Kurschen (Kreis Pillkallen)

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Disambiguation notice Kurschen ist ein mehrfach besetzter Begriff. Zu weiteren Bedeutungen siehe unter Kurschen.

Hierarchie

Regional > Russische Föderation > Kaliningrader Oblast >Kurschen (Kreis Pillkallen)


Regional > Historisches Territorium > Deutschland 1871-1918 > Königreich Preußen > Ostpreußen > Kreis Pillkallen > Kurschen (Kreis Pillkallen)

Kartenauschnitt von Kurschen

Einleitung

Kurschen (Kreis Pillkallen), Kreis Pillkallen, Ostpreußen.

Allgemeine Information

Politische Einteilung

Kurschen (Kreis Pillkallen)


Kirchliche Zugehörigkeit

Evangelische Kirche

Die ev. Kirche auf dem Marktplatz von Pillkallen

Evangelisches Kirchspiel Pillkallen (Schloßberg)

Schulorte
Kirche
  • Die erste Kirche in Pillkallen wurde 1582 fertiggestellt. [1]
  • Die zweite Kirche wurde zwischen 1644 und 1650 erbaut. [1]
  • Die dritte Kirche wurde am 25.Juni.1758 eingeweiht. [1]

Katholische Kirche

Standesamt

Geschichte

Vorgeschichte

Auszug aus: "Chronik, Dörfer des Kirchspiels Schloßberg, 7. Band, Kreisgemeinschaft Schloßberg/Ostpr. e.V., 21423 Winsen/Luhe".
Das Dorf Kurschen [2] wurde 1633 erstmals als Dorf vom Schulzenamt Uszpiaunen [3], das zum Hauptamt Ragnit gehörte, geschichtlich erwähnt. Der Ortsname ist vermutlich auf den litauischen Personennamen Kurszait (Kurszat, Kurszus) zurückzufuhren; lit. kurszys - Kure. Als 1708 die große Pest ausbrach und im Jahre 1710 ihren Höhepunkt erreichte, starb 72% der Bevölkerung von Kurschen an dieser furchtbaren Seuche. Im Königlichen Bauerndorf blieben von der Gesamtfläche von 18,20 Huben (18 Huben 20 Morgen) 13,13 Huben (13 Huben 13 Morgen) Ackerland wüst; d. h. unbearbeitet. Die Verluste durch die Pest wurden 1719 in den Hubenschoßprotokollen aufgelistet. Danach lebten 1719 im Dorf 7 Scharwerksbauern und 1 Zinsbauer , der nach der Pest angesetzt wurde. Nach der Auflösung der Haupt- und Schulzenämter im Jahre 1923 übernahmen die durch König Friedrich Wilhelm I., der Soldartenkönig, neugegründeten Domänenämter die Verwaltungsaufgaben. Im gleichen Jahr wurde auch die „litauische Deputation" geschaffen, die die Peuplierung (Besiedlung des Landes) zu ihrer Hauptaufgabe machte. Aus der „litauischen Deputation" bildete sich eine Domänenkammer mit Sitz in Gumbinnen, aus der später der Regierungsbezirk Gumbinnen entstand. Das Dorf Kurschen kam 1723 zum Domänenamt Grumbkowkaiten [4]. 1746 wohnten im Ort 1 deutscher Amtsbauer (Braunschweiger) und 10 lithauische Amtsbauern. Die weitere Entwicklung des Dorfes geht aus den nachstehenden Prästationstabellen und Mühlenkonsignationen hervor.

Neuzeit

Auszug aus: "Chronik, Dörfer des Kirchspiels Schloßberg, 7. Band, Kreisgemeinschaft Schloßberg/Ostpr. e.V., 21423 Winsen/Luhe".
Das Bauerndorf Kurschen liegt 9 Kilometer nördlich der Kreisstadt Schloßberg [5]. Die nächste Kleinbahnstation befand sich bis zur Flucht der gesamten Bevölkerung vor den Russen im Jahre 1944 im 3 Kilometer entfernt liegenden Grumbkowsfelde. Die nachfolgende detaillierte Ortsbeschreibung erstellte größtenteils Martin Rathke.

