Lebenserinnerungen des Lehrers Peter Heinrich Seebo (1820-1918) über seine Tätigkeit in Platjenwerbe (1853-1855)

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Auszug aus den Lebenserinnerungen

Lehrer Seebo, Photographie von um 1905

Peter Heinrich SEEBO
Von 1853-1855 Lehrer in der Schule von Platjenwerbe, Hauptlehrer in Geestemünde

geb. 16.04.1830 in Altbachenbruch
gest. 14.11.1918 in Geestemünde


Allgemeines

Peter Heinrich Seebo begann seine Lehrerlaufbahn nach dem Ende seiner Schulzeit im Alter von 15 ½ Jahren. Sein Vormund hatte ihm die Stelle als „Unnerlehrer“ bei Kantor Meyn in Altenbruch besorgt. Nach den Erinnerungen von Peter Seebo, seiner Mutter und Großmutter berichtet er davon wie folgt:

Ick güng dorüm to em un fragt em wegen een Unnerlehrer. He weer ganz ornlich un fründlich to mi un meent, dat kunn em woll passen, he mußt up Harvst een hebben, un nun fragt he mi: „Woa olt is he, un welke Schoolen hett he besöcht?“ As ick em darob säh, he is 15 ½ Jahr old un is bloot in use Steinauer Volksschool wesen, do tuck he mit de Schuller un meent „Een beeten jung un unerfahren, doch unner welker Bedingung schull he bi mi eentreen?“

Ick säh „Von Gehalt ward in den ersten twee Jahrn ganz afsehn, aber ick mott bitten, dat Se em good torecht wiesen und ünnerichten doht, dat een richtigen düchtigen Schoolmeester von em warrn deiht.“ „Ja“, antert er, „dat kann ook angahn, denn will wi dat afmaken un so darob ankamen laten. He mütt aber vörher noch een Examen vörn Superndenten maken.“

„Mutt he dat Examen glieks aflegen, wenn he kummt, or kann he een halv Johr dormit töwen?“ „Ne, dat mutt de jung Bursch glieks afmaken.“ Un ick „Na, denn will dat woll gahn, wenn de Mudder aber nich damit inverstahn is, denn kreegt Se binnen dree Tage Nachricht.“ As em dat ook recht weer, verleet ick em. –

So, nu weet ji Bescheed, wüllt ji, dat he nah Ohlenbrook hen kam, denn seggt et, dann mutt ick den 13. Okt. mit em dor hen föhrn, weil am 15. de School ehrn Anfang nimmt. Sün Ji aber dagegen, dat he düsse Stell annehm, dann mutt ick den Kantor korthannig Nachricht geven.“ „Ja, mi is so recht“, sagte die Mutter, „bet ton 13. warr ick sien Tüg woll in Ordnung kreegen.“

Und so geschah es dann. Nach der bestandenen kleinen Prüfung seiner Schulkenntnisse begann er am 15. Okt. 1845 als „Gehülfslehrer“ ohne Bezahlung an der Volksschule von Altenbruch und ab Ostern 1847 in Groden bei Cuxhaven, Zitat: Der neue Kantor war ein guter Schulmann, und ich hatte besonders die Freude, durch ihn im richtigen Gebrauch der deutschen Grammatik weitergefördert zu werden. –

Ab April 1849 besuchte er für ein Semester das Lehrerseminar in Stade und kam dadurch im Winterhalbjahr 49/50 als „Nebenlehrer“ nach Behrste, Kirchspiel Oldendorf, ab Ostern 1850 nach Oerel und im Wintersemester 50/51 an die Schule von Eggestedt/Lesum, Zitat: Mein Lokal (Wohnung) war die Schulstube, die an der einen Seite neben dem Ofen einen Alkoven (Butze mit Schiebtüren) hatte, in dem auf einer Strohunterlage mein Bett gemacht wurde. Der Fußboden bestand aus einer Lehmdiele und die Fenster, von denen nur eins aufgemacht werden konnte, waren so undicht, daß Regen und Wind und im Winter der Schnee leicht Eingang finden konnten. Freilich wurden zu Anfang der Winterschule die Fenster etwas verkittet, aber dadurch wurde nicht viel gebessert. Vor dem Alkoven hatte ich Stuhl und Tisch stehen und auf letzterem meine Bücher, die ich eifrig nutzen wollte, aufgestellt. Die Wände der Schulstube, die zugleich ja meine Wohnstube war, waren mit Kalk geweißt worden und sahen nun weiß wie Schnee aus. (…) Je näher der Winter heranrückte und je kälter es wurde, desto mehr fühlte ich trotz meiner Genügsamkeit den Mangel einer anständigen Lokalität. Die Heizung besorgten die Schulkinder, und zwar jedes für zwei Tage. Am Morgen früh wurde ein Beutel voll Torf gebracht, und Frau Adelheid Cohrs besorgte das Einheizen, wenn’s die Schulkinder nicht konnten. Auch am Mittag wurde wieder davon geheizt. Dann war das Material gewöhnlich verbraucht, und die Wärme hielt sich auch meistens bis zum Schulschluß um 4 Uhr. Nach dieser Zeit, wenn die Kinder fort waren, sank die Temperatur mit Riesenschritten. Und ich saß dann in meinem Lokal, um mich auf den Unterricht des folgenden Tages vorzubereiten und um die Arbeiten der Schüler zu korrigieren. Dabei hatte ich Beine und Füße mit Kleidungsstücken umwickelt, wie früher auch einmal, damit die Wärme bei den undichten Fenstern nicht ganz verloren ging. Nach 7 Uhr, wenn ich vom Abendessen kam, wurde mein Lokal immer ungemütlicher, besonders bei zunehmender Kälte. An den Fenstern bildeten sich Eisblumen, und die Winterstürme brausten durch die Äste der Bäume, die in der Nähe standen, und ich saß in meiner einsamen Klause, lernte, forschte, grübelte und fror und wurde nicht gewahr, daß Füße und Beine trotz der Umhüllung immer eisiger wurden. Doch bald suchte ich notgedrungen mein Nachtlager auf. Und wenn sich allmählich die Glieder wieder unter der warmen Decke erwärmten und belebten, so stellte sich bald der süße Schlaf ein und machte alle Unbill des Lebens vergessen ...

