Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte/1/255

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Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte
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Stande wir den Angesehensten, Marcrad, als einen Beförderer kirchlicher Einrichtungen kennen gelernt haben, in der Geschichte des Vicelin. Für die Edeln und für den Ueberschuß der ländlichen Bevölkerung eröffnet sich nun durch die Eroberung Wagriens ein Abzugsweg. An Uebervölkerung litt Holstein wohl nicht, sonst hätte es der fremden Colonisten nicht bedurft um Wagrien zu besetzen. Die Marschgegenden machen um diese Zeit den ersten Anfang der Cultur, zum Theil auch durch fremde Colonisten aus den Niederlanden. Von Städten kann noch kaum die Rede sein vor der Mitte des 12. Jahrhunderts; nur Hamburg ist zu nennen, aber es war noch ein unbedeutender, erst nach den früheren Zerstörungen sich eben wieder erholender Ort. Helmolds Schilderung der Holsteiner, aber auch des günstigen Einflusses, den ihr Graf Adolph II. auf sie hatte, ist vorhin angeführt.

Und das wäre denn Alles. Wollte man schließlich noch einige Einzelheiten über den Einfluß des Christenthums anführen, so möchte es zunächst sein, daß allerdings manche kirchliche Gebräuche auch in den Häusern und Familien Raum gewannen. Dahin wäre etwa zu rechnen die Bezeichnung mit dem Kreuze, das Hersagen von Gebeten, das Halten der Fasten. Das Fasten aber ist von jeher dem Nordländer etwas wenig Zusagendes gewesen; erträglicher schien es indessen dadurch, daß die beliebte Fischnahrung gestattet war. Wenn indessen nun noch die Kirche Speiseverbote hinsichtlich gewisser Thiere hinzuthat, so fand dies allerdings bei Vielen keine sonderliche Aufnahme. Ein freilich erst dem 13. Jahrhundert angehöriges Norwegisches Kirchengesetz [1]hat ein eignes Capitel über die Thiere, welche gegessen werden durften und welche nicht. Verboten war insbesondere der Genuß des Fleisches von Raubvögeln und von vierfüßigen Raubthieren, wo jedoch der Bär ausgenommen war; dann aber vornehmlich das Essen des Pferdefleisches, einer sehr beliebt gewesenen Speise, ja bis zu dem Grade, daß wenn ein Schwein Pferdefleisch genossen hatte, es erst drei Monate hindurch abgemagert, dann wieder drei Monate hindurch gemästet werden sollte, ehe es geschlachtet werden durfte. Das Essen des Pferdefleisches ward schon


  1. Angehängt dem ersten Theil von Pontopp. Annal. S. 785-821. Das bezügliche Kapitel steht S. 817, 818, womit zu vergleichen die Schlußbemerkungen.