Herforder Chronik (1910)/203

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Herforder Chronik (1910)
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bis zur „Steynporten“ leuchteten die stolzen Giebel der Handelshäuser, und würdevoll durchschritten ihre Besitzer die Straßen, um sich als Ratsherren oder gar als Bürgermeister zu den Sitzungen des Magistrats in die Altstadt zu begeben.

Es sollte so nicht bleiben! -

Der geographische Dichter Hengstenberg, a. a. O,, bezieht den Niedergang auf alle drei Stadtteile, wenn er singt:

„Weite Höf' und Gärten liegen
Wo der alte Glanz verblich,
Und sich webend [1] noch begnügen
Altstadt, Neustadt, Radewig.“

Er wußte nicht, daß die Radewig am schlimmsten gelitten hatte. Zu diesem Verbleichen des alten Glanzes gab der große Brand von 1638 den Hauptanstoß und die unausgesetzten schweren Bedrängnisse der nachfolgenden Kriegszeiten vollendeten den Niedergang und die Verarmung der Radewig so tief eingreifend, daß es erst dem rührigen Aufstreben der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gelungen ist, die traurigen Spuren der „guten, alten“ Zeit einigermaßen zu verwischen.


Nur die kurze Spanne Zeit von 1590-1638 hatte sich die Radewig des wiedereröffneten Gotteshauses, der Regelung des Gottesdienstes infolge der einem frommen Sinne entspringenden Freigebigkeit ihrer wohlhabenden Mitbürger freuen dürfen, als das Unglück über sie und ihre Kirche hereinbrach. Eine Urkunde[2] erzählt darüber:

„Ao. 1638, acht Tage vor St. Jacobitag (25. Juli) ist ein groß Wetter entstanden, und der Thurmb an S. Jacobskirchen uf der Radewich durch einen erschrecklichen Donnerschlag an seinem Bedeck und Schiebersteinen rings herumb geschelet und sehr beschädigt, gleichwohl also, daß ohne Feuersnot abgangen und keine Entzündung darauf erfolgt.“

Der Blitzstrahl hatte also, ohne zu zünden, den mit Schieferplatten belegten Turm derart beschädigt, daß sein Holzwerk bloßgelegt war. Dieser Umstand hatte zur Folge, daß der acht Tage später ausbrechende Brand der Stadt ihn in Asche legte.

Nach derselben Urkunde und dem notariell aufgesetzten „Instrumentum“ über den angerichteten Schaden [3] ist im Jahre 1638 am Tage S. Jacobi, d. i. 25. Juli alten, 4. August neuen Stils, in den Abendstunden eine rasch sich verbreitende Feuersbrunst in der Scheune des Hermen zum Rhaden in der

  1. D. h. mit Weberei.
  2. S. Kap. vom 30jährigen Kriege.
  3. Kretzschmar, a. a. O.