Durch ungewollte Umstände unterrichtete er ab Ostern 1853 an der privaten Höheren Mädchenschule in Otterndorf und schließlich ab dem 15. Okt. 53 an der Volksschule in Platjenwerbe bis Ostern 1855. Nach einem Jahr in Farge besuchte er ab Ostern 56, wieder aus eigenem Antrieb und mit eigenen Ersparnissen, erneut das Seminar in Stade und wurde danach zum 1. Okt. 56 vom königl. Konsistorium nach Neuhaus geschickt, (es waren Englischkenntnisse gefragt), wo eine höhere Schule gegründet werden sollte. Im April 1857 trat er in Stade als Hauptseminarist ein. Noch vor dem Abschlußexamen zum Haupschullehrer, das er Ostern 1860 in Stade ablegte, wurde er zum 15. Okt. 1859 an die Schule von Geestendorf/Geestemünde beordert, wo er wahrscheinlich bis zum Ende seiner Lehrertätigkeit unterrichtete – ein Werdegang mit sehr viel Eigeninitiative bezüglich privater Weiterbildung, Mühe und Verzicht.


Die Platjenwerber Schulzeit


..... Ich kann wohl sagen, daß es mir einigermaßen gut in der höheren Mädchenschule gefiel, auch die Disziplin zu handhaben wurde mir nicht schwer. Ich habe erfahren, daß, wenn man den Kindern einen interessanten Stoff zu bieten hat, oder den Stoff ihnen interessant zu machen versteht, sich die Disziplin ganz von selbst gibt. In den stillen Abendstunden, wenn ich allein zwischen meinen vier Wänden saß und ein leiser Windhauch kaum mit den Lindenblättern vor meinem Fenster zu spielen wagte, dann fing ich öfters an, über meine Lebensverhältnisse zu meditieren und zu spintisieren, auch über meine Militärangelegenheiten. Wenn die Militärbehörde erfuhr, daß ich nicht mehr im öffentlichen Volksschuldienst sei und mich einziehen würde zum Dienst, was dann? Im Dienst der Vaterlandsverteidiger meine Pflicht erfüllen, vielleicht fürs ganze Leben, oder im Volksschuldienst für das Heil der Jugend Zeit und Kräfte opfern! Was lieber? Ich wünschte lieber das Letztere und darum wünschte ich, wieder an einer Volksschule angestellt zu werden.

Bald darauf teilte mir Sup. Ruperti zu Lesum mit, daß in der Gemeinde Lesum zum Herbst einige Volksschullehrerstellen zu besetzen wären, nämlich eine in Bäckedorf in der Nähe Blumentals und eine in Platjenwerbe, etwa 20 Minuten von Lesum. Der zuletzt genannte Ort habe ein einigermaßen anständiges Schulhaus mit Stube und Kammer für den Lehrer und keinen Reihetisch. Der bisherige Lehrer H. Renken sei zum Küster in Schwanewede ernannt worden. Der Vorstand dieser Schulgemeinde, die das Wahlrecht besäßen, hätten in einer diesbezüglichen Sitzung einstimmig mich zu ihrem Lehrer gewählt, ich wäre denselben noch bekannt von Eggestedt her. Der Schulvorstand hätte ihn nun gebeten, bei mir anzufragen, ob ich geneigt sei, die Stelle anzutreten. Nun hatte ich wieder allerlei zu bedenken und zu erwägen, jedoch ich mußte mir sagen, das kommt vom Herrn!