Die durch den Ort führende Dorfstraße verlief in westlicher Richtung über Ebenhausen [6] zur Landstraße Nr. 180 (2,5 km), die von Schloßberg nach Haselberg [7] verlief und in den Jahren 1858 bis 1867 gebaut wurde. Die Kiesstraße durch Kurschen überquerte über Betonröhren im Dorf den Renneckebach (Nebenfluss der Inster) und teilte den Ort in zwei Teile. Diese Brücke entstand kurz vor oder während des 1. Weltkrieges 1914/18. Weitere Brücken und Stege aus Holz überquerten den Renneckebach als Überfahrten zu den Feldern der Höfe. Bei Hochwasser, besonders im Frühjahr bei der Schneeschmelze, wurden die Holzbrücken fortgeschwemmt oder demoliert, Stege brachte man vorher in Sicherheit. Zu einer landschaftlichen Besonderheit muss der Kiesberg genannt werden. Dieser wurde nach dem 1. Weltkrieg angefahren zum Bau einer Straße. Er liegt im Ortszentrum am Weg zu einem Abbau, der zu Talwiesen [8] gehört. Der Kiesberg hat eine Länge von 50 m, eine Höhe von 10 m und einer Breite von 15 m und beinhaltete ca. 7.500 cm3 Kies. Im Winter diente der Berg für die Kinder als Rodelberg, zu Ostern rollten hier die von Erwachsenen gebauten Osterräder hinab und zur Sonnenwende feierten sie Johanni.

Im Ortsmittelpunkt stand ein ca. 1780 erbautes strohgedecktes Holzgehöft, bestehend aus Gasthaus und Kolonialwarenladen, Stall und Scheune. Das Gehöft gehörte bis 1932 Petokat. Danach, nach Angaben von Martin Rathke, übernahm Karl Vetter die Wirtschaft und den Laden, nach dessen Tod seine Witwe Agnes Vetter. Unweit des Gasthauses lagen die größten Höfe von Kurschen, das Gut Gerhard Palfner und der Hof von Franz Rathke. Der Gutsgarten und der Bauerngarten von Rathke waren recht alt und parkartig angelegt. In den Gärten standen vorwiegend Linden, Fichten, Erlen und Birken. Am Renneckebach hatten sich verschiedene Baumarten angesiedelt. Auffallend war der alte Friedhof, der auf einem Hügel an der östlichen Gemeindegrenze lag. Er war mit Bäumen und Strauchwerk wild verwachsen. Füchse und Dachse hatten hier ihre Höhlen eingerichtet. Dies führte dazu, dass oft Menschenschädel und Knochen der verstorbenen Kurscher Bürger herausgescharrt wurden. Der neue Friedhof lag am Ortsausgang nach Ebenhausen [9]. Zum Ortsbild gehörten auch die Storchennester. Auf den Dächern von Palfner und Rathke nisteten drei Storchenpaare. Auffallend war, dass auch in den Pappelbäumen längs der Straße zur Ortsgrenze in Richtiung Grumbkowsfelde Störche ihre Nester hatten. Kurschen war ein Bauerndorf, in dem 12 landwirtschaftliche Betriebe die Nutzfläche bewirtschafteten, 11 Höfe von 1 bis 15 Hektar und zwei Betriebe von 80 bis 230 Hektar. Die Bodenbeschaffenheit war mittelmäßig. Einige Ländereien besaßen gute Qualität, andere, sehr stark lehmige Hügel, waren sehr schwer zu bearbeiten und brachten schlechte Erträge. Im Schnitt könnte man von sandigem Lehm- bis zu schwerstem Lehm- bis Tonboden sprechen. Daher war die Bodenbearbeitung äußerst schwer und für die Gespanne kräfteaufreibend und verschleißend. Später wurde durch den Einsatz von Traktoren bei Palfner und Rathke die Bearbeitung der Ländereien günstiger und leichter. Bevorzugt angebaut wurde neben Roggen als Brotgetreide, Weizen und Hafer oder Gemenge. Daneben waren aber auch große Flächen als Weideland mit zum Teil guten Koppelweiden für Milchkühe vorhanden. Futterrübenerträge waren wechselnd und Kartoffeln wurden nur für den eigenen Bedarf, für Mastschweine und Haushalt, angebaut. Getreideanbau, Milchviehhaltung und Mastviehproduktion, das war die Reihenfolge der Einnahmen in den bäuerlichen Betrieben. Andreas Palfner, nach 1930 Gerhard Palfner, züchteten Pferde für den eigenen Nachwuchs der Gespanne. Die Betriebe Palfner und Rathke züchteten das schwarzweiße Tieflandrind und waren Mitglieder des Ostpreußischen Herdbuchverbandes.

