Herforder Chronik (1910)/236
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4.
Dat hillige Herwede.
a) Vor der Reformation.
Herford, die Stadt an den Wassern der Werre und Aa, hatte sich bis zum Ausgange des Mittelalters (1517) eigenartig entwickelt.
Sein kräftiger, aus Mauerwerk, Türmen und Gräben zusammengesetzter Gürtel hielt feindliche Angriffsgelüste fern und gab dem umfriedeten Gemeinwesen das wohlige Gefühl der Sicherheit. Mittelalterliche Sitte, entsprungen aus der beständigen Kampfbereitschaft früherer, unruhiger Tage, ließ noch den freien Bürger außerhalb seiner vier Pfähle mit Wehr und Waffen auftreten und im Schmuck dieser Zeichen seiner Selbständigkeit zum Rathause stolzieren, wo sein Wort im Rate der Gemeinde nicht ungehört verhallte.
Herfords Lage an den von den beiden genannten Flüssen bewässerten fruchtbaren Ländereien ermöglichte es, daß die Bürgerschaft ihren Bedarf an Lebensmitteln durch eigenen Landwirtschaftsbetrieb ohne Zuhilfenahme der Einfuhr von außen deckte. Es war das ja wohl nichts Besonderes, die kleinen Städte jener Zeit waren sämtlich auf Selbstversorgung angewiesen; allein die Verhältnisse lagen hier insofern günstiger, als die Bürger von der Äbtissin, der Herrin der Woldemene (Feldmark) viele und große Flächen zu Lehen trugen und infolge fleißiger und geschickter Betreibung der Landwirtschaft den Grund zu ansehnlichem Wohlstande gelegt hatten.
Immer noch bewährte die Stadt ihren Namen als Durchzugsort hin-und herwogender Menschenströme, aber die Durchzüge kriegerischer Scharen waren seltener geworden. Singende und betende Pilger wallten jetzt durch ihre Gefilde, ihre Straßen, und unter dem Schutze von Reisigen zu Fuß und zu Pferde ächzten hochbepackte Frachtwagen zu den Toren Herfords herein und hinaus. Es war die Zeit, als infolge der großen Entdeckungen in fernen Erdteilen der Handel ungeahnten Aufschwung nahm, die Zeit der Hansa, welche frisches Blut in die entlegensten Glieder des Deutschen Reiches trieb. So war auch Herford bald ein Glied und, wenn wir den Behauptungen der Alten glauben schenken wollen, kein unbedeutendes, jenes mächtigen Städtebundes geworden. Vermöge seines Reichtums und seiner Beteiligung am Welthandel bildete sich hier ein Kaufmannsstand, so festgewurzelt, daß ihn weder die schlimmsten elementaren Ereignisse, wie Feuer und Wasser, noch die verheerendsten Kriegesstürme gänzlich zu unterdrücken vermochten.
Diese Stadt, wo Handel und Handelsverkehr ebenso blühten wie die Landwirtschaft, trug, was in deutschen Landen in dieser Vereinigung eine Seltenheit war, gleichwohl das Gepräge einer ausgedehnten geistlichen Niederlassung.