Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer/083

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Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer
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kehrte aber im November wieder eine gedrückte Stimmung bei ihm ein, und seine brieflichen Mitteilungen wurden spärlicher. Hierüber schreibt er am 24. November nach Ilsede: „Nehmt mir auch nicht übel, daß ich Euch so lange Zeit gar nicht geschrieben habe! Dies geschah nicht aus Mangel an väterlicher Liebe zu Euch, sondern wegen des niederdrückenden Gefühls der schnellen Abnahme meiner Körper- und Geisteskräfte, durch welches sich meine frühere heitere Gemütsstimmung verlor, ohne die man auch zum Briefschreiben nicht aufgelegt ist. Es ist ja natürlich und ich murre auch nicht darüber, daß der Achtzigjährige an Körper und Geist, an allen Sinneswerkzeugen immer schwächer wird; aber es ist darum doch nicht angenehm für ihn, wenn er nicht mehr hört oder versteht, was andere in seiner Nähe sprechen; oder wenn er das Gehörte und Erlebte bald nicht mehr weiß; oder wenn er das, was ihm vorher leicht ward, nur schwer oder gar nicht mehr tun kann, wie es mir jetzt ähnlich mit dem Schreiben ergeht.“ Doch sagt er im weiteren Verlaufe des Briefes, daß das gemeinschaftliche Bestreben aller seiner Kinder, ihn heiterer zu stimmen, auch wieder eine bessere Stimmung der Saiten seines Gemüts zur Folge gehabt habe. — Die Neuverpachtung des Hermann­steiner Pfarrgutes führte er im September aus, ließ aber die Abnahme und Verwertung der später gelieferten Pachtfrucht diesmal durch Pfarrer Engel in Hermannstein besorgen. — Am 25. Dezember dankte der Vater in einer lieben Karte für die ihm dargebrachten Weihnachtsgaben, nachdem er selbst in Mitte des Jahres jedem seiner Kinder zweihundert Mark zum Geschenk gemacht hatte. — Zum väterlichen Geburtstage des Jahres 1884 waren die Geschwister wiederum in froher Runde um den lieben Jubilar vereinigt, der, wenn auch die Beschwerden des Alters ihn nicht mehr verlassen wollten, doch in heiterer Stimmung unter ihnen war. Besonders erfreute ihn noch Gesang und Klavierspiel, wie auch ein Solospiel im Familienkreise. — Eine Geschwulst am linken Fuße, welche ihn belästigte, verlor sich durch Einreibungen im Laufe des Frühjahrs wieder. Am Geburtstagsfeste hatte der Vater seinen Kindern diesmal je tausend Mark zum Geschenk gemacht. — Als Ende Juli Hermann und Hermine, welche mit ihren Düsseldorfer Geschwistern eine Reise ins Berner Oberland unternommen hatten, auf ihrer Rück­fahrt in Wetzlar Rast machten, gab der Vater ihrer Bitte, sie nach Ilsede zu begleiten, freundlich nach, wenn ihm der Entschluß zur Reise auch nicht mehr leicht ward. Die Beschwerde der langen Eisenbahnfahrt zu mindern, blieben die Reisenden einen Tag in Kassel und besuchten auf einer Wagenfahrt im Sonnenschein wiederum gerne den schönen Park um Wilhelmshöhe. — Im August trafen auch Minchen und ihre Lina zum Besuch auf der Hütte ein. In seinem Verlaufe ward eine gemeinschaftliche Fahrt nach Braunschweig ausgeführt, wo zu den fünf Ilsedern sich noch gesellten Otto Kellner, von einer Reise nach Goslar kommend, und Herminchen Spamer, die zur Zeit in Braunschweig eine Pension besuchte. In Holst's Garten und später im Wilhelmsgarten, wo eine Zigeunerkapelle spielte, war die Gesellschaft vergnügt zusammen. Noch in demselben Monat kehrte der gerne noch länger festgehaltene Wetzlarer Besuch wieder nach Hause zurück, von den Hüttenleuten noch bis Hannover begleitet. — Kurz nachher stattete Anna von Düsseldorf mit ihren drei Söhnen einen lieben Besuch in Wetzlar ab. — Nachdem schon am 8. Juni für Chr. Spamer in Wetzlar ein Urenkeltöchterchen, die kleine Anna Wiesinger, angekommen war, wurde ihm am 18. November durch die Ankunft seines ersten Kinzigheimer Enkelsohnes, Ludwig Spamer, eine große Freude zu teil. — Leider jedoch empfand er in jenem Monat wieder in stärkerem Grade Beschwerden des Alters. In seinem am 28. November nach Ilsede gerichteten Briefe schreibt er auf Herminens Anfrage nach seinem Befinden: „Ihr kennt ja meine leiblichen und geistigen Altersschwächen und Gebrechen: der Kopf will nicht mehr klar denken, der Mund nicht mehr gerne reden, die Hand nicht schreiben, die Ohren wollen nicht recht hören, die Füße nicht mehr gehen, das Gedächtnis will nichts behalten, der Atem geht zuweilen kurz und