Herforder Chronik (1910)/318

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
GenWiki - Digitale Bibliothek
Herforder Chronik (1910)
<<<Vorherige Seite
[317]
Nächste Seite>>>
[319]
Herforder Chronik 1910.djvu
Hilfe zur Nutzung von DjVu-Dateien
Texterfassung: korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Bevor dieser Text als fertig markiert werden kann, ist jedoch noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.



Ob der obige von Spannagel erzählte Vorgang der Geschenküberbringung gleichbedeutend mit einem von unserm Chronisten überlieferten Bericht ist, oder ob der erstere nur eine legendenartige Erweiterung der chronistischen Aufzeichnung ist, läßt sich schwer entscheiden. Wir wollen aber dem freundlichen Leser die Erzählung des Chronisten nicht vorenthalten, jedoch zum besseren Verständnis einige Stellen in unserm Deutsch wiedergeben:

Nachdem aber die Stadt Herford I. Ch. D. zu dessen Ankunft auf dem Sparenberge weder gratuliert, noch einige Präsente getan, ist von Bürgermeister, Schöffen und Rat solches zu tun beschlossen. Darauf sind einige Herforder dahin abgeordnet, welche dann die erwähnten Präsente, neben dem für den jungen Churprinzen bei der Taufe versprochenen Patengelde, zu sich genommen und zuerst bei der Frau Churfürstin ihr Patengeld abgelegt, „so zu gnaden auff- und angenommen worden“.

Gleich darauf sind die Herforder Abgeordneten vom Kurfürsten zur Audienz vorgelassen, „und sein die underthenigsten Präsente, alß 2 Faß Reinischen und eine Pipe [1] Spanischen wein, wie auch Drey Fuder Haber in gnaden acceptiertt“. Danach haben die Herforder Abgeordneten S. Ch. D. gebeten, sie mit ihren gravaminibus (Beschwerden) gnedigst zu hören.

Die gewünschte Abänderung des Vergleichs vom 6. Dezember 1647 erreichten die Herforder aber nicht, dagegen ordnete der Kurfürst, „wohl um dem Reiche einen Anlaß zum Eingreifen zu entziehen“, als Kommissare seine erprobten Räte Dr. Schliepstein und Dr. Lonicerus nach Herford ab, deren Verhandlungen mit dem Magistrate zu einem neuen Vergleich (31. Januar n. St. 1651) führten, in welchem die Unterwerfung der Stadt wiederum ausgesprochen wurde. Der Rat versprach „ohne einige Reservation, d. i. Vorbehalt“, die Angelegenheit der Unmittelbarkeit ferner nicht mehr zu betreiben, die Vollmacht Fürstenaus zurückzuziehen.

Nach dieser neuen Unterwerfung verminderte der Kurfürst die Herforder Garnison um vier Kompagnien und „vertröstete“ die Stadt auf baldige gänzliche Evakuation, d. i. Abführung der Soldaten.

Am Tage des Rezeßabschlusses, 9. Februar, erschien der Kurfürst, welcher auf einer Durchreise nach Minden begriffen war, abermals an der Grenze des Herforder Stadtgebietes:

Darauf hat sich der Magistrat und die ganze Bürgerschaft zu S. Ch. D. „reception (Empfang) bey dem solennen einritt praeparirt“. Am Nachmittag des genannten Tages wurde dem Kurfürsten „bey der warthe des Rosenbuschesbaum (Böndel) unterthänigst auffgewarthet, congratulirt (beglückwünscht) und in processione (in feierlichem Aufzuge) nach der Abdey mit gleichen Ceremonien, alß im Jahre 1647 geschehen, vorgegangen“. Auf dem Markte hatten sich die Bürger „in ihrem vollen Gewehr, mit fliegenden Fahnen und schlagenden

  1. (span.) langes, schmales Fäßchen für spanischen Wein.