So oft ich nun meine Angelegenheiten auf die Waagschale legte, Platjenwerbe gewann immer einen Durchschlag. So teilte ich am andern Tage dem Herrn Sup. mit, daß ich mich freute über das mir gezollte Vertrauen des Schulvorstandes und daß ich mich bestreben werde, dasselbe ferner zu erwerben, indem ich mich bereit erklärte, die Wahl anzunehmen. Nach etlichen Tagen erhielt ich auch die Bestätigung des königl. Konsistoriums. Nun kam wieder das Gefühl des Befriedigtseins, der Ruhe über mich, denn in der Gemeinde Lesum hatte ich meine guten Freunde und Bekannten unter den Lehrern und Bauern, in Otterndorf war ich noch gar nicht recht warm geworden, und wegen der Militärpflicht brauchte ich nun auch keine Sorge zu haben. Als die Vorsteherin nach einigen Tagen mich wieder für ihre Schule engagieren wollte, konnte ich ihr antworten, daß ich bereits schon eine Stelle angenommen hätte. Sie schien doch etwas überrascht zu sein. Es mußte jedoch dabei bleiben, am 1. Okt. schied ich von der Vorsteherin und vom Kollegen Eshusius in vollem Frieden und beide schenkten mir zum Abschied je ein englisches Buch. Beide Bücher haben eine mir wertvolle Widmung, ich habe beide in Ehren gehalten.


[V.] Meine Amtstätigkeit in Platjenwerbe.

Die Schule in Platjenwerbe (1839-1887)
Grundriß der Schule

Meine Sachen hatte ich bald gepackt und ein Kahn nahm mich und mein Gepäck auf und beförderte uns rudernd und segelnd zum Elternhause in Bachenbruch. Meine alten Mütterchen empfingen mich hocherfreut und sagten– „Is man good, dat Du wedder hier büst, nun blivst Du doch een paar Weeken bis Du Dien nee Stelle hest.“ „Ja, beinahe so lange, ich muß am 15. in Platjenwerbe sein.“ Nun gings schnell in die Nachbarschaft und darüber aus – Petern aus Otterndorf is wedder hier. – Freunde, Verwandte, Bekannte kamen und ich mußte wie immer von meinen Erlebnissen erzählen.


a) Platjenwerbe, Kirchspiel Lesum.

Nachdem ich Abschied genommen hatte von Großmütterchen und Mütterchen, führte mich meine Wegesroute wie fast immer von Bachenbruch über Bederkesa, Bremerhaven und Vegesack. Von hier konnte ich in einer Stunde mein Ziel erreichen. Ich kam rechtzeitig an und hatte am andern Tage noch frei, um mich dem Sup. vorzustellen. Er empfing mich mit besonderer Freundlichkeit, er sagte, es freue ihn, mich wieder in seiner Gemeinde zu haben, von einer Einführung müsse er jedoch absehen, weil die vielen Arbeiten ihm dazu keine Zeit ließen.


b) Beginn meiner Arbeit.
Als ich von Vegesack kommend am Abend ins Schulhaus eintrat, kam mir die Frau Christoffers freundlich entgegen und bewillkommte mich. Zunächst zeigte sie mir die Räumlichkeiten, das ziemlich große Schulzimmer an der Süd- und Westseite, mein kleines Stübchen und die noch kleinere Kammer an der Nordseite. In der Stube fand ich einen Tisch und zwei Stühle und auch einen kleinen eisernen Ofen. Die Kammer enthielt eine Bettstelle, die dieselbe fast ganz ausfüllte. Die Familie des Diedr. Christoffers bewohnte ein etwas größeres Zimmer mit einem Alkoven, „Schlafbutze“, der für das Ehepaar mit drei Kindern ausreichen mußte. Außerdem benutzten sie noch einen Raum an der Südseite als Küche. Diese Räume hatte die genannte Familie vom Schulvorstand gemietet und mußte dafür das Heizen des Schulzimmers und der Stube des Lehrers, sowie das Weißen der Lokalitäten besorgen. Außerdem hatten sie das Schornsteinfegergeld zu entrichten.

Nachdem die Frau mir alles gezeigt und erzählt hatte, sorgte sie auch für meine Erquickung und teilte mir dann mit, daß mein Vorgänger beim Schmidt Fechtmann, der nicht sehr weit von der Schule wohnte, seinen Mittagstisch gehabt hätte. Ich begab mich sogleich dorthin, um auch diese Sache zu ordnen und dann ruhte ich die erste Nacht im Schulhause zu Platjenwerbe, um hier am nächsten Morgen die Schule zu beginnen. In der Nacht schlief ich vortrefflich, denn ich war müde von der Reise, und kein Wind säuselte in den Blättern, da um das Schulhaus keine Bäume standen. Ich stand um 7 Uhr auf, da der Unterricht um 8 Uhr beginnen sollte. Auf den Unterricht hatte ich mich pflichtschuldigst vorbereitet und erwartete nun meine Schülerzahl. Um halb acht begann schon das Geklapp der Holzschuhe und Pantinen, und wenn die Klassentür geöffnet wurde, hörte man verschiedene Laute, sie hörten sich aus der Ferne wie Gemurmel an.

