Handbuch der praktischen Genealogie/057

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
GenWiki - Digitale Bibliothek
Handbuch der praktischen Genealogie
Inhalt
Band 2
Tafel: I • II • III • IV • V • VI • VII • VIII • IX • X • XI
<<<Vorherige Seite
[056]
Nächste Seite>>>
[058]
Handbuch der praktischen Genealogie.djvu
Hilfe zur Nutzung von DjVu-Dateien
Texterfassung: fertig
Dieser Text wurde zweimal anhand der angegebenen Quelle korrekturgelesen.


ein Irrtum vorliegen; denn an eine Unsicherheit in den Tagesangaben, wie sie verständlich ist, wenn der Tod um Mitternacht erfolgt, ist hier nicht zu denken. Auch die Schreibung der Eigennamen war in den früheren Jahrhunderten von der heutigen Genauigkeit weit entfernt. Schwankungen in der Schreibweise der Namen kamen früher fortwährend vor. So ist z. B. in einer von Tille an der zuletzt angeführten Stelle behandelten Leichenpredigt des 17. Jahrhunderts von Frau Barbara geborenen Leidnerin die Rede, aber ihr Vater wird 13 Zeilen weiter als Adam Leutner bezeichnet. Daß es sich in diesen beiden Fällen um denselben Namen handelt, ist in diesem Zusammenhang ohne weiteres klar. Ebenso schwankt die Schreibung der Vornamen von Matthias, Matthäus, Matthes etc.

      Während es sich bei den Angaben der Leichenpredigten über den Verstorbenen, seine Ehefrauen und Kinder im allgemeinen für den Prediger um Zeitgenossen handelte, war er über die Vorfahren des Verstorbenen auf Nachrichten angewiesen, die ihm zum Ruhme der betreffenden Familie zugetragen wurden und über deren Glaubwürdigkeit der Prediger ein Urteil häufig gar nicht haben konnte und bei seiner nicht seltenen Abhängigkeit von dem Verstorbenen oder seiner Familie gelegentlich auch nicht zu haben wünschen konnte. Was in den Leichenpredigten über die womöglich bis in das graueste Altertum zurückreichende Ahnenreihe gesagt wird, ist entweder naive Familiensage oder auch bewußte lobhudelnde Fälschung, im günstigsten Falle kritiklose Kompilation von mündlichen Mitteilungen und etwa vorgefundenen schriftlichen Aufzeichnungen. Durch die gläubige Benutzung solcher Leichenpredigten ist mancher Irrtum in die Genealogie vieler Familien gebracht worden.


      Die Trauergedichte (Epicedien)[1], die bei dem Begräbnis hervorragender Persönlichkeiten teils separat, teils als Beigabe zu den Leichenpredigten Trauergedichteerschienen, wurden auch gesammelt. Und wenn natürlich viele dieser poetischen oder poetisch sein wollenden Ergüsse sich nur in Allgemeinheiten ergehen, so finden sich doch gelegentlich auch speziell familiengeschichtliche oder biographische Beziehungen verwendet. Deshalb soll man auch dieses, allerdings recht kritisch zu prüfende Hilfsmittel nicht unbesehen beiseite werfen, wenn man solcher Trauergedichte habhaft werden kann. Als ein Beispiel von Sammlungen derselben nenne ich: Taurellus, Nic., Carmina funebria, quae magnorum aliquot clarorumque virorum felici memoriae dicavit (Nürnberg 1602). Diese Sammlung enthält unter anderen Gedichte auf Phil. Geuder † 1581, Wolfg. Haller † 1591, Barth. Poemer † 1590, Andr. Duditius † 1589, Seb. Welser † 1589, Geo. Palm † 1591, Karl Chr. v. Ortenberg † 1591 usw. Eine gute Sammlung von Trauer- und Hochzeitsgedichten befindet sich in der „Koninklijke Bibliotheek“ im Haag.


  1. In Polen „carmina na wesele“. Alle bedeutenden Autoren des 16. Jht. verfaßten drgl.