Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte/3/273
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Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte | |
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Munde und mit der Hand ihnen folgen; das Herz mögen sie ja nicht zwingen, sollten sie sich zerreißen“. Und weiter heißt es: „Ketzerei ist ein geistlich Ding, das kann man mit keinem Eisen hauen, mit keinem Feuer verbrennen, mit keinem Wasser ertränken“. Um diese Zeit war Luther überhaupt das Vertrauen auf die Schirmherrschaft der Fürsten und Obrigkeiten über die Kirche entschwunden. Er spricht in demselben Jahre 1523 sich mehrfach in Briefen und sonst darüber aus, und äußert sich zum Beispiel dahin, „das weltliche Schwert solle die bösen Buben mit Furcht des Schwertes treiben, die Christen aber müsse ein Bischof ohne Schwert allein mit dem Worte Gottes regieren“. Es gehöre freilich nicht zu den Unmöglichkeiten, daß ein Fürst Christ sei, aber es sei doch immer selten: wer wisse denn nicht, daß ein Fürst „Wildprät im Himmel“ sei? Mit dieser damals vorherrschenden Stimmung Luthers stand es in naher Verbindung, daß er, bei allem Ansehen des Lehrstandes doch wiederum ein ungebührliches Hervortreten desselben befürchtend, wie er solches eben in der alten Kirche bekämpft hatte, nun den Schwerpunkt vorzugsweise in die Gemeinde legen wollte. Dies geschah bereits in demselben Jahre 1523 in einer neuen Druckschrift: „Grund und Ursache aus der Schrift, daß eine christliche Versammlung oder Gemeinde Recht und Macht habe, alle Lehre zu urtheilen und Lehrer zu berufen, ein- und abzusetzen“. Der Inhalt erhellet genugsam aus diesem Titel. Es ist darin eine demokratische Grundlage für die Kirchenverfassung befürwortet, und noch 1526 in seiner berühmten Schrift „Von der deutschen Messe“ hegt Luther unverkennbar diese Theorie; aber er will noch nicht eine solche Gemeinde errichten, denn er sagt: „Ich habe noch nicht Leute und Personen dazu, so sehe ich auch nicht Viel, die dazu dringen“. Ja, er spricht sich dabei sehr hart über seine Nation aus: „Wir Deutschen sind ein wild, roh, tobend Volk, mit dem nicht leichtlich ist etwas anzusahen, es treibe denn die höchste Noth“. Allein wir dürfen dabei nicht übersehen, daß zwischen 1523 und 1526 der schreckliche Bauernkrieg lag.
Während also Luther theoretisch in Ansehung der Kirchenverfassung allerdings geschwankt hat, thaten die faktischen Verhältnisse und der Gang der Geschichte das ihrige, und es stellte sich in der Wirklichkeit eine Grundlage her, auf welcher sich nun der Bau erhob, wie es unter solchen Umständen eben werden konnte.