Etwa 10 Min. vor acht begab ich mich in die Klasse. Als ich eintrat, hörte ich grad noch einige Fragen. „Is de nee Meester all hier?“ „Ja, wi hebbt em all sehn.“ Es herrschte nun augenblicklich große Stille, das Getöse war wie abgeschnitten. Ich erstaunte jedoch nicht wenig, als ich ca. 90 Schüler erblicken sollte. Eine so reich besetzte Klasse war ich nicht gewohnt, hatte sie seit meiner Tätigkeit in Altenbruch nicht wieder vorgefunden. Dort arbeiteten wir jedoch mit zweien in dem gefüllten Raum, und hier hatte ich die Arbeit allein. Ich schwieg einen Augenblick und seufzte, „das wird viel Arbeit kosten, Herr mein Gott, gib mir Kraft dazu.“ Es war ja dazu eine einklassige Schule, wo alle Forderungen vom 6.-14. Lebensjahr erfüllt werden sollten. Die Kinder mochten wohl mein Erstaunen merken, jedoch, es entstand keine Unruhe, mein Vorgänger hatte auf gute Ordnung gesehen. Und wie saßen die Kinder zusammengedrängt, die Knaben an der einen, die Mädchen an der andern Seite. Die Größe des Zimmers genügte bei weitem nicht. Zum Lüften waren nur ein Fenster und ein par kl. Luftscheiben vorhanden. Man kann sich denken, wie nach einem zweistündigen Unterricht, auf den eine Pause von ¼ Stunde folgte, die Luft beschaffen sein mußte. Auch nach der Pause war die Luft keineswegs gereinigt durch die mangelhafte Lüftung. In den drei Nachmittags-stunden war die Luftbeschaffenheit noch schlechter. Nun, man arbeitete sich durch ohne zu klagen, aber man erkannte nach der Unterrichtszeit, welch eine Wohltat es ist, in frischer Luft arbeiten zu können. Als der erste Schultag um 4 Uhr seinen Abschluß erreichte und Schluß gemacht werden sollte, standen einige der größeren Schüler auf und fragten, wie es mit der Abendschule gehalten werden sollte. Der Vorgänger hätte im Winter stets von 5- 6 ½ Uhr Unterricht in Deutsch und Rechnen erteilt, pro Schüler zahlte [man] dafür 3 Mark. Die sprachen den Wunsch aus, die Abendschule in gewohnter Weise weiterzuleiten! Es meldeten sich sofort 20, und so beschloß ich, die Abendsschule zu halten, obwohl mich die Tagschule schon vollständig müde machte. –

Mein Gehalt belief sich auf 100 Thaler – 20 Mark, manche Kollegen erhielten nur 80 und mußten sich selbst dafür beköstigen. Wenn ich nun für das Mittagessen 0,50 rechnete – in Wirklichkeit zahlte ich noch nicht einmal so viel – dann blieben mir für Abendkost, Bekleidung, Schuhwerk und Kleinigkeiten nur noch 120 M. Freilich scheint diese Summe recht gering, doch sie reichte damals einigermaßen hin. Wollte ich nun noch eine Kleinigkeit übrig haben, so mußte ich das durch Abendschule und Privatstunden erreichen. Im folgenden Sommersemester baten mich einige Väter aus Lesum, ob ich nicht Mittwochs und Sonnabends Nachmittag einen Kursus für Englisch einrichten wollte, es wären etwa 8-10 Schüler, die gern daran teilnehmen möchten. Ich nahm auch diese Arbeit auf mich und so wurden Zeit und Kräfte reichlich in Anspruch genommen.

Die Schülerzahl vergrößerte sich von Semester zu Semester, obgleich die Einwohner-zahl dieselbe blieb. Es kamen Schüler und Schülerinnen von Vollers Hof und aus Holthorst, die eigentlich zur Lesumer Schule gehörten, sich aber wegen des kürzeren Schulwegs nach Platjenwerbe wandten. Diese Schüler hätten wegen Überfüllung der Klasse zurückgewiesen werden können, der Lehrer aber beantragte das nicht, weil sie extra Schulgeld zahlten, das in die Tasche des Lehrers floß.

Trotz der wirtschaftl. so kummervoll[en] und dürftigen Lage, suchten sich die Lehrer doch nach Kräften für ihren Beruf weiter zu bilden. So hatten sich die Lehrer des Kirchspiels Lesum schon zu einer freien Konferenz zusammengeschlossen, der Ort der Versammlung war damals die Schulstube Platjenwerbe. Jedesmal wurde von einem Kollegen ein Vortrag über Gebiete aus der Pädagogik gehalten oder aus [der] Schulpraxis. Nach gehörtem Vortrag entstand manchmal eine recht lebhafte Debatte. Auf solcher Versammlung wurde zugleich die Kunst des Gesanges gepflegt. Wir sangen vierstimmige Volkslieder aus Herzenslust.

