Ludwig Carl Wilhelm von Baumbach-Kirchheim – Erinnerungen aus dem Leben eines hochbetagten Mannes (1799 – 1883)/36

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Ludwig Carl Wilhelm von Baumbach-Kirchheim – Erinnerungen aus dem Leben eines hochbetagten Mannes (1799 – 1883)
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aber, wenn der Sabbat vorüber, nur an ihren Gelderwerb, "Member of the church" zu sein, gilt als Verdienst, zugleich aber als Mittel, im Geschäft voranzukommen und als Schild gegen darin vorkommende Überschreitungen.[GWR 1]

Wie wird sich die soziale politische Zukunft meines geliebten Vaterlandes und Amerikas gestalten? Deutschland mit den übrigen europäischen Großstaaten seufzt unter den hohen Kosten und Nachteilen eines übertriebenen Militarismus, der sich zweifellos noch steigern wird. Denn, versucht ein Staat, seinen Militäretat zu erhöhen, alsbald erkennen darin die anderen die Notwendigkeit, dasselbe zu tun, aus Besorgnis vor möglichen Angriffen. Dieser Grund dient als Rechtfertigung vor den Parlamenten, und diese wollen die mögliche Verantwortung nicht übernehmen, die eine Verweigerung zur Folge haben könnte. Wo soll aber endlich eine solche fortdauernde Kosten und Steuererhöhung neben nutzloser Vergeudung der besten Menschenkräfte hinführen? Eine Gefahr, in der Deutschland schwebt, ist die Besorgnis eines Revanchekrieges mit Frankreich, eine Besorgnis, die sich später oder früher erfüllen wird, sei es in einer Veränderung im dortigen Regierungsystem, sei es, daß Frankreich einen Alliierten findet, das wohl keineswegs unmöglich ist, denn die Wiederherstellung des Deutschen Reiches in einer früher nicht bestandenen Kraft hat mehr Neid als Freundschaft bei den Nachbarn erweckt.

Aber alle diese Gefahren fürchte ich nicht so sehr, als eine andere, die drohend am Horizont steht und immer mehr Boden gewinnt. Das ist die Sozialdemokratische Partei. Von den Führern wird das Volk systematisch bearbeitet, und tritt der rechte Augenblick ein, wird derselbe den Proletarierstand weit besser für einen Ausbruch – denn höchstwahrscheinlich in geheimer oder offener Verbindung mit der ultramontanen Partei, allerdings nur zeitweise, vorbereitet finden, als dies 1848 der Fall war, wo das gefährliche Element schon bestand, allerdings nicht unter diesem Namen. Was dann erfolgen wird, davon gab ein Vorgeschmack die Pariser Kommune. Dauern kann allerdings eine solche Herrschaft nicht, da sie destruktiv schon an sich ist und sehr bald durch Uneinigkeit unter sich zugrunde gehen muß, aber sicher lang genug, um Kultur- und Wohlstand zu vernichten. Folgen kann und wird ihr nur die Despotie und in solcher als natürlicher Folge jede, auch vernünftige Freiheit zugrunde gehen. In dem Kampf gegen diese Partei wird sich das Militär nicht bewähren, worauf allerdings gegen einen äußeren Feind zu rechnen ist. Das Heer selbst wird von einer Ansteckung dieser Lehren und Partei nicht frei bleiben, wenigstens nicht unter dem Teil desselben, der in das bürgerliche Leben zurücktrat – wohl der Kern des Heeres – Reserve und Landwehr. Oder glaubt man, der Soldat werde auf seinen Vater und Brüder feuern? Sehr schwer wird es sein, jetzt gegen die Lehren dieser Partei zu kämpfen, Gewaltmaßregeln halte ich für unwirksam, das vielfach vorgeschlagene Mittel besseren Schulunterrichts für einzig wirksam, aber wohl erst bei der kommenden Generation, also zu spät. Einstweilen wird aber ein besserer Schulunterricht ohne Unterstützung von häuslicher Erziehung nur noch mehr zur Verbreitung dieser Lehren beitragen.

Für die Vereinigten Staaten fürchte ich weniger von der Sozialdemokratischen Partei, obwohl auch hier ohne jede Einschränkung vertreten, ihre Lehren sogar offen zum reinen Kommunismus ausdehnend; doch werden dieselben von der irgend einflußreichen Presse



Anmerkungen der GenWiki-Redaktion (GWR)

  1. Druckfehler in Textvorlage: Komma statt Punkt.