Ziegler (Beruf)

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Disambiguation notice Ziegler ist ein mehrfach besetzter Begriff. Zu weiteren Bedeutungen siehe unter Ziegler (Begriffsklärung).

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Ziegler oder Ziegelbrenner
Kupferstich 1568 v. Jost Amman
Kupferstich 1694 Joh. u. Casp. Luiken

Einleitung

Germanische Zeit

Nach dem Rückzug der Römer aus ihren besetzten Provinzen blieb die Ziegelbauweise bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts unbedeutend. Die Germanen praktizierten, im Gegensatz zu den Römern, den Holz-Lehmbau (Flechtwände) und deckten die Dächer ihrer Häuser mit Stroh, Riet oder Holzschindeln.

Fränkische Zeit

Erst unter Karl dem Großen gelangte die Ziegelproduktion zu einer bescheidenen Blüte, die Ziegelbauweise beschränkte sich aber auf Gebäude des Klerus (Klöster). Als Beispiele früher Ziegelbaukunst gelten die Basiliken in Michelstadt (827) und Seligenstadt (832).

Ziegelbauweise

Auch wenn die Ziegelbauweise zunächst nur vereinzelt vorkam, so wurden doch die Kenntnisse darüber in Schriften überliefert. Im Zuge der Christianisierung verbreiteten Mönche das Wissen über die Ziegelproduktion. Mit der Entwicklung des Bürgertums Ende des 15. Jahrhunderts entstanden die ersten Stadt- und Ratsziegeleien. Das Mittelalter gilt als Blütezeit des Backsteinbaus.

Fahne 1805 des Gewerkvereins der Ziegler

Beruf: Ziegler

Durch lokale und regionale gesetzliche Verordnungen versuchte man die Qualität der Produkte zu verbessern. Der Beruf des Zieglers zählte seit dem Mittelalter zeitweise zu den nicht-zünftigen Berufen. Trotzdem bewahrten Ziegler ihren Berufsstolz und führten, wie auch das zünftige Handwerk, ihr eigenes Wappen

Ziegelstreicher oder Former

Hatte der Lehmmacher den Lehm als Rohstoff zur Ziegelherstellung in einen weichen, formbaren Zustand versetzt, benutzte der Ziegelstreicher Formen aus Holz oder Metall (Streichrahmen oder –kästen) um den Ziegelsteinen die typische Quaderform zu geben. Dazu wurde er vom Aufkarrer mit dem zubereiteten Lehm beliefert.

Mit beiden Händen griff er eine Portion Lehm und schlug ihn in den Rahmen. Danach strich er mit einem Holzstück über die Oberseite der Form, um den überschüssigen Lehm zu entfernen. In einem Streichborgang stellte der Ziegelstreicher jeweils zwei Rohlinge her, wozu er Doppelstreichrahmen verwendete.

Ein geübter Ziegelstreicher fertigte in der Stunde etwa 200 Ziegel. Am häufigsten stellten die Ziegelstreicher Ziegel im Wasserstrichverfahren her. Dazu wässerten sie die Holzformen vor Gebrauch. Die feuchten Seitenwände der Form verhinderten ein Festkleben des Lehms, sodass der Streichrahmen leicht vom Inhalt zu trennen war.

Formen und Trocknen
Abstreifform für Backsteine
Lage, Trockenhorde

Abträger

Abträger, meist die jüngsten Ziegler, übernahmen vom Ziegelstreicher die mit Lehm gefüllten Rahmen und trugen sie auf einen ebenen und gesandeten Trockenplatz, wo sie dann die Rahmen vom Rohling abzogen. Der Sand auf dem Trockenplatz verhinderte das Ankleben der frischen Rohlinge am Unzergrund. Nach 3 Tagen waren die Rohlinge angetrocknet und konnten aufgekantet werden, sodass auch die Unterseite trocknete.

Das Hagensetzen

Ein Ziegler, der auch Hagensetzer genannt wurde, stapelte die auf dem Sandplatz etwa 3 weitere Tage vorgetrockneten Rohlinge am Rand des Platzes zu "Hagen" auf. Der Hagensetzer achtete darauf, dass die Rohlinge hochkant und verschränkt übereinander „auf Lücke“ gesetzt wurden. So konnte der Wind durch die Rohlingreihen streichen, um diese gleichmäßig und schnell zu trocknen. Diese "Hagen" wurden aus Rohlingen von bis zu neun übereinanderliegenden Schichten gebildet.

Um die Rohlinge während der zwei- bis dreiwöchigen Trocknungsphase gegen direktes Sonnenlicht und Regen zu schützen, wurden diese mit Strohmatten abgedeckt.

Ziegelei: Trockenhorde

In der als offenes Ständerbauwerk errichteten und mit einem Satteldach versehenen Trockenhorde wurden in einer Ziegelei frisch produzierte Ziegelrohlinge getrocknet. Die Rohlinge setzten Karrenschieber von Hand in die Trockengerüste ein. Dort trockneten sie, je nach Witterungsverhältnissen etwa 2 bis 3 Wochen.