Daß auf dem Acker in dortiger Gegend guter Roggen wuchs, und der Roggen vorzügliches Brot, Schwarzbrot und Feinbrot lieferte, wußte ich bereits, aber es wurde mir von einem biederen Landwirt S., der zu meinem Schulbezirk gehörte, noch in besonderer Weise vor Augen geführt. Ich war erst eine kurze Zeit an meinem neuen Wirkungsort gewesen, als des abends ein treuherziger Bauer zu mir kam, um sich mit mir ein Stündchen zu unterhalten. Unter dem Arm trug er ein ziemlich großes Paket in Papier geschlagen, das er auf den Tisch legte. Ich bot ihm einen Stuhl an, aber bevor er den benutzte, enthüllte er das Paket und sagte– „Hier bringe ich Ihnen ein schönes Feinbrot, das Sie gewiß gut verwerten können, da Sie Morgen- und Abendbrot selbst halten wie ich gehört habe. Das Brot ist von neuem Roggen. Bisher benutzen wir unser gutes altes Korn, das noch nicht alle ist. Ich wollte aber gern einmal sehen, wie das neue Mehl sich machen würde. Darum haben wir nun zuerst vom neuen gebacken und ich kann Ihnen sagen, das Brot ist ausgezeichnet geraten, sehen Sie einmal“, und damit zeigte er auf das schöne Brot hin. „Jedesmal“, so erzählte er weiter, „wenn wir von neuem Korn Brot backen, bekommt unser Lehrer ein schönes Feinbrot. Ihr Vorgänger hat auch jedes Jahr ein solches bekommen und bei Ihnen will ich diese Weise nun fortsetzen.“ Er hatte unter dem Gespräch das Papier vom Brot entfernt und nun schaute er mich mit vergnügtem Schmunzeln an, als wenn er sagen wollte– Was sagen Sie denn nun? – Ich dankte ihm verbindlichst und nahm das Dargebotene gern an.


c) Die Grönlandfahrer

Es war Mitte Februar 1854, die Sonne machte schon einen etwas größeren Bogen über die Erde, darum ereiferten sich auch die Lerchen im Trillern und Jubilieren, weil sie wußten, es muß nun doch bald Frühling werden.

Am Abend kam Diedrich Christoffers mit mehreren andern vom Schiffszimmerplatz heim. Anstatt daß er wie sonst ein Bündel Holzspäne zum Feueranmachen auf seiner Schulter trug, hatte er an diesem Abend ein Paar schwere und große Seestiefel zu tragen. Was hatte das zu bedeuten? Wo sollten die ihren Dienst tun? Nicht auf dem Zimmerplatz in Grohn, sondern auf den ausgedehnten Eisflächen im Grönländischen Meere.

Seine Frau fragte: „Hast Du Dich besonnen und wirklich einen Platz als Zimmermann auf einem Grönlandfahrer angenommen? Ich sehe das nämlich an den Seestiefeln, die Du mitgebracht hast.“
„Ja, ich habe angemustert, das Schiff liegt in Vegesack und ist schon fast ausgerüstet zur Eismeerfahrt. Ich will es noch einmal wagen an einer solchen Fahrt teilzunehmen, hoffentlich bringt sie etwas mehr Einnahmen als der tägliche geringe Verdienst. Du bist doch auch damit einverstanden?“
„Ja, gewiß, nur bin ich in Deiner Abwesenheit immer sehr ängstlich wegen der großen Gefahren, die damit verbunden sind. Wie mancher Walfischfänger ist zwischen die Eisberge geraten und davon zermalmt worden.“
„Freilich, aber die Erde ist allenthalben des Herrn, auch dort werden wir uns in Gottes Schutz wissen.“