Kurschen hatte keinen elektrischen Strom. Bauer Friedrich Szutzkus arbeitete im Nebenerwerb als Schuhmacher. Der Hof Palfner hatte eine Gutsschmiede mit dem Schmied und Treckerfahrer Albert Berger. Zum Mahlen von Getreide für den Eigenbedarf besaß das Gut eine Windturbine, die auch zum Wasserpumpen und Häckselschneiden diente.

Die Gemeindeverwaltung lag in den Händen von Gerhard Palfner. Da er als Offizier während des Krieges oft abwesend war, vertraten ihn mein Vater Franz Rathke und Otto Hantel. Der Dienstraum war der jeweilige Wohnraum des Gemeindevorstehers (Bürgermeisters). Kirchlich war Kurschen an Schloßberg angeschlossen. Wir hatten aber eine Predigerstelle des Schloßbergers Pfarrers Horn in der Nachbargemeinde Siedlerfelde [10] im ehemaligen Domänenpächterhaus. Der Konfirmandenunterricht fand in Schloßberg statt. Eine kleine Baptistengemeinde befand sich bei Otto Hantel.

Die Gemeinde besaß keine Poststelle. Die tägliche Postzustellung erfolgte durch den Posthalter in Mühlenhöhe [11]. Durch Kurschen fuhr auch keine Kraftpostlinie. Der nächste Haltepunkt der Strecke Schloßberg — Haselberg befand sich im 4 km entfernten Mühlenhöhe. In Kurschen hatten Gutsbesitzer Gerhard Palfner, Gastwirtschaft Agnes Vetter und Lehrer Kurt Mertins einen Telefonanschluß. Da es im Dorf keine Freiwillige Feuerwehr gab, mussten im Brandfall die Dorfbewohner die Brandbekämpfung einleiten. Ein Fußballverein bestand in den Jahren 1930-1934. Weitere Ortsvereine gab es nicht, zumal nach 1933 eigene Interessengemeinschaften durch den Nationalsozialismus unterbunden wurden. Das Leben auf dem Lande war mit viel schwerer und harter Arbeit verbunden, für Vereinstätigkeiten blieb wenig Zeit übrig. Alle Bewohner mussten ihr Brot mit ihrer Hände Arbeit in der Landwirtschaft verdienen. Besondere Sitten und Gebräuche kannten die Bewohner von Kurschen nicht. Bei Familienfeiern war das Singen von Volks- und Kirchenliedern sowie das Deklarieren von Gedichten und das Spielen kleiner Theaterstücke die Regel.

Im 1. Weltkrieg fanden in Kurschen Kämpfe statt. An allen Gebäuden entstanden durch Brand Schäden. Unser Hof wurde auch stark in Mitleidenschaft gezogen durch das Abbrennen eines Stalles, der Scheune, des Insthauses und eines kleinen Stalles. Im Insthaus wohnten die sogenannten Deputanten, das waren ständige Arbeiter des Hofes, die vorwiegend durch Deputat - Milch, Kartoffelland, Getreide, Brenn- und Heizmaterial, Gartenland und freies Wohnen - entlohnt wurden. Der plötzliche und von der Bevölkerung nicht so schnell erwartete Einmarsch der Russen hatte auch die Kurscher Bürger so überrascht, dass ihnen eine schnelle Flucht nicht mehr gelang. Zahlreiche Ortsbewohner wurden von Kosaken nach Sibirien verschleppt (siehe Schulchronik Kurschen). Der Aufbau der verwüsteten Kurscher Höfe fand gleich nach dem Kriege unter unsäglichen finanziellen und körperlichen Anstrengungen statt. Reste der Kosten bereiteten unseren Vätern noch Jahrzehnte Sorgen.

