Deutsche und französische Kultur im Elsass/047

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Deutsche und französische Kultur im Elsass
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Bildunterschrift:
v. SEEBACH: Strassburger Droschkenkutscher.

Die dritte bedeutsame Gruppe altdeutscher Elemente im Elsass bilden die Gelehrten und die akademisch gebildeten Lehrer an den höheren Unterrichtsanstalten des Landes. Hier steht natürlich in erster Linie der bis auf verschwindende Ausnahmen altdeutsche Lehrkörper der Universität, ferner die verschiedenen wissenschaftlichen Anstalten wie Archive, Bibliothek und andere. Auch deren Beamte sind der grossen Mehrzahl nach Altdeutsche. Ähnlich steht es mit der Lehrerschaft der Gymnasien, Realgymnasien und der anderen höheren Schulen. Allerdings findet sich hier schon eine kleine Minorität altelsässischer Lehrer, die in den Mittel- und Volksschulen wieder stark anwächst, aber die eigentliche Gelehrtenschaft und die enge mit ihr verbundenen akademisch gebildeten Lehrer bestehen in ihrer überwältigenden Majorität ebenfalls aus Altdeutschen.

Soldaten, Beamte, Gelehrte und Lehrer waren eine Zeit lang die wichtigsten Träger deutscher Kultur im Elsass. Der Staat hatte sie in das neugewonnene Land berufen, um es zu schützen, zu verwalten und der deutschen Kultur zu gewinnen. Aber neben ihnen erwuchs bald die aus Altdeutschland einwandernde industrielle und kaufmännische Bevölkerung zu immer grösserer Bedeutung. Ein kurzer Rückblick auf die Bevölkerungsbewegung im Elsass während des 19. Jahrhunderts wird hier nicht ohne Interesse sein. Schon seit unvordenklicher Zeit war die Einwanderung aus den benachbarten deutschen Staaten, aus Baden, der Rheinpfalz und Württemberg, sehr erheblich gewesen. Schon der alte Kosmograph Sebastian Münster berichtet, dass viel Volk aus aller Herren Länder, besonders aber aus Schwaben, ins Land laufe. Auch die Annexion des Elsasses durch Frankreich änderte daran wenig. Der Reichtum des Landes und die seit dem Ende des 18. Jahrhunderts aufblühende Industrie lockten immer wieder die deutsche Einwanderung an. Die völlige Verschmelzung des Elsasses mit Frankreich, ein Ergebnis der grossen Revolution, zog unzählige Elsässer ins Innere des Landes, besonders nach Paris, und dieser Zug der Elsässer nach Westen verstärkte sich noch, als etwa in der Mitte des Jahrhunderts die Abnahme der Geburtenfrequenz in Verbindung mit dem Aufschwung der Industrie einen Mangel an Arbeitskräften im Innern Frankreichs hervorrief. Das Elsass, dessen Geburtenfrequenz sich immer weit über der des inneren Frankreichs hielt, sandte nun eine solche Abwanderung nach Westen, dass in den meisten ländlichen Distrikten die Bevölkerungszahl erheblich zurückging, und nur in den Industriegebieten des Ober-Elsasses und den grossen Städten des Landes noch eine erhebliche Bevölkerungsvermehrung stattfand. In diese Lücken ergoss sich nun der Strom der deutschen und schweizerischen Einwanderer. Im Jahre 1866 wurden nahezu 35 000 (34 889) Deutsche und Schweizer im Elsass gezählt, die ersteren in beiden Departements in ungefähr gleicher Stärke je 13 500, die letzteren fast nur im Oberrhein in der Zahl von 7 700 Köpfen vertreten. Die Hälfte aller Fremden lebte in den beiden grossen Städten Strassburg und Mülhausen, in ersterem bildeten die Fremden 5,2 Prozent, in letzterem gar 16,5 Prozent der Gesamtbevölkerung. Trotz dieser bedeutenden Einwanderung vermochte das Elsass seine Bevölkerung in den 20 Jahren von 1846 bis 1866 nur um etwa 60 600 Köpfe zu erhöhen, während der Zuwachs in den 20 vorhergehenden Jahren von 1826 bis 1846 etwa 113 000 Köpfe betragen hatte. So bestand schon vor der Annexion als Folge wirtschaftlicher Umstände und