Das Schiff war vollständig in Bereitschaft, und die Leute, die an der Fahrt teilnehmen wollten, mußten eiligst ihre Vorbereitungen treffen. Der Kommandeur des Schiffes [Anm.: vermutl. Commandeur Martin Brummerhop] wohnte hier – in Platjenwerbe – auf seiner Nachbarschaft, ein kühner Wagehals, der schon mehrere glückliche Eismeerfahrten gemacht hatte. Ja, gefahrvoll und mühsam ist solche Fahrt, das muß sich jeder sagen, der daran teilnehmen will. Das arktische Meer hat freilich seine besonderen Schönheiten, wenn der Sonnenschein an den mächtigen Eisbergen eine wunderbare Farbenpracht hervorzaubert, wenn das Nordlicht seine herrlichen Strahlen ausbreitet und die Mitternachtssonne über dem Horizont im Norden dahin gleitet und die Nacht zum Tage wird! Aber es hat auch seine großen Gefahren – wenn die riesig großen Eisberge durch Sturm in Bewegung geraten und das schwache Schifflein zwischen sich erdrücken, dann geht auch meistens die Mannschaft mit zu Grunde, oder wenn sie sich auf die Eisberge rettet, wohin dann in der schauerlichen Eis- und Schneeeinsamkeit? Wenn der Walfisch, den sie erjagen, in Zorn gerät und das Boot mit seiner gewaltigen Kraft zerschlägt, dann schwimmt die aus etwa 8-10 Personen bestehende Mannschaft im eisig kalten Wasser, und wohl ihnen, wenn ein nahes Boot sie retten kann aus dem alles erstarrenden Element. Und wie viele andere Gefahren u. Mühsale haben die kühnen Männer zu bestehen bei ihren Arbeiten! Gewiß, ein Familienvater würde seinen Zimmerplatz nicht mit der gefährlichen Grönlandfahrt vertauschen, wenn es nicht um des Geldes willen geschähe. Wenn das Glück jedoch dem Schiffe hold sein wird, kann jeder im halben Jahr so viel verdienen wie sonst in 3 Jahren bei geringem Tagelohn. Aber was gehört zu solcher Ausrüstung an Zeug und Gerätschaften! Und ein gutes Stück Geld muß dafür geopfert werden. Nun verstand ich erst, weshalb die Frau Christoffers in der letzten Zeit statt Wolle Hundehaare – echtes Pudelhaar gesponnen und verstrickt hatte. Sie wollte nämlich aus diesem Material Fausthandschuhe bereiten, die mit zu den Ausrüstungsgegenständen für die kalte Zone gehören sollten. Solche Handschuhe halten nämlich die Hände warm in nassem und trockenem Zustande, auch bei stärkstem Frost. Jeder Tag brachte neues Bedenken für die Ausrüstung, bis endlich der letzte Tag im Februar zur Abreise bestimmt wurde. Des Kommandeurs Sachen wurden zu Wagen nach Vegesack befördert und auch Christoffers Gepäck wurde bei dieser Gelegenheit mitgenommen. Nun kam der Abschiedsmorgen. Ich war eine Stunde früher aufgestanden und konnte nun Zeuge dieser Abschiedszene sein, als der Mann sich von seinem Weibe und Kindern trennte. Ich weiß nicht, daß ich ihn sonst habe weinen sehen, aber nun flossen die Tränen auf seinen Wangen nieder und die Frau schluchzte vor Trennungsschmerz. Er ging seines Weges und wir schauten ihm nach, so lange wir ihn sehen konnten. Auch er schaute sich nach uns um, bis er hinter dem Gebüsch verschwunden war. Frau Christoffers begab sich an ihre Arbeit in der Küche und ich begann meinen Schulunterricht.

Die Fahrt ging glücklich vonstatten, und dieses Schiff war von allen Grönlandschiffen das erste, welches vollbeladen zurückkam. O, wie fröhlich sangen und frohlockten die Leute, die aus der Eisbärenheimat wieder gesund zurückkamen! Ja, das war im Schulhause zu Platjenwerbe ein Wiedersehn mit Freude und großem Jubel!


d) Wie ich meinen Unterricht erteilte

In der Schule ging alles einen geordneten Gang vorwärts. Um der großen Schülerzahl – die Zahl 100 war schon überschritten – gerecht zu werden und alle Disziplinen gut vorwärts zu bringen, hatte ich mir „Monitoren“ – Schulgehülfen und -gehülfinnen – nach Weise der Engländer herangebildet, nämlich einen für die kl. Knaben und eine für die kl. Mädchen. Ich hatte natürlich die ausgewählt, die am tüchtigsten und am besten dazu waren [und] mit Lust und Liebe solche Arbeit übernehmen wollten. Die konnten dafür, ohne Schulgeld zu bezahlen die Abendschule besuchen, wenn sie wollten. Der Religionsunterricht war für alle Ordnungen derselbe, ich suchte darin auch die Kleinsten durch leichte Fragen heranzuziehen, damit sie sich auch betätigen konnten. Für den Unterricht im Deutschen und Rechnen leisteten mir meine Monitoren große Dienste. Während ich die erste und zweite Ordnung vornahm, ließen sie die Kleinen nach meiner Anweisung lautieren und in ähnlicher Weise halfen sie mir auch im Rechenunterricht. So wurde es erreicht, daß alle genügend, ja, man kann wohl sagen – gut gefördert wurden. –


e) Schülerspiele

Platjenwerbe und Stendorf sind eng benachbarte Ortschaften, der letztere Ort liegt an der Chaussee, die von Bremen nach Bremerhaven führt, etwas abseits und zwar nach Vegesack zu liegt Platjenwerbe. Von Stendorf geht man über das Vollacher Feld und erreicht in einer halben Stunde den Ort. Also war Lamken in Stendorf mein nächster Kollege, als ich in Platjenwerbe amtierte. Da wir auch in unseren Anschau-ungen gleich gesinnt waren, so verkehrten wir als treue Freunde viel miteinander, teilten uns unsere Erlebnisse aus unserem Beruf mit und förderten uns gegenseitig in unserer Berufsarbeit. Einst erhielten wir Kunde von einem häßlichen Übelstand, nämlich von dem, daß sich die Schüler verschiedener Schulgebiete nicht mitein-ander vertragen konnten. Besonders entstanden oft Reibereien, ja, Prügeleien unter den größeren Knaben, wenn sie auf dem Wege nach Lesum zum Konfirmanden-unterricht zusammen kamen. Auch zwischen Stendorfer und Platjenwerber Knaben waren Feindseligkeiten vorgekommen.

