Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland/145

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Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland
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schon bei Besprechung der Bauernklassen erwähnten Gleichmäßigkeit der faktischen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse aller Bauern zu liegen. Die dort erwähnten Umstände, welche die höchsten und niedrigsten Bauernklassen einander näherten und zu einem sozial homogenen Bauernstände gestalteten, ermöglichten auch das Fortbestehen einer Verfassung, hie für einen Verband wirtfchaftlich und sozial gleichstehender Genossen berechnet war.

Bei der Betrachtung der niedersächsischen Landgemeinde fällt ferner auf, daß eine Abhängigkeit derselben von der patrimonialen Gewalt, soweit diese rein privatrechtlich war, nicht bestand. Der Grundherr hatte als solcher, d. h. als privater Berechtigter, keinerlei Ansprüche und Rechte gegenüber der Landgemeinde. Das grundherrliche Verhältnis bestand nicht zwischen dem Grundherrn und der Gemeinde, sondern zwischen dem Grundherrn und dem einzelnen Bauer. Nur soweit die patrimoniale Gemalt einen öffentlich-rechtlichen Ursprung hatte, übte sie Herrschaftsrechte über die Landgemeinde aus. Das adelige Gericht überwachte ebenso wie das Amt kraft öffentlichen Rechts die Landgememdeverwaltung, siedelte Anbauer auf der Gemeinheit an und gab ihnen Gemeinderechte'. Wie das Amt kraft der Landeshoheit, so beanspruchte, freilich meist erfolglos, das adelige Gericht kraft der Gerichtsherrschaft ein Eigentum an der Gemeinheit'.

So war denn die Landgemeinde in doppelter Beziehung ein wichtiger Bestandteil der ländlichen Verfassung Niedersachsens. Sie bildete einerseits die Organisation der ländlichen Bevölkerung für deren wirtschaftliche und soziale Zwecke. Aus den drei Elementen der Nachbarschaft, des gemeinsamen Besitzes und der gleichartigen Thätigkeit erwachsen, gewährte sie, soweit dies einer Korporation möglich war, den Genossen die Befriedigung ihrer wirtschaftlichen und sozialen Bedürfnisse. Sie war keine halbkommunistische Gemein-wirtschaft, sondern gerade das Gegenteil davon, nämlich eine Organisation im Interesse individualistischer Betriebe.

l Vgl. S. 103 Anm. 2. Vgl. Stüve, Landgemeinden S. 135. — Strube, vs iur« villieorum, S. 83. — u. Pufendorf, ow. iuriz I Nr. 225, II Nl. 57. -- v. Nülow u. Hagemann, Praktische Erörterungen, II Nr. 1? und 26, VIII Nr. 6. - Strube, Rechtliche Bedenken. IV 109 (II 527), IV 120 (III 667). — v. Ramdohr, Juristische Erfahrungen, Nd. I. S. 82 ff. Eine Ausnahme machte nur das Herzogtum Bremen, wo die Gesamtheit der Grundherren eines Dorfes als Eigentümer der Dorfsgemeinheit galt. v. Bülow u. Hagemann, VIII 6. — Strube. Rechtl. Bedenken IV, 109. — Celler Festschrift, Nd. I, Abt. 2, S, 314 und 317. Annalen der Ehurlande. Hannover 1793. Bd. VII, S. 132.