Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland/296
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Geldleistung abgelöst wurde. Außerdem bildete die gsrvitu» der Laten einen Rechtsgrund für ein höchst sinnreiches System von Ansprüchen des Herrn auf Abgaben des lebenden und den Nachlaß des verstorbenen Litonen. Diese Leistungsverpflichtungen aber waren nicht willkürlich erhöhbar, sie bildeten einen Bestandteil des i,,« litonuin. Allerdings beschränkten sie in einigen Beziehungen die Handlungsfähigkeit des Laten: so hatte er nicht das Recht, testamentarische Verfügungen zu treffen'. Aber diese Freiheitsbeschränkung hatte praktisch keine große Wichtigkeit. Mit Recht sagt daher die Glosse ^ zum Sachsenspiegel: Di lats i« äo 'ivli Iie levisl, unä >v«n Iis »wrvst Ku6s1st men mit
Die Hörigkeit aber begründete nicht bloß Pflichten, sondern auch ein Recht, nämlich den Anspruch auf das Latengut. Der gesessene Late war im Besitz desselben, der ungesesfene Late konnte kraft seiner Hörigkeit eventuell in den Besitz gelangen.
Diese aus der Villikationsverfassung entsprungene Hörigkeit ist für den modernen Menschen schwer begreiflich. Die strengen Formen persönlicher Abhängigkeit wie die römisch-rechtliche Sklaverei oder die Negersklaverei in Amerika berühren weit weniger fremdartig, als diese aus den scheinbar widersprechendsten Elementen der Freiheit und Unfreiheit gemischte Institution.
Trotzdem kann sie wirtschaftlich und juristisch begriffen werden.
Die Villikation war eine Herrschaft über Menschen und Land. Setzen wir den Kleinbetrieb als die herrschende Form landwirtschaft- licher Pr^uktion auf niederer Kulturstufe voraus, fo ist die grundherrliche Verfassung die einzige Form, in der Herrschaft über Menschen und Land wirtschaftlich nutzbar gemacht werden kann.
Der größere Land- und Sklavenbesitz wird daher zu Schaffung vieler kleiner, technisch selbständiger Wirtschaften verwendet, die jedoch in erster Linie nicht ihres Bewirtschafters wegen, fondern des Herrn wegen vorhanden sind.
Die Lathufe ist demnach eine landwirtschaftliche Netriebseinheit, die ihre Abgrenzung nicht den Bedürfnissen einer Bauernfamilie,
i Vgl. das Synodalurteil Erzbischofs Nurkhardt von Bremen »,, 1329
bei Strube, vß iure villio,, S, 181. — Suoendoif, Urkundenbuch I, Nr, 236
(». 1314).
^ Vgl, 8, I,ä. N. III, Art. 44, § 3 (Glosse) (Homeyer. 88p. I, S. 338),