Der zweite Weltkrieg

Auszug aus: "Chronik, Dörfer des Kirchspiels Schloßberg, 7. Band, Kreisgemeinschaft Schloßberg/Ostpr. e.V., 21423 Winsen/Luhe".
"Der 2. Weltkrieg brachte ein viel größeres Elend über die Bewohner unseres Dorfes", schreibt Martin Rathke. "Zufälligerweise habe ich als Soldat, während eines Urlaubs, die erste Fluchtetappe im August 1944 mitgemacht. Damals ging alles noch recht geordnet zu. Wir versuchten sogar alles Vieh zusammenzutreiben und mitzunehmen, was aber kläglich misslang. Viel später, als die Kurscher Trecks bei Neidenburg von den russischen Truppen überrannt und ausgeplündert wurden, schickten die Russen meinen Vater und andere wieder in ihre Dörfer zurück. Mein Vater hat sich auf den Resten unseres Hofes wochenlang von den zerstreuten Körnern ernährt und ist dann, nach der Aussage von Augenzeugen, in Schloßberg verhungert. Meine Mutter, die vorher mit einem Lazarettzug nach Sachsen fliehen konnte (Beinbruch), hat fast zehn Jahre benötigt, um Zeugen dieses Geschehens zu ermitteln. Mir widerstrebt es, mein Wissen, das doch recht bruchstückhaft ist, über Kampfmaßnahmen, Verteidigungsstellungen u. ä. schriftlich niederzulegen, dafür war die Zeit des Krieges und der russischen Gefangenschaft viel zu schwer, um die Erlebnisse in Worte zu kleiden."

Zu den besonderen Vorkommnissen schreibt Martin Rathke: „Ein großes Manöver fand ca. 1930 statt. 1934 war eine Aktion des sogenannten „Grenzschutzes". D. h., alle wehrfähigen Männer wurden einberufen und auf dem Palfnerischen Gutshof eingekleidet und mit Infanteriewaffen ausgerüstet. Jedenfalls war es eine „Truppe" in der Stärke einer Kompanie mit dem Kompaniechef Revierförster Pliquet (Reserveoffizier des 1. Weltkrieges) an der Spitze. Zugführer waren die Stahlhelmführer aus der Umgebung oder Weltkriegssoldaten. Gruppenführer durften junge Leute spielen, wie z. B. Baucus, Neffe von Fritz Schmidt aus Petereithelen [12]. Die Truppe übte den Infanterie-Felddienst. Für uns Jungens war das natürlich höchst interessant, zumal die Feldküche bei Palfner im Kutschenstall stand und für alle gekocht hatte. Nach drei Tagen war die Übung beendet.

Größere Feuersbrünste waren außer den Kriegseinwirkungen nicht zu verzeichnen, Verbrechen sind mir nicht bekannt. Als einen mir bekannten schweren Unglücksfall würde ich das Unglück bezeichnen, als unser Landarbeiter Sauder beim Holzhacken nach Feierabend seiner Tochter, die das Holz vor ihm einsammelte, mit der schweren Axt in den Rücken hackte. Meine Mutter, als Krankenschwester im 1. Weltkrieg ausgebildet, leistete erste Hilfe. Der herbeieilende Arzt aus Schloßberg konnte keine lebensgefährliche Verletzung feststellen. Im Krankenhaus verheilte die Wunde bald.

An Seuchen im Viehstall muss die Maul- und Klauenseuche angeführt werden, die in Abständen immer wieder auftrat und große Schäden in den Betrieben verursachte. Selbst wir Kinder sind bei einem solchen Seuchengang infiziert worden und litten wochenlang an schweren Mundentzündungen. Als seltenes Wild ist der Elch zu nennen, der ca. 1935 quer über unser Feld in Richtung Wald der Försterei Inster in seinem unvergleichlichen wiegenden Lauf daher zog. Ich habe ihn beobachtet und war ganz ergriffen von seiner majestätischen Urkraft."

