Herforder Chronik (1910)/161
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Werre. Auch könnte man an das altdeutsche bor, por denken, das einen oberen höheren Raum kennzeichnet und noch in enbor, dem heutigen „empor“ in der Bedeutung von „in die Höhe oder in der Höhe“ enthalten ist. Danach wäre Borwerre diejenige Werre, welche in einem höher gelegenen Bette fließt, als der rechte, tiefbettige Arm.
Kurz vor dem Eintritt der Borwerre in die Stadt ist rechts eine schmale Wasserader abgezweigt,
die kleine Werre.
Sie floß vor kurzer Zeit noch unter den ihrer Abzweigung zunächst liegenden Häusern her, wo man sie unter einem Bogen des ersten Hauses verschwinden sah. Bei Dr. Rose kam sie wieder zum Vorschein. Als die erwähnten Häuser Neubauten wichen, ist der Lauf des Flußarmes verändert worden. Von Dr. Rose an durchquert er in einem Bogen die Neustadt und vereinigt sich in der Nähe der Hämelinger Brücke wieder mit der Borwerre, aus der er gekommen ist.
Wenn man den Lauf der kleinen Werre überschaut, möchte man wohl glauben, ihre Anlage sei nicht allein zum Treiben der kleinen Mühle, jetzt Tischlerei von Quest, sondern auch zur Entwässerung der Neustadt und zur Bequemlichkeit der dortigen Ansiedler erfolgt.
Bevor die Hauptwerre sich in die besprochenen beiden Arme teilt, entsendet sie nach links eine Wasserrinne, die ebenso schmal ist, wie die kleine Werre,
den Eisgraben,
der von dort die Südseite der Stadt umzieht und sich am Deichtor in die Aa ergießt. Er ist wohl einzig als Festungsgraben angelegt; er kann, wie wir schon erwähnt haben, wenn er gestaut wird, das Wiesental unter Wasser setzen.
Die Aa.
Der zweite Hauptfluß der Herforder Gemarkung, die Aa, in älteren Schriften Hardna, Aha, Ahe und Aa genannt, ist gleich der Werre ein Kind des Teutoburgerwaldgebietes. In vielgekrümmtem Laufe von Bielefeld herkommend, trifft sie die Stadt an deren Südwestecke. Dort wird sie durch ein Wasserwerk gezwungen, die uralte, zum Hofgute Odenhusen gehörige, Radewiger Mühle zu treiben. Vor der Mühle erweitert sich der Fluß zu dem großen Mühlenkolke, in welchem am Ausgange des Mittelalters Hexen der Wasserprobe[1] unterworfen sein sollen. In hastigem Laufe eilt das Flüßchen, von steilen, wenn auch nicht hohen Ufern eingefaßt, immer die Grenze der „Freiheit“ bildend, seiner Vereinigung mit der Borwerre zu, welche inzwischen die Stadt durchflossen hat. Sie vereinigen sich beim Kreiskrankenhause und fließen nun der in einem Bogen vom
- ↑ Die der Hexerei Angeschuldigten wurden an Händen und Füßen gebunden und mit einem Strick um den Leib ins Wasser geworfen. Sanken sie unter, so hielt man sie für unschuldig, blieben sie oben, so galten sie für schuldig, weil man glaubte, daß das reine Wasser sie, die Unreinen, nicht aufnehmen wolle, dann wurde ihnen der Prozeß gemacht, der gewöhnlich mit Tode auf dem Scheiterhaufen endete.