Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland/015
GenWiki - Digitale Bibliothek | |
---|---|
Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland | |
<<<Vorherige Seite [014] |
Nächste Seite>>> [016] |
Hilfe zur Nutzung von DjVu-Dateien | |
Texterfassung: korrigiert | |
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Bevor dieser Text als fertig markiert werden kann, ist jedoch noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
|
Schon hinsichtlich ihrer lokalen Anordnung unterschieden sich Gutsherrschaft und Grundherrschaft wesentlich von einander. Die Gutsherrschaft erstreckte sich über ein ganzes Dorf oder über mehrere Dörfer und zwar nicht nur über die Bauern, sondern über alle Bewohner des Dorfes. Das Dorf gehörte zum Rittergut, es bildete mit ihm die natürliche Grundlage der ganzen gutsherrlichen Verfassung. Daher lag das Rittergut, der Landwirtschaftsbetrieb des Gutsherrn, gewöhnlich im zugehörigen Dorfe oder wenigstens in der Nähe desselben.
In Niedersachsen bildete die Vereinigung der Grundherrschaft über ein ganzes Dorf in der Hand des zunächst wohnenden Rittergutsbesitzers die Ausnahme; häufiger war sie nur in dem östlichsten Teile Niedersachsens, in der kleinen Grafschaft Dannenberg. Die niedersächsische Grundherrschaft war Streubesitz, sie erstreckte sich in einzelnen Berechtigungen über ganze Ämter, in einem Dorf gab es meistens viele Grundherren.
Speziell der Rittergutsbesitzer besaß im nahegelegenen Dorfe meist nur einen Teil der überhaupt daselbst vorhandenen grundherrlichen Berechtigungen. Nicht selten hatte er gerade dort überhaupt kein Obereigentum über Bauernhöfe, sondern seine grundherrlichen Berechtigungen lagen in entfernteren Dörfern des Amts oder gar in anderen Ämtern.
So wie das gutsherrlich abhängige Dorf und der eigene Landwirtsschaftsbetrieb des Gutsherrn (Rittergut im engeren Sinne) in der Regel lokal mit einander vereinigt waren, so waren auch Bauerngüter und Bauern rechtlich und wirtschaftlich eng mit dem herrschaftlichen Gute verbunden. Die Bauerngüter aller Bauern im Dorfe gehörten zum Rittergut. Der Rittergutsbesitzer als solcher war Grundherr aller Bauern des Dorfes. Aber auf dieser grundherrlichen Abhängigkeit des Bauern baute sich ein anderes mehr persönliches Verhältnis auf, welches nicht nur den grundherrlich abhängigen Bauern selbst, sondern auch seine Familie nnd schließlich alle nicht besonders privilegierten Bewohner des Gutsbezirks ergriff. Dieses Verhältnis war die Erb- oder Gutsunterthänigkeit. Sie ergriff unzweifelhaft auch die Persönlichkeit des Bauern und beschränkte seine Freiheit; aber sie band den Bauern oder Erbunterthan nicht an die Person des Gutsherrn, sondern an das herrschaftliche Gut. Der Bauer hieß in dieser Eigenschaft meist Gutsunterthan, d.h. Unterthan des herrschaftlichen Gutes. Als Gutsunterthan war der Bauer an die Scholle gefesselt, freilich nicht an die seines Gutes, denn von