Martin Rathke über sich selbst: „Ich bin als ältester Sohn des Landwirts Rathke geboren und habe sozusagen die Liebe zu diesem Beruf und der ganzen Natur mit der Muttermilch eingesogen. Nach dem Besuch der Friedrich- Wilhelm- Schule in Schloßberg bis 1938 begann ich als zukünftiger „Erbhofbauer" die landwirtschaftliche Lehre bei meinem Vater. Dann Besuch der Landwirtschaftsschule. 1941 musste ich zur Wehrmacht. - Aber auch nach der Gefangenschaft ließ mich die Landwirtschaft nicht los, und ich begann nach dem Krieg meine Brötchen in der Rheinischen Tierzucht zu verdienen. Später wechselte ich in die Verwaltung unserer Stadt. Ich will damit sagen, dass alle persönlichen Meinungen, die eventuell aus einer oder der anderen Antwort herausklingen, aus der Warte des gelernten Landwirts kommen, der nicht nur in der alten Heimat Bescheid wusste, wenn es ums Bauersein ging, sondern auch hier im Westen durch jahrzehntelange Tätigkeit seine Erfahrungen in vielen Sparten der Landwirtschaft gesammelt hat.

Die Ausgangslage unserer bäuerlichen Landwirtschaft war in Ostpreußen, speziell aber in unserem Ort Kurschen, nicht sehr günstig. Zumal gerade wir keine Elektrifizierung hatten, obwohl die letzten Anschlüsse im Nachbardorf ca. 1 km entfernt lagen. Warum das so war, und warum man sich damals von unserer Gemeinde nicht mehr dafür einsetzte, dieses abzuändern, weiß ich nicht. Nicht nur die Beleuchtung im Haus und Stall war miserabel, auch der Kraftstrom für das Dreschen, Wasserpumpen, Mahlen u.a. fehlte und musste durch Dampflokomobile und Benzinmotore erfolgen. So besaßen Palfner und Rathke je eine Dampflokomobile, und die Siedler behalfen sich mit Benzin- oder Dieselmotoren. Dann kamen später Traktoren, die die erforderlichen Energiequellen brachten.

Die technische Entwicklung ging in den Jahren 1920 - 1944 sehr langsam voran. Pferdegespanne haben wochenlang die sogenannte Herbstfurche, das ist das Pflügen vor dem Wintereinbruch, bereitet. Dieses war für die Tiere eine äußerst schwere Arbeit. Von dem oft schwersten Lehmboden habe ich an anderer Stelle berichtet. Die Änderung trat ein, als 1939 viele militärtaugliche Arbeitspferde von der Wehrmacht beansprucht wurden. Da bekamen auch wir einen Traktor. Palfner hatte bereits Jahre vorher einen Lanz. Palfner hatte auch einen Vertrag mit dem Forstamt. Er rückte das geschlagene Nutz- und Brennholz aus der Jagenmitte zu den Gestellwagen. Somit waren seine Gespanne oft wochenlang im Winter in der Revierforst Inster tätig.

Aber auch die Getreideerntemaschinen wurden erst relativ spät in unserem Ort eingesetzt. Lange noch wurde das Getreide mit der Sense gemäht, auch von polnischen Erntearbeitern (sie hatten auch im Sommer ihre Pelzjacke bei sich). Dann hielt der Bindemäher seinen Einzug und vieles wurde schneller, die Ernte war jetzt keine so große Arbeitsspitze mehr. Vorausgesetzt das Wetter war günstig. Sonst wurde doch wieder der alte „Ableger" vorgeholt, der war nicht so nässeempfindlich! Mein Vater hatte während des Krieges wieder ein Joch Zugochsen gekauft. Als Ersatz für die neu angeschafften Pferde, die immer wieder von den Soldaten abgenommen wurden.

