Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland/453

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Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland
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politischer Aufgaben dar. Die grundherrliche Verfassung bedingte trotz aller Beschränkungen die soziale und wirtschaftliche Selbständigkeit des Bauers, ohne die eine solche korporative Organisation undenkbar ist. Dies ist leicht aus einem Gegensatz zu ersehen. Die gutsherrliche Verfassung, bei der der Bauer wirtschaftlich, sozial und rechtlich ein Unterthan des Gutsherrn war, das Bauerngut aber in allen Beziehungen nur ein Zubehör des Rittergutes bildete, diese Verfassung erstickte jedes Gemeindeleben und machte zum Träger der in Niederfachsen und Westfalen der bäuerlichen Korporation zugewiesenen Aufgaben den Rittergutsbesitzer, den Gutsherrn.

Außerdem aber bildete die Grundherrschaft noch in anderer Hinsicht die Voraussetzung des Gemeindelebens in Norowest-deutschland. Die Gemeindeverfassung und das Gemeindeleben waren hier im Mittelalter nicht auf die Bauern befchränkt geblieben, fondern über den bäuerlichen Landgemeinden hatten damals die grundherrlichen Markgenossenschaften der Erbexen der großen Wald-marken gestanden.

Da nun vermöge der grundherrlichen Verfassung die Nutzung auch der Waldmarken durch die Bauern ausgeübt wurde, so waren die Grundherren auch bei der Verwaltung der Mark allmählich hinter den Bauern zurückgetreten und hatten diesen die wichtigsten Äußerungen ihres Eigentums, die Verwaltung^- und Nutzungsbefugnis an den Marken überlassen. So bildeten im 18. Jahrhundert die Bauern, als Vertreter ihrer Grundherrn, Genossen der von den Landgemeinden ganz verschiedenen Holzmarkengenossenschaften, allerdings stark beschränkt durch den Staat, der sich an diesen Holzmarken weitgehende Befugnisse anmaßte.

Für die Organisation von Justiz und Verwaltung auf dem platten Lande hat die Grundherrschaft eine doppelte Bedeutung gehabt. Zunächst bildete in Nordniedersachsen, nämlich in Lüneburg und Bremen, die Grundherrschaft über einzelne Bauernhöfe den Titel für die Ausübung niederer Gerichts- und Verwaltungsbefuguisfe auf denselben. Aber diese Übertragung öffentlicher Befugnisse an den Grundherrn zu eigenem Recht war weit weniger bedeutungsvoll als die andere Funktion, welche die Grundherrschaft hinsichtlich der Organisation von Justiz und Verwaltung auf dem platten Lande ausübte.

Der Amtmann, der Verwalter der Grundherrschaft des Landesfürsten, wurde überall, auch da, wo die Grundherren einige öffentliche