Jubiläum 1913: 25 Jahre Meister

Ältere Feldbrandweise

Die lufttrocknen Lehmsteine, Luftziegel oder Mauersteine wurden früher in Feldbrandweise am Ort des Abstichs gebrannt zur Festigung der Statik und Haltbarkeit des Baustoffs. Dazu wurden die geformten und getrockneten Lehmkuchen nach einem bestimmten Bauplan zu den Öfen unter Auslassung von Kanälen gestapelt. Diese Stapel hatten in etwa einen Umfang von drei mal sechs Metern und waren etwa bis zu 2 Metern hoch. Bestimmte Kanäle wurden dabei mit Kohlen gefüllt, die danach zur Glut gebracht wurden. So ein Feldbrandofen konnte aus mehreren Tausend Backsteinen bestehen. Die Ofenkuppel war zur Abdichtung mit Lehm verstrichen, die Luftzufuhr wurde nach Bedarf geregelt. So fraß sich die Feuersglut von einem Schürgang aus von unten nach oben über mehrere Tage ihren Weg. Die Steuerung des Vorgangs bestimmte wesentlich die spätere Qualität der Backsteine.

Arbeitsgeräte


Wanderziegler

Die Ziegler im norddeutschen Raum waren meist Wanderarbeiter. Bekannt sind besonders die flämischen und lippischen Ziegler. Diese stellten Backsteine und selten auch Dachpfannen (als "Pannebäcker") in Feldbranndweise her. Sie verdingten sich meistens nur für eine Saison und besaßen in der Heimat im Nebenerwerb einen Kotten.

Ziegler-Heimstätte

Üblicherweise bewirtschafteten auch die lippischen Zieglerfamilien im Nebenerwerb eine kleine Landwirtschaft, eine kleine „Stätte“ mit einem Wohn- und Wirtschaftsgebäude, einem Garten und durchschnittlich etwa 3 Morgen oder rund 7.500 qm Ackerland. Auf dieser Stätte konnten durchaus ein bis zwei Schweine, Ziegen und sonstiges Kleinvieh (Hühner) unterhalten werden.

In solch einem „Kotten“ als relativ kleinem landwirtschaftlichen Gebäude waren damals nicht nur die Wohnräume der Familie, sondern auch die Stallungen, Vorrats- und Futterkammern, sowie allerlei landwirtschaftliche Geräte unter einem Dach untergebracht. Nur ein geringer Teil des Hauses diente der Familie zu Wohnzwecken. Der Ertrag der Stätte an Naturalien deckte den Nahrungsbedarf der Familie.

1865-1912 Lohnentwicklung (s.a.:Ziegelei (Handwerk)#Stundenlöhne)

Zusatzeinkünfte als Wanderziegler

Die über den Nahrungsbedarf der Familie hinausgehenden Mittel zur Existenzsicherung verdiente der Vater, und oft auch die Söhne, als Zusatzeinkünfte durch ihre Arbeit als Wanderziegler.

Während ihrer Abwesenheit von Frühjahr bis Herbst musste die Zieglerfrau die Verantwortung für Haus, Hof und Vieh alleine tragen. Sie bestellte das Land in Handarbeit, versorgte das Vieh, erzog die Kinder und arbeitete häufig noch beim Bauern als Tagelöhnerin. Von daher wurde das Leben der Zieglerfamilie in der Heimat vor allem durch die Zieglerfrau geprägt.

Ziegler Löhne

Auf den Ziegeleien im Fürstentum Lippe boten sich den „Lippern“ gute Verdienstmöglichkeiten: Um 1800 konnte ein Ziegler während einer Kampagne mindestens doppelt soviel verdienen wie ein Knecht in der Umgebung. Zu diesen im direkten Vergleich hohen Löhnen trug im wesentlichen die Arbeit „im Akkord“ bei. Vom Frühjahr bis Herbst produzierten die Ziegler eine vereinbarte Anzahl Steine und erhielten am Ende der Kampagne ihr Geld für jeweils 1.000 fertige Ziegel. Dieser Betrag wurde unter den Zieglern entsprechend ihrer Tätigkeit und ihrer Stellung in der Gruppe aufgeteilt.

Auf den Ziegeleien gab es verschiedene Anstellungs und Lohnformen. Die Lohnarbeiter erhielten einen festen Stunden- oder Wochenlohn, welcher ihnen meistens wöchentlich ausgezahlt wurde. Daneben gab es Ziegler, die „Annehmer“, die Zusätzlich zum Grundlohn am Akkord beteiligt waren. Ihr Anteil errechnete sich am Ende der laufenden Kampagne, nachdem vom Gesamtgewinn die Grundlöhne und der „Meistervorzug“, der Anteil des Ziegelmeisters, abgezogen worden war. Dadurch stand erst oft am Ende der Kampagne fest, wie hoch der Jahresverdienst war.

Museumspädagogik
Kinder:Museumspädagogik
Kindgerecht

Beruf und Familienname

Literatur

  • 1985 Gut Brand!: Leben und Arbeit der Lipper Ziegler um 1900 ; ein Lesebuch / hrsg. von Fritz Bartelt und Eckhard Schinkel.
  • "Weil gibt dort viel laborare, zum Ziegelslagen" Italienische Wanderarbeiter im Landkreis Fürstenfeldbruck von Karl Gattinger. In: "Unterwegs aus Lust, aus Not und von Beruf - Dörfliche Mobilität im Wandel der Zeit" von Toni Drexler (Hrsg.) Textheft zur Ausstellung im Bauernhofmuseum Jexhof. Jexhof-Heft 15. Fürstenfeldbruck 1999

Historische Literatur

  • Heusinger von Waldegg: „Kalk-, Ziegel- und Röhrenbrennerei“ (2. Aufl. 1867).
  • Duhamel / Fourcroy / Gallon: Die Kunst Mauer- und Dachziegel zu streichen. 9 Tafeln (Kupferstiche, 1765)

Museumspädagogik Westfalen-Lippe