Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer/085

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Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer
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Am 23. Mai fuhr Chr. Spamer in Begleitung seiner beiden Wetzlarer Enkeltöchter, Anna und Lina, nochmal auf den Kinzigheimer Hof, um seine Lieben, und besonders seinen jüngsten Enkel Ludwig, dort zu sehen. Er kehrte aber schon nach einer Woche, von seinem Sohne Ludwig begleitet, nach Wetzlar zurück, wo auch Hermann, eine Reise nach Bingen unterbrechend, zu kurzem Zusammensein eintraf. Zu einer Fahrt nach Ilsede oder Düsseldorf fühlte der Vater sich leider nicht mehr kräftig genug. So schwer es ihm auch ankam, mußte er doch die dahin gehenden Bitten ablehnen. Und so erfreuten ihn Ludwig mehrfach, Anna im August, Emil im November auf einige Tage mit ihrem Besuche in Wetzlar. Minchen suchte stets in treuer Liebe den Vater aufzuheitern und bewog ihn, sich an nahen Spaziergängen, wie an Aus­fahrten nach Hermannstein und Blasbach zu beteiligen. Wenn ihm dies nun auch stets wohl bekam und auch sein Aussehen ein gutes war, so belästigten ihn doch in wechselndem Grade die schon im Vorjahre aufgetretenen Beschwerden. Dazu kam eine größere Schwäche in den Füßen und Unsicherheit beim Gehen, welche ihm das Treppensteigen und jeden Ausgang er­schwerten. Auch die Pfeife, seine vorher ungern vermißte Begleiterin, fand jetzt nur mehr seltenen Gebrauch. So wurde das Leben des lieben, guten Greises immer stiller und verlief, wenn nicht durch Besuch eine besondere Anregung kam, meist in seinem Zimmer bei Lektüre. — Seinen vier Kindern hatte er im Laufe dieses Jahres je vierhundert Mark übergeben. —

Zur Feier des 2. Februar 1886 hatten sich Hermann und Hermine von Ilsede, Ludwig vom Kinzigheimer Hofe und von Düsseldorf Anna mit ihrem damaligen Pflegetöchterchen Herminchen Spamer bei Vater und Geschwistern in Wetzlar eingefunden. Emil und Marie waren leider verhindert, die Kinder aus dem Hause Kellner aber alle zugegen. Inmitten der ihn froh Umgebenden war auch Chr. Spamer heiterer Stimmung; namentlich erfreute er sich, wie im Vorjahre, am vierhändigen Klavierspiel seiner Töchter Anna und Hermine, wie an dem schönen Gesang seiner Enkelin Adele Kellner. Auch beschenkte er wiederum seine Kinder mit je dreihundert Mark, welche Gaben er gerne vorher in Gold bereit legte. — Doch wurde bei den Befürchtungen, welche die zunehmende Schwäche des Dreiundachtzigjährigen erwecken mußte, der Abschied zwischen Vater und Kindern diesmal ein besonders bewegter. — Leider waren diese Befürchtungen auch nicht unbegründet. Zwar lautete die Nachricht, welche Minchen am 10. April nach Ilsede gelangen ließ, noch nicht bedenklich in den Worten: „Vater geht es ziemlich gut, doch waren seine Füße wieder mehr geschwollen. Ich machte ihm ein Fußbad und rieb ihn dann hauptsächlich um die Reihen und Knöchel mit Franzbranntwein ein; Tags darauf rieb ich ihn nochmals ein und sah man schon nach dem ersten Einreiben, daß die Geschwulst gefallen war. Vater legt seine Füße jetzt mehr hoch, doch will ich ihn nachher nochmal einreiben.“ Doch folgte schon drei Tage später eine Karte Julius Kellners mit dem Besorgnis erregenden Inhalte: „Heute Mittag überfiel auf der Treppe beim Heruntergehen den Vater eine arge Schwäche, so daß er allein nicht weiter konnte. Minchen und ich brachten ihn zu Bett, ließen heizen und den Doktor holen, welcher eine Luftröhrenentzündung konstatirte, nicht eben bedenklich, abgesehen freilich vom hohen Alter. Anna in Düsseldorf habe ich nahe gelegt, ob sie nicht vielleicht mal kommen will. Bei Veränderung erhälst Du sofort Nachrichten.“ — Und am 14. schrieb Minchen wieder: „Vater ist heute wieder viel klarer, teilnehmender, und kann sich selbst wieder etwas aufrichten im Bett; ich meine, es geht ihm entschieden besser, als gestern. Dr. Herr sagt, der Schleim sitzt noch fest, er muß mehr lösende Medizin nehmen; bei Vaters Alter könne man immer noch Befürchtung haben.“ — Da in den nächsten Tagen mit Phantasieren verbundenes starkes Fieber eintrat, wurden noch Dr. Ploch und Professor Dr. Riegel von Gießen zugezogen, die aber, wegen des hohen Alters des Kranken, nur Besorgnis äußerten. — Hiervon telegraphisch benachrichtigt, eilte, wie zuvor schon Ludwig und Anna, auch Hermann an das Krankenbett des