Herforder Chronik (1910)/295

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Herforder Chronik (1910)
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Herforder Chronik 1910.djvu
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„Gegeben dem Ingeniör Ant. Böse ahm 11. Sept. zur Vorehrung wegen das (d. i. weil) de Hern (Ratsherren) Ihme hir her fürdern lassen 20 Richsdaler.“

„Alß de Hern (Ratsherrn) Ihm Sept. mitt dem Ingeniör uff dem Walle weren, da ist uff den wählt geholtt vor 30 Gr. behr und krengelen.“

War auch, wie wir oben erzählt haben, die Forderung Pfalz-Neuburgs, außer den die Stadt noch immer besetzt haltenden Tillyschen 600 Mann einen Heerhaufen spanischer Truppen als Besatzung aufzunehmen „verbeten“, wobei wir stets an ansehnliche Geldopfer zu denken haben, so hatte der Rat die Stadt damit zwar vor großem Übel bewahrt, doch vermochte er andere unversehens fallende Schläge von nicht minder tief eingreifender Bedeutung nicht abzuwenden. Ein Raubzug, ähnlich denen, welche Grimmelshausen im Simplizissimus von dem verwegenen Jäger von Soest erzählt und die in jenen zuchtlosen Kriegszeiten nichts Seltenes waren, traf auch die Stadt Herford. Ein Trupp Soldaten von der Mindener kaiserlichen Besatzung entdeckte auf einem seiner Fouragierungszüge in den Werrekämpen, wahrscheinlich in der Gegend des Eimterbaumes, siebzig weidende Kühe der Herforder, die als willkommene Beute mit fortgeführt wurden. Für die betroffenen Bürger bedeutete das einen schweren Verlust; Schlimmeres betraf die gesamte Bürgerschaft im November dieses Jahres:

10. „Anno 1627 im November haben I. fürstl. Durchl. Pfaltz Neuburg wegen dero Gütter so Rittmeister Binnenritt im Nahmen I. Ch. D. zu Brandenburg in anno 1625, im Junio Ihren Rhentmeister alhir „entwehret“ [1], dieser Stadt fallende Pfachten und Intraden [2] in arrest genommen, alß wem solche entwehrung durch der Stadt Herforden Conniventz[3] beschehen, und deren Colonen gezwungen die Pfachten an das Hauß Sparrenberg zu liefern und solche thättichkeiten viele Jahr continuirt.“

Diese etwas dunkel ausgedrückten Angaben des Chronisten bedeuten: Wie oben gemeldet, hatte der brandenburgische Rittmeister Binnenritt i. J. 1625 Kasse und Güter des zu Herford wohnhaften pfaltz-neuburgischen Rentmeisters beschlagnahmt. Diese Beschlagnahme war durch einen zu Pfalz-Neuburgs gunsten ergangenen Rechtsspruch aufgehoben, und damit wäre die ärgerliche Sache aus der Welt geschafft gewesen, wenn jetzt nicht Pfalz-Neuburg Gelegenheit gesucht hätte, an Herford Vergeltung zu üben. Unter dem Vorwande nämlich, die Herforder hätten durch stillschweigendes Geschehenlassen die Gewalttat Binnenritts begünstigt, zwang man die Kolonen, d. h. die Eigenbehörigen und Zinspflichtigen der Stadt, welche in den Feldmarken wohnten, ihre Abgaben nicht mehr an den Rentmeister der Kämmereikasse zu Herford, sondern an das Haus Sparenberg, wo eine pfalz-neuburgisch-spanische Besatzung lag, abzuliefern.

  1. Aus dem Besitz versetzen, berauben.
  2. Pfachten und Intraden = Pachten und Einkünfte,
  3. Stillschweigendes Geschehenlassen, Begünstigung.