Handbuch der praktischen Genealogie/113

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Handbuch der praktischen Genealogie
Inhalt
Band 2
Tafel: I • II • III • IV • V • VI • VII • VIII • IX • X • XI
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abstamme. Schonend, aber eindringlich mußten die Archive erwidern, daß solches hoffentlich nicht der Fall sei, da ja die Ritter jener Orden das Zölibatgelübde ablegen mußten. Die Folge solcher Anfragen ist, daß sehr zahlreiche Archivbeamte alle familiengeschichtlichen Anfragen über einen Kamm scheren und sie so kurz wie möglich abfertigen. Es ist daher dem Familienforscher dringend zu empfehlen, daß er sich vor einer Anfrage an die Archive in Ordenssachen erst um die Ordenssatzungen bekümmere und den Archiven keine törichten Wünsche unterbreite, welche nur geeignet sind, die Archivbeamten, die sowieso, überlastet mit anderen Arbeiten, die genealogischen Anfragen vielfach als eine schwere Plage empfinden, den familiengeschichtlichen Studien noch unfreundlicher zu stimmen.

Exulantenliteratur.

Exulantenliteratur      Mit dem Beginn der religiös-kirchlichen Reformation des 16. Jahrhunderts setzte in den europäischen Ländern ein Ab- und Zufluten der Bevölkerung ein, wie es das späte Mittelalter nicht gesehen hatte. Zu den vielen sonstigen Beweggründen der Übersiedlung von einem Staat zum andern trat nunmehr die Religion als ein Hauptmotiv hinzu. Indem nämlich durch das Mißlingen einer Reformation der ganzen Kirche die abendländische Christenheit in drei sich heftig bekämpfende und verfolgende Separationskirchen zerfiel, mußten bei der damaligen Auffassung der Religion als Staatsangelegenheit die Beklagenswerten, deren Landesherr einer der ihrigen entgegengesetzten Kirche angehörte, oft, wenn sie unbehelligt ihrer Religion leben wollten, Volk und Vaterland, Familie und Verwandtschaft, Vermögen und Wohlstand aufgeben und nach Ländern flüchten, in denen ihre Religion gehegt und gepflegt wurde.

      In den vierziger Jahren des 16. Jahrhunderts waren es auf Seiten der Neugläubigen vor allem Franzosen, Niederländer, Italiener und Polen, die durch die erbarmungslose Durchführung grausamer Inquisitionsvorschriften genötigt wurden, ihre Heimat zu verlassen und in der Fremde freie Übung ihrer Religion zu suchen. Sie wandten sich zunächst nach den evangelischen Gebieten der Schweiz und Deutschlands, wo sie besonders in den größeren Städten bereitwillige Aufnahme fanden. Später, als auch in England unter dem frommen Eduard VI. die Sonne der Reformation goldig aufgegangen war, zu gleicher Zeit aber Deutschland durch das vom Kaiser aufgezwungene Interim die Freiheit evangelischen Glaubens und Lebens verloren hatte, flüchteten die um des Bekenntnisses Auswandernden vor allem nach England. Hier wurden sie als eine schätzbare Hilfstruppe gegen Rom und römisches Wesen gern aufgenommen und erhielten durchweg das Recht eigener Gemeindebildung. So erhoben sich hier binnen kurzer Zeit blühende „Flüchtlings-“ oder „Fremden“-Gemeinden, in denen sich bald ein reges religiös-kirchliches Leben entfaltete. Doch nur wenige Jahre war ihnen das Glück freier Religionsübung vergönnt: mit dem Tode Eduards VI. bestieg die katholische Maria den englischen Thron, und damit setzte eine blutige papistische Reaktion ein. Die Folge davon war, daß die Welle der Auswanderer