Die soziale Zusammensetzung des Dorfes ist meiner Meinung nach auch ein wichtiger Punkt bei der Beschreibung des Ortes. So ist vielleicht schon aus der Lagekarte zu ersehen, dass Kurschen einen Gutshof, einen Bauernhof, sechs Siedlungen mit je 40-70 Morgen, einen Schuster mit etwas Land und eine Gastwirtschaft hatte. Außer unseren zwei Lehrern hatte der Ort aber auch ca. 12 andere Arbeitnehmer oder Lohnempfänger, nämlich die Deputanten, Melker und den Schmied. Es ist mir ein ganz besonderes Anliegen diese unsere ehemaligen Mitbürger hier besonders zu erwähnen. Es wird oft in den Organen der Vertriebenen so viel über unseren Berufsstand, des Bauern, geredet und geschrieben, seine treuen Helfer der vergangenen Jahre gedenkt sehr selten jemand. Es ist mir von Kindheit an aufgefallen, dass diese Menschen in der Regel mit so einer Hingebung ihr Leben des DIENENS gelebt und gelitten haben, dass mich noch heute große Ehrfurcht vor dieser menschlichen Haltung erfasst! Wie habe ich mich als Junge der mit den vielen Kindern aus den Familien gespielt und gerauft habe erlebt, wie diese Kinder das Teilen, Abgeben von dem wenigen, das sie hatten, das Wiedergutsein nach einer Balgerei als Selbstverständlichkeit ansahen! Aber nicht nur die Kinder, die Erwachsenen handelten in den meisten Fällen auch so. Wie treu haben uns diese Mitbürger geholfen und mit uns gearbeitet in guten und in schlechten Zeiten. Immer waren sie zur Stelle, und zwar pünktlich, wenn es galt hart anzufassen. Und dies nicht nur am Werktag, nein, jeden Sonntag morgens um fünf Uhr standen sie bei „ihren" Pferden und haben sie geputzt und gestriegelt als ob es ihr Eigentum wäre. Was haben die Väter und Mütter für eine Mühe gehabt die meist vielen Münder zu stopfen und alle zufrieden zu stellen. Und das bei dem geringen Einkommen! Wir Bauern haben aber auch ganz schön ranmüssen, besonders wenn man jung war. Aber wir taten es ja für uns, als freie Unternehmer, als Selbständige."

Prästationstabellen, Mühlenconsignationen

Datei:Bild Kurschen PTs.pdf In den nebenstehenden Prästationstabellen und Mühlenconsignationen von Kurschen befinden sich historische Einwohnerlisten aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Folgende Hinweise können dazu beitragen, diese Listen besser zu verstehen bzw. Fehlinterpretationen zu vermeiden.
Hinweise zu den Prästationstabellen und Mühlenconsignationen, Erläuterungen von Prof. Erwin Spehr.

Vorgeschichte
Das Dorf Kurschen wurde 1633 erstmals als Dorf vom Schulzenamt Uszpiaunen, das zum Hauptamt Ragnit gehörte, geschichtlich erwähnt. Der Ortsname ist vermutlich auf den litauischen Personennamen Kurszait (Kurszat, Kurszus) zurückzuführen; lit. kurszys = Kure. Als 1708 die große Pest ausbrach und im Jahre 1710 ihren Höhepunkt erreichte, starb 72% der Bevölkerung von Kurschen an dieser furchtbaren Seuche. Im Königlichen Bauerndorf blieben von der Gesamtfläche von 18,20 Huben (18 Huben 20 Morgen) 13,13 Huben (13 Huben 13 Morgen) Ackerland wüst; d. h. unbearbeitet. Die Verluste durch die Pest wurden 1719 in den Hubenschoßprotokollen aufgelistet. Danach lebten 1719 im Dorf 7 Scharwerksbauern und 1 Zinsbauer, der nach der Pest angesetzt wurde. Nach der Auflösung der Haupt- und Schulzenämter im Jahre 1923 übernahmen die durch König Friedrich Wilhelm I., der Soldartenkönig, neugegründeten Domänenämter die Verwaltungsaufgaben. Im gleichen Jahr wurde auch die „litauische Deputation“ geschaffen, die die Peuplierung (Besiedlung des Landes) zu ihrer Hauptaufgabe machte. Aus der „litauischen Deputation“ bildete sich eine Domänenkammer mit Sitz in Gumbinnen, aus der später der Regierungsbezirk Gumbinnen entstand. Das Dorf Kurschen kam 1723 zum Domänenamt Grumbkowkaiten. 1746 wohnten im Ort 1 deutscher Amtsbauer (Braunschweiger) und 10 lithauische Amtsbauern. Die weitere Entwicklung des Dorfes geht aus den nachstehenden Prästationstabellen und Mühlenkonsignationen hervor.

