Deutsche und französische Kultur im Elsass/069
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- Bildunterschrift:
- A. KOERTTGÉ: Die "Gedeckten Brücken" in Strassburg.
Leben des Landes und die soziale Bewegung der Industriearbeiter an den bestehenden Institutionen und der Haltung der Bureaukratie, nicht minder aber auch an der politischen Indifferenz und Unreife der Masse der Bevölkerung fast unübersteigbare Hindernisse. Aus dieser politischen Machtkonstellation ergab sich aber die wirtschaftliche und soziale Benachteiligung der unteren und eine ebensolche Bevorzugung der oberen Klassen.
Die besonders in früherer Zeit scharf ausgeprägte Stellungnahme der Regierung gegen die demokratische Bewegung überhaupt und besonders gegen die in demokratischer Form auftretenden sozialen Bestrebungen entsprang ganz allgemein aus der aristokratischen und monarchischen Gesinnung der Bureaukratie und ferner aus der besonderen Absicht, die deutsche sozialdemokratische Bewegung vom Elsass fern zu halten. Da dieser Zweck nur unvollkommen erreicht worden ist, so hat man in den letzten Jahren, der allgemeinen Strömung in Deutschland folgend, in der Bekämpfung der sozialen Bewegung, soweit sie auf das wirtschaftliche Gebiet beschränkt bleibt, erheblich nachgelassen. In den politischen Machtverhältnissen des Landes ist eine nennenswerte Änderung noch nicht eingetreten. Die Begünstigung der Notabelnkreise aber beruhte auf der unbewussten Hinneigung der Bureaukratie zur wirtschaftlich hervorragenden Klasse und ferner auf der bewussten Absicht, die Notabeln durch derartige Vorteile für die nationalpolitischen Zwecke der Regierung zu gewinnen.
So lässt auch die deutsche Politik im Elsass die politische Kultur der Deutschen scharf hervortreten. Zwar ist der persönliche Einfluss des Monarchen trotz häufiger Anwesenheit hier weniger wirksam als in Altdeutschland, aber die Menschen nicht minder als die Institutionen sind monarchisch. Die Bureaukratie, ein aristokratisch organisierter Berufsstand, hat die politische Macht in den Händen. Sie will vieles für das Volk, aber möglichst wenig durch das Volk thun. Sie glaubt aus der Fülle einer unbeschränkten Machtbefugnis „jedem das Seine" geben zu können. Aber, wo sie eines gleichgültig wie gearteten demokratischen Einflusses entbehrt, da gerät sie trotz aller äusseren Unabhängigkeit und Macht in eine bewusste oder unbewusste Abhängigkeit von den sozial oder wirtschaftlich hervorragenden Klassen.
DIE GEISTIGE KULTUR DER DEUTSCHEN.
Vielleicht die wichtigste Seite der deutschen Kultur ist die geistige Kultur. Wie schon früher erwähnt, beruht die geistige Kultur der Deutschen in erster Linie auf dem Unterricht, der Schule im weitesten Sinn des Wortes. Das hier erworbene Wissen und die hier entwickelte Urteilskraft bilden die wichtigsten Grundlagen der deutschen Geistesbildung. Diese schulmässige Geistesbildung ist auch die Ursache dafür, dass das Geistesleben der deutschen Nation seit den Tagen des Humanismus und der Reformation einen gelehrten Zug trägt, der sich in neuerer Zeit immer schärfer ausgeprägt hat. Denn die Schulbildung beruht ebenso wie die Gelehrsamkeit,