Australische Auswandererbriefe (1934)/17
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Der Heimat Bild - Australischen Auswandererbriefen nacherzählt von Walter Fläming | |
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Viehdiebstähle kommen kaum vor, und Viehdiebe werden ungemein streng bestraft.
Den Vetter Köhler aus Bücknitz grüßt herzlich. Lieber Vetter! Sie sprachen auch vom Auswandern, hätten aber Lust nach Amerika. Da kann ich Ihnen schwer raten. Zwar ist die Seereise dorthin nur ein Viertel so lang als nach Australien. Auch kann man für sein Geld zweimal so viel kaufen wie hier. Doch habe ich mich Ihretwegen bei einem Nachbar von mir, einem Engländer, umgehorcht. Der ist vor Jahren von England nach hier gegangen, dann nach Amerika, dann nach Melbourne, dann nach Sydney. Jetzt ist er wieder hierher gezogen. Es gefällt ihm nirgends so gut wie hier.
Ich muß ja auch sagen, in Australien ist es vorzüglich. Und wer Kinder hat, die schon helfen können, trifft es am besten, denn er spart die teuren Löhne, für fremde Hände. Aufs Geld allein kann ich hier auch keiner verlassen. Ich habe gepachtet und gebaut und doch schon in der kurzen Zeit, wo ich mit der Frau bei fremden Leuten diente, 700 Thaler gespart. Das macht doch keiner bei Euch, das ist ja glatt unmöglich.
Die Zimmerleute Kähne und Wedding aus Tucheim verdienen beim Brettschneiden durch die Bank Tag für Tag jeder 1 Pfund, müssen sich aber ihr Essen selber halten.
Auch einen Gruß an Schäfer Neumann. Das wird ihn besonders interessieren: Die Schäfer sind hier sehr gesucht, hauptsächlich die Deutschen, weil auf sie Verlaß ist und sie mehr von den Tieren verstehen als alle anderen. Sie verdienen guten Lohn. Vom Tothüten weiß man hier nichts; dafür ist das Land zu weit. Aber sie müssen einsam leben; doch das sind ja Schäfer gewöhnt. Da die nahen Weidegründe nach Landesbrauch dem Rindvieh zustehen, gehen sie weit weg von den allerletzten Farmen; und ich sitze so ziemlich als letzter am Rande des Busches. Immer müssen sie zu zweit arbeiten. Der eine hütet mit den Hunden, der andere backt und kocht auf der Station und schlägt die Nachthürden weiter, wenn der Dreck in der Heinigte zu groß wird. Darum ist es gut, wenn er eine Frau hat; so wird der Verdienst gleich noch einmal so groß. Das meiste Geld macht so ein Schäfer bei der Schur. Hier wird beim Scheren gestanden, kein Schaf wird gebunden und das geht wie der Wind. An einem Tage macht man 70, 80 dis 100 Schafe fertig; aber sie haben mitunter schon 130 an einem Tage geschoren. Für das Hundert gibt es 12 Taler Schurlohn. Wo wirtschaftet wohl bei Euch ein Schäfer so viel selbst bei der Schur heraus?
Handwerker verdienen alle guten Lohn. Nur die Schneider machen eine Ausnahme. Dabei gibt es noch viel zu wenig Handwerker. Will man von einem Schmied oder Stellmacher etwas haben, so muß man zu seinem schweren Gelde obendrein noch himmlisch gute Worte geben. Oft genug schicken sie einen von einem zum andern; und schließlich kann man Wochen auf die Geräte warten. Schlimm ist es bei den Schuhmachern, sie sind so mit Arbeit überlastet, daß sie einem glatt raten: gehe doch in den Laden, da kannst du gleich fertige Schuhe haben; aber die taugen nicht viel.
Auch die Müllerei geht hier gut. Für den Buschel Weizen, der 60 Pfund wiegt, zahlt man 2 Schillinge Mahllohn. dann dürfen sie aber nicht metzen. Der Mühlenknappe verdient die Woche 4 bis 5 Pfund Lohn. Es gibt aber hier nur Dampf- und Wassermühlen. Mit den Windmühlen kommt man in diesem verdrehten Lande nicht zurecht. Es mag Euch wunderlich erscheinen, ist aber wahr: Der Wind springt in einer Stunde viermal um. Da hätte denn der Windmüller nichts anderes zu tun als dauernd seinen Windbock einzurichten. Bei Lindockwallix ist vor Jahren eine Holländermühle erbaut worden. Sie steht jetzt noch, aber es fällt ein Stück nach dem andern zusammen. Gemahlen hat sie nie.
Die Gerberei geht hier vorzüglich.