„Das dürfen wir nicht dulden“, sagte mir eines Tages Lamken, „unsere Kinder gehen nach Lesum und betragen sich auf dem Wege zum Religionsunterricht in unchrist-licher Weise. Da müssen wir energisch dagegen einschreiten!“ „Aber was wollen wir tun, welche Mittel stehen uns zu Gebote?“ „Nun wir wollen die Knaben ernstlich ermahnen und die Rädelsführer und Anstifter exemplarisch bestrafen.“ „Sollte das wohl völlige Abhilfe schaffen für alle Zeit?“ „Ich weiß jedoch noch ein anderes Mittel, von dem ich mir gute Hilfe verspreche“, sagte er. „Wir wollen versuchen, unsere Schüler freundschaftlich miteinander zu vereinen. Nach etwa 14 Tagen komme ich am schulfreien Nachmittag mit meiner ganzen Schülerzahl nach Platjenwerbe. Dort auf dem großen Platze veranstalten wir verschiedene Spiele – es war nämlich Vorsommer – jedes Kind bringe 12 Pf. mit, wofür es Milch und zwei Brötchen von der Frau Christoffers nach fröhlichem Spiel erhalten möge, und jeder von uns erzähle den Kindern dabei eine passende Geschichte.“ Ich war mit seinem Vorschlage einverstanden. Unser Vornehmen wurde ausgeführt und gelang in vortrefflicher Weise. Ja, sogar Eltern nahmen teil an dieser Kinder-belustigung. Sie sagten– „Dat hebbt ji Meester recht maakt, dat is een schönen Nachmiddag wesen. Den wart se all ehr Lebdag nich vergeten.“

Feindseligkeiten zwischen unseren Kindern haben wir danach nicht wieder zu beklagen gehabt. Die Platjenwerber und Stendorfer fühlten sich nun als zusammen-gehörig. Das Mittel zum Frieden war probatum gewesen. Im Spätsommer nach den großen Ferien fragten und baten meine Schüler– „Dürfen wir nicht auch einmal den Stendorfern einen Gegenbesuch abstatten?“ „Würde Euch ein solcher Freude machen?“ „Ja, ja“, und so wurde an einem freien Nachmittag ein Ausgang nach Stendorf ins Werk gesetzt. Das zweite Jugendspiel, das in gleicher Weise wie das erste ausgeführt wurde, zog noch mehr Zuschauer heran als das vorhergehende. Wir blieben dabei und veranstalteten auch im folgenden Sommer zwei solcher gemeinschaftl. Spiele.


f) Über den Lehrerberuf

Es gibt wohl nicht viele Kollegen, die das Amt eines christl. Lehrers höher schätzen als unser Lamken es tat. Er erkannte die innere Würde des Lehrerberufs. „Wir sind Diener Christi“, sagte er einmal, „und stehen zu ihm, unserm Herrn in einem besonderen Dienstverhältnis. In dem Wort, das der Herr zu Petrus sprach – weide meine Lämmer – ist auch uns Lehrern der Befehl gegeben, die Kinder – seine Lämmer – zu weiden auf der grünen Wiese seines göttlichen Wortes, damit sie Kräfte des ewigen Lebens empfangen.“ Die hohe Achtung und Liebe, die er zum Volksschullehrerberuf hatte, sprach er stets frank und frei aus, auch in Gesellschaften, wo man den Schulmeister verächtlich über die Achsel ansah. Einst kam ein Kollege und guter Freund zu ihm, um seinen Rat zu vernehmen. „Mein lieber Freund“, sprach der, „doch sage mir, was soll ich tun, es ist mir nämlich eine Schreiberstelle in angenehmen Verhältnissen und gutem Gehalt angeboten worden. Höre, dies und das ist mir in Aussicht gestellt. Ich bin wohl gern Lehrer, aber das Gehalt ist zu gering. Wenn ich die mir angebotene Stelle annehme, werde ich sorgenfreier leben können.“

Lamken– „Bist Du von ganzem Herzen Lehrer, dann kann ich Dir nicht zuraten, Dein Amt aufzugeben. Willst Du dem Herrn dienen bei den Kleinen mit Lust und Liebe, dann mußt Du bei der Fahne bleiben. Willst Du aber ein bequemeres Leben haben, dann tue nach Deinem Begehr, aber ich erinnere Dich an das Wort – Der Mietling flieht und achtet der Schafe nicht, ein guter Hirte nicht also, der läßt sein Leben für die Schafe.“ Der Freund hatte bald einen Entschluß gefasst, er schlug die angebotene Stelle aus und blieb, was er bisher gewesen, ein Hirte der ihm anvertrauten Lämmer. Lamken gehörte nicht zu denen, die den Schwerpunkt ihres Berufes gern verlegen möchten und sich lieber als Volksbildner im modernen Sinn betrachten, denn als Christi Diener. Er rechnete sich mit zum Klerus, und das Wörtchen minor ärgerte ihn eben nicht. –


