Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte/1/321

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Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte
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sich zu den Füßen des Bischofs zu werfen, und um Verzeihung zu bitten, wenn der Bischof von Rom zurückgekehrt sein werde, auch die Belehnung vom Bischofe zu suchen und zu empfangen und dem Bischof den Eid der Treue zu leisten. Zu allem diesem verpflichtete sich Gerhard 1324, 9. August schriftlich und hat es auch erfüllen müssen .[1] Das war denn freilich ein Triumph der geistlichen Gewalt, aber offenbar war Mißbrauch der weltlichen Macht voraufgegangen. Der dem Stift und dessen Unterthanen zugefügte Schade war auf 1200 Mark geschätzt. Wenn davon die Rede ist, daß der Graf von dem Bischof das Lehn empfangen und ihm den Eid der Treue leisten solle, so wird dies zu beziehen sein auf die Zehnten, welche die Grafen als Schirmvögte der Lübecker Kirche von den Bischöfen zu Lehn trugen, möglicherweise auch auf ein oder anderes Kirchengut, wiewohl sich ein solches nicht nachweisen läßt. Gewiß aber ist, daß in der Folge man bischöflicher Seits sich auf die Erklärung Gerhards von 1324 berufen hat, um darauf im folgenden Jahrhundert das Recht zu gründen, als Lehnsherren der Grafen aufzutreten. Es war der Bischof Johann Scheel von Lübeck, welcher 1434, 12. April einen kaiserlichen offenen Brief erlangte, das Belehnungsrecht auszuüben über die ganze Grafschaft Holstein, und eine solche Belehnung hat Adolph VIII. wirklich 1438 empfangen, wie es scheinen will nicht ungern. Es sollte dies wohl ein Schritt zur Erlangung der Reichsunmittelbarkeit sein. Dies ist ein merkwürdiges Verhältniß, worüber viel geschrieben worden; es hat von jeher die Rechtsgelehrten sehr interessirt: in der Kirchengeschichte durfte es nicht unerwähnt bleiben, so wenig es übrigens am Orte sein würde auf das Einzelne der rechtlichen Seiten dieses Verhältnisses weiter einzugehen. Ueberhaupt kann hier nicht eingegangen werden auf alle und jede Streitigkeiten, welche zwischen Landesherren und Kirchenoberen Statt gefunden haben. Es wird an dem Angeführten genug sein, um zu zeigen, wie mannichfach Kirche und Staat miteinander verflochten waren, wie vielfach streitiges Gebiet es zwischen weltlicher und geistlicher Macht gab, und wie wenig es dahin sich gestalten wollte, reine und klare Verhältnisse zwischen Kirche und Staat herzustellen.


  1. vgl. Christiani Gesch. der Herzogth. III, S. 126 ff.