Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte/3/056

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Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte
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für sich zurückbehalten habe. Ueberhaupt habe der Offizial sich viele Gelderpressungen erlaubt durch arge Gebührenschneiderei, ferner habe er durch Einmischung in weltliche Angelegenheiten die öffentliche Ruhe gefährdet, und außerdem einen lästerlichen Lebenswandel geführt. Wenn die Dithmarscher die Pfarrstellen selbst besetzt hätten, so wären sie dazu genöthigt gewesen, da der Propst ihnen schlechte und unfähige Subjecte gegeben habe, und diese Priester sich nicht in ihren Stellen hätten aufhalten wollen. Allerdings hätten die Dithmarscher bis zum Ausgange des Rechtsstreites alle Emolumente der Kläger einbehalten, welche nicht durch Brief und Siegel nachgewiesen wären, aber darüber habe der Erzbischof von Bremen, nicht das Reichskammergericht, zu erkennen.

Nach geschlossenem Verfahren gab am 10. April 1532 das Reichskammergericht das Erkenntniß ab, daß die Klage abzuweisen und vor den ordentlichen Richter der Beklagten zu verweisen sei, unter Verurtheilung der Kläger in die Proceßkosten. Mit dieser Entscheidung war von Seiten der 48 Regenten des Landes Dithmarschen, den obwaltenden Verhältnissen und Zuständen nach, der Proceß wider die bisherigen Kirchenoberen definitiv gewonnen.

Inzwischen hatte, während die Dithmarscher diesen merkwürdigen Proceß bei dem Reichskammergerichte in Speier führten und gewannen, in ihrer Heimath die düstere Begebenheit des Märtyrerthums des Bremischen Evangelisten (wie Luther ihn nannte) sich ereignet. Durch diese düstere Katastrophe, zu deren Erzählung wir jetzt übergehen, hatte in ihren moralischen Nachwirkungen die neue Lehre selbst bei den Altgläubigen in Dithmarschen, die dem Marien-Cultus sehr ergeben waren, mehr und mehr Boden gewonnen.

Der Hauptort des Landes, Meldorf, war es, an welchem die evangelische Lehre zuerst sich Bahn brach, und zwar durch einen Mann aus einem der angesehensten Dithmarscher Geschlechter (aus dem der Voigdemannen), welcher Umstand nicht wenig sein Unternehmen gefördert haben mag. Es war M. Nicolaus Boje (Nicolaus Boétii, wie er sich zu schreiben pflegte), gebürtig aus Brunsbüttel, welcher, nachdem er Luther selbst zu Wittenberg gehört hatte, 1524 Kirchherr zu Meldorf geworden war und bald durch seine Predigten einen Theil der Einwohner für die lutherische Lehre gewann. Eine besondere Freundin derselben, die eifrig das Reformationswerk beförderte, war die Wittwe des Achtundvierzigers