Gedenkblätter Friedrich Wölbling/015

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Gedenkblätter Friedrich Wölbling
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Gedenkblätter Friedrich Wölbling.djvu
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Stettin, 23 Jahre alt, schwer verwundet, der Oberschenkel zerschmettert. Ich sagte ihm kurz wer ich sei und bezeugte ihm meine Teilnahme. Dann: “Wann haben sie zuletzt kommuniziert?” Es kam heraus, seit der Konfirmation noch ein Mal. Warum so lange nicht? Und warum jetzt? Er war dabei sehr bewegt und kützte mir die Hnad unversehens zweimal. Heute erkannte er mich nicht mehr, er wird wohl sterben, die Arzte können die Kugel nicht finden. Nach 6 Uhr kam ich ins Hotel zurück; ich sah mich nach meinem angewiesenen Quartier um; es lag am andern Ende der Stadt. Die Leute erschraken als ich ankam, sie hätten schon alles belegt. Es war ein Schuhmacher Bielefeldt, ein echter Bietest und Konventikelmann. Als er auf dem Billetamt gebeten wurde, mich nur eine Nacht zu nehmen, legte ich mich in einen kleinen Alkoven nach lebhaften Gesprächen mit einem schweizerischen Geistlichen und vier Brüdern aus Duisburg um 10 Uhr zu Bett. Und habe ich dort auf dem Lager, das nicht halb so gut war als das meinige zu Hause, noch einmal so gut geschlafen als gewöhnlich. Main Kollege im Amt ist seit einigen Tagen auswärts, da muß ich vorläufig auf eigene Faust operieren.

Flensburg, 30. April 1864

Ich muß schon wieder schreiben, die Briefe an Dich sollen mein Tagebuch sein, meine geliebte Frau! Ich sitze am Ende der Stadt, Nordenstraße 362, bei Tyckow Tychsen, einem Bäcker; Du siest wie ich umhergeworfen bin; und habe ich mit dem lieben Oberpfarrer Hohenthal zusammen der schrecklichen Confusion ein Ende machen können; so habe ich jetzt die Lazarette: Königsgarten, Bellevue, Hamonia, Collosseum, Freischule und dänische Bürgerschule. Abermals zog ich mit meinen sieben Sachen ins neue Quartier. Von meiner bisherigen Wirtin, einer wohlhabenden Witwe, sagte ich mit Freuden Velet; denn sie hatte in den Tagen nicht einmal gefragt, ob ich einen Trunk Wasser haben wollte. Jetzt habe ich bei freundlichen Bürgersleuten ein nettes Quartier, zwei Stübchen von Fuhrwerken vorbeigehen; aber meine bekannten guten Nerven nehmen dies nicht übel. Gestern Nach-