[VI.] Meine Anstellung in Farge und Blumenthal


a) Wie ich nach Farge kam

Ich hatte 1 ½ Jahre in Platjenwerbe gearbeitet, hatte in Lesum am Mittwoch- und Sonnabendnachmittag eine kleine Privatschule aus 9-10 Schülern bestehend in englischer Sprache zu fördern gesucht, war an zwei anderen Abenden nach Aumund gegangen, um hier in der Schule zwei Söhne von Kollegen und einige andere Knaben abends im Englischen zu unterrichten und es war mir auf diese Weise möglich gewesen, einige Thaler an die Kante zu legen, die dazu dienen sollten, das Seminar noch einmal besuchen zu können.

Ich kam soeben von einer Tour nach Lesum heim, als die Frau Christoffers mir in der Haustür entgegentrat und sagte „O, Herr Seebo, verjagen Se sick man nich, in eer Stuv sitzt een ganz dicken Mann, de Se sprecken will, he hett hier all een Viertel-stünn luurt. Eck woll em wegsnacken, aber he segg, he wull so lang töben, bit Se nach Huus komt. Nu sitt he dor noch, ick kun nich an dohn.“ Ich beruhigte die gute Frau und begab mich dann in meine Stube. Ja, hier traf ich den korpulenten Herrn, der sich von seinem Sitz erhob und sich mir also vorstellte– „Ick bünn een von de Schoolvorstehers ut Farge un heet Jahn Koch un bin herkamen, um mit Se ins ganz gemütlich to snaken.“ Dann schöpfte er Atem, denn die Rede hatte ihn Anstrengung gekostet. „Ja, das ist ja ganz nett, aber was ist denn Ihr besonderer Wunsch, daß Sie so weit 2 ½ Stunden hierher gekommen sind?“ „Ja, ja, dat is et ja eben, dat will ick Se nu verklaren“, sagte er. Und nun entwickelte er einen ziemlichen Redefluß, durch den er mir mitteilte, daß ihr bisheriger Lehrer Meier abgehen wollte, weil derselbe nach woanders gewählt worden sei. Um nun einen passenden und gelehrten Mann als Lehrer wieder zu erlangen, hätten sich die Vorsteher an den Sup. in Lesum gewandt mit der Bitte, ihnen von den Lehrern aus seiner Gemeinde zwei vorzu-schlagen, die er für passend und tüchtig hielt. Sie wollten dann von diesen zweien einen erwählen, denn sie hätten doch die Wahl und die wollten sie auf diese Art ausüben. Der Sup. sei auch auf ihren Wunsch eingegangen und hätte ihnen mich und einen andern genannt. Die Schulvorsteher hätten nun Erkundigungen eingezogen und am letzten Abend in der Schulvorstandssitzung schon die Wahl vorgenommen, und die sei auf mich gefallen. Er sei nun beauftragt worden, mich zu fragen, ob ich die Wahl annehmen wolle oder nicht. Ich möchte mich nun sofort erklären. Er hatte mir nebenbei die Farger Schulverhältnisse haargenau klargelegt und danach erkannte ich, daß dort manches günstiger war, als in Platjenwerbe. Aber es war mir doch nicht möglich, sofort die Entscheidung zu treffen. Er drang zwar darauf, indem er sagte „In paar Weeken is Ostern un dann mutt use Stell wieder besett wesen, darum segg Se man hüt gliks ja.“

Das konnte ich nicht, ich sagte ihm, daß ich drei Tage Bedenkzeit haben müßte, dann würde ich bestimmt Antwort geben. Als ich darauf bestand, mußte er schließ-lich einwilligen und entließ mich in aller Freundlichkeit und sagte noch im Weggehen– „Denn seggen Se aber ook nach zwee Dagen ja.“

Als er weg war, kam die Frau Christoffers und wollte ihre nicht geringe Neugierde befriedigen, ich teilte ihr auch mit, was des Mannes Anliegen gewesen sei. „Da bünn ick all lang bang vör ween, ick wull den dicken Mann utfragen, wat he wull, aber he keem nich mit de Sprak herut.“ – Ich hatte nun manches zu überlegen. In Platjenwerbe hatte ich hundert Kinder in einer Klasse, die kaum 80 faßte. In Farge würde ich kaum 50 haben, und das war ein wesentlicher Vorteil. In Pl. hatte ich 100 Thaler und in Farge würde ich 120 haben, also 20 mehr, die ich mir in Pl. auch verdient hatte, aber durch saure Arbeit. Dort würden die mir ohne weiteres zufallen. In Farge war vor einigen Jahren eine Porzellanfabrik errichtet worden und die Arbeiter waren alle Engländer, bei denen ich meine Kenntnisse in dieser Sprache vervollständigen konnte, das war auch nicht zu unterschätzen. Ich nahm dann also diese Stelle in Farge an.



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