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Schul- und Gemeinde-Chronik der Schule zu Kurschen

Datei:Bild Kurschen Schul Gemeindechronik.pdf Das Original der ab dem Jahr 1862 bis 1944 handschriftlich in deutscher Schrift verfassten Schul- und Gemeinde-Chronik der Schule zu Kurschen befindet sich in der Heimatstube der Kreisgemeinschaft Schloßberg[13]e.V. in Winsen. Der Umfang beträgt 140 DIN A4 Seiten. Die Genehmigung für die Veröffentlichung der "Schul- und Gemeinde-Chronik der Schule zu Kurschen" in GenWiki im "Portal Pillkallen" unter der Auflage der ausschließlich nicht-kommerziellen Nutzung liegt.

Herbert E. Sebeikat [14], StR i. R., Frau Gertraude Kahn [15] und Martin Kunst [16] setzten die Chronik vom Original in Normaldruckschrift um und fügten Fußnoten zur Erläuterung hinzu. Die neuen Ortsnamen gelten für die Gutsbezirke seit 1928 und für die übrigen Orte seit 1938.

Frau Kahn, Lehramtsanwärterin, hat die Schule in Kurschen am 7. April 1943 übernommen und bis zu den Sommerferien 1944 geleitet. Weil die Chronik - das war damals an den Schulen eine Pflichtübung- noch nicht fertig war, als Frau Kahn die Heimreise zu den Eltern nach Kassel antrat, kam sie unten in den Koffer hinein und wurde so gerettet. Wie Frau Kahn erzählte, wurde der Zug mehrfach durch Tiefflieger angegriffen, sie wäre jedes Mal mit dem Koffer hinausgesprungen und samt Koffer in Deckung gegangen. Das Kriegsende hat Frau Kahn bei Kassel erlebt und hat dort dann über viele Jahre als Lehrerin gearbeitet.

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Verschiedenes

Karten

Fußnoten und Internetlinks

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 Chronik und Statistik der evangelischen Kirchen in den Provinzen Ost- und Westpreussen, 1890, S.336-337
  2. Als Dorf Kurschen erstmals 1633 genannt. Ortsnamen vermutlich nach litauischen Personennamen Kurszait, Kurszat, Kurszus (lit.kurszys = Kure). Der Ortsname wurde 1938 nicht geändert. Lage: 9 km Luftlinie nördlich von Schloßberg; MTB1.11101 (Grumbkowsfelde) - Nicht verwechseln mit Kurschen alias Pappuduppen (liegt 24 km Luftlinie nordwestlich), Kirchspiel Budwethen (ab 1938 Neusiedel), Domänenamt Lesgewangminnen (ab 1938 Lesgewangen), später Landkreis Ragnit.
  3. Uszpiaunen = ab 1936 Uschpiaunen = ab 1938 Kiesdorf
  4. Grumbkowkaiten = ab 1938 Grumbkowsfelde = ab 1946 Правдино, Pravdino
  5. Schloßberg = vor 1938 Pillkallen = ab 1946 Добровольск, Dobrovol'sk
  6. Ebenhausen = vor 1938 Kallnehlischken = ab 1946 Измайлово, Ismajlowo
  7. Haselberg = vor 1938 Lasdehnen = ab 1946 Краснознаменск, Krasnoznamensk
  8. Talwiesen = vor 1936 Uszrudszen = 1936 -1938 Uschrudschen = ab 1946 Шатилово, Schatilowo
  9. Ebenhausen = vor 1938 Kallnehlischken = ab 1946 Измайлово, Ismajlowo
  10. Siedlerfelde = bis 1938 Kurschehlen = ab 1946 Новосёлово, Nowossjolowo
  11. Mühlenhöhe = bis 1936 Groß Rudszen = ab 1936 Groß Rudschen = ab 1946 Полтавское, Poltavskoe
  12. Petereithelen = ab 1938 Schleswighöfen = ab 1946 Лукашовка, Lukašovka
  13. Kreisgemeinschaft Schloßberg/Ostpr. e.V. in der Landsmannschaft Ostpreußen e.V., Rote-Kreuz-Straße 6, 21423 Winsen/Luhe
  14. Herbert E. Sebeikat, geb. 19.4.1932 in Dreßlershausen (Klein Wersmeningken)
  15. Gertraude Kahn, geb. 23.03.1924 in Chemnitz; gest. 27.08.2011 in Kassel
  16. Martin Kunst, ehemaliger Einwohner von Ladmannsfelde (Kermuschienen), Kreis Schloßberg


Daten aus dem genealogischen Ortsverzeichnis

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