicht im Wirtshause ange-
troffen werden.

§ 23.

Zweimal im Jahre kommen die Mitglieder zu-
sammen bei einem Wirthe, der aber Mitglied
der Bruderschaft sein muß und geht dieses mit
Jahren bei den Wirthen um. Bei der ersten
Zusammenkunft, am Tage des h. Sebastianus,
wird ½ Ohm Bier, bei der zweiten Zusammen-
kunft, nämlich wenn der Brudervogel geschossen
wird 1 ganze Ohm Bier aus der Bruderschaftskasse
gegeben. Das Brudervogelschießen geschieht wo
möglich am Pfingstmontage nach beendigtem
Nachmittagsgottesdienste; nach Umständen
kann dasselbe auch an einem andern vom
Vorstande zu bestimmenden Tage geschehen.

§ 24.

Wer den Brudervogel abschießt, ist König für das
folgende Jahr und erhält aus der Vereinskasse
fünf Thaler, wofür er gar keine Verpflichtung hat.

§ 25.

Jedes Mitglied begibt sich des Rechtes auf den
Ausspruch von Gerichts- und Verwaltungsbehörden
zu recurriren in allen Fällen, z.B. wo Zweifel
über Auslegung der gegenwärtigen Statuten
entstehen; oder wo dasselbe glauben sollte, ihm
sei Unrecht geschehen; jedoch hat derselbe das Recht,
aus den Migliedern sich zwei zu wählen, welche
mit dem Brudermeister und zwei vom Vorstande
zu bestimmenden Vorstandsmitgliedern darüber
entscheiden und muß sich diesem Urtheile
fügen.

§ 26.

Abänderungen und Zusätze zu diesen Statuten
werden auf Antrag des Vorstandes durch Gene-
ral-Versammlung beschlossen. Bei allen Gene-
ral-Versammlungen entscheidet einfache Stim-
menmehrheit der anwesenden Mitglieder;
bei Stimmengleichheit gibt der Präses den
Ausschlag. Die Generalversammlungen wer-
den in der Kirche verkündet, sowohl Ort als
Zeit derselben.

§ 27.

Jedes Mitglied verpflichtet sich durch Unter-
schrift zur treuen Erfüllung vorstehender
Statuten. __________

17. 2. 1867

siehe auch

Diese Satzung und eine etwas spätere Version im Vergleich (im PDF-Format)