Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland/354

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Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland
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Doch mußte er noch am selben Tage darüber richten und die Strafe verhängen, widrigenfalls die Sache vor das öffentliche Gericht kam. Ferner richtete der Bauermeister über Verletzung der Gemeinheit und bei handhafter That über unrecht Maß und Gewicht und falschen Kauf. Auch konnte er Erbverzichte seiner Bauern statt des öffentlichen Richters bezeugen. Die Gemeindegerichtsbarkeit, die sich späterhin noch weiter ausdehnte', war nicht fest abgegrenzt. Manche der erwähnten Sachen konnten direkt vor den öffentlichen Richter gebracht werden. Das Gemeindegericht war kein staatliches Gericht, sondern ein Korvorationsgericht zum Schutz des Dorffriedens und der wichtigsten eines unmittelbaren Schutzes bedürftigen Rechtsverhältnisse der Genossen 2.

Einige Aufgaben erfüllte die Gemeinde schon damals im Auftrag und für Zwecke des Staates.

Der Nauermeister mußte seine Gemeindegenossen alle 6 Wochen ins Gogericht führen und dort die Nichterschienenen und ferner bestimmte Ungerichtsfälle zur Anzeige bringend Wurde ein Verbrecher auf handhafter That überrascht, und gelang es ihm, vor den Verfolgern in ein Dorf zu fliehen, so muhten diese vor dem Bauermeister und den Gemeindegenossen die That bezeugen, worauf der Bauermeister zur Auslieferung des Übelthäters verpflichtet war^. Geschah in der Dorfherberge ein Mord und der Mörder entfloh, so mußte die Gemeinde durch den Eid beweisen, daß sie die Flucht nicht hatte hindern können. In den von Wasser bedrohten Gegenden mußte jede Gemeinde ein Stück des gemeinsamen Deiches unterhaltend

Innerhalb dieser mit so wichtigen und mannigfaltigen Aufgaben betrauten Landgemeinde war nun der Meier das hervorragendste und bedeutsamste Mitglied. Wenn er auch dem Laten gegenüber nur ein äußerst prekäres Besitzrecht hatte, so zeichnete er sich vor diesem durch den Umfang seines Besitzes und durch persönliche Freiheit aus.

Der wichtigste Selbstverwaltungskörver des nordwestlichen Deutschlands war also im Mittelalter ein Verband von Laten und Meiern,


' 8. I.ä. N. II, Art, 13 § 2 (?). — Stüve, Gogerichte, S. 35. — Pader-bornscher Landesuertrag äs 1326 bei Wigand, Paderborn III, S, 1 ff. (Nr. 1).

^ Vgl. Planck, das deutsche Gerichtsverfahren im Mittelalter, 1878, Nd. I 1, S. 11 Anm. 23.

2 Vgl. 8.1.ä. N. I, Art. 2 § 4. — Grimm, Weistümer IV, S. 648 u. 680. In den Gerichten zu Wernigerode und Lauenstein bringen die Bauermeister die Brüche ein.

4 8. I.ä. L. II, Art. 71 § 5, III, Art, 91 ß 1.

" Vgl. 8. I.ä. N. II, Art. 56 z 1.